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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280561/2/Ga/Be

Linz, 22.08.2002

 

VwSen-280561/2/Ga/Be Linz, am 22. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dipl. Ing. RF, vertreten durch Dr. GH, Dr. AF, Mag. USS, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 18. Dezember 2000, Zl. MA 2 Pol-5019-2000, wegen Übertretungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen (KJBG), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird in allen sechs Fakten bestätigt.

Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens insgesamt 174,42 € zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 18. Dezember 2000 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe es als persönlich haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der, zu verantworten, dass durch diese Firma am Standort, im Rahmen der Beschäftigung von (namentlich genannten) Jugendlichen in den jeweils angeführten (insgesamt 6) Fällen

1. die höchstzulässig tägliche Arbeitszeit von 9 Stunden überschritten worden sei;

2. die höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden überschritten worden sei;

3. die ununterbrochene wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden

Kalendertagen nicht gewährt worden sei;

4. die Nachtruhezeit von 20.00 bis 06.00 Uhr nicht eingehalten worden sei.

Dadurch habe er zu allen Fakten § 30 KJBG, zu 1. iVm. § 11 Abs.1 erster Tatbestand und Abs.3, zu 2. iVm. § 11 Abs.1 zweiter Tatbestand KJBG, zu 3. iVm. § 19 Abs.4 KJBG und zu 4. iVm. § 17 Abs.1 KJBG verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber jeweils gemäß § 30 KJBG zu 1.a und 2.a Geldstrafen von je 3.000 S kostenpflichtig verhängt und Ersatzfreiheitsstrafen von je 202 Stunden festgesetzt, zu 1.b und 4. Geldstrafen von je 2.000 S kostenpflichtig verhängt und Ersatzfreiheitsstrafen von je 134 Stunden festgesetzt, zu 2.b und 3. Geldstrafen von je 1.000 S kostenpflichtig verhängt und Ersatzfreiheitsstrafen von je 67 Stunden festgesetzt (als Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren wurde dem Berufungswerber somit insgesamt der Betrag von 1.200 S [entspricht 87,21 €] auferlegt).

Begründend verwies die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht auf die Überprüfung der Arbeitszeitunterlagen der involvierten Gesellschaft und die Anzeige des AI Wels vom 18. September 2000 und das darüber unter Einbindung des Berufungswerbers und der Organpartei geführte Ermittlungsverfahren, wonach die in der Anzeige beschriebenen Verstöße betreffend die jeweils namentlich bezeichneten jungendlichen Arbeitnehmer insgesamt als erwiesen anzusehen gewesen seien. Nach Wiedergabe der als verletzt angeführten Verbots- und Gebotsvorschriften sah die belangte Behörde in der Rechtsbeurteilung die Tatbestandsmäßigkeit in objektiver und subjektiver Hinsicht als verwirklicht an, zu letzterem, weil den Berufungswerber die Haftung nach § 9 VStG treffe und er nicht gemäß § 5 Abs.1 VStG - es handle sich bei den Übertretungen um Ungehorsamsdelikte - habe glaubhaft machen können, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden treffe.

Die verhängten Strafen unter Heranziehung der Kriterien des § 19 VStG begründend wertete die belangte Behörde die Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd und nahm erschwerend keinen Umstand an. Unter Berücksichtigung der amtsbekannten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers seien die bei einem Strafrahmen bis 15.000 S jeweils im untersten bzw. unteren Bereich bemessenen Geldstrafen angemessen.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, Aufhebung und Einstellung, hilfsweise das Absehen von den Strafen, hilfsweise die Verhängung schuld- und tatangemessener Strafen begehrende Berufung, über die der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafakt der belangten Behörde erwogen hat:

In seinem gesamten Vorbringen bestreitet der Berufungswerber nicht die von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Übertretungen in allen sechs Fakten. Außer Streit steht weiters, dass der Berufungswerber zu den Tatzeiten für die involvierte Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich war.

Bestritten hingegen wird die Annahme der subjektiven Tatseite mit der Behauptung, dass "das angeführte Kontrollsystem" konkret funktioniere und es zuvor keine Beanstandungen gegeben habe.

So habe er "im Rahmen des von ihm eingerichteten, ausreichend dicht und zugänglich organisierten und auch überwachten Netz von Aufsichtsorganen dem Geschäftsführer bestimmte (einzeln angeführte) Weisungen erteilt, sei weiters der Geschäftsführer - in Abwesenheit sein Stellvertreter - allein einteilungsbefugt und berechtigt, im Rahmen der Vereinbarungen Mehrarbeit anzuordnen, habe der Geschäftsführer auch die Aufzeichnungen über die geleisteten Stunden wöchentlich vollständig zu prüfen gehabt und sei diese Überprüfung vor Weiterleitung an die Buchhaltung (zur Erfassung der Entlohnung) im Dienstweg ersichtlich zu machen; über diese schriftlichen Prüfungsergebnisse seien der Geschäftsleitung in weiterer Folge auch dem Berufungswerber selbst regelmäßig Berichte erstattet worden; bei Beanstandungen sei selbstverständlich sofort reagiert und seien die nötigen Schritte gesetzt worden; im konkreten Fall sei der Geschäftsführer "bzw." sein Stellvertreter verwarnt und belehrt worden und sei dies auch in einem "Vermerk" festgehalten worden.

Die einschlägige Judikatur verlange, dass der Arbeitgeber bei einem Betriebsumfang, der es ihm nicht mehr ermögliche, persönlich sämtlichen Überwachungsaufgaben nachzukommen, "ein ausreichendes dichtes und zugleich organisiertes" Netz von Aufsichtsorganen einzurichten und zu überwachen habe. Der Arbeitgeber müsse sicherstellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen zur Einhaltung der Vorschrift auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt demnach an die unterste Hierarchieebene gelangen. Weiters müsse sich der Arbeitgeber vergewissern, dass die nämlichen Dienstanweisungen tatsächlich befolgt werden. Bei Unregelmäßigkeiten von Arbeitszeiteinteilungen seien die Verantwortlichen zu verwarnen und zu belehren und müsse dies in einem Vermerk festgehalten werden.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme man zum Ergebnis, dass "das angeführte Kontrollsystem" für die Hintanhaltung von Übertretungen des Arbeitnehmerschutzes durchaus ausreichend sei und "ein ausreichend dichtes und zugleich organisiertes Netz von Aufsichtsorganen" eingerichtet gewesen sei, sodass die Gewissheit bestanden habe, dass die Dienstanweisungen dort auch tatsächlich befolgt würden. Auch sei es völlig evident, dass es ihn in seinem Betrieb, der über 1000 Arbeitnehmer zähle, nicht möglich und auch nicht zumutbar sei, die Arbeitszeitvorschriften bei jedem Betrieb an jedem Tag zu kontrollieren.

Dass die beiden Geschäftsführer zum angeführten funktionierenden Kontrollsystem nicht einvernommen worden sind, werde ausdrücklich als Verfahrensmangel gerügt. Durch die Einvernahme der beiden Geschäftsführer wäre nämlich die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen, dass das angeführte Kontrollsystem konkret funktioniere, weshalb "die Strafbarkeit aufgrund der Unzumutbarkeit für mich wegen Fehlens der subjektiven Tatseite ausgeschlossen hätte werden müssen."

Mit diesem Vorbringen hat der Berufungswerber sein mangelndes Verschulden nicht glaubhaft gemacht.

Dazu wäre es erforderlich gewesen, ein konkretes Tatsachenvorbringen zu erstatten, aus dem sich detailliert ergibt, welches Kontroll- und Maßnahmensystem zur Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften in dem vom Berufungswerber geleiteten Unternehmen geschaffen wurde und wie dieses konkret funktioniert (vgl VwGH 20.9.2001, 99/11/0227). Die bloße Dartuung der Erteilung von Weisungen und der Einrichtung eines Kontrollsystems mit hierarchischer Gliederung der Verantwortungsträger und der Kontrolle der in diese Hierarchie Eingebundenen reicht zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Arbeitgebers nicht aus. Vielmehr wäre es - über das Glaubhaftmachen der Existenz eines Kontrollsystems in generell-abstrakter Form hinaus - erforderlich gewesen aufzuzeigen, welche Maßnahmen im einzelnen (vgl VwGH 30.9.1998, 98/02/0148; VwGH 24.8.2001, 2001/02/0148, 0149) der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen dieses Systems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in das System eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften, hier jene zum Schutz von jugendlichen Arbeitnehmern in der gastwirtschaftlichen Betriebsstätte, auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der Berufungswerber als an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden.

Auf den Berufungsfall angewendet hätte also das Behauptungsvorbringen detailliert darzustellen gehabt, dass und welche konkrete Maßnahmen - durch Gestaltung von Arbeitsbedingungen, durch entsprechende Entlohnungsmethoden und durch disziplinäre Eingriffe u.dgl. (mit Bezug jedenfalls auf den Geschäftsführer und dessen Stellvertreter sowie allfälliger weiterer, in das System einbezogener Mitarbeiter) - so vorgekehrt und auch gehandhabt wurden, auf dass die Unterbindung von Anreizen zur Verletzung der KJBG-Vorschriften sowie Nachlässigkeiten in diese Richtung unter vorhersehbaren Verhältnissen und mit gutem (damit auch gemeint: auf betriebliche Besonderheiten Bedacht nehmenden) Grund erwartet werden durfte.

Gerade Maßnahmen dieser Art, die der Berufungswerber selbst ergreift bzw. die die ihm Nachgeordneten zu ergreifen gehabt hätten, zeigte der Berufungswerber jedoch nicht auf. Die - schon im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde so vorgetragene - Darstellung des Berufungswerbers, es sei im konkreten Fall der Geschäftsführer "bzw." sein Stellvertreter verwarnt und belehrt worden und es sei dies auch in einem Vermerk festgehalten worden, enthält keine Behauptung mit konkretem, sondern nur diffus-allgemeinem Inhalt und ist dadurch, dass der Berufungswerber den behaupteten Vermerk schon der belangten Behörde nicht vorgelegt und auch seiner Berufung nicht angeschlossen hat, vollends unglaubwürdig.

War aber das Berufungsvorbringen insgesamt nicht geeignet, ein funktionierendes, die Ergreifung bestimmter Maßnahmen durch den Berufungswerber selbst miteinbeziehendes Kontrollsystem zwecks Gewährleistung einer gesetzestreuen Beschäftigung jugendlicher Arbeitnehmer im darzulegen, war der Unabhängige Verwaltungssenat auch nicht gehalten, die zum Beweis für dieses - zu seiner Entlastung untaugliche - Vorbringen namhaft gemachten Zeugen zu vernehmen (vgl. wiederum VwGH 30.9. 1998, 98/02/0148).

Aus allen diesen Feststellungen und Erwägungen war der belangten Behörde in der Annahme der subjektiven Tatseite in diesem Fall nicht entgegen zu treten und die das Nichtverschulden im Grunde des § 5 Abs.1 VStG behauptende Berufung zu verwerfen.

Was die Strafbemessung anbelangt, sind Ermessensfehler der belangten Behörde, nicht hervorgekommen. Der hilfsweise begehrten Anwendung des § 21 Abs.1 VStG stand schon die Häufung der Schutzpflichtverletzungen gegenüber mehreren jugendlichen Arbeitnehmern in diesem Fall entgegen. Dass es "bis zur gegenständlichen Anzeige" im Betrieb des Berufungswerbers keine Beanstandungen gegeben habe, fand ebenso wie die Unbescholtenheit des Berufungswerbers in den niedrigen Strafhöhen, von der belangten Behörde richtig als im untersten bzw. unteren Bereich des Strafrahmens gelegen bezeichnet, entsprechenden Niederschlag. Nach der Aktenlage zutreffend als "amtsbekannt" wurden folgende persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers berücksichtigt: tätig als Bauunternehmer, monatl. Bruttoeinkommen von 60.000 S, Einfamilienhaus, Sorgepflicht für Gattin und zwei Kinder. Im Hinblick auf alle diese Umstände vermag die - im Übrigen unbescheinigt gebliebene - Behauptung des Berufungswerbers, er trage Sorgepflicht für drei Kinder, eine Herabsetzung der verhängten Strafen nicht zu bewirken. Auch die Strafaussprüche waren daher zu bestätigen.

Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Berufungswerber die Beiträge zu den Kosten des Tribunalverfahrens in der gesetzlichen Höhe (jeweils 20 % der verhängten und bestätigten Geldstrafen) aufzuerlegen; diese Kostenbeiträge wurden aus Zweckmäßigkeitsgründen summiert angegeben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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