Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280450/11/Le/Km

Linz, 27.05.1999

VwSen-280450/11/Le/Km Linz, am 27. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des G K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 16.3.1999, Ge96-45-1998-Fr/Gut, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 6.000 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstraf-gesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 16.3.1999 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 7 Abs.1 der Verordnung über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, BGBl.Nr. 340/1994 (im folgenden kurz: BauV) in Verbindung mit § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (im folgenden kurz: ASchG) eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 6 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als verantwortlicher Beauftragter der P Gesellschaft mbH. zu verantworten, daß am 30.4.1998 auf einer (näher bezeichneten) Baustelle in B die bei der P Gesellschaft mbH. beschäftigten vier Arbeitnehmer Transportarbeiten von Dachabdeckplatten auf der Hallendachkonstruktion im Bereich der Dachöffnungen im mittleren Bauteil der drei Hallenabschnitte in einer Höhe von ca. 12,5 m durchgeführt haben, obwohl diese vier Arbeitnehmer weder angeseilt waren noch andere geeignete Schutzmaßnahmen gegen Absturz getroffen waren. Dies sei durch Organe des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten festgestellt worden.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 30.3.1999, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Verwaltungsstrafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen, in eventu die verhängte Geldstrafe wesentlich herabzusetzen.

Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, daß das Verfahren mangelhaft geblieben sei, weil die von ihm genannten Zeugen nicht einvernommen worden wären. Er hätte immer wieder die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften überprüft und dafür gesorgt, daß gegebenenfalls, wenn die Vorschriften nicht eingehalten werden, die Baustellen eingestellt werden.

Jeder Arbeitnehmer habe eine persönliche Schutzausrüstung und Sicherheitsmittel und wäre hinsichtlich der sachgemäßen Verwendung unterwiesen; dies wäre von jedem einzelnen Arbeitnehmer schriftlich bestätigt worden. Am Beginn des Jahres 1998 habe eine ausführliche Unterweisung sämtlicher Montageleiter und sämtlicher Montagepartieführer über die bei der Montage von Stahlhallen einzuhaltenden Sicherheitsvorschriften stattgefunden. Daran hätten auch alle für die gegenständliche Baustelle Verantwortlichen teilgenommen.

Wenn in der Folgezeit die Anweisungen nicht befolgt worden sind, so falle dies nicht in den Verantwortungsbereich des Beschuldigten.

Detaillierte Sicherheitsanweisungen wären in der auf der Baustelle aufliegenden Montageanweisung vorgegeben gewesen. Diese wäre bereits 1997 mit der externen Sicherheitskraft, Herrn Mag. Ing. L, erarbeitet und gemeinsam mit den Vorarbeitern und Partieführern der Gesellschaft auf ihre Durchführbarkeit überprüft worden. Anschließend sei sie dem Arbeitsinspektorat Linz zur Begutachtung übermittelt worden, welches diese Sicherheitsanweisung ausdrücklich als zielführend bewertet hätte.

Der gegenständliche Unfall sei nur darauf zurückzuführen, daß die Mitglieder der Montagepartie trotz der ihnen gegebenen Weisungen die Sicherheitseinrichtungen, die auf der Baustelle vorhanden waren, nicht benützt hatten.

Der Montageleiter J F, der für diese Baustelle verantwortlich war, sei vom Bezirksgericht M freigesprochen worden.

Der Beschuldigte sei zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vorfalles nicht auf der Baustelle anwesend gewesen und konnte auch nicht auf der Baustelle anwesend sein. Auch das Gesetz verlange nicht, daß ein gemäß § 9 VStG Verantwortlicher ständig auf der Baustelle anwesend sein müsse. Dies sei technisch gar nicht möglich und hätte der Beschuldigte in seiner Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens 13 Baustellen angegeben, auf denen damals Montagepartien der Firma P Gesellschaft mbH. gearbeitet hätten.

Die Beweisanträge wurden wiederholt.

Die Behauptung des Arbeitsinspektorates vom 29.10.1998, daß im Falle der betroffenen Baustelle dem Beschuldigten vom Gesetz her die volle Verantwortung übertragen wäre, sei völlig unrichtig, weil sie an der Bestimmung des § 4 der Bauarbeiterschutzverordnung völlig vorbeigehe. Auch die von der Behörde in diesem Zusammenhang zitierte Judikatur treffe aus diesem Grunde im gegenständlichen Fall ebenfalls nicht zu.

Es sei zwar richtig, daß gemäß § 5 VStG ein Beschuldigter glaubhaft zu machen habe, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Gerade diesen Beweis habe der Beschuldigte jedoch angetreten, indem er ausgeführt hat, persönlich für diese Baustelle nicht verantwortlich gewesen zu sein, weil in der Person des J F eine Aufsichtsperson im Sinne des § 4 der Bauarbeiterschutzverordnung bestellt gewesen sei. Der Beschuldigte habe sich trotzdem am Beginn der Arbeiten bei Herrn F wegen der Einhaltung der Schutzvorschriften erkundigt und sei ihm bestätigt worden, daß alle einschlägigen Vorschriften beachtet würden, was zusätzlich durch Fotos vom 22.4.1998 dokumentiert wurde. (Die Fotos wurden vorgelegt.)

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage wurde am 27.5.1999 vor dem unabhängigen Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Berufungswerber, sein Rechtsvertreter und ein Vertreter des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk teilnahmen; die belangte Behörde blieb ohne Angabe von Gründen der Verhandlung fern.

Herr Ing. S R vom Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in 1010 Wien, der gleichzeitig Meldungsleger war, wurde als Zeuge einvernommen.

3.2. Daraus ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt:

Am 30. April 1998 ereignete sich im zweiten Abschnitt der Baustelle in B, Objekt (BVH LKW-Walter) ein tödlicher Arbeitsunfall. Ein Arbeitnehmer der P Gesellschaft m.b.H., nämlich Herr M G, stürzte beim Tragen von Dachplatten durch eine Lichtöffnung aus einer Höhe von etwa 12,5 m auf den Boden ins Halleninnere ab.

Die Ermittlungen des Arbeitsinspektorates an Ort und Stelle ergaben, daß in diesem Bauabschnitt keine Sicherungsnetze gespannt waren.

Dies wurde vom Berufungswerber bei der Verhandlung auch außer Streit gestellt.

Der Berufungswerber gab an, daß auf jeder Baustelle Sicherungsnetze und persönliche Schutzausrüstungen vorhanden wären; bei der gegenständlichen Baustelle wären aufgrund der langen Transportwege jedoch nur Sicherungsnetze als Sicherungsmittel möglich gewesen.

Der Berufungswerber führte aus, daß zu Beginn des Jahres 1998 eine ausführliche Unterweisung der Montageleiter und Montagepartieführer durch die externe Sicherheitsfachkraft Herrn Ing. Mag. L stattgefunden hätte zum Thema "Arbeitsanweisung für die Montage von Stahlhallen... Absturz durch Bodenöffnung, Überprüfung der Ausrüstung ...". Daran nahmen nach der vorgelegten Anwesenheitsliste ua. der Berufungswerber, Herr W und Herr F, teil.

Zum damaligen Zeitpunkt war der Berufungswerber, ebenso wie Herr Johann F (der mittlerweile bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt ist) Montageleiter. Als solche waren sie den Montagepartieführern auf den Baustellen übergeordnet. Die Montagepartieführer waren wiederum die Vorgesetzten der Arbeitnehmer ihrer Montagepartie und hatten diesen gegenüber volles Weisungsrecht.

Der Berufungswerber war als Montageleiter somit Herrn J F gleichgestellt; im Bereich der Arbeitssicherheit war er diesem jedoch übergeordnet und hatte die Kompetenz, jene Montageleiter, die Arbeitssicherheitsbestimmungen nicht einhielten, zu verwarnen. Hinsichtlich der Montagepartieführer und Arbeitnehmer, die Arbeitsvorschriften nicht einhielten, hatte der Berufungswerber das Recht, diese zu verwarnen und sogar zu entlassen.

Neben dem Berufungswerber war auch Herr Ing. Mag. L als externe Sicherheitsfachkraft für die Kontrolle der Arbeitssicherheit auf den Baustellen zuständig.

Wenn Herr Ing. Mag. L dem Berufungswerber über Mängel auf Baustellen berichtete, hätte er - nach eigenen Angaben - diese Baustellen kontrolliert; ebenso, wenn er auf andere Weise, etwa durch Fotos, von Mängeln auf einer Baustelle erfahren hätte.

Die Baustellen anderer Montageleiter kontrolliere er gewöhnlich nicht. Mit den anderen Montageleitern spreche er nur fallweise über deren Probleme.

Der Berufungswerber legte die Kontrollhierarchie im Unternehmen in der Form dar, daß die Montagepartieführer auf der Baustelle für ihre Montagepartie und deren Arbeitssicherheit verantwortlich sind (und auch damals waren). Diese hätten die Verpflichtung, die Installierung von Sicherheitsmaßnahmen in den Bauakt einzutragen.

Die Montageleiter, die gleichzeitig mehrere Baustellen betreiben, kämen an Ort und Stelle und überprüfen unter anderem auch die Einhaltung der Arbeitssicherheitsbestimmungen. Dies geschehe etwa in zweiwöchigen bis einmonatlichen Abständen. Es komme gelegentlich vor, daß die Installierung von Sicherheitsmaßnahmen in den Bauakt nicht eingetragen wird, doch übersehe man das als Kontrollierender auch gelegentlich.

Der gegenständliche Arbeitsunfall sei dadurch zustandegekommen, daß sich die Arbeitnehmer gegenüber ihrem Montagepartieführer W W geweigert hätten, die Sicherheitseinrichtungen zu montieren mit der Begründung, daß dies zu unbequem sei. Sie hätten dazu die Sicherheitsnetze vom ersten Hallenabschnitt abbauen und im zweiten Hallenabschnitt montieren müssen. Herr W habe sich überreden lassen.

Die Vernehmung des Zeugen Ing. R ergab, daß Herr W zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles gar nicht auf der Baustelle anwesend war.

Vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers konnte in Erfahrung gebracht werden, daß Herr W wegen dieses Arbeitsunfalles vom Bezirksgericht M wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde; das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Der Berufungswerber konnte sich bei der Verhandlung die Nichtverwendung der Sicherheitseinrichtungen im zweiten Bauabschnitt nicht erklären und meinte, daß es sich hiebei um ein Blackout der Partie gehandelt haben müsse.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

4.2. § 7 Abs.1 BauV bestimmt, daß an allen Arbeitsstellen, an denen Absturzgefahr besteht, Einrichtungen anzubringen sind, die geeignet sind, ein Abstürzen der Dienstnehmer zu verhindern oder ein Weiterfallen hintanzuhalten, wie Arbeitsgerüste, Brustwehren, Schutzgerüste oder Fangnetze. Bei Arbeiten an besonders gefährlichen Stellen müssen die Dienstnehmer überdies angeseilt sein.

Die Ermittlungen ergaben, daß die Arbeitnehmer der P GesmbH mit dem Verlegen von Dachabdeckplatten auf einer Halle beschäftigt waren. Dabei trugen die Arbeitnehmer M K und M G eine Dachabdeckplatte. M K schilderte später dem Berufungswerber den Vorfall folgendermaßen: "Wir haben gemeinsam die Platte getragen, ich habe ihm in die Augen gesehen und auf einmal war er weg."

M G war in eine vom Dach ausgesparte Öffnung für Lichtkuppeln getreten und ca 12,5 m in das Halleninnere auf den Boden abgestürzt.

Es waren keine Sicherheitsnetze gespannt, die seinen Fall verhindert hätten; auch eine persönliche Schutzausrüstung, wie etwa ein Seil, waren nicht zur Anwendung gekommen.

Der Berufungswerber erklärte, daß aufgrund der langen Transportwege in diesem Bauabschnitt einzig und allein die Verwendung der Sicherheitsnetze möglich gewesen wäre.

Während im ersten Abschnitt solche Sicherungsnetze montiert waren, fehlten diese im zweiten Abschnitt, wo die Arbeiten durchgeführt wurden und sich der tödliche Arbeitsunfall ereignete.

Dies wurde vom Berufungswerber außer Zweifel gestellt, weshalb die objektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung hiemit erfüllt und bewiesen ist.

4.3. Zur subjektiven Tatseite:

Der Berufungswerber bestritt seine Verantwortlichkeit an diesem Arbeitsunfall unter Berufung auf § 4 BauV. Er meinte, daß mit dem Montageleiter J F und dem Montagepartieführer W W die für die gegenständliche Baustelle Verantwortlichen bestellt worden wären. Überdies hätte er geeignete Weisungen erteilt und im Vorfeld überprüft, ob auf der Baustelle die entsprechenden Sicherheitseinrichtungen vorhanden sind.

Bei der mündlichen Verhandlung ergänzte er, daß er gemeinsam mit dem Montageleiter J F die Evaluierung dieser Baustelle durchgeführt hätte.

Damit ist es jedoch dem Berufungswerber nicht gelungen, sein fehlendes Verschulden darzulegen:

4.4. § 4 BauV regelt - wie schon der Überschrift zu dieser Bestimmung zu entnehmen ist - lediglich die Aufsicht über Bauarbeiten. Es wird darin bestimmt, daß Bauarbeiten nur unter Aufsicht einer geeigneten Aufsichtsperson durchgeführt werden dürfen, weiters, welche Anforderungen an diese Aufsichtsperson zu stellen sind und welche Aufgaben diese hat.

Keinesfalls wird darin etwas über die Verantwortlichkeit ausgesagt. Diese richtet sich - wie auch im gegenständlichen Fall - vielmehr nach den Bestimmungen des § 9 VStG sowie nach der vom Verwaltungsgerichtshof dazu entwickelten und bereits in zahlreichen Entscheidungen dargelegten Judikatur zum Weisungs- und Kontrollsystem.

Aus dem im Akt erliegenden Formblatt über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten und der dazu ergangenen Mitteilung gemäß § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz geht hervor, daß der Berufungswerber am 22.11.1995 von der Firma P GesmbH zum verantwortlichen Beauftragten für die "Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen, ausgenommen Bestimmungen des Arbeitszeitruhegesetzes" bestellt wurde und diese Bestellung angenommen hat.

Damit ist für ihn die Bestimmung des § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG maßgeblich.

Der Berufungswerber bestätigte in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, daß er im Bereich Arbeitssicherheit den anderen Montageleitern übergeordnet und ihnen gegenüber weisungsberechtigt war (und ist).

Als solcher verantwortlicher Beauftragter hätte er ein Kontrollsystem einrichten müssen, dessen wesentliche Merkmale in der hierarchischen Gliederung der Verantwortungsträger und der Kontrolle jedes in diese Hierarchie Eingebundenen durch den jeweils Übergeordneten bestehen (VwGH 93/02/0160 vom 20.12.1996 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Berufungswerber hat zwar dargelegt, daß er im Bereich der Arbeitssicherheit den anderen Montageleitern, so auch Herrn F, übergeordnet war und auch den in der Hierarchie darunter angesiedelten Montagepartieführern. Er hat auch angeführt, daß die Montageleiter angewiesen sind, auf den Baustellen unter anderem die Einhaltung der Arbeitssicherheitsbestimmungen zu kontrollieren, doch war diese Kontrolle der Einhaltung der Arbeitssicherheitsbestimmungen offensichtlich kein wesentlicher und unbedingter Auftrag des Berufungswerbers an die anderen Montageleiter. Anders wäre die Bemerkung des Berufungswerbers anläßlich der mündlichen Verhandlung nicht zu erklären, wo er selbst eingestanden hat, daß die Installierung von Sicherheitsmaßnahmen manchmal nicht in den auf der Baustelle geführten Bauakt eingetragen wird und daß man als Kontrollierender dies gelegentlich auch übersehe.

Damit ist festzustellen, daß der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter keine fixe Kontrollstruktur im Betrieb eingerichtet hat.

Bei der praktischen Durchführung der Kontrollen wurden weitere wesentliche Mängel des Kontrollsystems offensichtlich:

Nach der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht nur das Existieren eines Kontrollsystems in generell-abstrakter Form glaubhaft zu machen, sondern darüber hinaus auch, wie dieses Kontrollsystem konkret, insbesonders im Bereich der Baustellen, funktionieren sollte.

Es wäre erforderlich gewesen, daß der Berufungswerber im einzelnen darlegt, welche Maßnahmen er konkret ergriffen hat, um die Einhaltung der Arbeitssicherheitsbestimmungen zu gewährleisten und zu kontrollieren. Im Gegenteil: er hat selbst zugegeben, daß er andere Montageleiter nie kontrolliert und daß auch die Kontrollen der Baustellen durch die Montageleiter nur sehr selten, nämlich in zweiwöchentlichen bis einmonatlichen Abständen erfolgen; zudem räumte er selbst ein, daß man als Kontrollierender gelegentlich übersieht, daß im Bauakt Eintragungen über die Einrichtung von Sicherheitsvorkehrungen fehlen.

Es ist ein bedauerliches Faktum, daß Arbeitnehmer - meist aus Gründen der Bequemlichkeit - die Verwendung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Schutzvorrichtungen verweigern und somit aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen: gerade in solchen Fällen aber hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete, Kontrollsystem Platz zu greifen, um derartige Eigenmächtigkeiten zu verhindern (siehe hiezu VwGH 97/02/0182 vom 5.9.1997 und die darin zitierte Vorjudikatur).

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter der P GesmbH für den Bereich der Arbeitssicherheit weder ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet noch ein solches tatsächlich ausgeübt hat.

Sein Hinweis, daß er gleichzeitig mehrere Baustellen zu beaufsichtigen gehabt hätte, kann ihn von seiner Verantwortung nicht befreien, hätte er doch für diesen Fall entsprechende Kontrollen durch ihm unterstellte Kontrollorgane veranlassen müssen und sich auch immer wieder von der Effizienz der Kontrollen durch diese Kontrollorgane überzeugen müssen.

Dadurch aber, daß er dies unterlassen hat, ist ihm Verschulden in Form der Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG anzulasten.

4.5. Zur Strafbemessung:

§ 130 Abs.5 ASchG sieht für Übertretungen der BauV Geldstrafen von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall von 4.000 S bis 200.000 S vor.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Innerhalb des vom Gesetzgeber vorgesehenen Strafrahmens von 2.000 S bis 100.000 S ist somit die tatsächlich zu verhängende Geldstrafe nach diesen Grundsätzen vorzunehmen.

Das Verschulden des Bw im Anlaßfall wiegt schwer, da er in auffallend sorgloser Weise die Kontrolle der Arbeitssicherheit vernachlässigte und wenig unternahm, um die Einhaltung der Arbeitssicherheitsbestimmungen zu gewährleisten. Gerade bei Arbeiten, die auf Dächern durchgeführt werden, ist die sorgfältige Beachtung dieser Bestimmungen außerordentlich wichtig, da jede kleine Nachlässigkeit zu schweren und schwersten Unfällen führen kann. Leider hat im gegenständlichen Fall die Unterlassung der Anbringung geeigneter Sicherheitsnetze zu einem tödlichen Arbeitsunfall geführt, bei dem der Arbeitnehmer der P Gesellschaft m.b.H., Herr M G, zu Tode stürzte.

Das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung der vom Gesetzgeber geschützten Interessen an einer gesunden Arbeitswelt ist damit ebenso evident wie der Umstand, daß die Tat nachteilige Folgen, nämlich den Tod des Arbeitnehmers M G, nach sich gezogen hat.

In Anbetracht der Unbescholtenheit des Berufungswerbers, welche als Milderungsgrund zu werten ist, und des vom Berufungswerber unbestrittenen monatlichen Nettoeinkommens von 30.000 S ist daher die von der Erstbehörde vorgenommene Strafbemessung im Ausmaß von 30 % der Höchststrafe durchaus angemessen, insbesonders, um den Berufungswerber dazu zu veranlassen, künftig ein wirkungsvolles Kontrollsystem einzurichten und effektive Kontrollen tatsächlich durchzuführen, um weitere Arbeitsunfälle wirksam zu verhindern.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 30.000,-- S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 6.000,-- S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. W e i ß

Beschlagwortung:

Tödlicher Arbeitsunfall; Kontrollsystem

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