Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280441/7/Kl/Rd

Linz, 03.03.2000

VwSen-280441/7/Kl/Rd Linz, am 3. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Strafberufung des Werner M, vertreten durch RAe, gegen das Strafausmaß im Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14.1.1999, GZ 502-32/Sta/175/98d, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Bauarbeiterschutzverordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Strafausmaß bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen, ds insgesamt 8.000 S (entspricht 581,38 €) zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14.1.1999, GZ 502-32/Sta/175/98d, wurde über den Bw eine Geldstrafe von zweimal 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zweimal 67 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm 1) § 20 Abs.7 und 2) § 20 Abs.8 BauV verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R GmbH mit dem Sitz in L, und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, dass am 4.8.1998 auf der von der oa Firma betriebenen Baustelle, nämlich einem ca. 35 großen Krankenzimmer im LKH R, wie anlässlich einer Unfallerhebung durch das AI für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, ein Arbeiter der oa Firma, Herr Jürgen M, Arbeiten mit einem leicht entzündlichen Haftvermittler (mit einem Flammpunkt von -4 Grad und einer unteren Explosionsgrenze von 1,1 Vol%) durchführte, nämlich die Aufbringung einer Neoprene Haftbrücke KK4 der Firma M AG für die Verlegung eines PVC-Bodens,

1) ohne dass der Arbeitsbereich abgeschrankt und durch entsprechende Warnschilder, die auf die Brand- oder Explosionsgefahr hinweisen, gekennzeichnet war, obwohl § 20 Abs.7 BAV bestimmt, dass bei Arbeiten mit brandgefährlichen oder explosionsgefährlichen Arbeitsstoffen sich in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes keine wirksamen Zündquellen befinden dürfen und dieser Bereich abzuschranken und durch entsprechende Warnschilder, die auf die Brand- und Explosionsgefahr hinweisen, zu kennzeichnen ist;

2) ohne dass - obwohl sich bei dieser Arbeit ein explosionsfähiges Gas-Luft-Gemisch oberhalb von 50 % der unteren Explosionsgrenze bildete und somit Gase und Dämpfe in einer für die Sicherheit der Arbeitnehmer gefährlichen Konzentration entwickelten - entgegen § 20 Abs.8 BAV die mit diesen Arbeitsstoffen verunreinigte Luft durch Absaugeanlagen erfasst und abgeführt wurde.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung hinsichtlich der Strafhöhe eingebracht und dazu ausgeführt, dass nach der Strafbestimmung des § 130 Abs.1 ASchG eine Untergrenze von 2.000 S vorgesehen ist, sodass die tatsächlich verhängte Strafe pro Delikt eine Überschreitung des Mindeststrafrahmens in 10facher Höhe darstellt. Dies entspreche nicht dem Unrechtsgehalt und den Milderungsgründen. Die Behörde selbst hat als strafmildernd die Unbescholtenheit gewertet und keine Straferschwerungsgründe. Entgegen den Ausführungen der Behörde sei das Wohlverhalten des Beschuldigten nach Tatverwirklichung ein Milderungsgrund. Weiters werde darauf hingewiesen, dass die Firma R GmbH eine große Anzahl von Mitarbeitern und eine Vielzahl von Baustellen betreibt. Trotz der 40jährigen Tätigkeit der Firma ist es bislang zu keinerlei Beanstandungen und Vorfällen gekommen. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Tat sei nicht so schwerwiegend wie die Behörde gewertet hat, zumal die Baustelle regelmäßig überprüft wurde.

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat das zuständige AI am Berufungsverfahren beteiligt.

Weil lediglich die Höhe der verhängten Strafe angefochten wurde, eine Berufungsverhandlung nicht beantragt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

Weil jeweils eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Dem Bw wurden Verletzungen der Arbeitgeberpflichten gemäß § 20 Abs.7 und § 20 Abs.8 der BAV rechtskräftig zur Last gelegt.

Gemäß § 161 der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), BGBl.Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 121/1998, sind Übertretungen dieser Verordnung nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG zu bestrafen.

Gemäß § 130 Abs.5 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 idgF, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in

Z1 den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Entgegen den Berufungsausführungen hat die Behörde zu Recht die Strafdrohung gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG verhängt. Zur Strafbemessung selbst regelt § 19 VStG, dass Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bereits die belangte Behörde hat auf den Unrechtsgehalt der Tat gemäß § 19 Abs.1 VStG Bedacht genommen und im Hinblick auf die konkrete Höchststrafe von 100.000 S ausgeführt, dass darin zum Ausdruck kommt, dass Verstöße gegen das ASchG bzw Arbeitnehmerschutzbestimmungen allgemein einen schwerwiegenden Unrechtsgehalt aufweisen. Im konkreten Fall wurde im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat darauf hingewiesen, dass die Nichteinhaltung der genannten Vorschriften der BauV zu einer Verletzung von Arbeitnehmern führen kann und tatsächlich auch geführt hat. Durch die Nichtbeachtung der Vorschriften der BauV wurden genau jene Interessen verletzt, deren Schutz die Bestimmung beabsichtigt, nämlich die Hintanhaltung der Gesundheitsbeeinträchtigung bzw -gefährdung der Arbeitnehmer. Auch dienen die Bestimmungen einem ordnungsgemäßen Arbeitsmarkt. Diesen Interessen wurde zuwidergehandelt. Auch war dabei zu berücksichtigen, dass diese Normen zwingend sind und daher von der Parteiendisposition ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber wollte nämlich vermeiden, dass regelmäßig in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehende Arbeitnehmer ihre gesundheitlichen Interessen aus wirtschaftlichen Gründen außer Acht lassen. Es konnte daher auch das Berufungsvorbringen, dass anderslautende Anweisungen vorlagen bzw dass die Arbeitnehmer von sich aus die Schutzbestimmungen nicht eingehalten hätten, das objektiv rechtswidrige Verhalten nicht rechtfertigen. Das rechtswidrige Verhalten der Arbeitnehmer kann nicht die Verwaltungsübertretungen des Arbeitgebers legalisieren. Vielmehr wurden durch das rechtswidrige Verhalten gerade jene Rechtsgüter und geschützten Interessen gefährdet bzw verletzt, deren Schutz die betreffende Norm dient. Konkrete nachteilige Folgen hinsichtlich des im Bescheid bezeichneten Arbeitnehmers des Bw wurden von der Behörde nicht festgestellt. Solche nachteiligen Folgen hätten auch eine wesentlich höhere Strafe gerechtfertigt. Geringfügiges Verschulden wurde hingegen vom Bw nicht geltend gemacht. Es war auch vom Oö. Verwaltungssenat festzustellen, dass das konkrete Verhalten des Bw nicht in erheblichem Maße hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, sodass von der Bestimmung des § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen war. Hingegen hat die belangte Behörde schon sämtliche Strafmilderungsgründe, nämlich die Unbescholtenheit des Bw, ihrer Strafbemessung zu Grunde gelegt. Auch hat sie straferschwerende Umstände nicht zu berücksichtigen gehabt. Diesbezüglich bringt daher die Berufung keine neuen Umstände vor. Dass das Wohlverhalten nach Tatbegehung kein Strafmilderungsgrund ist, ist der ständigen Judikatur des VwGH und des Oö. Verwaltungssenates zu entnehmen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, S. 841 Anm 3 mN). Wenn die Berufung weiters ausführt, dass es in der 40jährigen Firmentätigkeit zu keinerlei Beanstandungen gekommen ist, so ist dies im Rahmen der Unbescholtenheit berücksichtigt. Allerdings kann der Oö. Verwaltungssenat aufgrund der Ausführungen der belangten Behörde nicht erkennen, dass im konkreten Fall ein geordnetes Kontrollsystem stattgefunden hat, sodass eine Entlastung nach § 5 Abs.1 VStG - wie schon das Straferkenntnis ausführt - nicht anzunehmen war. Es war daher vom Verschulden des Bw auszugehen und dies auch in der Strafbemessung zu berücksichtigen, wenngleich auch zuzugestehen ist, dass nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Weitere Milderungsgründe wurden vom Bw nicht geltend gemacht. Die belangte Behörde ist schließlich von den vom Bw selbst angegebenen persönlichen Verhältnissen ausgegangen und hat diese der Entscheidung zu Grunde gelegt. Es haftet auch diesbezüglich der Strafbemessung kein Fehler an. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der eingesetzten Arbeitsstoffe und die mangelnde Belehrung und Warnung der am Arbeitsplatz befindlichen Personen war daher die verhängte Geldstrafe dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angepasst. Auch wurden die übrigen Strafbemessungsgründe ausreichend berücksichtigt. Da der Strafbemessung der belangten Behörde kein Mangel anhaftet, waren die verhängten Strafen zu bestätigen. Gleiches gilt auch für die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen.

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren des Oö. Verwaltungssenates gemäß § 64 VStG vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Unrechtsgehalt, Gefährdung, Wohlverhalten nach Tatbegehung

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