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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280721/2/Kl/Pe

Linz, 09.03.2004

 

 

 VwSen-280721/2/Kl/Pe Linz, am 9. März 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Dipl.Ing. M L, vertreten durch H/N & Partner Rechtsanwälte Partnerschaft, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Efering vom 19.1.2004, Ge96-15-11-2002, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 27 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 19.1.2004, Ge96-15-11-2002, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.1 Z16 iVm § 35 Abs.1 Z2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L S Gesellschaft m.b.H. und somit für die Einhaltung der ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen im Betrieb der L S Gesellschaft m.b.H. in, verantwortlich ist.

Als derart Verantwortlicher wird ihm zur Last gelegt, dass im Ziegelwerk Ö-H in, beim Abräumgreifer Fabrikat Lingl, Nr. SLP 00-055 "Setzanlage", von Bediensteten der Firma am 17.5.2002, ca. 15.10 Uhr,

  1. der Sicherheitszaun demontiert und
  2. eine Bedienungssteige für Kontrollarbeiten installiert wurde.

Die in Punkt 1 und 2 angeführten Maßnahmen wurden

1.3.5.1.1.: Jede sicherheitsbedenkliche Arbeitsweise muss unterlassen werden.

1.3.5.1.2.: Maßnahmen treffen, damit die Maschinen/Anlagen nur in sicherem und funktionsfähigem Zustand betrieben werden! Maschine nur betreiben, wenn alle Schutzeinrichtungen und sicherheitsbedingte Einrichtungen z.B. lösbare Schutzeinrichtungen, NOT-AUS-Einrichtungen, Schalldämmungen, Absaugeinrichtungen, vorhanden und funktionsfähig sind

durchgeführt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt. Begründend wurde ausgeführt, dass Herr A G als verantwortlicher Beauftragter für die Führung des operativen Bereiches bestellt ist. Für ihn treffen sämtliche Voraussetzungen gemäß § 9 Abs.4 VStG zu. Herr A G ist Geschäftsführer der L S Ges.m.b.H. Auf das VwGH-Erkenntnis vom 19.2.1999, 97/11/0044, wurde ausdrücklich hingewiesen. Dies bewirkt den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der übrigen Vertretungsorgane, sohin auch des Beschuldigten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Efering als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und anlässlich der Vorlage mitgeteilt, dass der verletzte Arbeitnehmer A S am 14.2.2004 verstorben ist.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand führende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörde grundsätzlich nicht der Ort maßgeblich, an dem das Unternehmen betrieben wird. Vielmehr ist gemäß § 27 Abs.1 VStG örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Wird dem Beschuldigten die Unterlassung gebotener Vorsorgehandlungen angelastet, so ist für die Bestimmung der örtlich zuständigen Behörde der Ort maßgebend, an dem der Beschuldigte tätig hätte werden sollen (handeln hätte sollen). Das ist jener Ort, an dem die Unernehmensleitung ihren Sitz hat.

Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu treffen gewesen wären (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 899 mit Nachweisen).

 

5.2. Mit dem gegenständlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L S Ges.m.b.H. eine Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz vorgeworfen. Tatort ist daher der Ort, an dem die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu treffen gewesen wären, also der Sitz der Unternehmensleitung. Aus dem im Akt befindlichen Auszug des Firmenbuches geht hervor, dass die L S Gesellschaft m.b.H. ihren Sitz in der politischen Gemeinde P, hat. Hier hätten also Vorsorgehandlungen getroffen werden müssen und ist dies daher der Tatort. Dieser Tatort ist aber nicht im Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Eferding gelegen, sodass das angefochtene Straferkenntnis von einer örtlich unzuständigen Behörde erlassen wurde. Es war daher wegen Unzuständigkeit der Behörde aufzuheben.

 

Wenn hingegen die belangte Behörde den Ort des Betriebes, nämlich das Ö-W in, als Tatort annimmt, so entspricht dies nicht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Der Ort des Betriebes bzw. wo tatsächlich die Nichteinhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmung stattgefunden hat, ist lediglich eine Sachverhaltsumschreibung zur näheren Tatkonkretisierung iSd § 44a Z1 VStG.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt
 

 
Beschlagwortung:
Tatort, Sitz der Unternehmensleitung, nicht der Betrieb

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