Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280473/9/Ga/Km

Linz, 26.07.2000

VwSen-280473/9/Ga/Km Linz, am 26. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Grof, dem Berichter Mag. Gallnbrunner und dem Beisitzer Dr. Schön über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des Ing. W B, vertreten durch Dr. W U und Dr. A U, Rechtsanwälte in M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24. Juni 1999, Zl. Ge96-99-1999, wegen Übertretung der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung (ADV), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben: Die zu 2. verhängte Geldstrafe wird auf 7.000 S (entspricht  508,71 €) , der auferlegte Kostenbeitrag auf 700 S (entspricht  50,87 €) herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit Faktum 2. des bezeichneten Straferkenntnisses wurde der Berufungswerber einer Übertretung des § 84 Abs.1 ADV iVm § 109 Abs.4 und § 130 Abs.5 Z1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) für schuldig befunden. Näherhin wurde ihm mit diesem Spruchpunkt vorgeworfen, er hat als handelsrechtlicher Geschäfts-

führer einer bestimmten Gesellschaft und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft im Sinn des § 9 Abs.1 VStG dafür einzustehen, dass die Gesellschaft als Arbeitgeberin, Sitz in der Gemeinde H-U, zumindest am 14. Jänner 1999 beim Stanzwerkzeug Nr. , bei welchem das Einlegen und Ausnehmen der Werkstücke von Hand möglich ist, keine wirksamen Vorkehrungen gegen Handverletzungen getroffen hat, sodass, weil ein entsprechendes Schutzgitter fehlte und deshalb das Hineinlangen in den gefährlichen Teil des Stempelweges während des Stempelniederganges nicht verhindert wurde, ein Unfall an diesem Tag geschah.

Über den Berufungswerber wurde gemäß § 130 Abs.5 Einleitung Z1 ASchG eine Geldstrafe von 14.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) kostenpflichtig verhängt.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 12. Juli 1999 eine ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe gerichtete Berufung erhoben und dabei durch die besondere Formulierung des Berufungsantrages klargestellt, dass nur die zu 2. verhängte Geldstrafe der Höhe nach bekämpft wird ("das Straferkenntnis .... abzuändern und auch zu Faktum 2. lediglich die Mindeststrafe zu verhängen, ....").

Durch die in dieser Weise eingeschränkte Berufung ist das angefochtene Straferkenntnis im Faktum 2. hinsichtlich der Schuld rechtskräftig (unangreifbar) geworden.

Über diese Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Verfahrensakt, erwogen:

Das Ausmaß der zu 2. verhängten Geldstrafe (entspricht der siebenfachen Mindeststrafe in diesem Fall) begründete die belangte Behörde im wesentlichen mit dem zufolge des fehlenden Schutzgitters bewirkten, als erschwerend gewerteten - schweren - Arbeitsunfall und dem weiteren (arg. "darüber hinaus") Erschwerungsgrund, dass der Berufungswerber den mit Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 29. Juni 1998 an ihn gerichtet gewesenen Aufforderungen gemäß § 9 Abs.1 des Arbeitsinspektionsgesetzes (ArbIG), nämlich sämtliche Pressen und Stanzen durch eine fachkundige Person überprüfen zu lassen (Punkt 2. dieser Aufforderung) sowie die bei der Maschine beschäftigten Personen ordnungsgemäß zu unterweisen (Punkt 4. dieser Aufforderung) nicht unverzüglich nachgekommen sei.

Gegen den ersteren Erschwerungsgrund wandte sich der Berufungswerber nur indirekt, indem er vorbringt, es wäre bei einem gewöhnlichen Verlauf der Dinge (gemeint: der Heilungsverlauf der verletzten Arbeitnehmerin) der gegenständliche Arbeitsunfall nicht zwingend als schwer einzustufen gewesen.

Dem steht schon entgegen, dass sowohl die Kausalität des Sicherheitsmangels für den Unfall als auch die Einstufung des Unfalls als schwer mit der Rechtskraft des Schuldspruches zu 2. (und auch zu 1.; diesbezüglich siehe den h. Beschluss vom heutigen Tag, VwSen-280474) unangreifbar geworden sind. Der Oö. Verwaltungssenat vermag aber die Berücksichtigung dieses Erschwerungsgrundes auch nicht als unrechtmäßig zu erkennen.

Hingegen ist der Berufungswerber mit der Bekämpfung des weiteren Erschwerungsgrundes im Ergebnis im Recht.

Zunächst erweist sich als aktenwidrig, wenn die belangte Behörde bei der Berücksichtigung dieses Erschwerungsgrundes von einer unverzüglichen Erfüllungspflicht der in Rede stehenden Aufforderungen ausgegangen ist. Es hatte nämlich das Arbeitsinspektorat mit der schriftlichen Aufforderung vom 29. Juni 1998, Zl. 0050/266 -18/98, keine unverzügliche Entsprechung, sondern die Erfüllung innerhalb gesetzter Frist (bis spätestens 1.8.1998) verlangt gehabt.

Davon abgesehen hätte die Konsequenz aus der Nichtbefolgung der beiden Aufforderungspunkte - iS des im § 9 ArbIG niedergelegten Systems eines abgestuften Vorgehens des AI - in der Anzeigeerstattung an die Strafbehörde bestehen müssen (und dort uU zu Verfolgungshandlungen wegen Verdachtes von Übertretungen nach § 130 Abs.1 Z11 ASchG [Verletzung von Unterweisungspflichten] bzw. nach § 130 Abs.1 Z16 bzw § 130 Abs.5 Z1 ASchG [Verletzung von Prüfungspflichten hinsichtlich best. Arbeitsmittel] führen müssen). Ob es dazu gekommen ist, war für den Oö. Verwaltungssenat aus der Aktenlage nicht zu entnehmen. Sollten die Anzeigen jedoch - aus welchen Gründen immer - unterblieben sein, so war nach den Umständen dieses Falles dadurch noch nicht gerechtfertigt, die Nichterfüllung der Aufforderungen als besonderen Erschwerungsgrund für die (im übrigen von der belangten Behörde nur mit einfacher Fahrlässigkeit im Grunde des § 5 Abs.1 VStG als erfüllt angenommene) Schuldseite des hier verwirklichten Straftatbestandes nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG zu werten.

Was nun die gerügte Nichtberücksichtigung von Milderungsgründen angeht, so waren die vom Berufungswerber geltend gemachten solchen Gründe von der belangten Behörde zu Recht nicht herangezogen worden.

Zwar war der Berufungswerber, wie aus der Aktenlage erweislich, durch keine einschlägigen Vortaten belastet, die von ihm angesprochene absolute Unbescholten-

heit iS des § 34 Z2 StGB war jedoch nicht gegeben. Auch der besondere Milderungsgrund iS des § 34 Z11 StGB lag nicht vor, war dem Berufungswerber doch immerhin, wie auch aus dem Ergänzungsschriftsatz zur Berufung (Replik) vom 13. September 1999 hervorgeht, bewusst, dass die von ihm mit der Überprüfung der Pressen beauftragt gewesene Firma J R trotz Urgenzen säumig geworden war und hat er jedoch die behaupteten eigenen intensiven Bemühungen, eine andere Firma ausfindig zu machen, die die gebotene Überprüfung und Reparatur hätte (rechtzeitig) durchführen können, in keiner Weise näher bescheinigt.

Dass der Berufungswerber im weiteren Verlauf (jedoch erst nachträglich, wie aus einem Aktenvermerk vom 27.5.1999 hervorgeht; OZ 29) die zur Tatzeit als noch fehlend festgestellten Schutzmaßnahmen dann vollständig durchgeführt hatte, fand immerhin dahin eine Berücksichtigung zugunsten des Berufungswerbers, dass das Arbeitsinspektorat seinen ursprünglichen Strafantrag von 20.000 S auf 14.000 S einschränkte.

Über die vom Berufungswerber vorgetragenen, jedoch nicht zu werten gewesenen Milderungsgründe hinaus, hatte der Oö. Verwaltungssenat andere mildernde Umstände von sich aus nicht aufzugreifen.

Was schließlich die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers anbelangt, so hat die belangte Behörde ihrer Ermessensentscheidung ein Monatseinkommen von 20.000 S, Vermögen von 500.000 S und das Bestehen von keinen Sorgepflichten zugrunde gelegt und, darauf ausdrücklich bezogen, die verhängte Geldstrafe als "durchaus" angemessen bezeichnet.

Hiezu wandte der Berufungswerber ein, er habe entgegen der Annahme der belangten Behörde für drei Kleinkinder zu sorgen, Schulden in Höhe von ca. 2,4 Mio. S und sein Vermögen sei derzeit mit null zu bewerten. Diesen Angaben hat die belangte Behörde im Zuge der Berufungsvorlage nicht widersprochen. Aus der Aktenlage ist ersichtlich, dass über die vom Berufungswerber vertretene Gesellschaft im Jahr 1995 der Konkurs eröffnet und schließlich durch Gerichtsbeschluss vom 8. Jänner 1997 nach Abschluss eines Zwangsausgleiches aufgehoben worden war, welcher Umstand die Angaben des Berufungswerbers zu seinem Vermögen und Schuldenstand zumindest nicht unplausibel erscheinen lässt .

Zusammenfassend war aus allen diesen Gründen die verhängte Geldstrafe daher herabzusetzen und findet der Oö. Verwaltungssenat vor dem Hintergrund der Kriterien des § 19 VStG die Geldstrafe in dem nun festgesetzten Ausmaß in gleicher Weise für tat- und täterangemessen. Einer noch stärkeren Herabsetzung stand allerdings die Bedachtnahme auf die schwere Unfallsfolge entgegen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber kein Betrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. G r o f