Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280703/9/Re/Rd/Sta

Linz, 22.04.2004

 

 

 VwSen-280703/9/Re/Rd/Sta Linz, am 22. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Reichenberger über die Berufung des O M, D, F-B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18. August 2003, VerkGe96-223-2002-GRM, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 2 Abs.1, 27, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18. August 2003, VerkGe96-223-2002-GRM, wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen zu 1) und 2) von je 440 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) und 2) von je 58 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 28 Abs.1a Z4 AZG iVm Art.6 Abs.1 EG-VO 3820 und 2) § 28 Abs.1a Z2 AZG iVm Art. 8 Abs.1 der EG-VO 3820 verhängt, weil er als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG 1991 idgF der Firma O M mit Sitz in B - festgestellt auf der Innkreisautobahn A8, Strkm 20,8, Fahrtrichtung Wels, Gemeindegebiet Pichl bei Wels, Bezirk Wels-Land, Oberösterreich, anlässlich einer Verkehrskontrolle durch die Verkehrsabteilung-Außenstelle Wels am 17.3.2002 um 14.10 Uhr - folgende Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu verantworten habe:

 

Der Arbeitnehmer M L, in B, wh in S, U, als Lenker des Lastkraftwagens, Marke V, Type , amtl. Kennzeichen , sei laut den vorliegenden Tachografenschaublättern zu folgender ungesetzlichen Arbeitsleistung herangezogen worden:

 

1. Überschreiten der täglichen Lenkzeit:

von bis Lenkzeit

10.3.2002, 21.00 Uhr 11.3.2002, 17.10 Uhr 12 Std. 5 Min.

12.3.2002, 06.15 Uhr 13.3.2002, 10.35 Uhr 14 Std. 55 Min.

13.3.2002, 19.20 Uhr 15.3.2002, 13.35 Uhr 19 Std. 50 Min.

Dies stellt eine Übertretung des Artikel 6 Abs.1 der EG-VO 3820 dar, wonach die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten an zwei Tagen pro Woche zehn Stunden, an den übrigen Tagen neun Stunden nicht überschreiten darf.

 

2. Unterschreiten der Ruhezeit:

Beginn (des 24-Stunden Zeitraumes) Ende Dauer der Ruhezeit

11.3.2002, 00.45 Uhr 11.3.2002, 06.15 Uhr 5 Std. 30 Min.

12.3.2002, 06.55 Uhr 12.3.2002, 10.20 Uhr 3 Std. 25 Min.

12.3.2002, 13.05 Uhr 12.3.2002, 15.30 Uhr 2 Std. 25 Min.

12.3.2002, 20.35 Uhr 12.3.2002, 22.10 Uhr 1 Std. 35 Min.

12.3.2002, 23.25 Uhr 13.3.2002, 01.25 Uhr 1 Std. 50 Min.

13.3.2002, 04.10 Uhr 13.3.2002, 07.00 Uhr 2 Std. 50 Min.

13.3.2002, 21.15 Uhr 13.3.2002, 22.00 Uhr 0 Std. 45 Min.

14.3.2002, 00.15 Uhr 14.3.2002, 00.50 Uhr 0 Std. 35 Min.

15.3.2002, 00.00 Uhr 15.3.2002, 00.45 Uhr 0 Std. 45 Min.

15.3.2002, 09.30 Uhr 15.3.2002, 11.25 Uhr 1 Std. 55 Min.

 

Dies stellt eine Übertretung des Artikel 8 Abs.1 der EG-VO 3820 dar, wonach innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit darf bei entsprechendem Ausgleich verkürzt werden, und zwar auf nicht weniger als neun zusammenhängende Stunden.

 

Hinweis zur übertretenen Norm:

Die EG-VO 3820 gilt für Lenker von Kraftfahrzeugen, die der Güterbeförderung dienen, und deren höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt. Durch den Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsunternehmen Österreichs ist bei der täglichen Lenkzeit und der Lenkzeit in zwei Wochen, bei der täglichen Ruhezeit sowie bei den Unterbrechungen/Lenkpausen eine Angleichung an die Bestimmungen der EG-VO 3820 erfolgt. Es sind daher nicht die entsprechenden Bestimmungen des 4. Abschnittes des AZG anzuwenden, sondern die Bestimmungen der EG-VO 3820.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte Berufung eingebracht. Im von der belangten Behörde vorgelegten Akt befindet sich kein Rückschein betreffend die Zustellung des Straferkenntnisses, weshalb die belangte Behörde aufgefordert wurde, diesen nachzureichen. Trotz der Bemühungen der belangten Behörde, den Verbleib des betreffenden Rückscheines zu eruieren, konnte dieser nicht mehr aufgefunden werden, weshalb der Oö. Verwaltungssenat von der fristgerechten Einbringung des Rechtsmittels auszugehen hatte.

Begründend wurde in der vorliegenden Berufung vom Bw vorgebracht, dass alle Fahrer angehalten seien, ihre Tachoscheiben wöchentlich abzugeben. Herr L habe sich leider nicht daran gehalten, sodass der Bw von der Überschreitung der Lenkzeit erst durch das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Kenntnis erlangt habe. Herr L ist zwischenzeitig nicht mehr bei der Firma beschäftigt. Den Fahrzeitverstoß habe der Bw weder vorsätzlich angeordnet noch seinerseits zugelassen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der O M mit dem Sitz in Deutschland gemäß § 9 VStG vorgeworfen, dass er die im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführten Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu verantworten habe, da der Arbeitnehmer M L zu ungesetzlichen Arbeitsleistungen herangezogen worden sei.

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

Tatort bei Verletzungen des AZG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Sitz des Unternehmens, also die Unternehmensleitung als der Ort, an dem der Beschuldigte handeln hätte sollen (vgl. die zu §§ 2 und 27 VStG bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, 2000 dargestellte Judikaturübersicht). Der gegenständliche Unternehmenssitz befindet sich nach der gegebenen Sach- und Rechtslage in B in D. Es sind daher die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen mangels eines Tatortes im Inland nicht strafbar. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen, da auch der Erfolg dieses Deliktes letztlich nicht im Inland eingetreten ist.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger
 
 

 
 

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