Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280543/8/Ga/Pe

Linz, 31.07.2002

 

VwSen-280543/8/Ga/Pe Linz, am 31. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dipl.-Ing. RF, vertreten durch Dr. GH, Dr. AF, Mag. USS, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5. Juni 2000, Zl. MA 2-Pol-5018-1999, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

Zu den Fakten 2. und 3. wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die verhängten Geldstrafen auf je 360 €, die auferlegten Kostenbeiträge auf je 36 € zu lauten haben. Zu den Fakten 2. und 3. hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens je 72 € zu leisten.

Zu den Fakten 1. und 4. wird die Berufung hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung zu den Fakten 1. und 4. hingegen stattgegeben; die verhängten Geldstrafen werden auf je 500 €, die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 26 Stunden, die auferlegten Kostenbeiträge auf je 50 € herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG. ASchG idF BGBl. I Nr. 136/2001(Art.39)

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 5. Juni 2000 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe es als persönlich haftender Gesellschafter und somit iSd § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma zu verantworten, dass am 10. August 1999 auf der Baustelle in 1230 Wien, In der Wiesen, BPL. D, auf der Arbeitnehmer dieser Firma Baumeisterarbeiten ausgeführt hätten, Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) wie folgt verletzt worden seien:

"1. Beim Bauteil D im 4. Obergeschoß war eine Schachtöffnung weder tragsicher und unverschiebbar abgedeckt noch standfest umwehrt, obwohl eine Absturzgefahr von ca. 9,0 m bis in das 1. Obergeschoß bestand.

2. Bei Arbeiten auf der Decke über dem 5. Obergeschoß - BT A - war bei dem im 5. OG montierten Fanggerüst (Schutzgerüst), das zwischen dem Stiegenhaus 1 und den Balkonen errichtet war, keine Blende an der Außenseite des Fanggerüstes montiert.

3. Bei Arbeiten auf der Decke über dem 5. Obergeschoß - BT 1 - war bei dem im 5. OG zwischen dem Stiegenhaus 1 und den Balkonen montierten Fanggerüst (Schutzgerüst) die Gerüstlage nicht dicht ausgeführt. Es war ein Zwischenraum von ca. 50 cm zwischen Betonwand und Gerüstbelag nicht mit Pfosten ausgelegt.

4. Bei Arbeiten auf der Decke über dem 5. Obergeschoß - BT A - im Eckbereich des Balkones (zweiter Balkon links vom Stiegenhaus, von der Straße aus gesehen), waren keine Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht, obwohl Absturzgefahr von ca. 18,0 m bis auf die Straße bestand."

Dadurch habe er zu allen Fakten § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG, zu 1. iVm § 7 Abs.1 und Abs.2 Z1 sowie § 8 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), zu 2. iVm § 59 Abs.4 BauV, zu 3. iVm § 57 Abs.1 BauV und zu 4. iVm § 7 Abs.1 BauV verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber jeweils gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG zu 1. und 4. Geldstrafen von je 10.000 S kostenpflichtig verhängt und Ersatzfreiheitsstrafen von je 34 Stunden festgesetzt, zu 2. und 3. Geldstrafen von je 5.000 S kostenpflichtig verhängt und Ersatzfreiheitsstrafen von je 17 Stunden festgesetzt.

Begründend verwies die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht auf den Strafantrag des AI für Bauarbeiten, Wien, und auf das darüber unter Einbindung des Berufungswerbers und der Amtspartei geführte Ermittlungsverfahren, wonach die im Strafantrag beschriebenen Sachverhalte insgesamt als erwiesen anzusehen gewesen seien - zu 1. (Nichtabsicherung einer Schachtöffnung) ua auch auf Grund des vom AI hiezu vorgelegten Baustellefotos; zu 2. bis 4. weil zu den zur Anzeige gebrachten Mängeln vom Beschuldigten, ohne Bestreitung, nur vorgebracht worden sei, dass die Sicherheitsmängel nach der Beanstandung umgehend beseitigt worden seien.

Nach Wiedergabe der als verletzt angeführten Rechtsvorschriften sah die belangte Behörde in der Rechtsbeurteilung die Tatbestandsmäßigkeit in objektiver und subjektiver Hinsicht als verwirklicht an, zu letzterem, weil den Berufungswerber die Haftung nach § 9 VStG treffe und er nicht gemäß § 5 Abs.1 VStG habe glaubhaft machen können, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden treffe.

Zur Strafbemessung führt die belangte Behörde unter Heranziehung der Kriterien des § 19 VStG aus:

"Hinsichtlich der Schädigung bzw. Gefährdung der durch das ASchG geschützten Interessen wurde folgendes berücksichtigt:

1. und 4.: Stürze aus 9 bzw 8 m enden erfahrungsgemäß mit schwersten Verletzungen, wenn nicht sogar tödlich.

2. und 3.: Nachlässigkeiten bei der Ausführung von Gerüsten führen zu einer extremen Gefärdung der ArbeitnehmerInnen.

Strafmildernd ist die Unbescholtenheit zu werten.

Die verhängten Strafen (bei einem Strafrahmen bis ATS 100.000,-- jeweils noch im untersten Bereich) erscheinen auch unter Berücksichtigung der amtsbekannten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse als angemessen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, Aufhebung und Einstellung, hilfsweise ein Vorgehen nach § 21 Abs.1 VStG bzw die Strafreduzierung beantragende Berufung, über die der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafakt der belangten Behörde erwogen hat:

Sowohl tatseitig als auch schuldseitig ließ sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus dem Strafakt, dem Berufungsvorbringen und der hiezu erstatteten Gegenäußerung der belangten Behörde sowie den Stellungnahmen des AI samt vorgelegten Baustellenfotos und des Berufungswerbers zur Gegenäußerung klären; der dem angefochtenen Schuldspruch zu Grunde gelegte Sachverhalt zu allen vier Fakten und die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers waren als erwiesen festzustellen.

Soweit der Berufungswerber die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten ins Treffen führt, gewinnt er damit für eine Delegierung seiner Haftung nichts, hat er doch selbst angegeben, die (angebliche) Bestellung des DI AW zum verantwortlichen Beauftragten nicht dem AI gemeldet zu haben. Im Übrigen erweist sich die der Replik des Berufungswerbers vom 29. Oktober 2001 angeschlossene "Vollmacht" als Nachweis des für eine Beauftragung iSd § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG unerlässlichen Bestellungsaktes schon deshalb als von vornherein ungeeignet, weil das Bestellungsschreiben nicht auch vom Berufungswerber (als Arbeitgeber und "Vollmachtgeber") unterfertigt wurde.

Zum objektiv tatseitigen Berufungsvorbringen:

Der Berufungswerber hat, obwohl er dazu vom Tribunal unter besonderem Hinweis auf die vom AI vorgelegten Original-Baustellenfotos eingeladen war, keine Akteneinsicht genommen. Gegen die Baustellenfotos wurden keine Einwände erhoben. Sämtliche Baustellenfotos - jenes in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses erwähnte (die nicht abgesicherte Schachtöffnung zeigende) sowie die vier weiteren, der Stellungsnahme des AI vom 27. September 2000 zur Berufung angeschlossenen, werden vom Tribunal als unstrittige Abbildungen der von den Arbeitsinspektoren bei der Routinekontrolle am 10. August 1999 auf der sprucherfassten Baustelle festgestellten, den Fakten 1. bis 4. zu Grunde gelegten Verstöße anerkannt.

Zu Faktum 1.

Der Berufungswerber hat hiezu seine Verantwortung geändert. Er verneint nicht mehr schlicht, wie noch im Ermittlungsverfahren vor der Strafbehörde, die vom AI festgestellte Nichtabsicherung der Schachtöffnung. Nunmehr beansprucht er den Ausnahmetatbestand nach § 7 Abs.3 BauV und bringt hiezu behauptend vor, es sei in diesem Fall die fixe gesetzlich ausgeführte Absturzsicherung entfernt worden, weil dies "zur Durchführung des nächsten Bauschrittes notwendig" gewesen sei. Erstmalig gibt der Berufungswerber nun zu, dass die Schachtöffnung ungesichert gewesen ist ("Während der Zeit ohne Abdeckung"), fügt jedoch an, dass von den auf diesem Bauabschnitt arbeitenden Bauarbeitern eine Schutzausrüstung verwendet worden sei.

Dieses Vorbringen hält der Unabhängige Verwaltungssenat aus folgenden Gründen nicht für glaubwürdig:

- In Kenntnis dieses neuen Einwandes bekräftigte das AI seine bisher vorgetragene Wahrnehmung, wonach die Schachtöffnung weder durch technische Schutzmaßnahmen abgesichert noch die Arbeitnehmer mit einer persönlichen Schutzausrüstung gegen einen möglichen Absturz gesichert gewesen seien.

- Wären die Arbeitnehmer tatsächlich in Ausnutzung des Ausnahmetatbestandes mit persönlicher Schutzausrüstung gesichert gewesen (und wäre, was gänzlich unwahrscheinlich scheint und wofür es nicht den geringsten Hinweis gibt, dieser Umstand von den Arbeitsinspektoren übersehen worden), so spricht die Lebenserfahrung dafür, dass ein solcher Entlastungsumstand vom Berufungswerber schon zum frühest möglichen Zeitpunkt, also schon bei der Kontrolle selbst, spätestens jedoch im Zuge seiner ersten Stellungnahme vorgetragen worden wäre.
- Der Berufungswerber hat im Zusammenhang mit seiner neuen Verantwortung völlig unausgeführt gelassen, aus welchen Gründen die Entfernung der behauptungsmäßig angebracht gewesenen Absturzsicherung über der Schachtöffnung notwendig gewesen sein soll.

Ist aber das erstmalige Zugeben ("Während der Zeit ohne Abdeckung") in unglaubwürdiger und auch sachlich gänzlich ungenügender Weise mit dem Einwand der Inanspruchnahme des Ausnahmetatbestandes iSd § 7 Abs.3 BauV verquickt worden, so hat der Berufungswerber insgesamt die zu Faktum 1. als maßgebend zu Grunde gelegte Sachverhaltsannahme nicht zu erschüttern vermocht und war daher der belangten Behörde in der Schlussfolgerung auf die Tatbestandsverwirklichung in diesem Fall nicht entgegen zu treten.

Zu Fakten 2. und 3.

Wie schon im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde bestreitet der Berufungswerber auch mit seinem Rechtsmittel nicht, dass bei dem in Rede stehenden Fanggerüst an der Außenseite keine Blende montiert (Faktum 2.) und die Gerüstlage nicht dicht ausgeführt (Faktum 3.) gewesen ist.

Sein nunmehriger Einwand, es seien zum Feststellungszeitpunkt keine Arbeiter an der angegebenen Örtlichkeit der Baustelle beschäftigt gewesen, wird durch die vom Arbeitsinspektoriat vorgelegten (siehe oben) Baustellenfotos Nr.1 und Nr.3 - darauf sind jeweils Arbeiter deutlich zu erkennen - widerlegt. Davon abgesehen ist dieses Behauptungsvorbringen nicht geeignet, die für die Tatbestandsmerkmale im Berufungsfall wesentliche Sachverhaltsannahme des Schuldspruches, dass nämlich Arbeitnehmer der involvierten Gesellschaft am 10. August 1999 auf der Baustelle, Baumeisterarbeiten der nämlichen Firma ausgeführt haben, in Zweifel zu ziehen.

Das weitere Vorbringen zu Faktum 3. (Gerüstlage nicht dicht ausgebildet) vermag der unmissverständlichen und mit dem Baustellenfoto Nr.4 übereinstimmenden Umschreibung im Schuldspruch ("Es war ein Zwischenraum von ca. 50 cm zwischen Betonwand und Gerüstbelag nicht mit Pfosten ausgelegt.") sachlich nichts entgegenzusetzen.

Der Tatvorwurf war entgegen der Behauptung des Berufungswerbers hinreichend konkret formuliert.

Ebenso wie zu 2. erfolgte auch zu 3. die Tatbestandsannahme zu Recht.

Zu Faktum 4.

Auch hier verantwortete sich der Berufungswerber mit neuem Sachvorbringen. Mit seiner nunmehrigen, unter Rückgriff auf § 7 Abs.4 BauV vorgetragenen Behauptung von "provisorischen" Absturzsicherungen vermag er jedoch gegen die unmissverständliche - durch die Baustellenfotos Nr.1 und Nr.2 eindeutig belegten - Feststellungen des AI, dass nämlich im angegebenen Bereich überhaupt keine technischen Absturzsicherungen, eben auch keine solchen provisorischer Art, angebracht gewesen sind, nicht durchzudringen. So wie oben zu 1. bleibt auch hier das Behauptungsvorbringen des Berufungswerbers zusätzlich unglaubwürdig dadurch, dass die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals gemäß § 7 Abs.4 BauV ("Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit") vom Berufungswerber durch keinerlei Sacherläuterung näher dargetan ist.

Durfte aber im konkreten Fall nicht iSd § 7 Abs.4 BauV von technischen Absturzsicherungen ausnahmsweise abgesehen werden, war schon aus diesem Grund auf die - gleichfalls neu und jedoch unerläutert vorgetragene - Behauptung, es seien die "Arbeitnehmer bei den fallweise vorzunehmenden Arbeiten" angeseilt gewesen, nicht einzugehen.

Im Ergebnis ist auch zu Faktum 4. der Vorwurf der Unbestimmtheit unbegründet und es hat die belangte Behörde auch in diesem Punkt die Tatbestandsmäßigkeit zutreffend angenommen.

Soweit aber zu allen Fakten der Berufungswerber auf § 9 Abs.2 ArbIG (Aufforderung statt Anzeigenerstattung) rekurriert, ist auch dadurch für ihn nichts gewonnen. Mit der belangten Behörde ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung, dass das AI gemäß § 9 Abs.3 ArbIG in allen vier Fakten ohne vorausgehende Aufforderung Strafanzeige zu erstatten hatte, weil es sich dabei um schwerwiegende Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften (erhebliche Gefährdung für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer) gehandelt hatte.

Zur subjektiven Tatseite:

Dem Vorwurf des Berufungswerbers, es habe die belangte Behörde - im Ergebnis - zu Unrecht ein ungenügendes Kontrollsystem und daher seine Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG, dass ihn nämlich an der Verletzung der Schutzvorschrift kein Verschulden treffe, als nicht gelungen angenommen, ist nicht zu folgen.

Im Zusammenhang mit dem angesprochenen Kontrollsystem verweist der Berufungswerber zunächst darauf, dass nach der Hierarchie im Unternehmen unter der Geschäftsführung verantwortliche Bauleiter für die jeweiligen Bauvorhaben eingeteilt würden, wobei diese von den in der Hierarchie noch eine Stufe darunter stehenden Polieren unterstützt würden, und schließlich darauf, dass er sich selbst informiere und vergewissere, ob seine Dienstanweisungen von den jeweiligen Kontrollinstanzen auch tatsächlich befolgt worden seien und er sich dabei nicht auf stichprobenartige und unregelmäßige Kontrollen beschränkt habe. Vielmehr hätten die Verantwortlichen in regelmäßigen Sitzungen Berichte über die durchgeführten Kontrollmaßnahmen ablegen müssen und es habe der Berufungswerber darüber hinaus regelmäßig und unangemeldet die Baustellen besucht und die Arbeitnehmerschutzbestimmungen kontrolliert.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass für vergleichbare Konstellationen die einschlägige Judikatur die bloße Dartuung der Einrichtung eines Kontrollsystems, dessen wesentliche Merkmale in der hierarchischen Gliederung der Verantwortungsträger und der Kontrolle jedes in diese Hierarchie Eingebundenen durch den jeweils Übergeordneten bestehen, zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Arbeitgebers als nicht ausreichend erachtet hat. Damit habe der Arbeitgeber nämlich nur das Existieren eines Kontrollsystems in generell-abstrakter Form glaubhaft gemacht, nicht hingegen, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, auf der Grundlage entsprechenden Tatsachenvorbringens dargelegt, wie dieses Kontrollsystem konkret, insbesondere auf der sprucherfassten Baustelle, funktionieren sollte (vgl. VwGH 25.5.1992, 92/18/0045). Hiezu wäre es vielmehr erforderlich gewesen aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen (vgl. VwGH 30.9.1998, 98/02/0148-8, VwGH 24.8.2001, 2001/02/0148, 0149, je mit Vorjudikatur) der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in das Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicher zu stellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden.

Gerade solche Maßnahmen, die er selbst ergreift bzw die die ihm Nachgeordneten zu ergreifen gehabt hätten, zeigte der Berufungswerber (schon im Verfahren vor der belangten Behörde und auch) in der Berufungsschrift, aber auch in seiner Replik vom 29. Oktober 2001 nicht auf.

War aber aus diesem Grund das Berufungsvorbringen nicht geeignet, ein funktionierendes, die Ergreifung bestimmter Maßnahmen durch den Berufungswerber selbst miteinbeziehendes Kontrollsystem bezogen auf die konkrete Baustelle darzulegen, war der Oö. Verwaltungssenat auch nicht gehalten, die zum Beweis für dieses - zu seiner Entlastung untaugliche - Vorbringen namhaft gemachten Zeugen zu vernehmen (vgl. wiederum VwGH 30.9.1998, 98/02/0148).

Aus allen diesen Feststellungen und Erwägungen war die Berufung in der Schuld zu den Fakten 1. bis 4. abzuweisen.

Zur Strafbemessung:

Vor dem Hintergrund der Kriterien des § 19 VStG ist die belangte Behörde zutreffend zu allen vier Fakten von einem - indirekt umschriebenen - erheblichen Gefährdungspotential der Verstöße gegen die durch das ASchG geschützten Interessen ausgegangen. Mit seiner Auffassung, es seien durch die Verstöße "überhaupt keine Folgen eingetreten" verkennt der Berufungswerber die Rechtslage, der zufolge es nicht etwa auf Unfallsfolgen, sondern auf konkrete Gefährdungslagen ankommt. Dass konkrete Gefährdungspotentiale in allen vier Fakten vorgelegen sind, ist ernsthaft nicht in Abrede zu stellen. In allen vier Fakten bestand die Gefährdung der an der Baustelle anwesend gewesenen Arbeitnehmer der involvierten Gesellschaft durch eine konkrete Absturzgefahr.

Dass aber in den Fakten 1. und 4. die konkrete Gefährdung durch Absturz- und Verletzungsmöglichkeit schlichtweg doppelt so hoch gewesen sein soll wie in den Fakten 2. und 3. vermag der Unabhängige Verwaltungssenat nicht nachzuvollziehen. Ein unterschiedliches Gefährdungspotential ist allerdings darin gelegen, dass in den Fakten 2. und 3. ein dort ins Stolpern geratener Arbeitnehmer die größere Chance gehabt hätte, dem drohenden Absturz durch ein Abfangen bei dem - wie aus dem Baustellenfoto Nr.4 ersichtlich - noch in Griffweite befindlichen Blendengerüst der nächsten Gerüstlage zu entkommen.

Aus diesem Grund waren die zu 1. und 4. verhängten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) im Verhältnis zu 2. und 3. herabzusetzen. Einer noch stärkeren Herabsetzung bzw der Verminderung der zu 2. und 3. ausgemessenen Strafen stand der in diesen Fällen als bereits beträchtlich zu wertende Unrechtsgehalt der Schutzpflichtverletzungen entgegen, der auch die vom Berufungswerber hilfsweise begehrte Anwendung des § 21 Abs.1 VStG verhinderte.

Bei diesem Verfahrensergebnis war zu 1. und 4. der strafbehördliche Kostenbeitrag von Gesetzes wegen entsprechend zu kürzen; ein Beitrag zu den Kosten des Tribunalverfahrens war nicht aufzuerlegen.

Zu 2. und 3. hingegen war der Berufungswerber zur Leistung eines dem Gesetz entsprechendem Kostenbeitrages im Tribunalverfahren (20 % der verhängten und bestätigten Geldstrafen) zu verpflichten.

Dabei wurde für die nunmehr gebotene Umrechnung der noch in Schilling bemessenen Straf(Kosten-)beträge in Euro jener Schlüssel herangezogen, wie er der Novelle zum ASchG durch Art.39 BGBl. I Nr. 136/2001 (2. Euro-Umstellungsgesetz-Bund) entnommen werden kann: Danach ist eine Geldstrafe von 5.000 S als Geldstrafe von nunmehr 360 € angegeben. Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe iSd § 65 VStG ist dadurch jedoch nicht bewirkt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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