Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280431/18/Le/Km

Linz, 29.10.1998

VwSen-280431/18/Le/Km Linz, am 29. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des R K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15.5.1998, Ge96-146-1997/Poe, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 12 Stunden herabgesetzt.

Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 100 S. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 20, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15.5.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 130 Abs.5 Z1 und § 109 Abs.2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (im folgenden kurz: ASchG) in Verbindung mit § 33 Abs.1 und § 100 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (im folgenden kurz: AAV) eine Geldstrafe in Höhe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Woche) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der H Verpackungen GmbH (Komplementär zur Arbeitgeberin H Verpackungen GmbH & Co) zu vertreten, daß am 5. Mai 1997 im Betrieb in H, der Arbeitnehmer I O an der Blechschneidemaschine "Schuler - Nr. 2845" beschäftigt wurde, wobei aufgrund der fehlenden Verkleidungen bzw. Verdeckungen jederzeit ein Zugriff zu den Antriebszahnrädern der Vorschubrollen möglich war. In der Folge gelangte Herr O mit den Fingern zwischen diese Zahnräder und wurde dabei schwer verletzt. Der Beschuldigte habe es zu vertreten, daß gesetzlich vorgeschriebene Schutzmaßnahmen nicht ergriffen wurden, obwohl gemäß § 33 Abs.1 AAV Zahnräder bei Maschinen zumindest an den Eingriffsstellen verkleidet oder verdeckt sein müssen.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen der Gang des Ermittlungsverfahrens dargestellt, insbesonders der Sachverhalt aufgezeigt, die maßgebliche Rechtslage dargelegt sowie die Beweiswürdigung vorgenommen. Bei der Strafbemessung wurde die konkret entstandene Gefährdung des Arbeitnehmers berücksichtigt; als strafmildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 8.6.1998, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Erstbehörde den Sachverhalt nur mangelhaft ermittelt habe, weil sie die Herren Ing. G und I O nicht einvernommen hätte. Der Berufungswerber wies darauf hin, daß sich der Unfall nicht beim eigentlichen Arbeitsvorgang, sondern bei der Reinigung der Maschine ereignete und dabei Ivan Orgulan gegen die firmeninterne Weisung gehandelt habe, die Maschine bei der Reinigung mittels Hauptschalter abzustellen und den Reinigungsvorgang bei stehender Maschine vorzunehmen. Weiters wurde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt (dieser Antrag wurde bei der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat jedoch zurückgezogen).

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sach- und Rechtslage führte der unabhängige Verwaltungssenat am 13.10. und 28.10.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Berufungswerber mit seinem Rechtsvertreter teilnahm. Dabei wurden der verletzte Arbeitnehmer I O sowie der Betriebsleiter des Betriebes, Herr Ing. P G, als Zeugen vernommen. Als Vertreter des Arbeitsinspektorates waren Herr Dipl.-Ing. T (am 13.10.1998) sowie Herr Ing. W W (am 28.10.1998) anwesend; die Erstbehörde hatte sich entschuldigt.

3.2. Demnach steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Arbeitnehmer I O verletzte sich am 5.5.1997 an der Blechschneidemaschine "Schuler Nr. 2845" als er beim "Reinigen" der Vorschubrollen dieser Maschine an der Auslaufseite (das ist die Seite, an der das geschnittene Blech sowie die Blechabfälle herauskommen) mit der rechten Hand zuweit nach rechts griff und dabei in die rechts von den Vorschubrollen befindlichen Antriebszahnräder dieser Rollen gelangte, wobei ihm je der vordere Teil des Daumens und des rechten Zeigefingers abgetrennt wurden. Der Arbeitnehmer O war zu diesem Zeitpunkt schon seit 27 Jahren im Betrieb beschäftigt und bereits seit vielen Jahren auch bei den Blechschneidemaschinen tätig. Als der nunmehrige Betriebsleiter Ing. P G im Jahr 1985 in den Betrieb kam, arbeitete Herr O bereits bei diesen Maschinen. Gemeinsam mit Herrn T bediente Herr O in der Zuschneiderei die einzelnen Blechschneidemaschinen. Die Maschine, an der der Unfall passierte, war zu diesem Zeitpunkt bereits seit ca. vier Jahren in Betrieb. Herr O hatte schon zuvor an dieser Maschine gearbeitet. Er gab selbst an, daß ihm Herr Ing. G gesagt hatte, daß er die Maschine vor dem Reinigen ausschalten müsse. Er habe diese Anweisung jedoch mißachtet, weil man seiner Ansicht nach die Maschine nicht ordentlich reinigen könne, wenn die Maschine nicht laufe. Der Berufungswerber gab dazu an, daß es sich bei dieser "Reinigung" nicht um eine Reinigung der Maschine gehandelt habe, sondern um ein allfälliges Entfernen von Blechstreifen oder Zinnabrieb. Die Maschinen würden nämlich lediglich einmal im Jahr gereinigt.

Der Arbeitsinspektor, der den Unfall aufnahm, stellte fest, daß die Blechschneidemaschine nicht selbsttätig abschaltete, wenn die Schutzvorrichtung, welche die Rollen für die Ausgabe der geschnittenen Blechstreifen abdeckt, angehoben wird; er stellte weiters fest, daß die Zahnräder, bei denen sich Herr O verletzt hatte, selbst bei geschlossener Schutzvorrichtung nicht so abgedeckt waren, daß ein Hineingreifen wirkungsvoll verhindert wird. Mittlerweile wurde die Maschine so abgeändert, daß die Zahnräder ständig abgedeckt sind.

Für den Bereich der Arbeitssicherheit gaben der Zeuge Ing. G sowie der Berufungswerber übereinstimmend an, daß der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer an der Spitze der Weisungs- und Kontrollhierachie steht (und auch damals am Unfalltag stand). Ihm unterstellt ist Herr Ing. P G als Betriebsleiter, der wiederum der Vorgesetzte des Meisters ist, der seinerseits Anweisungen an die Maschineneinsteller sowie an die Arbeitnehmer gibt, die an den Maschinen beschäftigt sind. Einmal jährlich werden die vom Gesetz geforderten Arbeitssicherheitsschulungen nachweislich durchgeführt. Daneben kommt es auch immer wieder zu Belehrungen der Arbeitnehmer im Einzelfall, und zwar durch den Meister, durch den Betriebsleiter Ing. G sowie durch den Berufungswerber selbst. So hatte auch der verletzte Arbeitnehmer Ivan O bei der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bestätigt, daß ihm Herr Ing. G die Anweisung gegeben hat, vor dem Reinigen der Maschine diese auszuschalten. Der Zeuge Ing. G gab an, als Betriebsleiter mehrmals täglich im Produktionsbereich des Betriebes zu sein und dort auch die Einhaltung der Arbeitssicherheitsbestimmungen zu kontrollieren. Der Berufungswerber selbst ist zwar viel im Ausland, wenn er aber im Betrieb ist, kommt er immer wieder auch in den Produktionsbereich, um dort nach dem Rechten zu sehen. Seine Kontrollen erfolgen dabei nicht in regelmäßigen Abständen und werden auch nicht vorher angekündigt, sondern erfolgen unregelmäßig und für die kontrollierten Mitarbeiter überraschend. Direkter Ansprechpartner des Berufungswerbers ist in Arbeitssicherheitsbelangen der Betriebsleiter Ing. P G, der seine Anweisungen wiederum an den Meister weitergibt.

Auch das Arbeitsinspektorat kontrollierte immer wieder diesen Betrieb, beanstandete jedoch nie die gegenständliche Maschine. Dies wurde auch von den anwesenden Arbeitsinspektoren bestätigt.

Der Zeuge Ing. G gab zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen weiters an, daß ihm die Arbeitssicherheit deshalb besonders am Herzen liege, da er selbst einmal an den Maschinen gearbeitet hätte und daher diese Arbeitsvorgänge sehr genau kenne. Der Berufungswerber wies abschließend darauf hin, daß ihm die Arbeitssicherheitsbestimmungen sehr wichtig sind, unter anderem auch deshalb, um Arbeitsunfälle und somit darauffolgende Krankenstände und dadurch bedingte Produktionsausfälle zu verhindern. Einsicht wurde auch genommen in die Lichtbilder, die von der Gendarmerie anläßlich der Unfallerhebung angefertigt worden waren. Darauf war die verfahrensgegenständliche Blechschneidemaschine zu sehen, und zwar in Detailaufnahmen auch von der Rückseite. Auf diesen Aufnahmen waren die Vorschubrollen für den Auswurf der geschnittenen Blechteile sowie auch die Zahnräder und die Schutzabdeckung deutlich erkennbar.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Nach § 130 Abs.5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in 1. den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt ...

In diesem 9. Abschnitt findet sich die Bestimmung des § 109 Abs.2 ASchG, welche die Weitergeltung ua. der Bestimmung des § 33 Abs.1 bis 8 und Abs.10 AAV als Bundesgesetz anordnet.

Die somit anzuwendende Bestimmung des § 33 Abs.1 AAV bestimmt unter der Überschrift "Schutzmaßnahmen an Gefahrenstellen durch Kraftübertragungseinrichtungen", daß (ua.) Zahnräder verkleidet oder verdeckt sein müssen. Sofern das Verkleiden oder Verdecken von Kraftübertragungseinrichtungen im Hinblick auf ihre Größe nur schwer durchführbar ist, können solche Einrichtungen auch durch Umwehren gesichert sein. Zahn- und Kettenräder müssen auch außerhalb der in § 32 Abs.2, 5 und 6 angeführten Sicherheitsabstände zumindest an den Eingriffstellen verdeckt oder verkleidet sein.

Es ist unbestritten, daß an der gegenständlichen Blechschneidemaschine eine derartige Schutzvorrichtung fehlte. Die Maschine entsprach somit nicht den Anforderungen des § 33 Abs.1 AAV. Damit aber ist der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt, weil es der Berufungswerber dennoch zugelassen hat, daß ein Arbeitnehmer an dieser Maschine arbeitet.

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Berufungswerber hat im Verwaltungsstrafverfahren versucht glaubhaft zu machen, daß ihn an dieser Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Er hat dazu angegeben, daß die gegenständliche Blechschneidemaschine bereits seit vier Jahren im Betrieb ist und vom Arbeitsinspektorat zwar kontrolliert, aber nie beanstandet wurde (was vom Arbeitsinspektor auch bestätigt wurde). Der Arbeitnehmer Orgulan hatte sich beim unsachgemäßen Hantieren an dieser Maschine verletzt, obwohl dieser Arbeitnehmer bereits seit 27 Jahren im Betrieb beschäftigt sei und schon viele Jahre an den Blechschneidemaschinen arbeite. Es gebe für die Arbeitnehmer alljährlich Belehrungen betreffend Arbeitssicherheit, die von den Arbeitnehmern auch nachweislich zur Kenntnis genommen werden; darüber hinaus gebe es immer wieder Sicherheitsbelehrungen im Einzelfall durch den Meister, der den Arbeitnehmern übergeordnet ist, sowie den Betriebsleiter und auch den Berufungswerber selbst. Es gäbe auch die ausdrückliche Anweisung, Manipulationen an Maschinen erst dann durchzuführen, wenn diese ausgeschaltet sind. Der verletzte Arbeitnehmer O bestätigte auch ausdrücklich, daß ihm der Betriebsleiter Ing. P G gesagt hatte, daß er vor dem Reinigen der Maschine diese ausschalten müsse. Die Weisungs- und Kontrollhierachie betreffend die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen beschrieb der Berufungswerber dergestalt, daß sein direkter Ansprechpartner in diesen Angelegenheiten der Betriebsleiter Ing. P G sei, der die Anweisungen weitergebe an den Meister und dieser wiederum an die Maschineneinsteller und Arbeitnehmer. Neben den jährlichen Belehrungen der Arbeitnehmer über Arbeitssicherheit würden auch die Merkblätter der AUVA gelesen und umgesetzt, vor allem vom Betriebsleiter und von den Sicherheitsvertrauenspersonen; ebenso hole sich der Betriebsleiter immer wieder Informationen von den kontrollierenden Arbeitsinspektoren. Der Berufungswerber gab an, selbst immer wieder überraschend in den Betrieb zu kommen und dort (auch) die Einhaltung der Arbeitssicherheitsbestimmungen generell zu kontrollieren und weiters, ob seine Anweisungen entsprechend umgesetzt worden sind. Es liege auch in seinem unternehmerischen Interesse, Arbeitsunfälle zu vermeiden, da diese Krankenstände und somit Produktionsausfälle zur Folge haben. Der als Zeuge unter Wahrheitspflicht vernommene Betriebsleiter Ing. Peter Gruber bestätigte diese Darstellung. Er gab an, daß die Gefahrenstelle an dieser Blechschneidemaschine wohl deshalb nicht aufgefallen war, weil es sich dabei um die Rückseite der Maschine handelt, bei der das geschnittene Blech herauskommt, weshalb aus konstruktiven Gründen somit nicht alles abgedeckt sein könne.

4.4. Damit ist es dem Berufungswerber jedoch nicht gänzlich gelungen, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Es ist nämlich die Tatsache nicht wegzudiskutieren, daß die Zahnräder an dieser Blechschneidemaschine tatsächlich nicht verdeckt waren, obwohl dies in § 33 Abs.1 AAV zwingend angeordnet ist und obwohl dies auch technisch möglich gewesen wäre, wie die als Folge des Unfalls tatsächlich erfolgte spätere Abdeckung dieser Zahnräder auch zeigte. Das Fehlen dieser Abdeckung war daher kausal für diesen Unfall, der sicher nicht passiert wäre, wenn die Zahnräder abgedeckt gewesen wären.

Allerdings ist festzustellen, daß der Berufungswerber in seinem Betrieb ein ansonsten funktionierendes Weisungs- und Kontrollsystem aufgebaut hat, welches durch die Zeugenaussage des Betriebsleiters Ing. P G, aber auch durch dem Umstand bestätigt ist, daß der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich absolut unbescholten ist. Dies ist bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

4.5. Bei der Bemessung der Strafe kommt § 19 VStG zur Anwendung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung fällt zunächst ins Gewicht, daß ein Arbeitsunfall passierte, bei dem ein Arbeitnehmer Teile von zwei Fingern verlor. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß es eine allgemeine Sicherheitsanweisung an die Arbeitnehmer im Betrieb gab, daß Arbeiten und Manipulationen an Maschinen nur durchgeführt werden dürfen, wenn die Maschine abgestellt ist. Der verletzte Arbeitnehmer O gab selbst zu, daß ihm Herr Ing. G vorher gesagt hatte, daß die Maschine vor dem Reinigen auszuschalten ist. Ohne Auftrag, die Maschine zu reinigen, wider besseres Wissens und auch gegen den einem jeden Menschen eigenen Selbsterhaltungstrieb griff der Arbeitnehmer dennoch in die laufende Maschine. Wenn die Maschine abgestellt gewesen wäre, hätte der Arbeitnehmer die Vorschubrollen gefahrlos reinigen können; der Unfall wäre nicht passiert. Der Unfall hätte somit nur dadurch vermieden werden können, daß entweder vor den Zahnrädern eine Schutzvorrichtung montiert gewesen wäre oder daß der Arbeitnehmer weisungsgemäß vor dem Reinigen der Maschine diese ausgeschaltet hätte.

Somit ist dieser Arbeitsunfall zu einem überwiegenden Teil auf das Eigenverschulden des Arbeitnehmers I O zurückzuführen. Nicht einmal das vom Berufungswerber eingerichtete Weisungs- und Kontrollsystem konnte diesen Unfall verhindern. Mildernd war für den Berufungswerber sohin, daß er ein ansich funktionierendes Weisungs- und Kontrollsystem eingerichtet hat, daß er absolut unbescholten ist (was auch die Effizienz seines Weisungs- und Kontrollsystems zeigt) und daß der Unfall auf ein grob weisungswidriges und unnatürliches Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Zur Auffälligkeit des Sicherheitsmangels ist zu bemerken, daß dieser bis zum Unfalltag auch dem Arbeitsinspektorat bei den jährlichen Betriebskontrollen nicht aufgefallen war, sodaß es sich offenbar um einen versteckten Mangel handelte.

Bei diesem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe war von der in § 20 VStG vorgesehenen außerordentlichen Milderung der Strafe auszugehen, sodaß die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden konnte.

Die Verhängung dieser Strafe erscheint ausreichend, um den Berufungswerber in seiner Funktion als Arbeitgeber zu veranlassen, noch mehr als bisher den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzrechtes Beachtung zu schenken.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Eigenverschulden des Arbeitnehmers ist bei der Strafbemessung zu berücksichtigen

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