Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280658/26/Ga/Pe

Linz, 30.09.2003

 

 

 VwSen-280658/26/Ga/Pe Linz, am 30. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H R vertreten durch H L Rechtsanwälte GmbH gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. November 2002, Ge96-15-2002-Gr, wegen Übertretung von Arbeitszeitvorschriften in fünf Fällen, nach öffentlicher Verhandlung am 19. August 2003 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren in allen Fakten eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z2 und 3, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 15. November 2002 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe in seiner Eigenschaft als gem. § 9 Abs.2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der Arbeitgeberin G Gesellschaft m.b.H., Sitz in P, dafür einzustehen, dass, wie von Gendarmerieorganen im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle auf der Innkreisautobahn A8, Parkplatz bei km 25.000, Fahrtrichtung Suben, am 24. Juli 2001 gegen 11.00 Uhr festgestellt worden sei, gegenüber einem namentlich genannten Arbeitnehmer als Lenker eines durch das Kennzeichen bestimmten Sattelzugfahrzeuges in jeweils näher umschriebener Weise (u.a. durch Angabe genauer Zeiträume an bestimmten Tagen im Juli 2001) gegen Arbeitszeitvorschriften verstoßen worden sei, nämlich:
1. durch Überschreitung der zulässigen Tageslenkzeit, 2. und 3. durch Nichtgewährung der Ruhezeit, 4. durch Nichtgewährung der Lenkpause und 5. dadurch, dass der nämliche Arbeitnehmer als Fahrer des nämlichen Sattelzugfahrzeuges bei der nämlichen Kontrolle kein Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, habe vorlegen können.
Dadurch habe der Berufungswerber folgende Rechtsvorschriften verletzt: zu 1. § 28 Abs.1a Z4 AZG iVm Art.6 Abs.1 VO (EWG) 3820/85; zu 2. und 3. § 28 Abs.1a Z2 AZG iVm Art.8 Abs.1 VO (EWG) 3820/85; zu 4. § 28 Abs.1a Z6 AZG iVm Art.7 Abs.1 VO (EWG) 3820/85; zu 5. § 28 Abs.1b Z2 AZG iVm Art.15 Abs.7 VO (EWG) 3821/85.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber zu 1. bis 4. gemäß § 28 Abs.1a AZG und zu 5. gemäß § 28 Abs.1b AZG Geldstrafen kostenpflichtig verhängt (1. bis 3. je 182 €; zu 4. 145 €; zu 5. 255 €) und Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt.
Über die gegen dieses (nach Anzeige nicht durch das AI, sondern das LGK für gefällte) Straferkenntnis erhobene, Aufhebung und Einstellung (mit dem zu Gunsten seiner Schuldlosigkeit vorgetragenen Einwand eines ausreichenden Kontrollsystems) begehrende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Die vom Berufungswerber beantragt gewesene öffentliche Verhandlung wurde am 19. August 2003 mit dem Beschuldigten und seinem Rechtsvertreter sowie dem Arbeitsinspektorat als Organpartei durchgeführt und jedoch zur rechtlichen Beurteilung von in der Verhandlung vorgelegten Urkunden vertagt; sie gilt mit der Fällung dieses Erkenntnisses als geschlossen.
 
Dem Unabhängigen Verwaltungssenat übermittelte das Arbeitsinspektorat, wie in der Verhandlung angekündigt, die bei ihm am 19. Juni 1996 eingelangte Urkunde über die am 7. Juni 1996 erfolgte (bis zum heutigen Datum nicht widerrufene) Bestellung des Berufungswerbers zum verantwortlichen Beauftragten. Diese (im Gegensatz zu jener, vom Vertreter des Berufungswerbers in der Verhandlung vorgelegten, späteren) Bestellung erwies sich, entgegen jedoch der Auffassung des Vertreters des Berufungswerbers (Schriftsatz vom 22.9.2003) als den Anforderungen des § 9 Abs.2 erster Satz und Abs.4 VStG entsprechend. Die belangte Behörde hat daher die - vom Beschuldigten im Berufungsschriftsatz zwar noch ausdrücklich als aufrecht bekräftigte, in der Verhandlung jedoch bestrittene - Haftung des Berufungswerbers als verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung (jedenfalls) des Arbeitszeitgesetzes durch die von ihm vertretene Gesellschaft zu Recht angenommen.
 
Dennoch war das angefochtene Straferkenntnis aus rechtlichen Gründen aufzuheben. Der Rechtsfreund des Berufungswerbers hat, unter Hinweis auf einschlägige Judikatur, in der Verhandlung Verfolgungsverjährung eingewendet, dahin nämlich, dass es sich bei den inkriminierten Transporten um innergemeinschaftliche Transporte gehandelt habe, dieser Umstand dem Berufungswerber jedoch zu keiner Zeit angelastet worden sei. In Sonderheit zu Faktum 5. hat der Vertreter des Arbeitsinspektorates in der Verhandlung angemerkt, dass womöglich der hier erfasste Regelverstoß (das Schaublatt nicht vorgelegt zu haben) nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Lenker (als Arbeitnehmer) anzulasten gewesen wäre.
Diesen Einwänden kommt Berechtigung zu.
 
Zu den Fakten 1. bis 4.

Für Fälle wie vorliegend ist durch die Judikatur klargestellt, dass unterschieden werden muss, ob es sich um einen internationalen oder innerstaatlichen Straßenverkehr handelt; bei ersterem ist ferner die Unterscheidung zu treffen, ob es sich um einen innergemeinschaftlichen oder einen Straßenverkehr von bzw. nach Drittländern handelt. Dies ist aus § 28 Abs.3 und Abs.4 AZG abzuleiten, wonach gemäß letzterer Vorschrift für Verstöße gegen die im Abs.1a und Abs.1b angeführten Rechtsvorschriften im internationalen Straßenverkehr die Verjährungsfrist abweichend vom § 31 Abs.2 VStG ein Jahr beträgt.
Ein entsprechender Hinweis im Spruch eines verurteilenden Straferkenntnisses ist daher als wesentliches Tatbestandsmerkmal erforderlich (vgl. VwGH 20.2. 2001, 2000/11/0294), um eine ausreichende Individualisierung der Tat zu erreichen und damit dem Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG zu entsprechen (vgl. VwGH 23.10.2001, 2000/11/0273). Im Berufungsfall ist dieser Hinweis in den Schuldsprüchen (und bezüglichen Verfolgungshandlungen) zu 1. bis 4. unterblieben.
 
Anders jedoch als in jenen, dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0294, zugrunde liegenden Fallkonstellationen wurde vorliegend:


 
Aus allen diesen Gründen wurde zu 1. bis 4. eine dem Bestimmtheitsgebot im dargelegten Verständnis entsprechende Verfolgungshandlung nicht gesetzt, weshalb die Schulsprüche aufzuheben waren und die Einstellung, weil Umstände vorliege, die die Verfolgung ausschließen, zu verfügen war.
 
Zu Faktum 5.

Der hier als verletzt vorgeworfene Art.15 Abs.7 VO (EWG) 3821/85 nimmt den Fahrer (als Arbeitnehmer) und nicht den Arbeitgeber in Pflicht. Der Fahrer hat demnach den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jedenfalls das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangen Woche, an dem er gefahren ist, vorzulegen.
Für die Verletzung dieser Pflicht durfte daher, wie als Ergebnis einer systematischen Auslegung der hier berührten Bestimmungen feststeht, nicht der Berufungswerber für die Arbeitgeber-Gesellschaft, sondern nur der Fahrer in Verfolgung gezogen werden (vgl. VwGH 25.6.96, 96/11/0062 bis 0065). Der Schuldspruch zu 5. war daher aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 erste Altern. VStG, weil der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, einzustellen.
 
Dieses Verfahrensergebnis entlastet den Berufungswerber zu 1. bis 5. auch aus der Kostenpflicht.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 

 

Mag. Gallnbrunner

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