Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280576/5/Kl/Pe

Linz, 20.08.2002

VwSen-280576/5/Kl/Pe Linz, am 20. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 19.7.2001, GZ 0-2-5/1-0132066c, wegen Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zum Verfahren erster Instanz einen Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 290,69 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 19.7.2001, GZ 0-2-5/1-0132066c, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 öS, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs.5 Z1, 118 Abs.3 ASchG iVm § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung verhängt, weil er es als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Holzbautechnik S GmbH mit dem Sitz in L, als Arbeitgeber zu vertreten hat, dass wie anlässlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat Linz festgestellt wurde, auf der von der oa Gesellschaft betriebenen Baustelle "B" am 10.4.2001 zwei Arbeitnehmer der oa Firma, Herr S und Herr H, bei einer Dachneigung ca 19° (gemessen von Herrn S) und einer Absturzhöhe von ca 6 m nordseitig und ca 9 m südseitig mit dem Anbringen der Dachlattung beschäftigt waren, wobei an der Arbeitsstelle keine Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden und die Arbeitnehmer auch nicht angeseilt waren.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser dargelegt, dass im vorliegenden Straferkenntnis erstmals auf den Bw als Beschuldigten Bezug genommen worden sei und der Spruch des Straferkenntnisses nicht ausreichend sei, zumal die Zitierung des § 9 VStG bei der übertretenen Bestimmung notwendig sei. Weiters sei auch nicht der handelsrechtliche sondern der gewerberechtliche Geschäftsführer verantwortlich. Der Tatvorwurf sei auch nicht ausreichend konkretisiert, weil das bloße Anführen der Maximalneigung bis 20 % und der Absturzhöhe von 3 m für einen Tatvorwurf nicht ausreicht. Es wird vom Bw nicht anerkannt, dass zum fraglichen Zeitpunkt die Dienstnehmer nicht gesichert waren, und es hätte eine Befragung stattfinden müssen, inwieweit die gehalten waren, die Sicherheitsvorkehrungen vorzunehmen und inwieweit dies kontrolliert worden sei. Die Dienstnehmer könnten schriftlich bestätigen, dass sie auf Absicherungsnotwendigkeiten hingewiesen wurden. Die Kontrolle geschieht jeweils durch Stichproben und zwar durch den Vorarbeiter. Ohne das Wissen des Bw sei aber der zuständige Vorarbeiter am Vorfallstag nicht an der Baustelle gewesen. Auch wurde die Strafhöhe bekämpft und auf die Unbescholtenheit des Bw hingewiesen. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass tatsächlich Sicherungseinrichtungen vorhanden waren. Der Fehler der Dienstnehmer könne dem Bw nicht angelastet werden. Auch sei ein allfälliges Gefahrenmoment entsprechend durch die Dienstnehmer ausgeglichen worden. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Durch den Oö. Verwaltungssenat wurde das zuständige Arbeitsinspektorat am Berufungsverfahren beteiligt. In einer Stellungnahme wurde ausgeführt, dass laut Anzeige keine verschiedenen Dachneigungen angegeben wurden. Die unterschiedlichen Absturzhöhen süd- bzw nordseitig ergeben sich durch eine Geländestufe. Die Absturzhöhe von 3 m war bei weitem überschritten. Die technischen Schutzmaßnahmen waren nicht vorhanden, die Ausnahmebestimmungen nach § 7 Abs.3 und Abs.4 BauV kamen nicht zum Tragen. Obwohl die Zimmereiarbeiten am Tag der Kontrolle zum Großteil bereits abgeschlossen waren, waren noch keine technischen Schutzmaßnahmen auf der Baustelle vorhanden. Dies hätte jedoch eine rechtzeitig durchgeführte Kontrolle zu Beginn der Dacharbeiten ergeben müssen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt sowie in die Schriftsätze.

Weil nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde und die Strafe angefochten wurde, eine mündliche Verhandlung aber nicht in der Berufung beantragt wurde, wurde eine solche nicht anberaumt. (§ 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG).

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 bis 100.000 öS zu bestrafen ist, wer als ArbeitgeberIn den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

Aus dem bisherigen Aktengang ist eindeutig ersichtlich, dass die gegenständliche Dachneigung 19° (dies wurde von einem beschäftigten Arbeitnehmer gemessen) und die Absturzhöhe nordseitig ca 6 m, südseitig ca 9 m betrug. Es waren daher Vorsichtsmaßnahmen gemäß § 87 Abs.2 BauV vorzunehmen. Entsprechende technische Schutzeinrichtungen waren aber auf der Baustelle nicht vorhanden. Ein anderer Sachverhalt wird auch vom Bw nicht behauptet. Auch hat das anzeigende Arbeitsinspektorat in der Anzeige und auch die Behörde im Verwaltungsstrafverfahren auf die leichte Reifbildung, daher besondere Gefährdung hingewiesen, wonach dann gemäß § 87 Abs.3 BauV auch bei einer Dachneigung von weniger als 20° Schutzeinrichtungen wie Dachschutzblenden und Dachfanggerüste vorhanden sein müssen. Die Verwendung von persönlichen Sicherheitseinrichtungen wie Sicherheitsgeschirren hingegen ist nicht ausreichend. Eine Ausnahme gemäß § 87 Abs.5 BauV war nicht gegeben. Darüber hinaus ist aber auch eindeutig ersichtlich, dass persönliche Schutzeinrichtungen ebenfalls nicht von den Arbeitnehmern verwendet wurden. Die persönlichen Schutzeinrichtungen waren nur im Firmenbus, welcher sich auf der Baustelle befand, vorhanden.

Einen anderen Sachverhalt hat der Bw auch in der Berufung nicht vorgebracht und ist aus dem gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht ersichtlich. Es hat daher der Beschuldigte die Tat objektiv begangen.

5.2. Hinsichtlich der Verantwortlichkeit ist dem Bw zu entgegnen, dass ein gewerberechtlicher Geschäftsführer gemäß § 370 Abs.2 GewO nur für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften verantwortlich ist. Dies hat der Verwaltungsgerichthof auch in ständiger Judikatur ausgesprochen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des öst. Verwaltungsverfahrens, S.816, E.44a). Arbeitnehmerschutzbestimmungen zählen nicht zum Kompetenztatbestand "Gewerbe" und unterliegen daher der allgemeinen Verantwortlichkeit nach § 9 VStG. Es hat daher der handelsrechtliche Geschäftsführer einer GesmbH als nach außen vertretungsberufenes Organ die Tat verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

5.3. Ein Konkretisierungsmangel - wie es in der Berufung weiters ausgeführt wird - haftet dem Spruch des Straferkenntnisses nicht an. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zitierung des § 9 VStG im Spruch des Straferkenntnisses nicht erforderlich (VwGH, VerSt. Sen. vom 30.1.1990, Slg. 13110A). Weiters ist aus dem Akt ersichtlich, dass bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung, welche an den nunmehrigen Bw ergangen ist, er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Holzbautechnik S GmbH zu Verantwortung gezogen wurde. Darüber hinaus ist sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als erste Verfolgungshandlung als auch im Spruch des Straferkenntnisses die Tat insofern eindeutig konkretisiert, als eine Dachneigung von ca 19° vorgeworfen wird und eine Absturzhöhe von nordseitig 6 m und südseitig 9 m. Auch wurde die Tätigkeit der Arbeitnehmer mit dem Anbringen der Dachlattung ausreichend konkretisiert. Spruchmängel waren daher nicht festzustellen.

5.4. Hinsichtlich des Verschuldens hat die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis zu Recht auf die Bestimmung des § 5 Abs.1 VStG hingewiesen. Danach ist von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen, sofern nicht der Beschuldigte einen Entlastungsnachweis erbringt. Mit seinen Berufungsausführungen ist aber dem Beschuldigten eine Entlastung nicht gelungen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Arbeitgeber alle Maßnahmen zu setzen, die unter vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch die Arbeitnehmer mit guten Grund erwarten lassen. Es genügt daher nicht das Sicherheitsvorkehrungen vorhanden sind, sondern der Arbeitgeber hat Maßnahmen darzulegen und konkret zu umschreiben, die die Einhaltung der Schutzvorschriften durch die Arbeitnehmer dann konkret auch gewährleisten sollen. Solche Maßnahmen wurden vom Beschuldigten nicht ins Treffen geführt und dann auch nicht unter Beweis gestellt. Allein dass die Arbeitnehmer hinsichtlich der Schutzvorschriften unterwiesen werden und schriftliche Weisungen erteilt werden reicht nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, S.767 ff mN.). Vielmehr hat der Arbeitgeber die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen auch zu kontrollieren. Er hat daher im Rahmen seiner Entlastung ein konkretes Kontrollnetz darzulegen und unter Beweis zu stellen. Auch ein solches Kontrollnetz wurde in der Berufung nicht dargelegt. Die Behauptung von stichprobenartigen Kontrollen reicht hingegen für eine Entlastung nach der ständigen Judikatur des VwGH nicht aus. Wenn hingegen der Beschuldigte sich auf die Kontrolle durch den Vorarbeiter beruft, so zeigt er aber in seinem weiteren Vorbringen auf, dass ohne das Wissen des Bw der zuständige Vorarbeiter am Vorfallstag nicht an der Baustelle war, dass das Kontrollnetz daher nicht lückenlos vorhanden war und nicht lückenlos funktionierte. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Arbeitgeber auch dann strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist, wenn die Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen ohne sein Wissen erfolgt. Es hat daher die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum das Verschulden des Bw angenommen.

5.5. Hinsichtlich der Strafhöhe hat die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG zustehenden Ermessen in keiner gesetzwidrigen Weise Gebrauch gemacht. Sie hat zu den objektiven Strafbemessungsgründen insbesondere auf den Unrechtsgehalt der Tat und das Ausmaß der Gefährdung der schutzwürdigen Interessen Bedacht genommen. Im Hinblick auf die doch ja weitreichende Absturzhöhe war der Unrechtsgehalt der Tat hoch zu bemessen. Zu den subjektiven Strafbemessungsgründen hat bereits die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis die Unbescholtenheit des Bw als strafmildernd gewertet. Weitere Strafmilderungsgründe traten nicht hervor und brachte auch der Bw nicht vor. Dass persönliche Schutzeinrichtungen vorhanden waren aber nicht benutzt wurden ist kein Milderungsgrund. Vielmehr ist im Verschulden darauf Bedacht zu nehmen, dass der Bw nicht in geeigneter Weise dafür Sorge getragen hat, dass die Sicherheitseinrichtungen auch verwendet werden. Eine entsprechende Sorgfalt der Dienstnehmer kann das allfällige Gefahrenmoment aber nicht ausgleichen, insbesondere da auch noch die besonderen Witterungsverhältnisse, nämlich leichte Reifbildung ein besonderes Gefahrenmoment darstellten. Die Behörde hat weiters die persönlichen Verhältnisse geschätzt. Der Berufungswerber hat diesen Angaben in der Berufung nichts entgegengesetzt. Es konnte daher auch von deren Richtigkeit ausgegangen werden. Die verhängte Geldstrafe beträgt 1/5 des gesetzlich festgelegten Höchstsatzes und ist daher in Anbetracht der besonderen Gefährdung und dass zwei Arbeitnehmer dieser Situation ausgesetzt waren nicht überhöht. Die verhängte Geldstrafe ist im Übrigen auch schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Sie ist erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Es war daher auch das verhängte Strafausmaß zu bestätigen.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu verhängen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. K l e m p t

Beschlagwortung:

Dachneigung, Kontrollsystem, Verantwortlichkeit

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