Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280354/5/KON/FB

Linz, 16.10.1997

VwSen-280354/5/KON/FB Linz, am 16. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn K H, O S, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 25. März 1997, Ge96-118-1996, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich beider Fakten bestätigt.

II. Der Bestrafte hat 20 % der jeweils gegen ihn verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 1.000 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch: "Sie haben, wie bei der Besichtigung am 1.10.1996 Ihrer Arbeitsstätte in W, M, von der Arbeitsinspektorin Frau P festgestellt wurde, 1) für die Arbeitnehmer keine Kästen zur Verfügung gestellt; dies stellt eine Übertretung des § 86 Abs. 1 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) dar, wonach jedem Arbeitnehmer ein ausreichend großer, luftiger und versperrbarer Kasten zur Verfügung zu stellen ist.

2) es zu verantworten, daß der Fußboden in einigen Bereichen Stolperstellen aufwies; dies stellt eine Übertretung des § 6 Abs. 1 AAV dar, wonach Fußböden und Fußbodenbeläge eben und gleitsicher ausgeführt sein müssen und keine Stolperstellen aufweisen dürfen. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1) § 130 Abs. 1 Ziff. 15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) i.V.m. § 86 Abs. 1 AAV 2) § 130 Abs. 5 Ziff. 1 ASchG i.V.m. § 6 Abs. 1 AAV Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß § Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1) 3.000,-- 36 Stunden 130 Abs. 1 ASchG 2) 2.000,-- 24 Stunden 130 Abs. 5 ASchG Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

500,--    Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 5.500,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." In der Begründung zum Strafausspruch hält die belangte Behörde fest, daß dieser unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG erfolgt sei, wobei als erschwerend zu werten gewesen wäre, daß der Beschuldigte auch nach Feststellung der Mängel durch das Arbeitsinspektorat nicht bereit gewesen sei, diese zu beseitigen. Weiters sei bei der Straffestsetzung von einem Einkommen des Beschuldigten als Geschäftsführer in der Höhe von 30.000 S ausgegangen worden. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte Berufung erhoben, welche sich, ihrem Inhalt nach, ausschließlich gegen die Strafhöhe richtet. In dieser bringt er begründend vor, daß die Firma K H ein eingetragenes Einzelunternehmen, mit einer Filiale in W und keine GesmbH sei. Er sei daher kein Geschäftsführer sondern Einzelunternehmer. Da zur Zeit das Geschäft in einer wirtschaftlichen Krise stecke, gewähre er sich pro Monat eine Privatentnahme (Fixum) in der Höhe von 10.000 S. Diese Entnahme sei natürlich jederzeit für die Behörde überprüfbar. Er ersuche daher, die Festsetzung der Strafhöhe noch einmal durchzurechnen, da die Annahme von 30.000 S Monatseinkommen nicht gerechtfertigt sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zur Mängelfreiheit und Rechtzeitigkeit der vorliegenden Berufung: Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten laut im Akt erliegenden Rückschein (RSb) am 28.3.1997 ersatzweise iSd § 16 Abs.1 Zustellgesetz zugestellt. Als Ersatzempfänger scheint auf dem Rückschein der Arbeitnehmer R A auf, der auch die Inempfangnahme durch seine Unterschrift bestätigt hat. Die zweiwöchige Berufungsfrist endete sohin mit Ablauf Freitag, den 11. April. Die Berufungsschrift wurde jedoch laut Poststempel erst am 7.5.1997 am Postamt W aufgegeben und ist daher um fast vier Wochen verspätet eingebracht worden. Dieser Umstand wurde dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs mit h Schreiben vom 25.8.1997 zur Kenntnis gebracht. In seiner hiezu ergangenen Stellungnahme vom 9.9.1997 wird vom Beschuldigten die verspätete Einbringung der Berufung soweit glaubwürdig dadurch erklärt, daß der als Ersatzempfänger in Erscheinung getretene Filialleiter R A zum Zeitpunkt der Inempfangnahme des Straferkenntnisses am 28.3.1997 bereits gekündigt war und zwei Tage später seinen Resturlaub angetreten hätte. Er, der Beschuldigte, habe daher erst am 2.5.1997 Kenntnis über das Einlangen des Straferkenntnisses erlangt. Aufgrund der vom Beschuldigten dargelegten Umstände war daher die Berufung als rechtzeitig eingebracht zu erachten. Gleichzeitig hat der Beschuldigte mit dieser Stellungnahme das Formgebrechen der fehlenden Unterschrift behoben, sodaß die Berufung nunmehr frei von formellen Mängeln ist. In der Sache selbst, nämlich in bezug auf das bekämpfte Strafausmaß, war der Berufung jedoch aus folgenden Gründen der Erfolg zu versagen:

Gemäß § 130 Abs.5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in 1) den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschuldigte ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, darstellt. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

Aufzuzeigen ist, daß die Begründung der belangten Behörde zum Strafausmaß insoweit unzureichend ist, als sie lediglich anführt, daß bei der Strafzumessung auf die Bestimmungen des § 19 VStG Bedacht genommen worden sei, ohne diese Bestimmungen wiederzugeben und für den Beschuldigten nachvollziehbar darzulegen, aufgrund welcher im § 19 angeführten Kriterien das von ihr festgesetzte Strafausmaß als angemessen zu erachten sei. Dies wäre jedenfalls in bezug auf Faktum 1) erforderlich gewesen, weil die hiezu verhängte Strafe von 3.000 S über der gesetzlich nicht unterschreitbaren Mindeststrafe von 2.000 S liegt. In bezug auf Faktum 2) sind allerdings nähere Ausführungen entbehrlich, weil hiezu die gesetzlich nicht unterschreitbare Mindeststrafe von 2.000 S verhängt wurde. Die Anwendung der Rechtswohltat der außerordentlichen Strafmilderung iSd § 20 VStG war nicht in Erwägung zu ziehen, da, wie aus der Aktenlage ersichtlich, im Falle des Beschuldigten die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe keinesfalls beträchtlich überwiegen. So sind vor allem auch keine Strafmilderungsgründe in Erscheinung getreten. Die zu Faktum 1) verhängte Strafe von 3.000 S liegt in Anbetracht der Strafobergrenze im untersten Bereich des Strafrahmens und ist dem der Übertretung zugrundeliegenden Schuld- und Unrechtsgehalt durchaus angemessen. Zu Recht wurde als erschwerend gewertet, daß der Beschuldigte bereits früher vom Arbeitsinspektorat auf das Fehlen der Kästen aufmerksam gemacht wurde und trotzdem diesen Mangel nicht behoben hat. Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hätte vom Beschuldigten kein besonderes Augenmerk verlangt und der hiefür erforderliche Aufwand ohne besondere Schwierigkeiten zu bewältigen gewesen. Der Unrechtsgehalt ist im wesentlichen darin zu erblicken, als durch das Fehlen der Kästen die Arbeitsplatzverhältnisse für die Arbeitnehmer, jedenfalls längerfristig, eine wesentliche Verschlechterung erfahren. Durch die Stolperstellen im Fußboden wurden sie einer erhöhten Unfallgefahr ausgesetzt. Ungeachtet des Umstandes, daß das monatliche Einkommen des Beschuldigten in Form einer Privatentnahme in der Höhe von 10.000 S weit unter dem von der belangten Behörde geschätzten liegt, vermag dies nicht eine weitere Herabsetzung der Strafe zu bewirken. Dies deshalb, weil gemäß § 19 Abs.2 VStG nicht nur auf die Einkommensverhältnisse bei der Strafbemessung Bedacht zu nehmen ist, sondern auch auf die Vermögens- und Familienverhältnisse. So stellt aber die Firmeninnehabung für den Beschuldigten einen Vermögenswert dar, den er sich bei der Strafbemessung anrechnen lassen muß. Im Ergebnis waren daher die von der Erstbehörde verhängten Strafen, welche in einem Fall im gesetzlichen Mindestausmaß, in anderen nur geringfügig darüber festgesetzt wurden, zu bestätigen. zu II.: Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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