Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280397/8/SCHI/Km

Linz, 08.06.1998

VwSen-280397/8/SCHI/Km Linz, am 8. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Schieferer, Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des Herrn G S, gegen Punkt 1.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.9.1997, Ge96-214-1995/Ew, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ASchG bzw. der BauV, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis zu Punkt 1. vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß a) die verletzte Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z.2 VStG "§ 87 Abs. 3 BauV iVm § 118 Abs.3 und §130 Abs.5 Z.1 ASchG", b) die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG "§ 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG" zu lauten haben.

Zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist ein Kostenbeitrag von 3.000 S, d.s. 20 % der verhängten Strafe zu zahlen.

Rechtsgrundlagen: Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 9, 16, 19, 20 und 51 VStG; zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.9.1997, Ge96-214-1995/Ew, wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der S Gesellschaft m.b.H. (Komplementär-Ges.m.b.H. zur Arbeitgeberin S Gesellschaft m.b.H. & Co.KG.), zu vertreten, daß auf der Baustelle L, am 13.6.1995, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz anläßlich einer Überprüfung festgestellt wurde, 1.) drei Arbeitnehmer der genannten Gesellschaft m.b.H. & Co.KG. (Vorarbeiter A M) auf der westseitigen Dachfläche bei einer Dachneigung von ca. 35ï‚° und einer Traufenhöhe von 14 m mit der Verblechung der Gaupen beschäftigt wurden, wobei keine geeignete Schutzeinrichtungen gegen den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten, wie Dachschutzblenden und Dachfanggerüste, vorhanden waren, obwohl gemäß § 87 Abs.3 der Bauarbeiterschutzverordnung bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20ï‚° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m geeignete Schutzeinrichtungen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, vorhanden sein müssen. 2.)..... Der Berufungswerber habe deshalb eine Verwaltungsübertretung zu 1.) nach § 87 Abs.3 BauV iVm § 118 Abs.3 und § 130 Abs.1 Z19 ASchG begangen, weshalb über ihn gemäß § 130 Abs.1 des ASchG zu 1.) eine Geldstrafe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt wurde. Ferner wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Strafkostenbeitrages in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

2. Dagegen hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 17.9.1997 rechtzeitig Berufung eingebracht, die am 6.10.1997 beim O.ö. Verwaltungssenat eingelangt ist. Begründend wurde ausgeführt, daß der Berufungswerber alles unternommen hätte und alle Sicherheitsvorschriften eingehalten worden wären. Die Firma S habe 1,5 Millionen S für Sicherheitsmaßnahmen investiert, die allen Arbeitnehmern zur Verfügung stünden. Die Dienstnehmer seien schriftlich darauf hingewiesen worden und die Briefe von ihnen auch unterfertigt worden. Zum Beweis legte er hiefür entsprechende Kopien dieser unterschriebenen Aufforderungen zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften bei. Weiters führt der Berufungswerber zum Straferschwerungsgrund aus, es sei nicht berücksichtigt worden, daß der Spengler- und Dachdeckerbetrieb sechs bis siebenmal so groß sei wie beim Mitbewerber.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 sowie § 51e Abs.2 VStG wurde die Berufung dem Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz zur Kenntnis gebracht; dieses gab mit Schreiben vom 16. Oktober 1997, Zl. 1160/76-9/97, eine Stellungnahme ab, in der beantragt wurde, das Straferkenntnis zu bestätigen, weil in der Berufung kein entsprechendes Überwachungs- und Kontrollsystem für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften dargelegt wurde und auch die Größe eines Betriebes kein Argument für eine unzureichende Kontrolle sein könne. Der Berufungswerber hat sich zu diesem Beweisergebnis nicht mehr näher geäußert.

3.3. Weil aufgrund der Akteneinsicht der entscheidungserhebliche Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und auch bereits im Verfahren erster Instanz zugrundegelegt wurde, weiters neue Sachverhaltsvorbringen in der Berufung nicht enthalten sind und sich die Berufung im wesentlichen lediglich auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung bezieht und überdies ausdrücklich eine mündliche Verhandlung nicht verlangt wurde, war die vorliegende Entscheidung im Sinn des § 51e Abs.2 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung zu treffen.

3.4. Aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen ist der oben unter Punkt 1. angeführte Sachverhalt als erwiesen festzustellen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 87 Abs.3 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20ï‚° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutzblenden und Dachfanggerüste.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die BauV, BGBl.Nr. 340/1994, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

4.2. Das Vorliegen des objektiven Tatbestandes war - vergleiche oben Punkt 3.3. und 3.4. - als erwiesen anzunehmen. Ebenso ist unbestritten, daß der Bw die vorgeworfene Verwaltungsübertretung als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG zu verantworten hat. 4.3. Der Berufungswerber macht jedoch mangelndes Verschulden insofern geltend, indem er vorbringt, daß seinerseits alles unternommen worden wäre und daß alle Sicherheitsvorschriften eingehalten worden wären, wobei die Firma S 1,5 Millionen Schilling für Sicherheitsmaßnahmen investiert hätte, die allen Arbeitnehmern zur Verfügung stünden. Weiters seien die Dienstnehmer schriftlich auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften hingewiesen worden.

Hier ist der Bw zunächst auf § 5 Abs.1 VStG zu verweisen. Danach genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Ungehorsamsdelikten ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gehört zu den Ungehorsamsdelikten und ist daher Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen. Dem Berufungswerber ist ein Entlastungsnachweis nach § 5 Abs.1 letzter Satz VStG nicht gelungen. Der Bw hat nämlich nach der ständigen Judikatur des VwGH initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, insbesondere durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge. Dazu gehört auch, daß er konkret vorbringt und unter Beweis stellt, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Entsprechende konkrete Maßnahmen wurden aber vom Bw nicht behauptet.

Wenn der Bw darauf verweist, daß die Dienstnehmer entsprechende schriftliche Dienstanweisungen betreffend Aufforderung zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften unterschrieben hätten, so ist dazu festzustellen, daß nach der ständigen Judikatur des VwGH die bloße Erteilung von Weisungen nicht geeignet ist, eine Entlastung herbeizuführen; vielmehr ist auch die Einhaltung der erteilten Weisungen zu kontrollieren und dies konkretisiert darzulegen (VwGH v. 23.4.1996, Zl. 96/04/0053). Schließlich reicht auch die - zugegebenermaßen sehr hohe - Investition in Sicherheitsmaßnahmen deshalb nicht aus, den Berufungswerber zu entschuldigen, weil nicht nur das Vorhandensein und die Anschaffung von Sicherheitseinrichtungen genügt, sondern diese auch verwendet werden müssen und dem Berufungswerber die Verpflichtung obliegt, die tatsächliche Verwendung der Schutzausrüstungen durch die Arbeitnehmer ständig zu kontrollieren oder hiefür ein entsprechendes Kontrollsystem aufzubauen. Da derartiges weder behauptet noch nachgewiesen wurde, war im gegenständlichen Fall vom Verschulden des Bw auszugehen. Entschuldigungsgründe sind nicht hervorgekommen.

5.1. Zur Strafbemessung hat bereits die belangte Behörde auf sämtliche Strafzumessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG entsprechend Bedacht genommen. Hinsichtlich des vom Bw bemängelten Straferschwerungsgrundes (gemeint wohl: Milderungsgrund), wonach nicht berücksichtigt worden sei, daß sein Betrieb sechs bis siebenmal so groß sei wie beim Mitbewerber, ist darauf zu verweisen, daß die Betriebsgröße keinen Milderungsgrund darstellt. Die verhängte Strafe entspricht daher dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Bw und ist im übrigen erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten bzw. ihn zu entsprechenden Vorkehrungsmaßnahmen zu veranlassen. Im Hinblick auf den gesetzlichen Höchstrahmen der Strafe bewegt sich die konkret verhängte Strafe immer noch im unteren Bereich des Strafrahmens und scheint daher nicht überhöht. Die Strafe ist aber auch aus generalpräventiven Gründen, nämlich um auch andere Arbeitgeber von einer Tatbegehung abzuhalten, erforderlich. Schließlich ist noch anzuführen, daß weder ein Überwiegen von Strafmilderungsgründen festzustellen war, noch in Anbetracht der Umstände, die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gegeben waren. Im übrigen wird auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen.

5.2. Zur Spruchänderung ist folgendes festzuhalten: Da die Bestimmungen der BauV, BGBl.Nr. 340/1994, noch aufgrund des alten ASchG BGBl.Nr. 234/1972 idgF erlassen worden sind, im Grunde des § 118 Abs.3 ASchG (neu) jedoch als Verordnung nach diesem Bundesgesetz weiterzugelten haben, mußte die verletzte Verwaltungsvorschrift und die Strafnorm iSd § 44a Z.2 und 3 VStG entsprechend berichtigt werden. 6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

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