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VwSen-280384/8/KON/FB

Linz, 21.04.1998

VwSen-280384/8/KON/FB Linz, am 21. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn KR H H, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J B und Dr. J H, K, E, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25. Juli 1997, GZ: MA2-Pol-5001-1997, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1) lit.a bis m insoweit Folge gegeben, als die hiezu verhängten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herabge-setzt werden: Faktum 1) lit.a, b, f und i jeweils 2.000 S jeweils 4 Tage; Faktum 1) lit.g, h, j und k jeweils 1.500 S jeweils 3 Tage; Faktum 1) lit.c, d, e (28.11.), l und m jeweils 1.000 S jeweils 2 Tage; Die Höhe der insgesamt für Faktum 1) zu entrichtenden Geldstrafen (4 x 2.000 S + 4 x 1.500 S + 5 x 1.000 S) vermindern sich auf den Betrag von 19.000 S, das Gesamtausmaß der Ersatzfreiheitsstrafen vermindert sich auf die Dauer von 38 Tagen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf den Betrag von 1.900 S. Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der oben ange-führten Fakten mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Verwaltungs-norm (§ 44a Z2 VStG) zu lauten hat: § 9 Abs.2 iVm § 7 Abs.4 AZG, BGBl.Nr. 461/1969 idFd Novelle BGBl. I Nr. 8/1997 Art I.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

IIa) Hinsichtlich Faktum 2) lit.a bis d wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. IIb) Der Beschuldigte hat 20 % der jeweils gegen ihn verhängten Geldstrafen (lit.a bis d), ds insgesamt 1.400 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungs-verfahrens zu zahlen. Rechtsgrundlage: zu a).: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG. zu b).: § 64 Abs.1 und 2 VStG. IIIa) Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 3) lit.a und b keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Illb) Der Beschuldigte hat 20 % der jeweils gegen ihn verhängten Geldstrafen (lit.a und b), ds insgesamt 300 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsver- fahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage: zu a).: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG. zu b).: § 64 Abs.1 und 2 VStG. Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch: "Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG nach außen hin zur Vertretung berufene Organ der B GesmbH, W, S, die vom Arbeitsinspektorat Wien anläßlich einer Einsichtnahme in die Arbeitsaufzeichnungen der Betriebsstätte in W, H, festgestellten, nachstehend angeführten ungesetzlichen Arbeitsleistungen zu verantworten:

1. Tägliche Einsatzzeiten: a) A C am 28.11.1996 von 06.58 bis 22.38 = 15.40 Std./Min am 29.11.1996 von 08.18 bis 21.27 = 13.09 Std./Min keine Pause b) B J am 28.11.1996 von 07.09 bis 22.46 Uhr = 15.37 Std./Min am 29.11.1996 von 07.04 bis 21.24 Uhr = 14.20 Std./Min keine Pause c) B T am 28.11.1996 von 07.04 bis 22.04 Uhr = 14.30 Std./Min 0,5 Std. Pause d) S M am 28.11.1996 von 07.03 bis 22.02 Uhr = 14,29 Std./Min 0,5 Std. Pause e) P H am 28.11.1996 von 07.02 bis 21.07 Uhr = 13.35 Std./Min 0,5 Std. Pause am 30.11.1996 von 07.27 bis 18.33 Uhr = 11.06 Std./Min keine Pause f) B E am 28.11.1996 von 06.40 bis 21.47 Uhr = 14,37 Std./Min 0,5 Std. Pause am 29.11.1996 von 07.14 bis 20.16 Uhr = 112.32 Std./Min 0,5 Std. Pause g) S R am 28.11.1996 von 07.05 bis 21.52 Uhr = 14.17 Std./Min am 29.11.1996 von 07.19 bis 20.10 Uhr = 12.21 Std./Min 0,5 Std. Pause h) W C am 28.11.1996 von 07.04 bis 21.47 Uhr = 14.13 Std./Min am 29.11.1996 von 07.16 bis 20.10 Uhr = 12.24 std./Min 0,5 Std. Pause i) B H am 28.11.1996 von 06.53 bis 22.44 Uhr = 15.51 Std./Min keine Pause am 29.11.1996 von 07.32 bis 20.59 = 12.57 Std./Min j) H M am 28.11.1996 von 07.05 bis 21.30 Uhr = 13.55 Std./Min 0,5 Std. Pause am 29.11.1996 von 07.18 bis 20.56 Uhr = 13.08 Std./Min k) H J am 28.11.1996 von 06.39 bis 21.30 Uhr = 14.21 Std./Min 0,5 Std. Pause am 29.11.1996 von 07.17 bis 20.03 Uhr = 12.16 Std./Min 0,5 Std. Pause l) S H am 28.11.1996 von 07.10 bis 21.56 Uhr = 14.16 Std./Min 0,5 Std. Pause m) K M am 28.11.1996 von 07.03 bis 21.20 Uhr = 14.17 Std./Min keine Pause 2. Tägliche Einsatzzeiten ohne Pausen: a) A C am 28.11.1996 von 06.58 bis 22.38 Uhr = 15.40 Std./Min am 29.11.1996 von 08.18 bis 21.27 Uhr = 13.09 Std./Min b) B J am 28.11.1996 von 07.09 bis 22.46 Uhr = 15.37 Std./Min am 29.11.1996 von 07.04 bis 21.24 Uhr = 14.20 Std./Min c) B H am 28.11.1996 von 06.53 bis 22.44 Uhr = 15.51 Std./Min d) K M am 28.11.1996 von 07.03 bis 21.20 Uhr = 14.17 Std./Min am 30.11.1996 von 07.52 bis 18.18 Uhr = 10.26 Std./Min 3. a) B J Arbeitszeitende am 28.11.1996 um 22,46 Uhr, Arbeitszeitbeginn am 29.11.1996 um 07.04 Uhr = 08.18 Std./Min Ruhezeit b) B H Arbeitszeitende am 28.11.1996 um 22.44 Uhr, Arbeitszeitbeginn am 29.11.1996 um 07.32 Uhr = 08.48 Std./Min Ruhezeit Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1. § 28 Abs 1 Z 1 i.V.m. §§ 9 Abs 1 und 7 Abs 1 Arbeitszeitgesetz (AZG) 1969, BGBl.Nr. 461, i.d.g.F. 2. § 28 Abs 1 Z 3 i.V.m. § 11 Abs 1 AZG 3. § 28 Abs 1 Z 4 i.V.m. § 12 Abs 1 AZG Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling falls diese uneinbringlich ist, gemäß Ersatzfreiheitsstrafe von 1.a, b, f, i je S 3.000,-- = S 12.000,- 24 Tage § 28 Abs 1 Z 1 AZG 1.e, g, h, j, k je S 2.500,- = S 12.500,- 25 Tage " 1.c, d, l, m je S 2.000,- = S 8.000,- 16 Tage " 2.a, b, d je S 2.000,- = S 6.000,- 12 Tage § 28 Abs 1 Z 3 AZG 2.c S 1.000,- 2 Tage " 3. a, b je S 750,- = S 1.500,- 3 Tage § 28 Abs 1 Z 4 AZG Insgesamt S 41.000,- 82 Tage Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

4.100,--   Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet) Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) beträgt daher 45.100,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 VStG)." Hiezu führt die belangte Behörde in bezug auf die einzelnen Fakten im wesentlichen begründend aus, daß die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretungen aufgrund des angeführten Sachverhaltes als erwiesen anzusehen sei. Die angeführten Überschreitungen des AZG würden auch vom Beschuldigten nicht bestritten, sondern seien von ihm mit deren Kurzfristigkeit und entsprechender Entlohnung sowie dem Vorrang der Unternehmensinteressen abgetan worden. In bezug auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite hält die belangte Behörde begründend fest, daß es nicht ausreiche, wenn der Beschuldigte dem Niederlassungsleiter G S eindeutige Anweisungen erteilt hätte, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Die bloße Erteilung von Weisungen reiche nicht aus, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu gewährleisten, sondern sei vielmehr entscheidend, ob eine wirksame Kontrolle dieser Weisungen erfolge. Eine solche Kontrolle sei jedoch nicht erfolgt und sei dem Beschuldigten die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe, nicht gelungen. In der Begründung zur Strafhöhe vertritt die belangte Behörde unter Hinweis auf § 19 VStG die Ansicht, daß die Gefährdung der Arbeitnehmer aufgrund des Umfanges der Überschreitungen des AZG als massiv zu bewerten seien. Milderungsgründe seien nicht zu berücksichtigen gewesen, erschwerend hingegen fielen drei einschlägige Vormerkungen, welche bescheidmäßig zitiert werden, ins Gewicht. Die verhängten und in diesem Ausmaß auch von der Amtspartei Arbeitsinspektorat beantragten Strafen seien unter Berücksichtigung der amtsbekannten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten als angemessen zu werten. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

1. Die erkennende Behörde sei örtlich unzuständig, weil gemäß § 28 Abs.1 VStG jene Behörde zuständig sei, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde. Bei der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handle es sich um Unterlassungsdelikte und sei hiefür Tatort jener, an dem die unterlassenen Handlungen hätten gesetzt werden sollen. Örtlich zuständige Behörde erster Instanz wäre daher der Magistrat der Stadt Wien gewesen.

2. Wie bereits in der Rechtfertigung vom 15.4.1997 werde darauf hingewiesen, daß sich der Kontrollzeitraum lediglich auf jene drei Tage erstrecke, an denen die Betriebsstätte in W, H, eröffnet worden sei. In diesem Zusammenhang falle naturgemäß ein erhöhter Arbeitsaufwand an, der jedoch nur von kurzer Dauer und dessen genauer Umfang nicht im vorhinein abschätzbar sei. Da es sich hiebei - wie bereits erwähnt - nur um einen kurzfristigen Mehraufwand handle, sei die damit verbundene längere Arbeitszeit gemäß der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993 ABl Nr. L 307,18 vom 13.12.1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung bei Einverständnis der Arbeitnehmer möglich, sofern die tatsächlichen Arbeitsleistungen entsprechend entlohnt werden. Diese beiden Voraussetzungen seien hier gegeben gewesen, weshalb die Beschäftigung der Arbeitnehmer für die im Straferkenntnis angeführte Dauer keinesfalls schuldhaft gewesen seien. Neben dieser genannten Richtlinie gebe es aber auch die Möglichkeit der Überschreitung der höchstzulässigen Arbeitszeit für Reinigungsarbeiten, die auf Eröffnungsarbeiten mangels eigener Regelung analog anzuwenden sei. Denn gerade rund um die Eröffnung würden viele Arbeiten anfallen, die nur außerhalb der Öffnungszeiten durchgeführt werden könnten, um den normalen Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu können. Eine Ungleichbehandlung von Reinigungsarbeiten und Instandhaltungsarbeiten sowie Eröffnungsarbeiten würde nämlich die Erwerbsfreiheit des Unternehmens beschränken. 3. Richtig sei, daß die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die genannte Niederlassung nicht rechtskräftig gewesen wäre. Es werde jedoch darauf hingewiesen, daß die Bestellung sehr wohl in Vorbereitung gewesen wäre, lediglich aufgrund des erhöhten Arbeitszeitaufwandes rund um die Eröffnung sich dies aber verzögert hätte. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Dem Einwand der örtlichen Unzuständigkeit samt dessen Begründung ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, derzufolge bei Unterlassungsdelikten, wie den verfahrensgegenständlichen, der Sitz der Unternehmensleitung als jener Ort anzusehen ist, an dem der Täter hätte handeln sollen. Da Sitz der Unternehmensleitung der B GesmbH jedoch W ist, hat der Bürgermeister der Stadt Wels zu Recht seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 27 Abs.1 VStG wahrgenommen und ist der Einwand der örtlichen Unzuständigkeit nicht zutreffend. Zu Faktum 1): Gemäß § 1 des mit "Höchstgrenzen der Arbeitszeit" überschriebenen § 9 AZG, BGBl.Nr. 461/1969 idFd Novelle BGBl. I Nr. 46/1997 Art I. darf die Tagesarbeitszeit 10 Stunden und die Wochenarbeitszeit 50 Stunden nicht überschreiten, sofern die Absätze 2 bis 4 nicht anderes bestimmen. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit Arbeitsverlängerungen nicht überschritten werden.

Gemäß § 9 Abs.2 leg.cit. darf die Tagesarbeitszeit im Falle des § 7 Abs.3 bis 6 (erhöhter Arbeitsbedarf) 10 Stunden insoweit überschreiten, als dies nach diesen Bestimmungen zulässig ist. Gemäß § 7 Abs.4 leg.cit. können bei vorübergehend auftretendem Arbeitsbedarf zur Verhinderung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils durch Betriebsvereinbarung, die den zuständigen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie dem zuständigen Arbeitsinspektorat zu übermitteln ist, in höchstens 12 Wochen des Kalenderjahres Überstunden bis zu einer Wochenarbeitszeit von 60 Stunden zugelassen werden, wenn andere Maßnahmen nicht zumutbar sind. Die Tagesarbeitszeit darf 12 Stunden nicht überschreiten.

Gemäß Art.17 Abs.2 UA 2.1. lit.d der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, kann, sofern die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten, im Wege von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder im Wege von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern, im Falle eines vorhersehbaren übermäßigen Arbeitsanfalles, abgewichen werden.

Mit der Neueröffnung einer Filiale ist zweifellos ein vorhersehbarer übermäßiger Arbeitsanfall verbunden wobei von dieser Ausnahmeregelung auch der Betrieb eines Baumarktes als erfaßt anzusehen ist, da die in lit.d angeführten Wirtschaftszweige der Landwirtschaft, Fremdenverkehr und Postdienst nur demonstrativ angeführt sind.

Die zitierte Richtlinie war zu den Tatzeitpunkten 28., 29. und 30.11.1996 bereits zu berücksichtigen, weil sie gemäß ihres Art.18 Abs.1 bis spätestens zum 23. November 1996 von der Republik Österreich umzusetzen gewesen wäre. Der Beschuldigte stützt sich daher zu Recht auf diese Richtlinie, weshalb im vorliegenden Fall das AZG idFd Novelle BGBl. I 46/1997 Art.I anzuwenden war, weil mit dieser die vorzunehmen gewesene Umsetzung der Richtlinie erfolgte und zwar mit deren Inkrafttreten am 1. Mai 1997; das angefochtene Straferkenntnis datiert vom 25.7.1997. Die die Richtlinie berücksichtigende AZG-Novelle schafft für den Beschuldigten eine günstigere Rechtslage. So wird zwar mit Ausnahme des Faktums 1 lit.e (Tatzeit 30.11.1996) die Tatbestandsmäßigkeit nicht beseitigt, jedoch Tatumfang und Unrechtsgehalt insoweit vermindert, als bei der Berechnung des Ausmaßes der zulässigen Arbeitszeitüberschreitung nicht von einer höchstzulässigen Tagesarbeitszeit von 10 Stunden, sondern von 12 Stunden auszugehen ist. Entsprechend dem so sich verminderten Ausmaß der Überschreitung der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit war auch das Strafausmaß herabzusetzen. Im Falle des Arbeitnehmers H P, dessen Arbeitszeit am 30.11.1996 11,06 Stunden betrug, liegt sohin keine Überschreitung der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit gemäß § 7 Abs.4 AZG vor.

Hinsichtlich des Umstandes, daß sich der Beschuldigte zu Recht auf die erwähnte Richtlinie beruft und diese eine zu seinen Gunsten gehende unmittelbare Wirkung entfalten konnte, ist auf die herrschende Lehre und Rechtsprechung des EuGH hinzuweisen (Schweizer/Hummer, Europarecht, Seite 82f (FN 8), und EuGH, Rs 41/74, Slg 1974, Rs 148/78, Slg 1979, ua). Demnach kann zur Gewährleistung ihrer praktischen Wirksamkeit eine Richtlinie des Rates der EG dann eine unmittelbare Wirkung entfalten, wenn die in ihr genannte Frist zur Zielverwirklichung abgelaufen ist, ohne daß der Mitgliedstaat die Richtlinie umgesetzt hat, und die Richtlinie den einzelnen begünstigt. Dies ist dann der Fall, wenn die Richtlinie so hinreichend genau formuliert ist, daß der Einzelne daraus unmittelbar seine Rechte ableiten kann. Dies trifft auf die zitierte Richtlinie zu.

Sofern sich der Beschuldigte in seiner Berufung im weiteren auf die Möglichkeit der Überschreitung der höchstzulässigen Arbeitszeit für Reinigungsarbeiten beruft und deren analoge Berücksichtigung fordert, ist dem entgegenzuhalten, daß der Gesetzgeber eben zwischen dem Vorliegen eines erhöhten Arbeitsbedarfes (§ 7 Abs.4 leg.cit.) und den Fällen der Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten iSd § 8 Abs.1 leg.cit. unterscheidet, was die analoge Anwendung der Bestimmungen des § 8 Abs.1 leg.cit. ausschließt. Was das Vorliegen der subjektiven Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung betrifft, wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen. Daß die bloße Erteilung von Weisungen die Vorschriften des AZG einzuhalten, nicht ausreicht, sondern zur Schuldentlastung vielmehr entscheidend ist, daß eine wirksame Kontrolle dieser Weisungen im Rahmen eines lückenlosen Kontrollsystems erfolgt, ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Zu Faktum 2) und Faktum 3): Die Nichteinhaltung einer mindestens halbstündigen Pause (Faktum2)) sowie die Unterschreitung der gesetzlichen Ruhezeiten (Faktum 3)) ist aufgrund der Feststellungen der Arbeitsinspektion erwiesen und wird vom Beschuldigten auch nicht bestritten. Die vorgeworfenen Verletzungen der Bestimmungen über die Ruhepausen und über die Ruhezeiten sind auch durch keine Ausnahmebestimmungen des AZG gedeckt, sodaß die objektive Tatseite dieser Verwaltungsübertretungen gegeben ist. Was die gegebene subjektive Tatseite dieser Verwaltungsübertretungen betrifft, wird auf die diesbezüglich obenstehenden Ausführungen in der Begründung verwiesen. Der Schuldspruch der belangten Behörde ist aus den dargelegten Gründen mit Ausnahme von Faktum 1) lit.e (Tatzeit 30.11.1996) zu Recht ergangen.

In bezug auf die Strafhöhe, welche vom Beschuldigten im besonderen nicht bekämpft wird, ist festzuhalten, daß jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens vorgenommene Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Behörde darstellt, die von ihr unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG, auf deren Wiedergabe aufgrund der rechtsfreundlichen Vertretung verzichtet werden kann, vorzunehmen ist. Eine dem Gesetz widersprechende Ermessensausübung konnte dabei vom UVS als Berufungsinstanz nicht festgestellt werden. So wurden zu Recht die einschlägigen Vormerkungen als Erschwerungsgrund gewertet. In Anbetracht des Ausmaßes der Arbeitszeitüberschreitung bzw der Unterschreitungen der Ruhezeiten und der Nichteinhaltung der Pausen und des damit verbundenen Unrechtsgehaltes, erweisen sich die hiezu verhängten Strafen als durchaus angemessen. Dies vor allem deshalb, weil es eine Erfahrungstatsache ist, daß Überschreitungen der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit, verbunden damit, daß sehr oft auch keine Pausen eingehalten wurden und die gesetzlichen Ruhezeiten dabei erheblich unterschritten wurden, die Arbeitnehmer einer Gefahr einer physischen Überbeanspruchung und in weiterer Folge auch einer darauf zurückzuführenden Unfallgefährdung ausgesetzt waren. Wenn dennoch bei Faktum 1) die verhängten Strafen herabgesetzt wurden, so ist dies im geringeren Tatumfang, der sich aufgrund der anzuwendenden Rechtslage ergibt, begründet.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h Beschlagwortung:

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