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VwSen-280402/5/Kl/Rd

Linz, 08.02.2000

VwSen-280402/5/Kl/Rd Linz, am 8. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der Verena S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24.9.1997, Ge96-69-1997-Pa, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24.9.1997, Ge96-69-1997-Pa, wurde über die Bw eine Geldstrafe von 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG verhängt, weil sie es als verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführerin der "S Transportgesellschaft mbH" (Güterbeförderungsgewerbe im Standort F) zu vertreten hat, wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk, Linz, vom 1.8.1997 hervorgeht, dass trotz Aufforderung durch das Arbeitsinspektorat Linz (vom 5.3.1997) bis 15.4.1997 der Nachweis über die durchzuführenden Unterweisungen der im Betrieb in F, beschäftigten Arbeitnehmer (§ 14 ASchG) dem Arbeitsinspektorat Linz nicht zur Einsicht vorgelegt wurde.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin das gesamte Straferkenntnis angefochten. Begründend wurde zunächst ausgeführt, dass § 14 ASchG nicht regle, wie eine solche Unterweisung zu erfolgen hat. Weiters kann ein Nachweis einer Unterweisung nur dann übermittelt werden, wenn solche Nachweise bzw derartige Unterlagen tatsächlich im Geschäftsbetrieb des Arbeitgebers bestehen. Dahingehende Feststellungen seien von der Behörde erster Instanz nicht getroffen worden. Auch habe die Behörde die Pflicht der materiellen Wahrheitsfindung verletzt und notwendige Beweiserhebungen nicht durchgeführt. Auch ist sie ihrer Parteienbelehrungspflicht nicht nachgekommen. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das zuständige Arbeitsinspektorat wurde am Berufungsverfahren durch den Oö. Verwaltungssenat beteiligt.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der Bescheid aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG unterbleiben.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 8 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 - ArbIG idgF sind Arbeitgeber/Innen und die gemäß § 4 Abs.5 und 7 beauftragten Personen verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Zusammenhang stehen.

Gemäß § 8 Abs.3 ArbIG haben Arbeitgeber/Innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs.1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln.

Gemäß § 24 Abs.1 ArbIG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 S bis 50.000 S, im Wiederholungsfall von 1.000 S bis 50.000 S zu bestrafen

1) wer als Arbeitgeber/In

d) entgegen § 8 Abs.3 Unterlagen, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge nicht übermittelt;

...........

2) wer als Arbeitgeber/In oder als nach § 4 Abs.5 oder 7 beauftragte Person

c) entgegen § 8 Abs.1 keine Einsicht in Unterlagen gewährt.

4.2. Aus der Aktenlage, insbesondere aus der Anzeige des AI für den 9. Aufsichtsbezirk vom 1.8.1997, geht klar hervor, dass an die Bw eine schriftliche Aufforderung vom 5.3.1997 erging, den Nachweis für die Unterweisung der Arbeitnehmer gemäß § 14 ASchG bis 15.4.1997 dem AI vorzulegen bzw zuzusenden. Es ist daher die Erfüllung dieses Auftrages bis zum 15.4.1997 möglich und fristgerecht. Ein Zuwiderhandeln gegen diesen Auftrag und somit ein strafbares Verhalten ist daher erst mit Fristablauf, also ab 16.4.1997 vorgelegen. Die sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als erster Verfolgungshandlung sowie im Straferkenntnis vorgeworfene Tatzeit "bis 15.4.1997" ist daher verfehlt, weil innerhalb der Frist zur Auftragserfüllung ein strafbares Verhalten nicht gesetzt werden kann. Eine Tatzeit nach dem genannten Zeitpunkt ist aber dem gesamten Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen. Es ist daher der gegenständliche Tatvorwurf schon in diesem Punkt verfehlt und war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren, weil die Tat in der angegebenen Tatzeit nicht begangen wurde, gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen (vgl. bereits zu VwSen-280051/2 vom 14. März 1995).

Das Straferkenntnis weist aber noch weitere wesentliche Mängel auf, welche ebenfalls zur Aufhebung des Straferkenntnisses führen müssen. Der Bw wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG vorgeworfen, weil "der Nachweis über ... nicht zur Einsicht vorgelegt wurde". Mit diesem Tatvorwurf wurde eine Pflicht der Bw als Arbeitgeberin gemäß § 8 Abs.1 ArbIG angesprochen ("alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen"), wobei die Nichterfüllung der Pflicht nach § 8 Abs.1 ArbIG eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs.1 Z2 lit.c ArbIG darstellt. Allerdings ist dazu anzumerken, dass der angezeigte Tatbestand nicht die Nichtvorlage zur Einsicht war, sondern die nicht erfolgte Übermittlung von Unterlagen trotz Verlangens des AI. Letzteres stellt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG dar. Dass aber Unterlagen "auf Verlangen nicht übermittelt" wurden, wurde der Bw zu keiner Zeit innerhalb der gesetzlichen sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen. Es ist daher diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten. Hingegen hat die Bw die tatsächlich vorgeworfene Tathandlung "nicht zur Einsicht vorgelegt" jedenfalls im Zusammenhang mit dem im Spruch des Straferkenntnisses angeführten schriftlichen Auftrag des AI nicht begangen.

Schließlich bringt der Rechtsvertreter der Bw noch berechtigte Einwände dahingehend vor, dass der vorgeworfene Straftatbestand der Nichtübermittlung von Unterlagen voraussetzt, dass solche überhaupt existieren (vgl. VwGH vom 29.7.1993, Zl 91/19/0176 zu § 26 AZG). Wurden die Unterlagen aber entgegen den Bestimmungen des ASchG nicht geschaffen, so stellt dies keine Verwaltungsübertretung nach ArbIG, sondern eine Verwaltungsübertretung nach dem ASchG dar. Auch diesen Aspekt ließ die belangte Behörde unberücksichtigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Auftragsfrist, Beginn des strafbaren Verhaltens, Übermittlung setzt Existenz von Unterlagen voraus.

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