Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280646/11/Lg/Sd/Ni

Linz, 28.08.2003

 

 VwSen-280646/11/Lg/Sd/Ni Linz, am 28. August 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 5. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G F A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach, vom 28. August 2002, Zl. Ge96-37-1-2002, wegen einer Übertretung des AZG iVm der EG-VO 3820/85, zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass vor dem Wort "Ruhezeit" jeweils das Wort "täglich" einzufügen ist und die Verwaltungsstrafnorm iSd § 44 a Z 3 VStG zu lauten hat: "§ 28 Abs. 1a letzter Halbsatz Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 98/2001".
  2. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag in der Höhe von 100 Euro, ds. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 5 und 19 VStG, § 28 Abs. 1a Z. 2 Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 98/2001 iVm Art. 8 Abs. 2 EG-VO 3820/85 iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs.

Zu II.: § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A Handel- und Transport Ges.m.b.H. mit dem Sitz in A, und somit als Außenvertretungsbefugter gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich sei, dass den in diesem Betrieb beschäftigtem Lenker K M als Lenker eines Kraftfahrzeuges, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, wie folgt eingesetzt worden sei, wobei die gesetzlich festgelegte ununterbrochene Ruhezeit von acht Stunden nicht gewährt worden sei:

 

Arbeitsbeginn am 11.4.2002 um 21.05 Uhr, Arbeitsende am 13.4.2002 um 08.42 Uhr; innerhalb des 30-Stunden-Zeitraumes (2-Fahrer-Besetzung) ab Arbeitsbeginn ergäbe sich somit eine Ruhezeit von 00 Stunden und 00 Minuten. Längste zusammenhängende Ruhezeit am 12.4.2002 von 01.25 Uhr bis 05.50 Uhr, das seien vier Stunden und 25 Minuten (stehendes Fahrzeug) und darauf von 05.50 Uhr bis 12.50 Uhr habe E S das Fahrzeug gelenkt und eine Strecke von 358 km (Ledra - Tarvis) zurückgelegt. In dieser Zeit habe sich K M im fahrenden Fahrzeug befunden und es sei diese Zeit nicht als tägliche Ruhezeit anzusprechen.

 

Der Bw habe dadurch Artikel 8 Abs. 2 der Verordnung des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (EG-VO 3820/85) iVm § 28 Abs.1a Z.2 Arbeitszeitgesetz iVm mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs verletzt und sei daher gemäß § 28 Abs.1a AZG in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk (AI) sowie auf die Aufforderung zur Rechtfertigung. Der Bw habe von der Möglichkeit zur Rechtfertigung nicht Gebrauch gemacht. Der Tatvorwurf stehe somit fest.

 

Bei der Bemessung der Strafhöhe wird von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro (keinen Sorgepflichten, keinem Vermögen) ausgegangen. Erschwerend sei zu werten, dass der Beschuldigte bereits wiederholt wegen Übertretungen des AZG rechtskräftig bestraft wurde. Mildernd sei kein Umstand.

 

  1. In der Berufung wird dagegen eingewendet, S habe vom Bw den Auftrag erhalten, mit dem Lkw von Linz bis zum Rasthaus zwischen Villach und Arnoldstein zu fahren. M habe den Auftrag vom Bw erhalten, anschließend alleine nach Venedig weiterzufahren. Dies sei so vereinbart worden, damit M die gesetzlich vorgeschriebene Lenkzeit bzw. Ruhezeit einhalten konnte. S sollte beim erwähnten Rasthaus am 12.4.2002 um 1.25 Uhr das Fahrzeug abstellen und anschließend mit einem anderen Kollegen zurückfahren. M sei vom Rasthaus alleine nach Venedig weitergefahren.
  2.  

    M habe den Auftrag vom Bw gehabt, bei der Heimfahrt von Venedig nach Linz die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen einzuhalten, was dieser jedoch eigenmächtig verabsäumt habe. Sämtliche Fahrer des Unternehmens des Bw hätten den schriftlichen Auftrag die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten, Lenkpausen, usw. einzuhalten.

     

     

  3. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  4.  

    In der Anzeige des AI vom 26.7.2001 ist der gegenständliche Tatvorwurf enthalten. Bei der Strafzumessung sei zu berücksichtigen, das bereits anlässlich früherer Kontrollen in den Jahren 1997 und 2001 Beanstandungen erfolgten und der Bw mit zwei Schreiben aufgefordert worden sei, die Bestimmungen über die Lenkzeiten, Ruhezeiten und Unterbrechungen (Lenkpausen) einzuhalten und dass ihm ausführliche Informationen zu der seit 1. Juli 1994 geltenden Rechtslage übermittelt worden seien. Ferner liegen der Anzeige Fotokopien von Tachoscheiben bei. Beilgelegt ist ferner eine Anzeige des LGK, Außenstelle S, vom 17.5.2002, in welcher die entsprechenden dienstlichen Wahrnehmungen des Gendarmeriebeamten festgehalten sind.

     

    Mit Schreiben vom 30. Juli 2002 wurde dem Bw der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Tatvorwurf vorgehalten und dieser zur Rechtfertigung aufgefordert. Der Bw machte jedoch, laut Aktenlage, von der Möglichkeit zur Rechtfertigung keinen Gebrauch.

     

    Ferner liegt dem Akt eine Liste von Vorstrafen des Bw bei, aus der zwei zum Tatzeitpunkt rechtskräftige und zum Zeitpunkt des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates noch nicht getilgte Vorstrafen nach dem AZG ersichtlich sind.

     

     

  5. Nach der Berufung (am 17.9.2002) wurden die beiden Fahrer M und S vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zeugenschaftlich einvernommen.
  6.  

    Diese bestätigten im Wesentlichen, dass M von 21.00 Uhr am 11.4. bis 1.30 Uhr am 12.4. den LKW lenkte. Von 1.30 Uhr bis 5.30 Uhr sei das Fahrzeug abgestellt gewesen. Am 12.4. sei von 5.30 Uhr bis 13.00 Uhr S gefahren, von 13.00 Uhr bis 5.30 Uhr am 13.4. M. Um 5.30 Uhr habe Letzterer das Fahrzeug bis zur Kontrolle um ca. 8.00 Uhr abgestellt. Diese Angaben stimmen auch mit den Tachoscheiben überein. Kürzere Fahrtunterbrechungen bleiben dabei im Zusammenhang mit der hier gegenständlichen Vorschrift unberücksichtigt. Ferner ist aufgrund der Tachoscheiben bzw. der Aussagen der beiden Fahrer davon auszugehen, dass sich vom 11.4. um 21.00 Uhr bis 12.4. um 15.30 Uhr zwei Fahrer im Fahrzeug befanden, ab 15.30 Uhr nur noch M.

     

    Diese Beweisergebnisse wurden dem Bw vorgehalten und er äußerte sich am 12. September 2002 dazu dahingehend, dass die Zeugenniederschriften vom 17.9.2002 den Tatsachen entsprechen würden. Die Angaben in der Berufung seien irrtümlich erfolgt, da der Bw damals noch nicht gewusst habe, dass sich die beiden Fahrer die Fahrt selbständig geteilt hätten. Die beiden Fahrer hätten die Tour eigenmächtig geändert ohne Wissen des Bw.

     

    Mit Schreiben vom 30. September 2002 nahm das AI dahingehend Stellung, dass der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet sei, im Betrieb einschließlich der auswärtigen Arbeitsstellen ein solches Kontroll- und Überwachungssystem aufzubauen und solche zumutbaren Maßnahmen zu treffen, welche die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Dieses Kontrollsystem müsse insbesondere unabhängig von Dauer und Ort der Tätigkeiten funktionieren. Stichprobenartige Kontrollen und die Erteilung von Weisungen oder die Ausübung einer "Oberaufsicht" würden nicht ausreichen, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in allen vorhersehbaren Fällen sicher zu stellen. Weiters könne auch die Schaffung eines aus mehreren Führungsebenen bestehenden Kontrollsystems, wobei der jeweils übergeordnete den unmittelbar untergeordneten Verantwortungsträger auf die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften kontrolliert oder der Umstand, dass die Arbeit so eingeteilt oder vorbereitet wurde, dass dies im Rahmen des Gesetzes ausführbar gewesen wäre, noch nicht als Entlastungsbeweis für den Arbeitgeber im Sinne des § 5 Abs.2 VStG angesehen werden. Um von einem wirksamen Kontrollsystem, welches die Entlastung des Arbeitgebers bewirkt, sprechen zu können, müsse dieser glaubhaft machen können, dass er die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so gestaltet und solche disziplinären Maßnahmen angedroht und durchgeführt hat, dass für die Arbeitnehmer kein Anreiz zur Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften gegeben war. Darüber hinaus habe der Arbeitgeber unabhängig von den vorgeschalteten Kontrollinstanzen als oberste Kontrollebene stets selbst die erteilten Weisungen auf ihre Befolgung zu überwachen. Nur wenn der Arbeitgeber glaubhaft mache, dass ein Verstoß gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften durch einen Arbeitnehmer trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im Einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und seinen Willen erfolgt ist, könne ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden. Derartige Maßnahmen habe der Bw weder behauptet noch glaubhaft gemacht, sodass keine Maßnahmen nachgewiesen worden seien, die unter voraussehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erwarten lassen. Dieser Sorgfaltsmangel sei dem Bw anzulasten.

     

     

  7. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. März 2003. Zu dieser Verhandlung sind die Verfahrensparteien geladen worden. Der Berufungswerber sowie der Vertreter des zuständigen Arbeitsinspektorates haben an der Verhandlung teilgenommen. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen.

 

Auf Grund der im Akt in Kopie befindlichen Schaublätter sowie der übereinstimmenden Aussagen der beiden vor der Erstbehörde einvernommenen Zeugen, die dem angefochtenen Straferkenntnis zu Grunde liegen und die auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung im Wesentlichen unbestritten blieben, steht als erwiesen fest, dass der Lenker K M für die Firma A Handels- und Transport GesmbH von 11.4.2002, 21.05 Uhr bis 13.4.2002, 8.42 Uhr von Linz über Ledra nach Treviso, also im internationalen Straßenverkehr mit einem Lkw mit einem Gesamtgewicht von über 3,5 t fuhr, wobei innerhalb des 30-Stunden-Zeitraumes (2-Fahrer-Besetzung) die ununterbrochene gesetzlich festgelegte tägliche Ruhezeit von acht Stunden nicht gewährt wurde. Die längste zusammenhängende tägliche Ruhezeit legte M am 12. April 2002 von 01.25 Uhr bis 05.50 Uhr ein, das sind 4 Stunden und 25 Minuten. Anschließend lenkte S das Fahrzeug von 5.50 Uhr bis 12.50 Uhr (unterbrochen durch Ladetätigkeiten). In dieser Zeit befand sich M als Beifahrer im fahrenden Fahrzeug. Von 12.55 Uhr am 12.4. bis 8.45 Uhr am 13.4. lenkte wieder K M den LKW. Diese Fahrtzeit wurde durch fünf ca. 1 bis 2,5 stündige Ruhepausen unterbrochen. Die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist sohin als erwiesen anzusehen und wird vom Beschuldigten auch nicht bestritten.

 

Zur subjektiven Tatseite argumentierte der Bw, die beiden Lenker angewiesen zu haben, die Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten. Hätten sich beide Fahrer weisungsgemäß verhalten, wäre der gegenständliche Tatvorwurf nicht zustande gekommen. Auch sei die konkrete Fahrt so disponiert gewesen, dass die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen möglich gewesen wäre. Gegen eigenmächtiges Handeln der Fahrer würden ihm keine Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

 

Weiters brachte der Bw vor, jeden Arbeitnehmer unterschreiben zu lassen, dass die Tachoblätter in der Firma mit den Stundenzetteln abzugeben und die täglichen Ruhepausen einzuhalten seien. Mehr könne er nicht tun. Der Bw gestand jedoch selbst ein, dass diese Anweisungen nur zu 50 % eingehalten werden würden. Fällt beispielsweise die Rückfahrt in die Nähe des Wochenendes, so würde sich nur noch die Hälfte der Fahrer an die vorgeschriebenen Fahrzeiten halten, weil sie versuchen, raschest möglich noch vor dem Wochenendfahrverbot nach Hause zu kommen. So sei es auch im gegenständlichen Fall gewesen. Beide Lenker seien Donnerstag abends nach Venedig gefahren, wo abgeladen und an anderen Ladestellen im Umkreis von etwa 100 km wieder aufgeladen worden sei. Nach der letzten Ladestelle müsste der Fahrer etwa 8 bis 10 Stunden Pause machen. Der Bw gab dazu an, dass dies kein Fahrer so handhabe, da er sonst am Samstag um 15.00 Uhr nicht mehr über die Grenze kommt und das Wochenende in Salzburg verbringen muss.

 

Befragt, warum der Fahrzeitbeginn nicht so eingeteilt wird, dass es zu keinen arbeitszeitrechtlichen Problemen kommt, gab der Bw an, dass die Lenker vorher schon anderweitig eingesetzt werden. Manchmal fahre der Bw selbst mit einem seiner 8 LKWs um seinen Fahrern die nötige Ruhezeit einzuräumen.

Der Bw räumte ausdrücklich ein, dass die Fahrer in seinem Betrieb die Tachoblätter schlampig abgeben. Dagegen sei er aber machtlos, da eine Drohung, den Lohn erst bei Vorlage der Tachoblätter zu bezahlen, einen arbeitsgerichtlichen Prozess nach sich ziehen würde, welchen der Bw seiner Ansicht nach verlieren würde.

 

Zum Vorhalt, dass der andere Fahrer seine Tachoscheibe bei Verlassen des LKWs nicht mitgenommen hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre, um sie im nächsten LKW vorweisen zu können, entgegnete der Bw, dass im gegenständlichen Fall für den zweiten Lenker keine Notwendigkeit zur Mitnahme des Tachographenblattes bestanden habe, da dieser auf der Rückfahrt nach Oberösterreich nicht Beifahrer sondern lediglich Gast war.

 

Der Bw teilte auf Befragen des Vertreters des AI mit, dass die Fahrer nach ihren Stundenaufzeichnungen belohnt werden würden. Er müsse sich auf die Stundenaufzeichnungen der Fahrer verlassen, weil diese beim Abgeben der Tachoblätter schlampig sind.

 

Auf den Vorhalt, dass dieses Entlohnungssystem untauglich sei, die Lenker anzuhalten, nicht gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu verstoßen, da der Lenker bei einem solchen System um so mehr Geld verdient je mehr Stunden er unterwegs ist, entgegnete der Bw, dass es nicht so leicht sei, acht Fahrer "optimal einzuschlichten", weil deren Einsatzmöglichkeit vom Eingang der Aufträge abhängt. Darüber hinaus bestritt er, dass sein Entlohnungssystem geeignet ist, dem Fahrer Vorteile zu bieten, wenn er die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften nicht einhält. Er begründete dies ua. damit, dass drei seiner acht Fahrzeuge Kipper seien, welche schon aus rein logistischen Gründen nicht rund um die Uhr fahren könnten. Im gegenständlichen Fall habe es sich ebenfalls um zwei Kipper gehandelt, weshalb das Vorbringen des Vertreters des AI, dass der Unternehmer und der Fahrer ein gemeinsames Interesse daran hätten, dass das Fahrzeug ständig in Bewegung ist, ins Leere gehe. Dem entgegnete der Vertreter des AI, dass es nur darauf ankomme, ob im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet ist oder nicht. Er hielt dem Bw zudem vor, dass der Lenker M angab, nicht gewusst zu haben, dass die Zeit, die er als Beifahrer im Fahrzeug verbringt, nicht als Ruhezeit gilt.

 

Der Bw merkte an, dass er eine pauschalierte Nachzahlung an die GKK zu leisten habe, weil ihm diese nicht glaubt, dass seine Lenker so wenig Stunden fahren. Der Vertreter des AI erachtete diese Aussage für nicht glaubwürdig und beantragte im Übrigen das Straferkenntnis aufrechtzuerhalten.

 

Der Bw beantragte das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen, hilfsweise die Strafe herabzusetzen.

 

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

6.1. Gemäß Art. 8 Abs.2 EG-VO Nr. 3820/85 muss für jeden Zeitraum von 30 Stunden, in dem sich mindestens zwei Fahrer im Fahrzeug befinden, jeder von ihnen eine tägliche Ruhezeit von mindestens 8 zusammenhängenden Stunden einlegen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 7 EG-VO Nr. 3820/85 kann die tägliche Ruhezeit im Fahrzeug verbracht werden, sofern es mit einer Schlafkabine ausgestattet ist und nicht fährt.

 

Nach § 28 Abs.1a Z.2 AZG sind ua. Arbeitgeber, die die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

6.2. Vor diesem Hintergrund - tatseitig geht der OÖ. Verwaltungssenat von dem schon nach der Aktenlage erwiesenen Sachverhalt aus - steht fest, dass der Lenker M die gesetzlich festgelegte tägliche Ruhezeit von mindestens acht zusammenhängenden Stunden nicht eingehalten hat, da die längste ununterbrochene Ruhezeit innerhalb von 30 Stunden nur 4 Stunden und 25 Minuten betragen hat. Die Zeit, in der M als Beifahrer im LKW mitfuhr, zählt nicht als tägliche Ruhezeit. Für diese Übertretung hat der Bw in seiner (über § 9 Abs. 1 VStG begründeten) Stellung als Arbeitgeber verwaltungsstrafrechtlich einzustehen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Arbeitgeber hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verpflichtet, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es etwa gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen (VwGH vom 4.7.2002, 2000/11/0123; 13.6.1989, 88/08/0150). Nur wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im Einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm sein Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (vgl. VwGH vom 20.7.1992, 91/19/0201; 17.12.1990, 90/19/0570). Eine solche Glaubhaftmachung liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der Beschuldigte im Verfahren ein eingerichtetes Kontrollsystem gar nicht behauptet.

 

Die bloße Belehrung der Arbeitnehmer, die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen einzuhalten sowie die Tachoscheiben mit den Stundenaufzeichnungen in der Firma abzugeben, auch wenn dies in Form von Dienstanweisungen und schriftlich erfolgt, reichen dazu nicht aus (VwGH vom 24.9.1990, Zl. 90/19/0281; 29.9.1988, 87/08/0026).

 

Zur Glaubwürdigkeit des Vorhandenseins eines wirksamen Kontrollsystems bedarf es der Angaben des Bw, in welcher Weise er auf festgestellte Verstöße reagiert, und welche Maßnahmen er trifft, um künftigen Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften vorzubeugen.

 

6.3. Der Beschuldigte selbst hat im Rahmen der Verhandlung zugestanden, dass die Fahrer beim Abgeben der Tachographenblätter schlampig sind und die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten von den Lenkern nur zu 50 % eingehalten werden. Auch wären seine Fahrer undiszipliniert und wollten aus privaten Gründen am Samstag früh nach Hause, was jedoch bei der getroffenen Einteilung der Fahrtzeiten meist nur mit Verletzungen des Arbeitszeitgesetzes möglich ist. Schon mit diesem Vorbringen erklärt der Bw, dass sein Kontrollsystem nicht funktioniert.

 

Der Bw hat auch nicht dargelegt, welche wirksamen Schritte er den Arbeitnehmern für den Fall festgestellter Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften in Aussicht gestellt hat, um Verstößen vorzubeugen. Der Beschuldigte gestand vielmehr ein, dass Gesetzesübertretungen mit keinerlei beruflichen Konsequenzen für die Fahrer bedroht sind.

 

Gegen das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems spricht auch, dass der Lenker M nicht wusste, dass die Zeit, in der er als Beifahrer im fahrenden LKW sitzt, nicht als Ruhezeit gilt.

 

Wie erwähnt behauptet der Bw auch gar nicht, ein wirksames Kontrollsystem im Sinne der dargelegten Rechtsprechung eingerichtet zu haben. Die Beschwerde erschöpft sich lediglich darin, dass er nicht mehr tun könne, als die Fahrer anzuweisen, die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen einzuhalten und die Tachoscheiben mit den Stundenaufzeichnungen abzugeben.

 

Hinsichtlich der Behauptung der Lenker M hätte bei den ihm zur Last gelegten Überschreitungen eigenmächtig gehandelt und daher könne ihm dafür kein Verschulden angelastet werden, ist auszuführen, dass der Arbeitgeber gesetzlich verhalten ist, gegen ihm bekannte Missstände Abhilfe zu schaffen. Ein wirksames Kontrollsystem zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es durch die Härte der Maßnahmen im Verletzungsfall keinen Anreiz zur Übertretung zulässt. Dem Argument des Bw, er habe kein Druckmittel für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften, da die Fahrer ansonsten einen arbeitsgerichtlichen Prozess, welchen er verlieren würde, anstrengen würden, ist zu entgegnen, dass die weisungsgebundenen Arbeitnehmer ein erhebliches Interesse daran haben, den Arbeitgeber zufriedenzustellen, um den Arbeitsplatz zu erhalten.

 

Des Weiteren wurden vom Bw keinerlei näher konkretisierten Angaben dazu gemacht, dass die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden in seinem Betrieb so gestaltet sind, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen.

 

Da es dem Bw somit nicht gelungen ist, den Mangel seines Verschuldens an den Übertretungen der Arbeitszeitvorschriften glaubhaft zu machen, hatte die belangte Behörde gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen (vgl. VwGH vom 20. 9. 2001, 99/11/0227). Aus diesen Erwägungen war wie im Spruch zu entscheiden. Die gleichzeitig verfügte Berichtigung bedeutet keine Änderung des Anspruchsgegenstandes, sondern erfolgte ausschließlich aus dem Grund, den Tatbestand noch deutlicher zu definieren. Der im zweiten Absatz des Spruches angeführten Wortfolge "innerhalb des 30-Stunden-Zeitraumes (2-Fahrer-Besetzung)" ist nämlich mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen, dass im gegenständlichen Fall die Nichteinhaltung der täglichen und nicht der wöchentlichen Ruhezeit angelastet werden sollte.

 

Das Vorliegen weiterer Schuld- bzw. Strafausschließungsgründe wurde vom Beschuldigten weder behauptet, noch waren solche aus dem gesamten Akteninhalt ersichtlich.

 

 

7. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Gemäß § 19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Durch die verletzten arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen soll eine Gesundheitsbeeinträchtigung bzw. -gefährdung der Arbeitnehmer hintangehalten werden. Weiters sollen Interessen der ordnungsgemäßen Organisation der Arbeitsverteilung sowie des Arbeitsmarktes geschützt werden. Diesen Interessen sowie nicht zuletzt dem Interesse der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer wurde durch die Tathandlung zuwidergehandelt.

 

Im gegenständlichen Fall hat die Erstbehörde bei der Strafzumessung keinerlei Milderungsgründe ihrer Beurteilung zugrunde gelegt, als erschwerend wurden zwei einschlägige Vorstrafen berücksichtigt. Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw Bedacht zu nehmen. Da der Beschuldigte diese nicht bekannt gab, wurde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen ausgegangen.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von 500 Euro ist im untersten Drittel des gesetzlichen Strafrahmens angesetzt und erscheint tat- und schuldangemessen.

 

Eine Anwendung des § 20 VStG scheidet mangels Vorliegens von Milderungsgründen aus.

 

Da weder das Verschulden des Bw geringfügig ist, noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, war auch ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht möglich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

8. Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

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