Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280545/2/Kon/Pr

Linz, 31.10.2000

VwSen-280545/2/Kon/Pr Linz, am 31. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn H. H., vertreten lt. Vollmacht durch Herrn Dr. M. S., W., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6.6.2000, GZ: MA 2-Pol-5008-1999, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 2, 3, 4, 5, 6, und 7 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Fa. H.GmbH, W., folgenden bei der Überprüfung des Arbeitsinspektorates vom 29.4.1999 festgestellten ungesetzlichen Sachverhalt verantworten zu müssen.

Fakten:

  1. Die Namen der Sicherheitsvertrauenspersonen waren dem Arbeitsinspektorat Wels nicht schriftlich mitgeteilt worden.
  2. Die Durchführung der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren waren nicht fertiggestellt.
  3. Die Durchführung der Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung war nicht fertiggestellt.
  4. Die Durchführung der Erstellung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente war nicht fertiggestellt.
  5. Die Arbeitnehmer waren nicht nachweislich über Sicherheit und Gesundheitsschutz unterwiesen worden.
  6. Es wurden keine Aufzeichnungen über alle tödlichen Arbeitsunfälle sowie über alle Arbeitsunfälle, die eine Verletzung eines Arbeitnehmers mit einem Arbeitsausfall von mehr als drei Kalendertagen zur Folge hatten, geführt.

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

2. § 130 Abs.1 Z31 iVm § 10 Abs.8 ASchG

3. § 130 Abs.1 Z5 iVm §§ 4 Abs.1 iVm § 102 Abs.2 Z2 ASchG

(richtig wohl: § 102 Abs.1, letzter Halbsatz ASchG)

4. § 130 Abs.1 Z6 iVm §§ 4 Abs.3 iVm § 102 Z2 ASchG

(richtig wohl: § 102 Abs.1, letzter Halbsatz ASchG)

5. § 130 Abs.1 Z7 iVm §§ 5 iVm § 102 Abs.2 ASchG

(richtig wohl: § 102 Abs.1, letzter Halbsatz ASchG)

6. § 130 Abs.1 Z11 iVm § 14 Abs.1 ASchG

  1. § 130 Abs.1 Z13 iVm § 16 Abs.1 ASchG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden gemäß § 130 Abs.1 Z27, 31, 5, 6, 7, 11 und 13 ASchG (richtig wohl in allen Fällen § 130 Abs.1, Einleitungssatz, ASchG) folgende Geld(Ersatzfreiheits-)strafen verhängt:

Faktum 2: ATS 2.000 S ( 7 Stunden)

Faktum 3: ATS 4.000 S (13 Stunden)

Faktum 4: ATS 4.000 S (13 Stunden)

Faktum 5: ATS 4.000 S (13 Stunden)

Faktum 6 ATS 10.000 S (34 Stunden)

Faktum 7: ATS 2.000 S ( 7 Stunden)

Den jeweiligen Schuldsprüchen liegen nachstehende Tatvorwürfe zu Grunde:

Faktum 2:

"Die Namen der Sicherheitsvertrauenspersonen waren dem Arbeitsinspektorat Wels nicht schriftlich mitgeteilt worden."

Faktum 3:

"Die Durchführung der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren war nicht fertiggestellt."

Faktum 4:

"Die Durchführung der Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung war nicht fertiggestellt."

Faktum 5:

"Die Durchführung der Erstellung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente war nicht fertiggestellt."

Faktum 6:

"Die Arbeitnehmer waren nicht nachweislich über Sicherheit und Gesundheitsschutz unterwiesen worden."

Faktum 7:

"Es wurden keine Aufzeichnungen über alle tödlichen Arbeitsunfälle sowie über alle Arbeitsunfälle, die eine Verletzung eines Arbeitnehmers mit einem Arbeitsausfall von mehr als drei Kalendertagen zur Folge hatten, geführt."

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 130 Abs.1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen

31. Meldepflichten verletzt;

5. die Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung der Gefahren verletzt;

6. die durchzuführenden Schutzmaßnahmen nicht festlegt oder nicht für deren Einhaltung sorgt;

  1. die Verpflichtung betreffend die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente verletzt;

11. die Informations-, Beteiligungs- oder Anhörungspflichten gegenüber den Arbeitnehmern oder die Unterweisungspflicht verletzt;

13. die Verpflichtung zur Erstellung, Aufbewahrung und Übermittlung von Aufzeichnungen und Berichten über Arbeitsunfälle verletzt, ausgenommen die Aufzeichnungspflicht nach § 16 Abs.1 Z3.

Gemäß § 10 Abs.8 leg.cit. sind Arbeitgeber verpflichtet, die Namen der Sicherheitsvertrauenspersonen dem Arbeitsinspektorat schriftlich mitzuteilen.

Gemäß § 4 Abs.1 leg.cit. sind Arbeitgeber verpflichtet, die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen.

Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

  1. Die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte,
  2. die Gestaltung und der Einsatz von Arbeitsmitteln,
  3. die Verwendung von Arbeitsstoffen,
  4. die Gestaltung der Arbeitsplätze,
  5. die Gestaltung der Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge und deren Zusammenwirken und
  6. der Stand der Ausbildung und Unterweisung der Arbeitnehmer.

Gemäß § 4 Abs.3 leg.cit. sind die auf Grundlage der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren gemäß Abs.1 und 2 durchzuführenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung festzulegen. Dabei sind auch Vorkehrungen für absehbare Betriebsstörungen und für Not- und Rettungsmaßnahmen zu treffen. Diese Maßnahmen müssen in allen Tätigkeiten und auf allen Führungsebenen einbezogen werden. Schutzmaßnahmen müssen soweit wie möglich auch bei menschlichem Fehlverhalten wirksam sein.

Gemäß § 5 leg.cit. sind Arbeitgeber verpflichtet, in einer der Anzahl der Beschäftigten und den Gefahren entsprechenden Weise die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sowie die durchzuführenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung schriftlich festzuhalten (Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente). Soweit dies aus Gründen der Gefahrenverhütung erforderlich ist, ist diese Dokumentation arbeitsplatzbezogen vorzunehmen.

Gemäß § 14 Abs.1 leg.cit. sind Arbeitgeber verpflichtet, für eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit- und Gesundheitsschutz zu sorgen. Die Unterweisung muss während der Arbeitszeit erfolgen. Die Unterweisung muss nachweislich erfolgen. Für die Unterweisung sind erforderlichenfalls geeignete Fachleute heranzuziehen.

Gemäß § 16 Abs.1 leg.cit. haben Arbeitgeber Aufzeichnungen zu führen

  1. über alle tödlichen Arbeitsunfälle
  2. über alle Arbeitsunfälle, die eine Verletzung eines Arbeitnehmers mit einem Arbeitsausfall von mehr als drei Kalendertagen zur Folge haben und
  3. über alle Ereignisse, die beinahe zu einem tödlichen und schweren Arbeitsunfall geführt hätten und die gemäß § 15 Abs.5 gemeldet wurden.

Gemäß § 102 Abs.1 leg.cit. treten die §§ 4 und 5 für Arbeitsstätten, in denen regelmäßig mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt werden, mit 1.7.1995 im übrigen mit 1.1.1997 in Kraft.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Demnach ist es geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird.

Diesem in § 44a Z1 VStG gründenden Erfordernis entsprechen die zu Fakten 2 bis 7 ergangenen Schuldsprüche des angefochtenen Straferkenntnisses allein schon deshalb nicht, weil in keinem ihrer Tatvorwürfe zum Ausdruck kommt, dass die H. GesmbH als Arbeitgeberin ihren Verpflichtungen gemäß §§ 10 Abs.8, 4 Abs.1, 4 Abs.3, 5, 14 Abs.1 und 16 Abs.1 ASchG nicht nachgekommen ist und dies der Beschuldigte als ihr zur Vertretung nach außen berufenes Organ verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat. Schon aufgrund dieses allen Fakten gemeinsamen Spruchmangels, mit dem auch die Verfolgungshandlung behaftet ist, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.

Von dieser unterbliebenen Anführung des wesentlichen Tatbestandsmerkmales "Arbeitgeber" abgesehen, erfolgten darüber hinaus auch die den Fakten 3 - 7 zugrunde liegenden Tatumschreibungen nicht in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale der jeweils als verletzt behaupteten Verwaltungsvorschriften. Aus diesem Grund war eine sämtliche Tatbestandsmerkmale umfassende Subsumtion dieser Tatvorwürfe unter die jeweils als verletzt erachteten Verwaltungsnormen nicht möglich.

So geht beispielsweise aus dem Faktum 3 zugrunde liegenden Tatvorwurf nicht hervor, dass die Fa. H. als Arbeitgeberin ihren im § 4 Abs.1 ASchG normierten Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, wie ob dabei die unter Z1 bis 6 des § 4 Abs.1 leg.cit. angeführten Bereiche berücksichtigt wurden oder nicht.

Anhand des Tatvorwurfes zu Faktum 4 kann nicht entnommen werden, auf welcher Grundlage der Ermittlungen und Beurteilung der Gefahren die Festlegung der durchzuführenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung unterblieben ist.

Aus dem Tatvorwurf zu Faktum 5 geht nicht hervor, dass und wodurch die H. GesmbH als Arbeitgeberin ihren im § 5 ASchG normierten Verpflichtungen nicht nachgekommen ist.

Aus dem Tatvorwurf zu Faktum 6 ist nicht entnehmbar, dass und bejahendenfalls wodurch die H. GesmbH als Arbeitgeberin ihren im § 14 Abs.1 normierten Verpflichtungen nicht nachgekommen ist.

Aus dem zu Faktum 7 zugrunde liegenden Tatvorwurf ist wiederum nicht ersichtlich, dass das Nichtführen von Aufzeichnungen gemäß § 16 Abs.1 ASchG der H. GesmbH in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin zur Last gelegt wird.

Im Übrigen geht aus keinen der unter Faktum 2 - 7 erhobenen Tatvorwürfe hervor, hinsichtlich welcher örtlich zu umschreiben gewesener Arbeitsstätte die H. GesmbH als Arbeitgeberin ihren Verpflichtungen nach dem ASchG nicht nachgekommen ist.

Die aus den unzureichenden Tatumschreibungen resultierende mangelnde Subsumierbarkeit der unter Faktum 2 bis 7 erhobenen Tatvorwürfe hat zur Folge, dass diese einer rechtlichen Beurteilung nicht unterzogen werden kann.

Aus all diesen Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

Beachte:

vorstehender Bescheid wurde aufgehoben;

VwGH vom 22.02.2002, Zl.: 2001/02/0010-5

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