Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280686/26/Kl/Pe

Linz, 02.10.2003

 

 

 VwSen-280686/26/Kl/Pe Linz, am 2. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing. PP, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. RG, Dr. JK und Mag. HP OEG, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. April 2003, Ge96-83-2001/Ew, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Bauarbeiterschutzverordnung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 12. September 2003 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafen, das sind insgesamt 240 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29.4.2003, Ge96-83-2001/Ew, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 1) 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) und 2) 700 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) wegen einer Verwaltungsübertretung je gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG sowie iVm 1) § 7 Abs.1 und Abs.2 Z4, § 8, § 9 und § 10 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), und 2) § 65 Abs.5 BauV verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der "DG GmbH" mit Sitz in, zu vertreten hat, dass, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz im Zuge einer Unfallerhebung am 13.3.2001, festgestellt wurde, auf der Baustelle der o.a. Gesellschaft in, der Arbeitnehmer der o.a. Gesellschaft Herr AF am 13.3.2001 mit dem Transportieren von Leichtmetallprofilen vom 1. Obergeschoss in das 2. Obergeschoss über ein auf der im 1. Obergeschoss an der Südseite um ca. 2,40 m auskragenden Deckenplatte aufgestellten verfahrbaren Standgerüst beschäftigt wurde, ohne dass

  1. an der Absturzkante der Kragplatte bei einer Absturzhöhe von ca. 4,0 m Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen gemäß § 10 BauV angebracht wurden, obwohl gemäß § 7 Abs.1 BauV bei Absturzgefahr (gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV liegt Absturzgefahr an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2 m Absturzhöhe vor) Absturzsicherungen (§ 8 BauV), Abgrenzungen (§ 9 BauV) oder Schutzeinrichtungen (§ 10 BauV) anzubringen sind (weshalb das o.a. Standgerüst mitsamt dem darauf befindlichen oben genannten Arbeitnehmer in die Tiefe stürzen konnte),
  2. hinsichtlich dem obgenannten verfahrbaren Standgerüst, welches weder freistehend standsicher aufgestellt noch an dem einzurüstenden Objekt verankert war, entweder die Sicherheit gegen Kippen durch eine fachkundige Person nachgewiesen werden konnte noch gemäß § 65 Abs.5 Z3 BauV die kleinste Aufstandsbreite, welche bei Aufstellung des Gerüstes im Freien mindestens 2,00 m, bei Aufstellung in geschlossenen Räumen mindestens 1,50 m zu betragen hat, eingehalten wurde, indem die kleinste Aufstandsbreite lediglich 80 cm betrug, obwohl gemäß § 65 Abs.5 BauV bei nichtverankerten Gerüsten die Sicherheit gegen Kippen durch eine fachkundige Person nachzuweisen ist, wenn nicht zufolge Z3 die kleinste Aufstandsbreite bei Aufstellung des Gerüstes im Freien mindestens 2,00 m, bei Aufstellung in geschlossenen Räumen mindestens 1,50 m beträgt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht in vollem Umfang Berufung eingebracht und darin dargelegt, dass der verunfallte Arbeitnehmer nicht damit beschäftigt wurde, über dieses fahrbare Standgerüst Leichtmetallprofile vom 1. Obergeschoss in das 2. Obergeschoss zu transportieren. Es habe keinerlei Auftrag zu diesen Tätigkeiten gegeben. Weiters wurde vorgebracht, dass dem Beschuldigten nicht bekannt war, warum der Arbeitnehmer den Transport der Leichtprofile nicht wie angeordnet über das Stiegenhaus, sondern außen unter zu Hilfenahme des abgestellten Gerüstes vorgenommen hat. Ein solches weisungswidriges Handeln könne nicht dem Geschäftsführer der Firma vorgeworfen werden. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Arbeitnehmer eine entsprechende Sicherheitseinweisung erhielt und dies auch schriftlich bestätigte. Der verunfallte Arbeitnehmer selbst habe ja angegeben, dass zunächst die Leichtmetallprofile über das Stiegenhaus vom 1. in den 2. Stock getragen wurden und die Arbeitnehmer dann selbst auf die Idee kamen, über das Gerüst die Profile hinaufzutransportieren. Vielmehr waren in diesem Bereich keine anderen Arbeiter der Firma beschäftigt. Diese arbeiteten an einer ganz anderen Stelle der Baustelle. Auch wurde der Arbeitnehmer F nachweislich spezifisch für Arbeiten an Standgerüsten belehrt und eingewiesen. Es treffe daher den Geschäftsführer kein Verschulden. Darüber hinaus sei auf der Baustelle ein Vorarbeiter für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen bestellt und trifft diesen die Verantwortlichkeit. Es sei von der belangten Behörde nicht begründet worden, warum keine wirksame Kontrolle der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften stattgefunden hätte. Der verunfallte Arbeitnehmer sei darüber belehrt worden, dass er ein nicht verankertes Gerüst nicht benützen dürfe. Die beiden Arbeiter hätten, wie vom Vorarbeiter angeordnet, zunächst die Profile über das Stiegenhaus hinauftransportiert. Weisungswidrig haben sie dann das Gerüst benützt. Es ist nicht bekannt von wem dieses Gerüst zu welchem Zweck aufgestellt wurde. Das Gerüst ist aber keines der Firma "DG GmbH". Es wurde daher nicht von dieser Firma dorthin gestellt. Es hätte daher von der Behörde festgestellt werden müssen, wem die Verantwortung für das Gerüst zukommt und von wem dieses aufgestellt wurde. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Strafakt vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. September 2003, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Es haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat sich entschuldigt. Weiters erschienen die geladenen Zeugen Arbeitsinspektor DI AH, AF und RK und es wurden diese Zeugen einvernommen.

4.1. Aufgrund des Beweisverfahrens in der mündlichen Verhandlung steht als erwiesen fest, dass nach den übereinstimmenden Aussagen des Berufungswerbers und der Zeugen die im Spruch genannte Baustelle über eine längere Zeit von der genannten Firma betreut wurde, konkret seit Jänner 2001. Der Arbeitsunfall ereignete sich am 13.3.2001. Das Unternehmen verfügt über 20 Monteure, die österreichweit ihre Baustellen betreuen. Für jede Baustelle gibt es einen Verantwortlichen, für die gegenständliche Baustelle war der Vorarbeiter K. Dieser ist verantwortlich für die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten und für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften. Herr K arbeitet schon 15 Jahre für den Beschuldigten und war schließlich auch bei der nunmehrigen Firmengründung dabei und ist nun Gesellschafter des Unternehmens. Die Baustellen werden regelmäßig vom Berufungswerber besucht, ca. einmal in der Woche. Für die gegenständliche Baustelle gab es auch einen Sicherheitskoordinator, der vom Bauherrn gestellt wird und für die Sicherheitseinrichtungen verantwortlich ist. Aus der Aussage des unfallserhebenden Arbeitsinspektors ist erwiesen, dass das zwischen 1. und 2. Obergeschoss umgestürzte Gerüst auch tatsächlich vom abgestürzten Arbeitnehmer verwendet wurde. Dieser führte mit diesem Gerüst Arbeiten auf einer auskragenden Deckenplatte durch, die nicht abgesichert war. Bei dem Gerüst handelte es sich um ein Fassadengerüst mit 80 cm Aufstandsbreite. Es war ein nichtverankertes Gerüst im Innenbereich und hätte daher eine Mindestaufstandsbreite von 1,50 m haben müssen. Dieses Gerüst wies einen Gerüstbelag in 3 m Höhe auf. Die Absturzhöhe betrug somit insgesamt 6 bis 7 m. Diese Angaben wurden auch vom verunfallten zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitnehmer bestätigt. Dieser war Leasingarbeiter. Am 13.3.2001 transportierte er Profilleisten vom 1. in das 2. Obergeschoss, zunächst zu zweit mit seinem Kollegen über das Stiegenhaus, dann fanden sie das Standgerüst und verwendeten dieses Gerüst zum Transport. Dabei ist der Arbeitnehmer auf das Gerüst gestiegen, der Kollege hat ihm die Profilleisten hinaufgegeben und hätte sie dann im oberen Geschoss in Empfang nehmen müssen. Weil er nicht mehr da war, wurden sie vom Arbeitnehmer selbst auf die obere Decke hinaufgelegt. Beim Hinunterbücken kam das Gerüst ins Wanken und fiel um. Der Arbeitnehmer ist über die Geschossdecke des 1. Geschosses über den Deckenvorsprung abgestürzt. Zu den näheren Umständen gab der Zeuge glaubwürdig an, dass er am 13.3.2001 den ersten Tag nach einem Krankenstand seine Arbeit wieder aufgenommen hat und vom Vorarbeiter K dazu eingeteilt wurde, die Profile ins 2. Geschoss hinaufzutragen. Diese Arbeit wurde ihm am Morgen dieses Tages vom Vorarbeiter angeschafft. Auch vor dem Krankenstand hat der Arbeitnehmer auf der Baustelle gearbeitet. Eine Belehrung über die Sicherheitsvorschriften wurde vorher erteilt und es wurde eine Bestätigung vom Arbeitnehmer unterschrieben. Zur Belehrung führte der Zeuge aus, dass diese sich insbesondere auf die persönliche Arbeitskleidung und Sicherheitsausrüstung wie Stahlkappenschuhe bezog. Weiters wurde er belehrt, dass wenn höher oben gearbeitet werde, die Verwendung eines Gurtes erforderlich ist. Damit war gemeint, wenn am Rand im 1. oder 2. Stock gearbeitet wird. Zum Gerüst befragt gab der Arbeitnehmer glaubwürdig an, dass Gerüste auf der Baustelle herumgestanden sind und ihm persönlich das dann verwendete Gerüst sicher erschien. Eine Prüfung des Gerüstes durch jemand anderen wurde vor Betreten nicht vorgenommen. Der Zeuge konnte jedoch nicht angeben, wer für die Sicherheit auf der Baustelle verantwortlich ist. Für ihn war klar geregelt, dass sein unmittelbarer Vorgesetzter der Vorarbeiter K ist, der auch kontrollierte, ob die Arbeiten zufriedenstellend ausgeführt wurden und ob die Arbeitnehmer angehängt sind. Dazu führte der Arbeitnehmer aus, dass sie sich immer dann angurten, wenn sie höher oben arbeiten. Zum Gerüstebau befragt gab der Zeuge an, dass er über den Gerüstebau selbst nie belehrt wurde. Das verwendete Gerüst erschien ihm aber sicher, weil es immer so von der Firma aufgebaut wurde und er es selbst auch schon so aufgebaut hat. Zur Firma befragt gab der Zeuge auch weiters glaubwürdig an, dass er schon mehrmals für die Firma G GmbH gearbeitet hätte und zwar unter verschiedenen Vorarbeitern. Er wurde dann immer über die Sicherheitsbestimmungen belehrt und er hat dann einen Zettel unterschrieben. Auch wurde ein Rundgang auf der Baustelle gemacht und die Sicherheitsvorkehrungen besprochen. Zu den Profilen befragt gab er an, dass diese schon im 1. Geschoss lagen und von ihm und seinem Kollegen in das 2. Geschoss transportiert werden sollten. Es gab jedenfalls keine Anordnung des Vorarbeiters, dass der Transport nur über das Stiegenhaus erfolgen sollte. Es wurde nur der Auftrag erteilt, die Profile hinaufzutransportieren. Weil die Profile aber sehr schwer waren, wurde um eine Erleichterung gesucht und dann das Gerüst verwendet. Der Zeuge bestätigte weiters, dass er schon mehrmals selbst Gerüste aufgestellt hätte. Dafür hätte er aber keine konkreten Belehrungen bekommen. Er hat schon mehrmals mit Herrn K gearbeitet und zugesehen wie so ein Gerüst aufgestellt wird, weshalb er es einfach so nachgemacht hätte. Er hat daher auch keine Kenntnisse, welche Mindestaufstandsbreite im Innenbereich erforderlich ist. Weiters hat er auch nicht gewusst, dass ein Gerüst erst betreten werden darf, wenn es von einer fachkundigen Person überprüft worden ist. Die Arbeiten selbst erfolgten nicht an der Kante, nach seiner Schätzung befand er sich etwa 2,5 m von der Kante entfernt. Über Unterlagen auf der Baustelle betreffend die Sicherheitsvorschriften war er nicht informiert. Erst nach dem Unfall wurden ihm Bücher über die Sicherheitsvorschriften im Baustellencontainer gezeigt. Vor dem Unfall hat er solche Unterlagen im Container nicht gesehen. Zur Kontrolle führte der Arbeitnehmer weiters aus, dass am Unfallstag der Beschuldigte nicht auf der Baustelle von ihm gesehen wurde. Der Beschuldigte hat aber während der Gesamtlaufzeit der Baustelle gelegentlich vorbeigeschaut, wie oft hat aber der Arbeitnehmer nicht angeben können. Über die Arbeiten wurde mit dem Beschuldigten nicht gesprochen.

 

Diese Aussagen wurden vom Vorarbeiter K teilweise bestätigt. Allerdings führte dieser aus, dass bei Arbeitsbeginn um etwa halb 8 Uhr morgens den Arbeitern gesagt wird, welche Arbeiten zu verrichten sind. Er hat nach seinen Angaben dem abgestürzten Arbeitnehmer den Auftrag erteilt, zur vortägigen Arbeitsstelle zu gehen, also zum Bauabschnitt, wo am Vortag schon gearbeitet wurde, um dort die Arbeiten fortzusetzen. Gemeint war die Westseite nämlich der Bauteil 3. Sonstige Arbeitnehmer waren in diesem Bauabschnitt nicht tätig. Insgesamt waren acht bis 18 Arbeitnehmer unter dem Vorarbeiter an der Baustelle tätig. Jedenfalls sollten sie auf der Westseite die Arbeiten machen, nicht auf der Südseite. Warum die Arbeitnehmer zur Südseite gegangen sind, war dem Vorarbeiter nicht erklärbar. Er gab auch an, zwischen der Arbeitsanordnung und dem Unfall die Arbeitnehmer nicht mehr gesehen zu haben, weil er sich vor dem Unfallszeitpunkt bzw. zum Unfallszeitpunkt auf einer Baubesprechung befand. Zur Belehrung über die Sicherheitsmaßnahmen gab der Vorarbeiter an, dass der Arbeitnehmer eine Einweisung bekommen hätte und auch ein Rundgang bei der Baustelle durchgeführt wurde. Auch wurde dies durch Unterschrift bestätigt und liegen die Sicherheitsbestimmungen im Container in einem Ordner. Zum Gerüst selbst gab der Vorarbeiter an, dass für die Arbeiten, für die er den Arbeitnehmer eingeteilt hätte, ein Gerüst nicht vorgesehen war. Es gab zwar ein Gerüst der Firma auf der Baustelle, allerdings in zerlegtem Zustand im Stiegenhaus. Der Vorarbeiter vermutete, dass dieses Gerüst - er benannte es als Gerüstteile - verwendet wurde. Der Vorarbeiter gab selbst an, dass er jeden Tag zwei-, dreimal die Baustelle durchgehe und die Leute kontrolliere. Dazu gehört jedenfalls, ob die Arbeiten ordnungsgemäß durchgeführt werden und ob die Bestimmungen, nämlich Schutzgurte, Helme, Schuhe udgl., eingehalten werden. Für die Abschrankungen fühlte sich der Vorarbeiter nicht verantwortlich, sondern treffe dies die Baufirma oder den Sicherheitskoordinator. Jedenfalls fühlte er sich nur dort verantwortlich, wo auch tatsächlich gearbeitet wird. Zum abgestürzten Gerüst führte er aus, dass er selbst schon glaube, dass dieses Gerüst aus Gerüstteilen seiner Firma bestand. Zur Gerüstaufstellung führte er an, dass, wenn eines erforderlich ist, dieses von ihm angefordert werde und auch von ihm aufgestellt werde. Die Arbeitnehmer helfen ihm beim Aufstellen. Wenn sie dabei mithelfen, dann können sie es auch letztlich selbst. Unterweisungen über den Gerüstebau habe er nicht erhalten, sondern sei das je nach Gerüst verschieden. Dazu gebe es auch die Gerüstbeschreibungen. Er verwies diesbezüglich auf die Firmenbeschreibung, die dem Gerüst beiliegt. Auch gebe es Unterlagen über den Gerüstebau im Baustellencontainer. Zur Firmenstruktur gab der Vorarbeiter an, dass sein Vorgesetzter der Beschuldigte sei. Die Firma hat zehn Vorarbeiter. Der Beschuldigte kontrolliert die Baustellen je nachdem was anfällt. Dies etwa einmal in der Woche, wenn Probleme auftauchen auch öfters. Es werden dann der Baufortschritt, Koordinierungsmaßnahmen sowie Streitereien auf der Baustelle besprochen. Der Vorarbeiter kontrolliert die Sicherheitsbestimmungen und ermahnt auch die ihm unterstellten Arbeitnehmer und gab an, dass er auch schon Arbeitnehmer (Leasingarbeiter) von der Baustelle verwiesen hätte. Der Vorarbeiter gab an, dass er den Arbeitnehmern zunächst zeigt wie ein Gerüst gemacht wird und dann die Arbeitnehmer in den Unterlagen nachschauen können und selbst die Gerüste aufstellen können. Zum umgestürzten Gerüst führte er aus, dass dieses nicht vollständig war, weil die Brust- und Mittelwehr fehlte und auch die Standbreite nicht in Ordnung war. Für die Zeit nach dem Unfall führte der Vorarbeiter aus, dass dann nur mehr Innenarbeiten erforderlich waren, weil die Verglasung schon fertig war. Zu diesen Innenarbeiten wurden nach seinen Ausführungen "Gerüstteile" verwendet, wobei diese Gerüste unter 2 m Höhe waren und mit einer Standbreite von 80 cm.

 

Zu einer Sicherheitsabsperrung gab der Zeuge an, dass zum Balkon bzw. zur auskragenden Deckenplatte ein Seil gespannt war und zwar 1,5 bis 2 m von der Kante entfernt. Dem widersprechen die Aussagen des verunfallten Arbeitnehmers sowie des ermittelnden Arbeitsinspektors, weil beide eine solche Seilbespannung nicht wahrgenommen haben. Es scheinen auch die Aussagen des Vorarbeiters, dass er die konkret durchgeführte Arbeit nicht angeordnet hätte, unglaubwürdig, weil es nicht erklärlich ist, dass an einer Stelle wo keine Arbeitnehmer der genannten Firma beschäftigt waren konkret zwei Arbeitnehmer freiwillig ohne irgendeinen Grund hingehen und dort Arbeiten gleich ab dem Morgen beginnen. Darüber hinaus ist dem Berufungswerber selbst vorzuhalten, dass er in seiner Berufung ausführt, dass der Arbeitnehmer "entgegen seiner Anordnung" das Stiegenhaus nicht benützt hätte, was dafür spricht, dass eine Anordnung zu den konkreten Arbeiten sehr wohl vom Vorarbeiter getroffen wurde. Auch konnte den Angaben des verunfallten Arbeitnehmers mehr Glauben dahingehend geschenkt werden, dass eine konkrete Anordnung zur Verwendung des Stiegenhauses nicht vorlag, sondern vielmehr nur die Arbeiten angeordnet wurden. Da das umgestürzte Gerüst nach den Angaben des Vorarbeiters mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Gerüst der besagten Firma ist, ist auch aus diesem Aspekt eher glaubwürdig, dass auch an dieser Stelle der Baustelle Arbeiten fortgesetzt werden sollten, konkret Vorbereitungsarbeiten, indem die Profile in das erforderliche Stockwerk transportiert werden sollten. Es hat aber die Einvernahme der Zeugen weiters ergeben, dass eine konkrete Einschulung über den Gerüstebau weder an den verunfallten Arbeitnehmer noch an den Vorarbeiter erging.

 

4.2. Die Aussagen des verunfallten Arbeitnehmers waren widerspruchsfrei und sehr glaubwürdig. Sie decken sich auch mit den Ermittlungsergebnissen des zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitsinspektors. Der Arbeitnehmer legte den Tathergang und die Kontrolle sehr ausführlich dar. Es konnten daher die eher widersprüchlichen Aussagen des Vorarbeiters nicht als erwiesen zugrunde gelegt werden. Die Widersprüche konnten von ihm auch nicht erklärt werden bzw. hatte er punktuell keine genaue Erinnerung mehr. Es konnte daher nach den Angaben des verunfallten Arbeitnehmers der Sachverhalt als erwiesen festgestellt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl. Nr.450/1994 idgF, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 161 BauV sind Übertretungen dieser Verordnung nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG zu bestrafen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen. Absturzgefahr liegt nach § 7 Abs.2 Z4 BauV vor an sonstigen Arbeitsstätten, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

 

Gemäß § 55 Abs.4 BauV müssen Standgerüste freistehend standsicher aufgestellt oder an dem einzurüstenden Objekt sicher, insbesondere zug- und druckfest, verankert sein.

 

Gemäß § 65 Abs.5 Z3 BauV ist bei nicht verankerten Gerüsten die Sicherheit gegen Kippen durch eine fachkundige Person nachzuweisen. Der Nachweis der Kippsicherheit ist nicht erforderlich, wenn die kleinste Aufstandsbreite bei Aufstellung des Gerüstes im Freien mindestens 2,00 m, bei Aufstellung im geschlossenen Raum mindestens 1,50 m beträgt.

 

5.2. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen und des Beweisverfahrens ist erwiesen, dass der Arbeitnehmer AF der G GmbH am 13.3.2001 auf der Baustelle in mit dem Transportieren von Leichtmetallprofilen vom 1. Obergeschoss in das 2. Obergeschoss über ein auf der im 1. Obergeschoss an der Südseite und ca. 2,40 m auskragenden Deckenplatte aufgestelltes verfahrbares Standgerüst beschäftigt war und der Arbeitnehmer von diesem Standgerüst über die Deckenplatte ins Erdgeschoss stürzte. Die Absturzhöhe von der Kragplatte betrug ca. 4,0 m, die Gesamtabsturzhöhe vom Standgerüst etwa 6 m. An der Absturzkante der Kragplatte waren keine Schutzeinrichtungen wie z.B. Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht. Gleichzeitig ist erwiesen, dass das vom verunfallten Arbeitnehmer benutzte Gerüst ein nicht verankertes Gerüst war, welches nicht gegen Kippen gesichert war, weil die Aufstandsbreite des Gerüstes lediglich 80 cm betrug. Auch erfolgte keine Überprüfung der Kippsicherheit durch eine fachkundige Person. Es wurde daher der objektive Tatbestand sowohl zum Faktum 1 als auch zum Faktum 2 erfüllt.

 

5.3. Der Berufungswerber als nach außen vertretungsbefugtes Organ, nämlich handelsrechtlicher Geschäftsführer, und daher verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher hat beide Taten auch subjektiv zu verantworten. Ein Entlastungsnachweis gemäß § 5 Abs.1 VStG ist ihm nicht gelungen. Dazu hat das Beweisverfahren ergeben, dass zwar zu Beginn der Baustellenarbeiten eine generelle Einweisung über die persönliche Schutzausrüstung erfolgte und dies auch durch Unterschrift vom Arbeitnehmer bestätigt wurde, dass aber eine konkrete Einweisung für die konkret durchzuführenden Arbeiten auf der Baustelle nicht mehr erfolgte. Insbesondere wurde eine Belehrung über die Verwendung der Gerüste bzw. das Aufstellen von Gerüsten nicht durchgeführt. Es hat sich im Beweisverfahren erwiesen, dass auch der vorgesetzte Vorarbeiter nicht die nötigen Kenntnisse für das Aufstellen der Gerüste hat und daher auch keine geeignete Unterweisung durchführen kann. Auch bei seiner Zeugeneinvernahme legte er für den Zeitraum nach dem Unfall dar, dass von ihm benannte "Gerüstteile", also auch Gerüste verwendet werden, die aber nach seinen Angaben jedenfalls auch nicht den Bestimmungen der obzitierten Regelungen der BauV entsprachen. Darüber hinaus legte auch der verunfallte Arbeitnehmer bei seiner Zeugeneinvernahme glaubwürdig dar, dass entsprechende schriftliche Unterlagen über Sicherheitsbestimmungen vor dem Unfallszeitpunkt im Baustellencontainer nicht frei zugänglich vorlagen, sondern diese erst nach dem Unfall sich im Baustellencontainer befunden haben. Auch eine Kontrolle im Hinblick auf Sicherheitsbestimmungen zum Tatzeitpunkt und am Tatort wurde nicht durchgeführt. Dies ergab ebenfalls das Beweisverfahren. Sowohl der Vorarbeiter als auch der verunfallte Arbeitnehmer gaben an, dass am Unfallstag bei den Transportarbeiten weder vom Vorarbeiter noch vom Beschuldigten eine Kontrolle durchgeführt wurde. Zum Kontrollsystem hat das Beweisverfahren ergeben, dass zwar der zuständige Vorarbeiter regelmäßige Kontrollen auf der Baustelle hinsichtlich der ihm unterstellten Arbeitnehmer sowohl im Hinblick auf die Durchführung der Arbeiten als auch im Hinblick auf die Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen durchführte, nach den Angaben zwei- bis dreimal täglich. Der Vorarbeiter erläuterte aber dazu, dass er sich nur für die Sicherheit im Bezug auf Schutzgurte, Helme und Schuhe der Arbeitnehmer zuständig fühlte, hinsichtlich der Abschrankungen sei die Baufirma verantwortlich bzw. der bestellte Sicherheitskoordinator. Es ist daher auch dem Vorarbeiter die volle Tragweite und Verantwortung für die Sicherheit der ihm unterstellten Arbeitnehmer nicht bewusst. Eine Kontrolle des Vorarbeiters durch seinen Vorgesetzen, nämlich den Beschuldigten, hat am Unfallstag nicht stattgefunden und findet nach den Zeugenaussagen ca. einmal pro Woche statt. Hauptgegenstand dieser Baustellenbesuche ist aber die Feststellung des Baufortschrittes sowie Koordinierungsmaßnahmen und Schlichtung von Streitereien auf der Baustelle. Aus diesem Sachverhalt ist ersichtlich, dass weder eine umfassende Belehrung über Sicherheitsmaßnahmen an den Vorarbeiter und den Arbeitnehmer erfolgte noch die Einhaltung der Maßnahmen lückenlos kontrolliert wurde. Es konnte nämlich der Vorarbeiter schon mangels der ausreichenden Kenntnisse die Einhaltung sämtlicher Sicherheitsbestimmungen nicht kontrollieren. Darüber hinaus gab der Vorarbeiter selbst an, dass er eine Einschulung über den Gerüstebau nie erhalten hätte, sondern dies aus der den Gerüsten beigegebenen Beschreibung ersichtlich ist. Darüber hinaus wurden vom Berufungswerber keine Maßnahmen vorgebracht und geltend gemacht, die mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Sicherheitsbestimmungen durch die Arbeitnehmer auch eingehalten werden (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrensrechtes, 5. Auflage, S.767f, E52, 54 u. 66). Es war daher gemäß § 5 VStG von fahrlässiger Tatbegehung und daher schuldhaftem Verhalten auszugehen.

 

5.4. Hingegen ist es entgegen den Ausführungen des Berufungswerbers irrelevant, wem das Gerüst gehört hatte und wer es aufgestellt hat. Vielmehr ist nach den einschlägigen Vorschriften jeder Arbeitgeber für die Sicherheit der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer verantwortlich und hat dieser die Einhaltung dieser Sicherheitsbestimmungen durch seine Arbeitnehmer zu kontrollieren (vgl. VwGH vom 25.2.1993, Zl. 92/18/0343). Dies gilt selbstverständlich auch für von einem Arbeitgeber beschäftigte Leasingarbeiter. Es war daher das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld in beiden Punkten zu bestätigen.

 

5.5. Hinsichtlich der Strafbemessung hat bereits die belangte Behörde sämtliche Strafbemessungsgründe gemäß § 19 VStG berücksichtigt. Sie hat besonders auf den Unrechtsgehalt der Tat Rücksicht genommen und die nachteiligen Folgen gewertet. Strafmildernd berücksichtigte die belangte Behörde die Unbescholtenheit des Beschuldigten. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden gemäß den Angaben des Beschuldigten berücksichtigt. Es wurde kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Diesen Bemessungsgründen hat der Berufungswerber auch in der Berufung und in der mündlichen Verhandlung keine Umstände entgegengesetzt. Auch sind keine berücksichtigungswürdigen Strafbemessungsgründe hervorgekommen. In Anbetracht des schwerwiegenden Unfalles und des gesetzlich geforderten Mindeststrafrahmens und Höchststrafsatzes ist die tatsächlich verhängte Geldstrafe in beiden Fällen im untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt und daher als nicht überhöht für die vorgeworfene Tat gerechtfertigt. Sie entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers und konnte daher in beiden Fällen bestätigt werden.

 

5.6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen gemäß § 64 VStG auszusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 
 

Dr. Klempt
 
 
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