Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280510/3/Kon/Pr

Linz, 14.09.2000

VwSen-280510/3/Kon/Pr Linz, am 14. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des Herrn W. H., p.A. Fa. G. KG, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16.12.1999, Ge96-76-1999-KM, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigte für schuldig erkannt, folgende Rechtsvorschriften verletzt zu haben:

Zu Faktum 1b und c:

Art.6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 iVm dem Kollektivvertrag für die Güterbeförderungsunternehmen Österreichs (kurz KV) sowie § 28 Abs.1a Z4 Arbeitszeitgesetz - AZG,

zu den Fakten 2a, b, c, und e:

Art.8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 iVm dem KV sowie § 28 Abs.1a Z2 AZG.

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG 1991 idgF. der Firma G. KG. mit dem Sitz in L., zu verantworten, daß - festgestellt anlässlich einer am 31. Mai 1999 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wels durchgeführten Kontrolle der Tachografenschaublätter - folgende Übertretungen nach dem AZG begangen wurden:

Die nachfolgend angeführten Arbeitnehmer, beschäftigt im o.a. Güterbeförderungsunternehmen als Lenker von Kraftfahrzeugen, welche der Güterbeförderung dienen und deren höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, wurden laut den vorliegenden Tachographenschaublättern zu folgenden ungesetzlichen Arbeitsleistungen herangezogen:

  1. Überschreitung der täglichen Lenkzeit:
  2. b) B. W., geb. am

    von bis Std. Min.

    15. April 1999, 13.55 Uhr 16. April 1999, 22.15 Uhr 18 15

    c) P. K., geb. am

    von bis Std. Min.

    15. April 1999, 00.05 Uhr 16. April 1999, 16.30 Uhr 27 20

    Dies stellt jeweils eine Übertretung des Artikels 6 Abs.1 der EG-VO 3820 in Verbindung mit dem KV dar, wonach die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten maximal zehn Stunden nicht überschreiten darf.

  3. Unterschreiten der Ruhezeit:

Beginn Ende Dauer der

Ruhezeit

des 24-Stunden Zeitraumes

  1. B. F., geb. am
  2. 6. Mai 1999, 18.55 Uhr 7. Mai 1999, 17.20 Uhr 1 Std. 35 Min.

  3. B. W., geb. am
  4. 15. April 1999, 13.55 Uhr 16. April 1999, 11.45 Uhr 2 Std. 10 Min.

  5. P. K., geb.

15. April 1999, 00.05 Uhr 16. April 1999, 00.05 Uhr 0 Std. 00 Min.

  1. G. A., geb.

25. April 1999, 21.00 Uhr 26. April 1999, 18.10 Uhr 2 Std. 50 Min.

Dies stellt jeweils eine Übertretung des Artikels 8 Abs.1 der EG-VO 3820 in Verbindung mit dem KV dar, wonach innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens neun Stunden zu gewähren ist.

Es liegt keine zulässige Teilung der täglichen Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.1 EG-VO 3820 in Verbindung mit dem KV vor."

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene volle Berufung und nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 28 Abs.3 AZG genügt, kommt im internationalen Straßenverkehr als verletzte Verwaltungsvorschrift je nach Fahrtstrecke entweder eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes oder die entsprechende Vorschrift der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 in Frage, abweichend von § 44a Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52, als Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift die Angabe des entsprechenden Gebotes oder Verbotes der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85.


Gemäß Art.2 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 (im Folgenden VO 3820/85) gilt diese Verordnung für innergemeinschaftliche Beförderungen im Straßenverkehr im Sinne des Art.1 Nr.1 VO 3820/85.

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gemäß Art. 6 Abs.1, Unterabsatz 1 oder Abs.2 der VO 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen (Faktum 1) und die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs.1 der VO 3820/85 nicht gewähren (Faktum 2), sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirkshauptmannschaft mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 28 Abs.4 leg.cit. beträgt die Verjährungsfrist für Verstöße gegen die im Abs.1a angeführten Rechtsvorschriften im internationalen Straßenverkehr abweichend von § 31 Abs.2 VStG ein Jahr.

Gemäß Art.4 Z1 der VO 3820/85 gilt diese Verordnung nicht für Beförderungen mit Fahrzeugen, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 Tonnen nicht übersteigt und gemäß Z12 leg.cit. nicht für Fahrzeuge, die zur nichtgewerblichen Güterbeförderung für private Zwecke verwendet werden.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle ist es demnach geboten, dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, vorzuhalten.

Es genügt dabei nicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern es ist erforderlich, die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 970).

Diesen, sich aus § 44a Z1 VStG ergebenden Erfordernissen entspricht der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus folgenden Gründen nicht:

Wie sich aus den vorzitierten Verordnungsstellen (Artikel 2 Abs.1 und Artikel 4 Z1 und 12) ergibt, sind wesentliche Tatbestandsmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen

  • der internationale Straßenverkehr (und zwar der innergemeinschaftliche),
  • die Güterbeförderung mit einem Fahrzeug, dessen zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt und
  • die gewerbliche Güterbeförderung.

Die angeführten Tatbestandsmerkmale sind aber - ausgenommen in Bezug auf das 3,5 t übersteigende Gesamtgewicht - im Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht angeführt. Außerdem enthält der Tatvorwurf auch nicht jene Umstände, die eine gewerbliche Güterbeförderung im Rahmen des internationalen Straßenverkehrs erschließen lassen. So hätte es diesbezüglich der Angabe der Fahrtstrecke bedurft.

Im Akt erliegen zwar Tachographenschaublätter, anhand derer von Fahrten vom Bundesgebiet nach EU-Ländern und retour ausgegangen werden kann, doch handelt es sich dabei lediglich um Beweismittel, die als solche die Anführung der maßgebenden Tatbestandselemente und Tatumstände im Tatvorwurf nicht zu ersetzen vermögen. Dazu kommt, dass auch anhand dieser Beweismittel (Tachographenschaublätter) nicht hervorgeht, ob die Fahrten im Rahmen einer gewerblichen Güterbeförderung unternommen wurden.

Da der gesamte Verfahrensakt keine Hinweise in Bezug auf das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale und der unter diese fallenden Tatumstände enthält, war auch eine Sanierung des Spruches anhand der Aktenlage nicht möglich.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge an den Beschuldigten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 20.02.2001, Zl.: 2000/11/0294-0300-5

 

 

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