Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280432/2/Kl/Rd

Linz, 17.08.1998

VwSen-280432/2/Kl/Rd Linz, am 17. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Johann M, gegen das mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 22.4.1998, Ge96-66-1997, verhängte Strafausmaß wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ASchG zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, ds 4.000 S, zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 und 51 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 22.4.1998, Ge96-66-1997, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 43 Abs.2 Z5 und 130 Abs.1 Z19 ASchG iVm § 16 Abs.3 AAV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma "M Gesellschaft mbH", FN, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten hat:

Vom Arbeitsinspektor Ing. Wolfgang P wurde am 20.5.1997 im Betrieb der Fa. M GesmbH in E, eine Kontrolle durchgeführt und dabei festgestellt, daß zwei männliche Arbeitnehmer mit Handlaminierarbeiten an einem PU-Lüftungsrohr beschäftigt waren. Bei dieser Tätigkeit wird ungesättigtes Polyesterharz verwendet, welches als Lösemittel bzw Reaktionskomponente den gesundheitsschädlichen Inhaltsstoff "Mono-Styrol" enthält. Dieses UPE-Harz wird in Schichten abwechselnd mit Glasfaserflies mittels Rollen händisch aufgetragen. Dabei wurde Mono-Styrol in gesundheitsgefährdender Konzentration freigesetzt bzw wurde der zulässige Grenzwert von 20 ppm Styrol wesentlich überschritten. Bei der am 20.5.1997 mittels DRÄGER-Gasprüfröhrchen durchgeführten Styrolkonzentrationsmessung wurde im Atembereich der Arbeitnehmer 200 ppm Styrol festgestellt. Nach den Bestimmungen des ASchG iVm der AAV sind Schadstoffe vollständig zu erfassen und ohne Gefahr für die Arbeitnehmer zu beseitigen - im gegenständlichen Fall wäre dies durch Installierung einer leistungsfähigen Absauganlage, welche die Schadstoffe aus dem Arbeitsraum abführt, gewährleistet und nach dem heutigen Stand der Technik möglich. 2. Dagegen wurde ein "Ansuchen um Strafmilderung" (gemeint wohl: Berufung gegen die Strafhöhe) eingebracht und darin dargelegt, daß in der Zwischenzeit ein Drägerprüfgerät zur jederzeitigen Feststellung der Styrolkonzentration erworben wurde und in Hinkunft darauf geachtet werde, daß der Grenzwert der Konzentration im Atembereich nicht mehr überschritten wird. Weiters wurde zu den persönlichen Verhältnissen bekanntgegeben, daß der Bw über ein monatliches Nettoeinkommen von 24.000 S sowie über ein Vermögen des Hälfteeigentums an der Betriebsliegenschaft in R und in E verfügt und keine Sorgepflichten hat. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems als belangte Behörde hat das zuständige Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk am Verfahren beteiligt. Es wurde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt und der Stellungnahme des Arbeitsinspektorats vom 16.6.1998 vorgelegt. In letzterer Stellungnahme wurde ausgeführt, daß der MAK-Wert zur Zeit bei 20 ppm liegt und soweit als möglich zu unterschreiten ist. Eine wirksame Absauganlage ist aber bis dato nicht installiert worden. Es werde daher einer Strafmilderung nicht zugestimmt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden. Weil lediglich die Strafhöhe des Straferkenntnisses angefochten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Festzustellen ist, daß zufolge der Berufung lediglich gegen die Strafhöhe der Schuldausspruch bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Es war daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hinsichtlich des Schuldspruches eine rechtliche Beurteilung vorzunehmen und ist der Oö. Verwaltungssenat an den rechtskräftigen Ausspruch der Erstbehörde gebunden. Dies gilt für die Spruchkonkretisierung wie auch dahingehend, daß das gegenständliche strafbare Verhalten tatsächlich eine Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG darstellt, weil gemäß § 110 Abs.8 ASchG ua § 16 Abs.3 AAV als Bundesgesetz weitergilt.

5.2. Sowohl § 130 Abs.1 Einleitungssatz als auch § 130 Abs.5 Einleitungssatz ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung nach dieser Bestimmung mit einer Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1). Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art.130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

Zum Unrechtsgehalt der Tat ist auszuführen, daß gerade durch die verletzten Bestimmungen eine Gesundheitsbeeinträchtigung bzw. Gesundheitsgefährdung der Arbeitnehmer hintangehalten werden soll. Weiters sollen Interessen der gleichmäßigen Arbeitsverteilung sowie auch der ordnungsgemäßen Organisation des Arbeitsmarktes geschützt werden. Gerade diesen Interessen wurde zuwidergehandelt. Dabei war zu berücksichtigen, daß diese Normen zwingend sind und daher von der Parteiendisposition ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber wollte nämlich vermeiden, daß regelmäßig in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehende Arbeitnehmer ihre gesundheitlichen Interessen aus wirtschaftlichen Gründen außer Acht lassen. Vielmehr wurden durch das rechtswidrige Verhalten gerade jene Rechtsgüter und jene Interessen verletzt, deren Schutz die betreffende Norm dient.

Insbesondere war aber auch zu berücksichtigen, daß die zulässigen MAK-Werte, die ja möglichst unterschritten werden sollen, im gegenständlichen Fall wesentlich überschritten wurden und dies im Unrechtsgehalt der Tat zu berücksichtigen war.

Zu den subjektiven Strafbemessungsgründen gemäß § 19 Abs.2 VStG hat die belangte Behörde lediglich ausgeführt, daß mangels Mitwirkung des Bw die von der Behörde vorgenommene Schätzung von einem monatlichen Einkommen von 30.000 S, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrundegelegt wurden. Der Bw führt nunmehr aus, daß er lediglich ein Nettoeinkommen von monatlich 24.000 S hat. Dies allein kann jedoch zu keiner Strafmilderung führen, weil im Gegensatz zur Schätzung der belangten Behörde der Bw über ein Vermögen verfügt. Im übrigen kann vom Bw von durchschnittlichen bis guten Einkommensverhältnissen gesprochen werden, sodaß auch dies keine Herabsetzung rechtfertigt.

Die belangte Behörde hat Erschwerungs- oder Milderungsgründe nicht angeführt. Vorstrafen sind im Akt nicht aktenkundig und es ist daher von der Unbescholtenheit des Bw auszugehen. Dies stellt einen Milderungsgrund dar. Im Gegenzug ist aber auch zu berücksichtigen, daß die zulässigen MAK-Werte für Styrol erheblich überschritten wurden, diese Überschreitung dem Bw bekannt war und er trotz dieser Kenntnis keine Änderung dieser Situation herbeigeführt hat. Wie nämlich dem Bw schon vorgehalten wurde, wurde bereits im Jahr 1994 dem Bw die Überschreitung der MAK-Werte zur Kenntnis gebracht und eine sofortige Verbesserung der Absauganlage angeordnet. Diese beharrliche Gesetzesübertretung unter der Risikobereitschaft, daß Arbeitnehmer durch die erhebliche Gefährdung der Atemwege zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen, war daher wesentlich bei der Strafbemessung im Hinblick auf den Verschuldensgrad zu berücksichtigen. Aus diesem Grunde, weil eine erhebliche MAK-Wertüberschreitung festgestellt wurde, eine vorgängige Feststellung eine Änderung der Situation nicht bewirken konnte und überdies mehrere Arbeitnehmer dieser Situation ausgesetzt waren, mußten diese Umstände im festgesetzten Strafausmaß seinen Niederschlag finden. Im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen von 2.000 S bis 100.000 S ist die tatsächlich festgesetzte Strafe lediglich ein Fünftel des vorgesehenen Strafrahmens und nicht überhöht. Im Hinblick auf die massive Gesundheitsgefährdung war sie aber erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Im übrigen sind auch generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen, nämlich daß auch andere Arbeitgeber abgeschreckt werden sollen, gleichartige Verwaltungsübertretungen zu begehen, um so Produktionskosten zu minimieren.

Aus all den angeführten Gründen kann daher nicht gefunden werden, daß die belangte Behörde bei der Straffestsetzung gesetzwidrig vorgegangen wäre. Es war daher das verhängte Strafausmaß zu bestätigen.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe aufzuerlegen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. Schieferer

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