Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720026/5/Gf/Mu/Ga

Linz, 18.07.2006

VwSen-720026/5/Gf/Mu/Ga Linz, am 18. Juli 2006

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlass der Berufung der M. El. E., H., 40 L., gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 1. Juni 200, Zl. 1028868/FRB, wegen der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm § 6 Abs. 1 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine deutsche Staatsangehörige, wurde mit Urteil des LG L. vom 27. Jänner 2004, Zl. 22 Hv 167/03 d, wegen der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges und des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls (§ 146; § 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2; § 148 zweiter Fall und § 15 Abs. 1; § 127; § 128 Abs. 1 Z. 4; § 130 erster Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren (davon 10 Wochen unbedingt) verurteilt.

Sie wurde für schuldig erkannt, im Zeitraum zwischen Juni und September 2003 durch Täuschung über Tatsachen und Benützung falscher Urkunden mehrere Unternehmen und Personen erheblich − nämlich jeweils 2.000 Euro übersteigend − in deren Vermögen geschädigt zu haben.

1.2. Daher wurde in der Folge mit Bescheid des Polizeidirektors von L. vom 1. Juni 2004, Zl. 1028868/FRB, gegen die Rechtsmittelwerberin ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass eine gerichtliche Verurteilung im Inland vorliege. Zudem sei die Beschwerdeführerin auch bereits in der B. drei Mal (in den Jahren 1992, 1996 und 1999) wegen vergleichbarer Straftaten rechtskräftig verurteilt worden, sodass sich insgesamt ein deliktischer Zeitraum von mehr als zehn Jahren ergebe.

Demgegenüber falle der Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin seit 2000 in Österreich aufhält, hier mit ihrer Mutter und ihrem Lebenspartner wohne und in der B. keine Verwandten mehr habe, nicht ins Gewicht, weil ihr die soziale Integration offenkundig nicht gelungen sei.

1.3. Gegen diesen ihr am 7. Juni 2004 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 21. Juni 2006 − und damit rechtzeitig − zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt sie vor, dass ihr im gerichtlichen Strafverfahren gutachtlich bescheinigt worden sei, unter einer schwachen Persönlichkeitsstruktur zu leiden, dass jedoch bei weiterer Inanspruchnahme einer ambulanten Psychotherapie eine positive Zukunftsprognose zu erwarten sei. Sohin bestehe auch keine konkrete Gefährdungssituation mehr.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

1.4. Mit Urteil des LG L. vom 6. Juli 2005, Zl. 34 Hv 36/05 f, ist die Rechtsmittelwerberin neuerlich, und zwar wegen der im Juli bzw. August 2004 begangenen Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges und des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls sowie wegen der Vergehen der Urkundenunterdrückung, des Gebrauchs fremder Ausweise und der Urkundenfälschung (§ 146; § 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3; § 148 zweiter Fall und § 15 Abs. 1; § 127; § 130 erster Fall StGB und § 15 Abs. 1 StGB; § 229 StGB; §§ 231 und 223 Abs. 2 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden.

Dieses Urteil ist seit dem 26. September 2005 rechtskräftig.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD L. zu Zl. 1028868/FRB; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 60 Abs. 1 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Als bestimmte Tatsache in diesem Sinne gilt nach § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG u.a., wenn der Fremde von einem inländischen Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist.

Ein Aufenthaltsverbot kann im Fall des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG unbefristet, sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden (§ 63 Abs. 1 FPG).

Nach § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei dieses persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

3.2.1. Im gegenständlichen Fall liegt − auch von der Beschwerdeführerin unbestritten − zunächst eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und damit eine bestimmte Tatsache iSd § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG vor (s.o., 1.1.), die die Fremdenpolizeibehörde nach § 63 Abs. 1 FPG grundsätzlich dazu ermächtigte, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zu verhängen.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann schon aus dem im ersten gerichtlichen Strafverfahren erstellten psychiatrischen Sachverständigengutachten vom 20. Oktober 2003, das auch die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt hat, keineswegs abgeleitet werden, dass sie keine aktuelle Gefahr für die öffentliche Ordnung iSd § 86 Abs. 1 FPG darstellt. Vielmehr wird dort ausdrücklich ausgeführt, dass "auch in Zukunft ähnliche Delikte, vorwiegend Vermögensdelikte zur Erreichung diverser Selbstbestätigungen, nicht völlig auszuschließen" sind; daher ist "eine weitere Psychotherapie zur Stabilisierung der Persönlichkeitsstörung erforderlich, diese kann aber durchaus auch in ambulanter Form erfolgen. Eine Einweisung in eine Anstalt nach § 21 Abs. 1 StGB ist dadurch nicht erforderlich." (S. 19). Darauf gegründet wurde der Rechtsmittelwerberin sohin mit Spruchpunkt B. des Urteils vom 27. Jänner 2004, Zl. 22 Hv 167/03 d (s.o., 1.1.), die gerichtliche Weisung erteilt, für die Dauer der dreijährigen Probezeit, eine Therapie bei einem eingetragenen Psychotherapeuten zu absolvieren und darüber unaufgefordert erstmals Anfang März 2004 und in der Folge vierteljährlich dem Gericht einen Nachweis über diese Therapie vorzulegen. Eine günstige Zukunftsprognose wurde dadurch sohin gerade nicht bescheinigt. Eben sowenig geht Derartiges aus der Stellungnahme der "Point - Beratungsstelle für Suchtfragen" vom 4. Mai 2004, bei der die Beschwerdeführerin ihre Therapie absolvierte, hervor (vgl. ONr. 27 des erstbehördlichen Aktes).

Hinzu kommt, dass sie noch innerhalb der Probezeit neuerlich wegen gleichartiger Delikte rechtskräftig gerichtlich verurteilt wurde (s.o., 1.4.). Ihre kriminelle Neigung im Zusammenhang mit − noch dazu gewerbsmäßig begangenen − Betrugs-, Diebstahls- und Urkundendelikten erstreckt sich daher insgesamt über einen Zeitraum von zwölf Jahren, wobei die letzten Delikte innerhalb von zwei Monaten nach der Erlassung des Aufenthaltsverbotsbescheides begangen wurden.

Angesichts dieses äußerst gravierenden Fehlverhaltens bedeutet ein weiterer Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet daher eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung der Eigentums- und Betrugskriminalität berührt. Zudem ist der seit dem Ende des Fehlverhaltens im Jahr 2004 verstrichene Zeitraum jedenfalls zu kurz, um die von der Rechtsmittelwerberin ausgehende Gefahr der Begehung gleichartiger Delikte bereits als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert ansehen zu können.

3.2.2. Unter dem Aspekt des Art. 8 Abs. 2 MRK vermag schließlich auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin keine Verwandten mehr in der B. hat, weil derzeit auch ihre Mutter bei ihr in Österreich wohnt, das durch ihr gravierendes Fehlverhalten nachhaltig beeinträchtigte Allgemeininteresse jedenfalls nicht zu überwiegen (vgl. z.B. VwGH v. 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0092), wird damit doch keinerlei Nachweis für eine verfestigte soziale Integration in Österreich erbracht.

3.3. Der belangten Behörde kann daher im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund ihrer langjährigen einschlägigen Erfahrung ohnehin zu Gunsten der Beschwerdeführerin angenommen hat, dass zumindest im langfristigen Zeitverlauf ein positiver Gesinnungswandel zu erwarten sein könnte und deshalb anstelle eines unbefristeten bloß ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot erlassen hat.

Davon abgesehen bleibt es der Rechtsmittelwerberin zudem unbenommen, nach § 65 Abs. 1 FPG einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu stellen, wenn (sie der Meinung ist, dass) die Gründe, die zu dessen Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

3.4. Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

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