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VwSen-280469/9/Kl/Rd

Linz, 26.07.1999

VwSen-280469/9/Kl/Rd Linz, am 26. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Josef Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19.4.1999, Ge96-248-1996, wegen Verwaltungsübertretungen nach der BauV bzw dem ASchG zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Rechtsvorschrift gemäß § 44a Z2 VStG zu lauten hat:

"a) § 87 Abs.3 und § 88 der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr. 340/1994 iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994

b) § 58 Abs.7 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr. 340/1994 iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994"

und die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG jeweils zu lauten hat: "§ 130 Abs.5 Einleitung ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994".

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen, ds insgesamt 4.000 S, zu bezahlen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 44a und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19.4.1999, Ge96-248-1996, wurde über den Bw eine Geldstrafe von zweimal 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von zweimal drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß a) § 87 Abs.3 BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.1 Z15 ASchG und b) § 58 Abs.7 BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.1 Z15 ASchG verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener, sohin strafrechtlich Verantwortlicher der "Z BaugesmbH" mit Sitz in, zu verantworten hat, daß diese GesmbH

1) am 6.9.1996 um ca. 8.50 Uhr den Arbeitnehmer M mit Dacharbeiten (Entfernen einer Abdeckplane) und

2) am 10.9.1996 um 8.30 Uhr den Arbeitnehmer H mit Dacharbeiten

bei der Baustelle W, auf dem gegenständlichen Dach bei einer festgestellten Dachneigung von 40° in einer Höhe von ca. 10 m beschäftigt hat, obwohl

a) keine geeigneten Schutzeinrichtungen (wie zB Dachschutzblenden und Dachfanggerüste gem. § 88 BauV) vorhanden waren und obwohl

b) das auf der Baustelle vorhandene Fassadengerüst mit keinem Aufstieg, wie zB Außentreppe, lotrecht festverlegter Leiter udgl. ausgestattet war, sodaß die Arbeitnehmer über dieses Gerüst klettern mußten, um zur Arbeitsstelle am Dach zu gelangen, da das Stiegenhaus vom Hausherrn versperrt worden war und für die Arbeitnehmer nicht benützbar war.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, daß die Baustelle vom Baumeister Ing. Hermann H betreut worden sei, daß die Mitarbeiter weder vom Bw noch von Herrn H den Auftrag hatten, das gegenständliche Dach ohne Sicherung zu betreten und der Vorarbeiter H klare Anweisungen hatte, die Vorschriften einzuhalten. Dieser wurde auch vom LG Salzburg rechtskräftig verurteilt. Im übrigen waren die Arbeiten nur von geringem Ausmaß, max. 2 Stunden, sodaß das Angurten genügt hätte.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das zuständige Arbeitsinspektorat wurde am Verfahren beteiligt. Vom Oö. Verwaltungssenat wurde der bezughabende Strafakt des BG Salzburg angefordert und darin Einsicht genommen.

4. Weil lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 51e Abs.3 Z1 VStG davon abgesehen werden.

4.1. Bereits dem Verfahren erster Instanz und dem Straferkenntnis lag der erwiesene Sachverhalt zugrunde, daß am 6.9.1996 und am 10.9.1996 namentlich genannte Arbeitnehmer auf einer näher beschriebenen Baustelle in Salzburg auf einem Dach mit einer Dachneigung von 40 ° in einer Höhe von ca. 10 m mit Dacharbeiten beschäftigt waren, wobei keine Schutzeinrichtungen, wie Dachschutzblenden und Auffanggerüste, vorhanden waren und das auf der Baustelle vorhandene Fassadengerüst mit keinem Aufstieg versehen war. Dieser Sachverhalt wurde vom Bw weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren bestritten. Dieser Sachverhalt lag auch dem gerichtlichen Verfahren zugrunde.

Aus dem Akt des BG Salzburg zu 29U52/97a ist ersichtlich, daß am 6.9.1996 der genannte Arbeitnehmer vom Dach abstürzte und sich schwer an der Wirbelsäule verletzte. Weil Sicherheitseinrichtungen nicht vorhanden waren und die Arbeitnehmer nicht angegurtet waren, wurde der Vorarbeiter H als verantwortlicher Vorarbeiter der Firma Z BaugesmbH wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 4, 1. Fall StGB mit Strafverfügung des BG Salzburg vom 29.1.1997 rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Verfahren gegen den Bw hingegen wurde gemäß § 90 StPO zurückgelegt.

4.2. Aus den der Anzeige angeschlossenen Bildern ist ersichtlich, daß es sich bei der Baustelle um Arbeiten der Dachneueindeckung handelte.

Der Sachverhalt wurde zu keiner Zeit im Verfahren bestritten, ist aus der Aktenlage eindeutig erwiesen und kann daher im Berufungsverfahren zugrundegelegt werden.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 87 Abs.3 der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr. 340/1994, müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 ° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutzblenden und -fanggerüste (§ 88).

Gemäß § 87 Abs.5 BauV darf das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs.3 nur entfallen, bei

1) geringfügigen Arbeiten, wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern,

2) Arbeiten am Dachsaum oder im Giebelbereich. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt sein.

Gemäß § 58 Abs.7 BauV sind für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge, wie Leitergänge, Treppentürme, Außentreppen oder lotrechte, festverlegte Leitern anzubringen.

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994, gilt die BauV nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

5.2. Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes waren am 6.9. und 10.9.1996 jeweils ein Arbeitnehmer mit Dacharbeiten auf der Baustelle in Salzburg - bei einer Dachneigung von 40 ° und in einer Höhe von 10 m - beschäftigt und es waren jeweils keine geeigneten Schutzeinrichtungen, wie Dachschutzblenden und -fanggerüste vorhanden. Auch waren die Arbeitnehmer nicht angeseilt. Es wurde der Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG einwandfrei erfüllt. Die belangte Behörde ist rechtsrichtig davon ausgegangen, daß nicht nur Ausbesserungsarbeiten bzw Reparaturarbeiten durchgeführt wurden, sondern daß es sich bei der Baustelle um die Neueindeckung des Daches gehandelt hat, wobei sowohl am 6.9. als auch 10.9.1996 gearbeitet wurde. Richtig wurde der Entscheidung auch zugrundegelegt, daß der Bw als Arbeitgeber, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Z BaugesmbH zur Verantwortung zu ziehen ist. Auch die Bestellung eines Mitarbeiters zur persönlichen Betreuung der Baustelle kann die grundsätzliche Verantwortung des Bw gemäß § 9 Abs.1 VStG nicht außer Kraft setzen, es sei denn, es wird ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG bestellt und dem Arbeitsinspektorat gemäß den Bestimmungen des ArbIG mitgeteilt. Dies trifft im gegenständlichen Fall nicht zu.

5.3. Was hingegen die weitere Berufungsverantwortung anlangt, daß kein Auftrag bestanden habe, das Dach ohne Sicherung zu betreten, und klare Anweisungen an den Vorarbeiter waren, die Vorschriften einzuhalten, so kann dieses Vorbringen den Bw nicht entschuldigen.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG - diesen hat die Behörde zu Recht herangezogen - ist fahrlässiges Verhalten bei Ungehorsamsdelikten, zu welchen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, zu vermuten, es sei denn, daß der Bw glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Ein solcher Entlastungsnachweis ist aber dem Bw nicht gelungen, weil nach der ständigen Judikatur des VwGH Weisungen alleine nicht genügen, sondern es entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Wenn sich der Bw hinsichtlich des Kontrollsystems auf Belehrungen und Aufforderungen an den Arbeitnehmer, die Vorschriften einzuhalten, und auf stichprobenweise Kontrollen beschränkt, so stellt dies ein unzulängliches Kontrollsystem dar (Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, S. 767ff mN). Danach hat der Bw den Nachweis zu erbringen, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der pflichtgemäßen Sorgfalt bei der Überwachung eines mit der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Beauftragten ist durch die bloße Erteilung von Weisungen nicht Genüge getan. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Hat der Bw nicht einmal Behauptungen darüber aufgestellt, er sei seiner Pflicht zur Überwachung nachgekommen, so ist ihm damit auch der ihm obliegende Entlastungsnachweis nach § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG mißlungen.

Im Grunde dieser Judikatur fehlt auch der gegenständlichen Berufung jegliches Vorbringen, welche Maßnahmen der Bw gesetzt hat, um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu gewährleisten. Auch fehlen jegliche Behauptungen über ein Kontrollsystem. Entsprechende Behauptungen und Vorbringen sowie Beweisanträge hat aber der Bw initiativ darzulegen und zu beantragen. Es ist daher auch das Verschulden des Bw gegeben.

Der weitere Einwand, daß nur mit geringem Ausmaß, max. 2 Stunden, Arbeiten durchgeführt wurden, ist schon durch die Tatsache widerlegt, daß an zwei Tagen die Arbeitnehmer des Bw bei Dacharbeiten angetroffen wurden. Darüber hinaus ist aber auch aktenkundig, daß es sich gegenständlich nicht nur um geringfügige Reparaturarbeiten handelte, sondern die Baustelle die Gesamteindeckung des Daches umfaßte. Darüber hinaus ist aber auch anzumerken, daß die Arbeitnehmer völlig ungesichert, also auch nicht angeseilt waren, und daher nicht einmal die Mindesterfordernisse der Ausnahmeregelung gemäß § 87 Abs.5 BauV erfüllt wurden. Es ist daher vom Verschulden auszugehen.

5.4. Daß das Dach nicht vom Haus betretbar, sondern lediglich über ein Arbeitsgerüst bestiegen werden konnte, wurde vom Bw ebenfalls nicht bestritten. Sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge waren für dieses Gerüst nicht vorhanden. Es war daher auch der Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 58 Abs.7 BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG erfüllt. Auch hinsichtlich des Verschuldens gelten die obigen Ausführungen. Vorsorgemaßnahmen wurden vom Bw nicht vorgebracht. Es ist auch diesbezüglich keine Entlastung gegeben.

5.5. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde alle Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG berücksichtigt. Insbesondere war aber der Umstand, daß ein Arbeitnehmer vom Dach stürzte und eine schwere Körperverletzung erlitt, beim Unrechtsgehalt der Tat und den nachteiligen Folgen gemäß § 19 Abs.1 VStG zu berücksichtigen. Dieser Umstand rechtfertigt auch die Verhängung einer höheren Geldstrafe. Im übrigen hat die belangte Behörde die persönlichen Verhältnisse des Bw, die er selbst angab, ihrer Entscheidung zugrundegelegt. Auch hat sie die Unbescholtenheit des Bw als mildernd gewertet und Erschwerungsgründe nicht zugrundegelegt. Weitere Strafmilderungsgründe wurden vom Bw nicht geltend gemacht und traten nicht hervor. Hingegen ist der belangten Behörde beizupflichten, daß eine dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat entsprechend höhere Geldstrafe zu verhängen war, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und um ihn zu Maßnahmen zu verhalten, die Vorsorge für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gewährleisten. Es sind daher die verhängten Geldstrafen tat- und schuldangemessen und nicht überhöht. Sie befinden sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, welcher bis 100.000 S je Delikt reicht.

6. Die Spruchkorrektur war im Grunde der VwGH-Judikatur erforderlich und liegt in den rechtlichen Erwägungen begründet.

7. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Kontrollsystem, keine Maßnahmen

 

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