Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280351/26/Kl/Rd

Linz, 30.07.1998

VwSen-280351/26/Kl/Rd Linz, am 30. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Mag. Herbert M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5.3.1997, GZ: 502-32/Sta/119/96h, wegen Übertretungen nach dem ASchG bzw. der BauV, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 12.5. und 4.6.1998 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Berufungs- verfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlagen: Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 9, 45 Abs.1 Z.1, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.5 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5.3.1997, GZ. 502-32/Sta/119/96h, wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V, mit dem Sitz in Linz,, und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, daß am 23.4.1996 - wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde - auf der Baustelle "BG" auf dem Grundstück Nr. , KG. St. P, zwei Arbeitnehmer der o.a. Gesellschaft, Josef S (geb. am: 8.3.1959) und Norbert K (geb. am: 30.8.1953) mit dem Verschließen der im Deckenbereich freigelegten Asbestummantelung beschäftigt waren, obwohl 1. entgegen § 24 Abs.4 der Bauarbeiterschutzverordnung vor der Durchführung von Arbeiten an mit schwach gebundenen Asbestprodukten ummantelten Bauteilen kein schriftlicher Arbeitsplan von einer fachkundigen Person erstellt wurde, in dem der Arbeitsablauf, die Baustelleneinrichtung und die Arbeitsdurchführung sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt wurden, 2. die o.a. angeführten Arbeiter bei der Durchführung von Arbeiten an mit schwach gebundenen Asbestprodukten ummantelten Bauteilen entgegen § 124 Abs.7 BauV nicht mit Frischluftgeräten oder motorunterstützten Filtergeräten mit geeigneten Partikelfiltern unter Verwendung von Vollmasken, mit einteiligen Schutzanzügen mit Kapuze, mit Schutzhandschuhen und Gummistiefeln oder Überschuhen ausgerüstet waren. Der Bw habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm 1. § 124 Abs.4 BauV und 2. § 124 Abs.7 BauV begangen. In Anwendung des § 130 Abs.5 ASchG iVm § 22 VStG wurden daher über den Bw zu 1. und 2. je 10.000 S (je 34 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Ferner wurde der Bw gemäß § 64 Abs.2 VStG zu einem Kostenbeitrag in der Höhe von 2.000 S verpflichtet.

2. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 24.3.1997 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu mit einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG vorzugehen bzw. eine Geldstrafe von 2.000 S zu verhängen.

2.1. In der Begründung wird zunächst darauf hingewiesen, daß im Straferkenntnis unrichtige Tatsachenfeststellungen getroffen worden wären. Denn die V sei mit den eigentlichen Baumaßnahmen in keiner Weise beschäftigt gewesen. Von diesem Unternehmen seien weder Mauern abgetragen noch Betonteile bearbeitet, noch eine Asbestummantelung in irgendeiner Weise bearbeitet worden; es habe vielmehr der Auftrag bestanden, die nach Freistellung aller Bauarbeiten verbliebenen Öffnungen in der abgehängten Metalldecke zu schließen. Auch das Arbeitsinspektorat sei bei seinen Erhebungen fehlinformiert gewesen, wenn in der Stellungnahme vom 15.1.1997 von Maßnahmen für Asbestsanierung die Rede sei, offenbar irgendwelche Arbeiten am Spritzasbest angenommen würden, die sicherlich auf der gegenständlichen Baustelle durchgeführt worden seien, nicht aber vom Personal V; ihre Aufgabe sei ausschließlich darin gelegen, nach Fertigstellung aller Bauarbeiten die dann vorhandenen Öffnungen in der Decke, die von vorher entfernten Bauteilen stammten, wieder mit Metall zu verschließen. Dieser Irrtum habe sich durch das ganze erstinstanzliche Verfahren gezogen, zumal dem Beschuldigten keine Möglichkeit zu einer ergänzenden Stellungnahme eingeräumt worden wäre. Die vom Arbeitsinspektorat mit ergänzender Stellungnahme vom 15.1.1997 vorgelegten Lichtbilder betreffen offenbar einen Zustand während der Baumaßnahmen, an denen die V aber gar nicht beteiligt gewesen wäre, sodaß alle auf diesen Irrtümern basierenden Feststellungen im Straferkenntnis nur unrichtig sein können. Soweit im Straferkenntnis festgestellt werde, daß zwei Arbeiter der V mit dem Verschließen der im Deckenbereich freigelegten Asbestummantelung beschäftigt gewesen seien, sei dies aus diesen angeführten Gründen unzutreffend.

2.2. Eine Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes erblickt der Bw darin, daß § 124 Abs.4 BauV eine Bearbeitung solcher mit schwach gebundenen Asbestprodukten behafteten Bauteile voraussetze. Die Forderung nach Erstellung eines diesbezüglichen Arbeitsplanes sei naturgemäß nicht Selbstzweck, sondern solle sicherstellen, daß bei der Bearbeitung von Asbest die Vorschriften des § 124 Abs.2 und 3 BauV eingehalten würden, wonach Bauteile aus Asbestzement so zu bearbeiten seien, daß die Entstehung von Feinstaub möglichst vermieden werde, weshalb die Bearbeitung mit bestimmten Arbeitsgeräten vorgesehen sei. Nach § 124 Abs.3 BauV sei bei der Abtragung von Bauteilen aus Asbestzement möglichst zerstörungsfrei vorzugehen, womit wiederum ein möglichst asbeststaubfreies Arbeiten gewährleistet werden sollte. Das Erfordernis eines Arbeitsplanes nach § 124 Abs.4 BauV setze also voraus, daß Arbeiten im Sinn des § 124 Abs.2 oder 3 BauV durchgeführt würden, nämlich ein unmittelbares Bearbeiten von Asbestbauteilen bzw. deren Abtragung. Keine dieser Arbeiten sei jedoch von der V durchgeführt worden und fehle im angefochtenen Straferkenntnis auch jede Feststellung in dieser Richtung. Die bloße Feststellung, daß auf der Baustelle offenbar durch Bearbeitung entstandene Asbeststücke herumgelegen seien, ersetze nicht die erforderliche Feststellung, daß Arbeiter von der V derartige Arbeiten durchführten oder mit diesen Arbeiten auch nur in Berührung gekommen seien. Wie schon oben ausgeführt, setzten die Arbeiten der V erst nach Abschluß letztgenannter Arbeiten ein. Die Verwendung von Atemschutzgeräten und entsprechenden Schutzausrüstungen sei nach § 124 Abs.7 BauV wiederum für den Fall von Abtrage- oder Sanierungsarbeiten an mit schwach gebundenen Asbestprodukten beschichteten Bauteilen vorgesehen, wobei auch diese Bestimmung nur so interpretiert werden könne, daß Arbeitsschutzgeräte bzw. Arbeitsschutzanzüge etc. verwendet werden müßten, wenn solche Bauteile in unmittelbarer Bearbeitung stünden, dadurch Asbeststaub freigesetzt werde. Nach § 124 Abs.9 BauV gelten die Absätze 5 bis 8 nicht für Arbeiten geringen Umfanges, bei denen jede Berührung der asbesthaltigen Bauteile vermieden sei. Gerade um solche Arbeiten handelte es sich bei jenen, die von der V durchgeführt worden wären, da lediglich auf den unter den Betonteilen abgehängten Metalldecken die vorhandenen Öffnungen wiederum mit Metall verschlossen worden seien, sodaß hier bloß Niet- bzw. Schweißarbeiten durchgeführt worden wären, bei denen es überhaupt keine Berührung mit den darüberliegenden Betonteilen gegeben habe.

2.3. In eventu wurde zur Strafbemessung ausgeführt, daß der Strafrahmen 2.000 S bis 100.000 S betrage. Für die Strafbemessung sei nach § 19 VStG in erster Linie ausschlaggebend, das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe. Soweit als straferschwerend angenommen werde, daß die auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer durch die asbesthaltigen Bauteile gefährdet wären, bestehe der Straferschwerungsgrund nicht, da die Asbestgefährdung das unmittelbare Tatbild darstelle und daher nicht Folge der Tat, sondern die Tat an sich darstelle. Weiters hätte es einer Feststellung bedurft, wie lange die Arbeiter zum Verschließen eines offenen Deckenteiles benötigten, um letztendlich festzustellen, in welchem Ausmaß eine Gefährdung vorgelegen sei. Selbst wenn man überhaupt zu einem tatbildmäßigen Verhalten käme, wäre angesichts der Unbescholtenheit eine Geldstrafe an der Untergrenze des Strafrahmens (2.000 S) zu verhängen gewesen, falls nicht überhaupt von den Voraussetzungen des § 21 VStG ausgegangen werden müßte.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch eines seiner Mitglieder, weil in den einzelnen Fällen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 sowie § 51e Abs.2 VStG wurde die Berufung dem Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz zur Kenntnis gebracht; dieses gab mit Schreiben vom 15.5.1997 eine Stellungnahme ab, in der darauf hingewiesen wurde, daß die Arbeitnehmer der V mit Umbaumaßnahmen in allen möglichen Bereichen beschäftigt gewesen seien. Dies sei auch anläßlich der Kontrolle am 23.4.1996 festgestellt worden. Da die Arbeitnehmer in stark kontaminierten Bereichen mehrere Tage, vielleicht auch Wochen gearbeitet haben, stellt sich die Frage, wieso trotz Wissen über die Gefährlichkeit von Blauasbest keine Maßnahmen getroffen worden wären. Die Baumaßnahmen seien derart dilettantisch in einer Nacht- und Nebelaktion ausgeführt worden, daß sich der Schluß aufdränge, daß Kostenminimierungen ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeitnehmer angestrebt worden seien. Diese Stellungnahme wurde dem Bw zur Kenntnis gebracht. 3.3. Mit Datum vom 4.6.1997 hat der Bw einen ergänzenden Schriftsatz eingebracht, in dem er grundsätzlich seine Berufungsanträge weiterhin aufrechterhält und im übrigen ausführt, Gegenstand der vorliegenden Berufungen sei der im erstinstanzlichen Verfahren aufgeworfene Sachverhalt und die Behauptung, daß am 23.4.1996 zwei Arbeitnehmer der V, Josef S und Norbert K, mit dem Verschließen der im Deckenbereich freigelegten Asbestummantelung beschäftigt waren. Die nun nachträglich aufgestellten Behauptungen, daß Umbaumaßnahmen in allen möglichen Bereichen durchgeführt wurden, sei nicht Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens gewesen und könne auch nicht Gegenstand eines Verwaltungsstrafverfahrens sein, da der Vorwurf von Baumaßnahmen in allen möglichen Bereichen mangels Konkretisierung keinerlei Grundlage für ein Verwaltungsstraferkenntnis sein könnte. Dasselbe gelte auch für die vom AI aufgestellte Behauptung, daß Arbeitnehmer in stark kontaminierten Bereichen mehrere Tage, vielleicht auch Wochen gearbeitet hätten. Die Behauptung, daß diese Baumaßnahmen derart dilettantisch in einer Nacht- und Nebelaktion ausgeführt worden seien, daß sich der Schluß aufdränge, daß Kostenminimierungen ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeitnehmer angestrebt worden seien, sei eine doch einigermaßen unglaubliche Unterstellung, der mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden müsse. In der Berufung sei ausführlich dargelegt worden, daß die von den Arbeitern Josef S und Norbert K durchgeführten Arbeiten solche gewesen seien, bei welchen keine unmittelbare Bearbeitung von asbesthaltigen Bauteilen erfolgt sei und daher § 124 Abs.4 BauV nicht zur Anwendung gelange. Wenn nunmehr seitens des AI im Rahmen der letzten Stellungnahme offensichtlich versucht werde, den ursprünglich angezeigten und Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens bildenden Sachverhalt zu erweitern, könne dies nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein. Der Verfahrensgegenstand sei mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26.8.1996 umrissen und könne nur der damals erhobene Vorwurf Gegenstand der rechtlichen Beurteilung sein. Außerdem sei unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH mittlerweile eine entsprechende Verfolgungshandlung nicht mehr möglich bzw. insofern Verfolgungsverjährung eingetreten. Diese Sachverhaltserweiterungen erscheinen aber auch im Zusammenhang mit der ursprünglichen Anzeige bemerkenswert, in der lediglich die Arbeiten der beiden Bauarbeiter beim Verschließen der Deckenbereiche beanstandet worden seien. Hätte es damals eine Beanstandung in der Weise gegeben, daß Arbeiter der V in allen möglichen Bereichen über mehrere Tage, vielleicht Wochen, in asbestkontaminierten Bereichen gearbeitet hätten, dies ohne Rücksicht auf die Gesundheit, erschiene es doch einigermaßen bemerkenswert, daß dann nur eine vom Sachverhalt derart isolierte Anzeige über die Arbeit von zwei Arbeitnehmern in ein und demselben Raum erfolgt worden wäre. 4. Aufgrund der vorgelegten Akten in Verbindung mit dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 12. Mai 1998 und 4. Juni 1998, in welchen die Zeugen Ing. W (Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk) und die Arbeitnehmer Josef S und Norbert K einvernommen wurden, ist von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen:

4.1. Im Zuge von Adaptierungsmaßnahmen im Betriebsgebäude (BG) 45 der V, Gst.Nr. , KG. St. P, bei welchem die Stahl-Tragkonstruktion bei dessen Errichtung aus brandschutztechnischen Gründen mit einer Spritzisolierung aus Amphibolasbest verkleidet wurde, war es vorgesehen, in zwei Gebäuden Großraumbüros zu errichten. Infolge dessen war es erforderlich, bestehende Zwischenwände und Akustikdeckenkonstruktionen zu demontieren, wodurch die vorhandenen asbestisolierten Stahlstützen und Träger freigelegt wurden. Im Zusammenhang mit diesen Arbeiten wurde beschlossen, die beschriebenen Spritzasbestisolierungen ordnungsgemäß und vollständig zu entfernen bzw. zu entsorgen (vgl. Fotodokumentation: Beginn der Sanierungsarbeiten: 29.4.1996; Ende der Sanierungsarbeiten: 8.7.1996. Auftraggeber: V.; Planung, Ausschreibung und örtliche Bauaufsicht:. Ausführung: Fa. M).

4.2. Die V beauftragte im übrigen die V (V) mit der Montage von asbestdichten Zwischendecken (vgl. Niederschrift vom 12.5.1998, S.3).

4.3. Am 23.4.1996 wurde bei einer Überprüfung des BG 45 durch den Arbeitsinspektor Ing. Wolfgang W festgestellt, daß zwei Arbeitnehmer (Josef S und Norbert K) der V im 4. OG mit dem Verschließen einer im Zuge der Abtragung einer Zwischenwand entstandenen Öffnung in der Decke beschäftigt waren (Foto 1). Im Zwischenraum zwischen Betondecke und abgehängter Decke befindet sich eine Stahlkonstruktion, die aus Brandschutzgründen mit Asbest ummantelt ist. Bauleiter für diese Tätigkeit war Karl L; dieser ordnete keine Maßnahmen im Sinn des § 124 Abs.4 und 7 BauV an, weil die Deckenkonstruktion, an der die Arbeiten durchgeführt worden sind, nicht asbesthältig ist (Niederschrift vom 15.11.1996 vor der belangten Behörde). An den mit Asbest ummantelten Bauteilen (der Stahlkonstruktion) selbst, wurden keinerlei Arbeiten ausgeführt. Die Befestigung der abgehängten Decke erfolgte dergestalt, daß zunächst ein Formrohr bzw. eine Schiene eingezogen wurde, (vgl. Aussage Ing. W und Zeuge Josef S, NS vom 12.5.1998). In den bestehenden Schienen wurden die neuen Schienen montiert. An den neu eingezogenen Schienen wurde die abgehängte Decke montiert. Die Aufhängevorrichtung wurde durch selbstschneidende Schrauben angebracht (Zeuge Norbert K, NS vom 4.6.1998). Die bestehende abgehängte Decke wurde dabei nicht geöffnet und war dies den Arbeitnehmern auch nicht erlaubt. 4.4. Aufgrund des im Akt einliegenden Fotos Nr. 1 und der dargestellten Arbeitsweise ist erkennbar, daß nicht unmittelbar Arbeiten an mit Asbest beschichteten Bauteilen (Stahlkonstruktion) verrichtet wurden. Auch der als Zeuge vernommene Arbeitsinspektor hat in der Verhandlung nicht angeben können, daß er selbst gesehen hätte, wie Arbeiten unmittelbar an den mit Asbest beschichteten Teilen vorgenommen worden wären; vielmehr hat er dies aus seiner Sicht über die Durchführung der Arbeiten lediglich angenommen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß sich sowohl aus Foto Nr. 1 im Akt als auch aus den in der Verhandlung vorgewiesenen Fotos ergeben hat, daß jener Raum, in dem die Deckenlücke geschlossen wurde, auch optisch einen "sauberen" Eindruck machte. Im Gegensatz dazu die Fotos 2 bis 4, welche im 3. OG des BG 45 aufgenommen wurden und wo tatsächlich Asbest an den Ecken, Wänden und am Boden ersichtlich, bzw. verstreut war. Zu diesen Fotos hat auch der Arbeitsinspektor in seiner zeugenschaftlichen Vernehmung angegeben, daß in diesen Räumen zum Inspektionszeitpunkt gearbeitet worden ist, allerdings wurden aber nach der Textierung des Spruches die Arbeiten an diesen Stellen nicht im Straferkenntnis (und ebenso nicht in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26.8.1996) verfolgt bzw. inkriminiert, zumal sich der Spruch ausschließlich auf das Verschließen der "im Deckenbereich freigelegten Asbestummantelung" bezieht, es sich demnach ausschließlich um Arbeiten betreffend Foto 1 und nicht jene, die auf den Fotos 2 bis 4 dokumentiert sind, handeln muß. Diese anderen, offenbar tatsächlich weit gefährlicheren Arbeiten an Asbestprodukten bzw. asbestbeschichteten Bauteilen sind nicht Gegenstand des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses und können daher auch nicht Sache des Berufungsverfahrens sein.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 124 Abs.4 BauV ist vor der Durchführung von Arbeiten an mit Spritzasbest oder sonstigen schwach gebundenen Asbestprodukten beschichteten Bauteilen, wie bei Abtrage- oder Sanierungsarbeiten, von einer fachkundigen Person ein schriftlicher Arbeitsplan zu erstellen, in dem der Arbeitsablauf, die Baustelleneinrichtung und die Arbeitsdurchführung sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt werden.

Zufolge Abs.7 dieses Paragraphen müssen die mit den Abtrage- oder Sanierungsarbeiten nach Abs.4 beschäftigten Arbeitnehmer 1. mit Frischluftgeräten oder motorunterstützten Filtergeräten und geeigneten Partikelfiltern unter Verwendung von Vollmasken, 2. mit einteiligen Schutzanzügen mit Kapuze, 3. mit Schutzhandschuhen und 4. mit Gummistiefeln oder Überschuhen ausgerüstet sein.

Gemäß § 124 Abs.9 BauV gilt Abs.5 bis 8 nicht für Arbeiten geringen Umfanges, bei denen jede Berührung der asbesthaltigen Bauteile vermieden ist.

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet (Z1). 5.2. Wie schon oben unter Punkt 4.3. und 4.4. eingehend dargestellt wurde, wurde vom Arbeitsinspektor selbst nicht wahrgenommen, daß Arbeiten an mit Spritzasbest oder sonstigen schwach gebundenen Asbestprodukten beschichteten Bauteilen an der gegenständlichen Örtlichkeit im BG, nämlich im 4. OG, in dem die zwei Arbeitnehmer Josef S und Norbert K mit dem Verschließen der Öffnungen im Deckenbereich beschäftigt waren, vorgenommen worden waren. Es ist zwar zuzugestehen, daß dort asbestbeschichtete Teile zum Vorschein kamen, bzw. am Foto ersichtlich sind, jedoch wurde durch die von den Zeugen glaubwürdig dargestellte Einhaltung einer gewissen Arbeitstechnik keinerlei Arbeit an diesen asbesthaltigen Teilen durchgeführt. Daß aber asbesthaltige Bauteile nicht einmal - ungesichert im Sinn des § 124 BauV - sichtbar sein dürfen, weil zB. Asbest auch durch starken Luftzug sich lösen kann (siehe Zeugenaussage AI W, NS 12.5.1998), ist nach der BauV bzw. dem ASchG nicht unter Strafsanktion gestellt.

5.3. Daß andererseits offenbar Arbeiten ohne die im § 124 aufgezählten Sicherungen im BG 45, und zwar im 3. OG - wie auf den Fotos 2 bis 4 ersichtlich - durchgeführt wurden, kann - wie bereits oben unter Punkt 4.4. ausgeführt - nicht (mehr) dem Bw angelastet werden, zumal nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, der lediglich vom Deckenbereich spricht und die Fotos 2 bis 4 keinen Deckenbereich, sondern Boden- und Wandbereiche darstellen, im Berufungsverfahren aufgrund der Verjährungsbestimmungen nicht mehr (zusätzlich) verfolgt werden bzw. durch eine Ausweitung des Tatvorwurfes nicht mehr rechtmäßig in das Verfahren einbezogen werden.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge für den Berufungswerber.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Asbest, Arbeiten unmittelbar an Bauteilen, Ansicht von Asbest reicht nicht aus

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