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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280704/2/Kl/Pe

Linz, 07.01.2004

 

 

 VwSen-280704/2/Kl/Pe Linz, am 7. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn HU, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3.11.2003, Ge96-39-1-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass das vorgeworfene Tatverhalten hinsichtlich jedes namentlich genannten Arbeitnehmers eine gesonderte Verwaltungsübertretung bildet und daher für jede Verwaltungsübertretung (pro Arbeitnehmer) gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG eine Geldstrafe von je 250 Euro, sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 12,5 Stunden verhängt wird.

 

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat sind 20 % der verhängten Strafen, ds 100 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 22 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3.11.2003, Ge96-39-1-2003, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) und §§ 161 und 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der FW Ges.m.b.H Spenglerei Dachdeckerei mit dem Sitz in, ist und es als solcher zu verantworten hat, dass seine Arbeitnehmer SG, geb. am und MS, geb. am, am 18.9.2003 auf der Baustelle in, Reihenhausanlage, nördliches Haus, auf dem nordseitigen, ca. 7° geneigten Blechdach bei einer Absturzhöhe von ca. 6,0 m mit dem Herstellen der Wandanschlüsse beschäftigt waren, ohne dass Absturzsicherungen (Geländer an den Absturzkanten bzw. Abgrenzungen) oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 - 10 BauV vorhanden waren.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Einspruch (richtig wohl Berufung) eingebracht und darin die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass am 2.3.2001 eine Evaluierung durchgeführt wurde. Die Mitarbeiter bräuchten nicht im Akkord zu arbeiten und haben daher keinen Grund, die Schutzvorschriften wegen Zeitmangels nicht einzuhalten. Ein Evaluierungsprotokoll sowie eine Beantwortung der AK Oberösterreich über eine telefonische Anfrage wurden beigelegt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil in der Berufung lediglich unrichtige rechtliche Beurteilung hinsichtlich des Verschuldens behauptet wurde, eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte von einer Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z3 und 4 VStG abgesehen werden.

 

Aufgrund des Akteninhaltes, insbesondere der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 23.9.2003 steht fest, dass am 18.9.2003 auf der Baustelle in, Reihenhausanlage, nördliches Haus, zwei namentlich genannte Arbeitnehmer der FW Ges.m.b.H. Spenglerei Dachdeckerei mit Sitz in auf einem ca. 7° geneigten Blechdach bei einer Absturzhöhe von ca. 6,0 m mit dem Herstellen der Wandanschlüsse beschäftigt waren, wobei keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren. Die beiden Arbeitnehmer waren auch nicht angeseilt. Dieser Sachverhalt wurde vom Berufungswerber weder im Verfahren erster Instanz noch in der Berufung bestritten. Er steht daher als erwiesen fest und kann auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 161 BauV sind Übertretungen dieser Verordnung nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG zu bestrafen.

 

Gemäß § 87 Abs.2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

Nach dem erwiesenen Sachverhalt, welcher vom Berufungswerber zu keiner Zeit des Verfahrens bestritten wurde, wurde der objektive Tatbestand der zitierten Verwaltungsübertretung erfüllt. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der FW Ges.m.b.H. Spenglerei Dachdeckerei hat er die Verwaltungsübertretung auch gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

Der Berufungswerber hat auch schuldhaft gehandelt. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung (je Arbeitnehmer) stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, welches schon bei Fahrlässigkeit schuldhaft begangen wird, wobei Fahrlässigkeit iSd zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern kein Entlastungsnachweis erbracht wird. ISd Bestimmungen des ASchG sowie der ständigen Judikatur des VwGH hat nämlich der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Wenn auch der VwGH in ständiger Rechtsprechung darlegt, dass nicht übersehen werden darf, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt und es ihm vielmehr zugebilligt werden muss, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken, so ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Beschuldigten nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragen Person Vorsorge getroffen worden ist. Nach der Judikatur des VwGH reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte.

Der Berufungswerber macht lediglich geltend, dass er die entsprechende Ausrüstung im Betrieb zur Verfügung gestellt hätte, der Betrieb evaluiert worden sei und überdies die Mitarbeiter nicht im Akkord arbeiten und daher kein Grund für die Nichteinhaltung der Schutzvorschriften gegeben sei. Diese Ausführungen reichen für eine Entlastung nicht aus. Insbesondere legt der Berufungswerber nicht dar, welche Maßnahmen er getroffen hätte, die mit gutem Grund die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Arbeitnehmer gewährleisten. Darüber hinaus macht er keine Kontrolle und kein Kontrollsystem geltend. Allein das zur Verfügung stellen bzw. die Erteilung von Anordnungen und Weisungen reichen aber nicht für eine Entlastung aus. Vielmehr hat der Berufungswerber als Arbeitgeber nach der ständigen Judikatur des VwGH die Einhaltung der von ihm erteilten Weisungen zu kontrollieren bzw. kontrollieren zu lassen und ein entsprechendes Kontrollnetz aufzubauen und nachzuweisen (vgl. auch das Schreiben der AK Oberösterreich vom 10.11.2003). Es hat daher der Berufungswerber nichts zu seiner Entlastung vorgebracht und auch keinen Beweis angetreten. Es war daher auch Verschulden des Berufungswerbers gegeben.

Es war daher das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

 

5.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Da gerade die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel haben, sind entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Dabei hat die belangte Behörde iSd § 19 Abs.2 VStG noch zu Recht erschwerend gewertet, dass bereits eine rechtskräftige einschlägige Vorstrafe für den Berufungswerber aufliegt. Weitere Erschwerungsgründe kamen nicht hervor. Mildernde Umstände liegen nicht vor und brachte auch der Berufungswerber nicht vor. Die belangte Behörde ist von durchschnittlichen Verhältnissen, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und Sorgepflichten für zwei Kinder ausgegangen und hat diese persönlichen Verhältnisse der Strafbemessung zugrundegelegt. Der Berufungswerber hat keine geänderten Umstände geltend gemacht. Es war daher die verhängte Geldstrafe von je 250 Euro pro Delikt durchaus gerechtfertigt und im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens festgesetzt. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber schon eine Mindeststrafe vorgesehen hat und im Hinblick auf die Höchststrafe die tatsächlich verhängte Geldstrafe sehr niedrig bemessen ist. Das verhängte Strafausmaß erweist sich als tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers angepasst.

5.3. Die Spruchkorrektur musste iSd Judikatur des VwGH vorgenommen werden. Der VwGH hat im Erkenntnis vom 26.7.2002, 2002/02/0037, ausgeführt, dass nach der ständigen Rechtsprechung mehrere Straftaten vorliegen, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten. Demgemäß ist insbesondere bei namentlicher Nennung der beschäftigten Arbeitnehmer von mehreren Verwaltungsübertretungen auszugehen und sind daher iSd in § 22 VStG normierten Kumulationsgebotes auch mehrere Strafen zu verhängen. Dies musste entsprechend im Schuldspruch wie auch im Strafausspruch berücksichtigt werden, sodass im gegenständlichen Fall von zwei Verwaltungsübertretungen und zwei Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen auszugehen ist. Da aber insgesamt keine höhere Strafe als jene der belangten Behörde verhängt wurde, wurde dem Verbot der reformatio in peius Rechnung getragen.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafen gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 
 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:
namentlich genannte Arbeitnehmer, mehrere Delikte, Kumulation

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