Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280506/6/Kon/Pr

Linz, 14.09.2000

VwSen-280506/6/Kon/Pr Linz, am 14. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des Herrn W. H., p.A. G. KG, E./L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27.12.1999, Ge96-64-1999-KM, wegen Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 45 Abs.1 Z3 VStG

Entscheidungsgründe:

Im eingangs zitierten Straferkenntnis wurde der Beschuldigte der Verletzung folgender Rechtsvorschriften für schuldig befunden:

Faktum 1:

Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 iVm dem KV sowie § 28 Abs.1a Z4 AZG, und

Faktum 2:

Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) 3820/85 iVm dem KV sowie § 28 Abs.1 Z2 AZG.

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG 1991 idgF. und Bevollmächtigter nach § 28 AZG der Firma G. KG. mit Sitz in L., zu verantworten, dass - festgestellt am 3.4.1999 um 14.05 Uhr anläßlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle (Lenker K. L., geb., Sattelkraftfahrzeug KZ: und Sattelanhänger KZ:) in L., S 6, Km 81,550 in Fahrtrichtung St. M. und ausgewertet am 26.4.1999 anläßlich einer Kontrolle der Tachographenschaublätter durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk, 4600 Wels - folgende Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz begangen wurden:

  1. Überschreitung der täglichen Lenkzeit:
  2. von bis um

    2.4.1999, 8,50 Uhr 3.4.1999, 14.05 Uhr 21 Std. 15 Min

    Die Gesamtlenkzeit betrug 21 Stunden 15 Minuten. Dies stellt eine Übertretung des Artikels 6 Abs.1 der EG-VO 3820 in Verbindung mit dem KV dar, wonach die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten maximal zehn Stunden nicht überschreiten darf.

  3. Unterschreiten der Ruhezeit:

Beginn des 24-Stunden Zeitraumes

2.4.1999, 8,50 Uhr

Dauer der Ruhezeit

00 Std.en 00 Min.

Ende des 24-Stunden Zeitraumes

3.4.1999, 8,50 Uhr

Dies stellt eine Übertretung des Artikels 8 Abs.1 der EG-VO 3820 in Verbindung mit dem KV dar, wonach innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens neun Stunden zu gewähren ist.

Es liegt keine zulässige Teilung der täglichen Ruhezeit gemäß Artikel 8 Abs.1 EG-VO 3820 in Verbindung mit dem KV vor."

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene volle Berufung und nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 28 Abs.3 AZG genügt, kommt im internationalen Straßenverkehr als verletzte Verwaltungsvorschrift je nach Fahrtstrecke entweder eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes oder die entsprechende Vorschrift der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 in Frage, abweichend von § 44a Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52, als Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift die Angabe des entsprechenden Gebotes oder Verbotes der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85.

Gemäß Artikel 2 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 (im Folgenden VO 3820/85) gilt diese Verordnung für innergemeinschaftliche Beförderungen im Straßenverkehr im Sinne des Art.1 Nr.1 VO 3820/85.

Gemäß Artikel 4 der VO 3820/85 Z1 gilt diese Verordnung nicht für Beförderungen mit Fahrzeugen, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 t nicht übersteigt.

Gemäß Artikel 4 Z12 der vorgenannten Verordnung gilt diese nicht für Fahrzeuge, die zur nichtgewerblichen Güterbeförderung für private Zwecke verwendet werden.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle ist es demnach geboten, dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, vorzuhalten.

Es genügt dabei nicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern es ist erforderlich, die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 970).

Diesen, sich aus § 44a Z1 VStG ergebenden Erfordernissen entspricht der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus folgenden Gründen nicht:

Wie sich aus den vorzitierten Verordnungsstellen (Artikel 2 Abs.1 und Artikel 4 Z1 und 12) ergibt, sind wesentliche Tatbestandsmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen

  • der internationale Straßenverkehr (und zwar der innergemeinschaftliche),
  • die Güterbeförderung mit einem Fahrzeug, dessen zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt und
  • die gewerbliche Güterbeförderung.

Die angeführten Tatbestandsmerkmale sind aber - ausgenommen in Bezug auf das über 3,5 t übersteigende Gesamtgewicht - im Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht angeführt. Außerdem enthält der Tatvorwurf auch nicht jene Umstände, die eine gewerbliche Güterbeförderung im Rahmen des internationalen Straßenverkehrs erschließen lassen. So hätte es diesbezüglich der Angabe der Fahrtstrecke bedurft.

Im Akt erliegen zwar Tachographenschaublätter, anhand derer von Fahrten vom Bundesgebiet nach Italien und retour ausgegangen werden kann, doch handelt es sich dabei lediglich um Beweismittel, die als solche die Anführung der maßgebenden Tatbestandselemente und Tatumstände im Tatvorwurf nicht zu ersetzen vermögen. Dazu kommt, dass auch anhand dieser Beweismittel (Tachographenschaublätter) nicht hervorgeht, ob die Fahrten im Rahmen einer gewerblichen Güterbeförderung unternommen wurden.

Da der gesamte Verfahrensakt keine Hinweise in Bezug auf das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale und der unter diese fallenden Tatumstände enthält, war eine Sanierung des Spruches anhand der Aktenlage nicht möglich.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge an den Beschuldigten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 20.02.2001, Zl.: 2000/11/0294-0300-5

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum