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VwSen-280745/5/Kl/Pe

Linz, 20.07.2004

 

 

 VwSen-280745/5/Kl/Pe Linz, am 20. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des K L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25.5.2004, Ge96-240-2003, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld und der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch der Ausdruck "das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit" zu entfallen hat, die verletzte Rechtsvorschrift um die Zitierung des § 118 Abs.3 ASchG, § 22 Abs.1 BauV und § 7 Abs.1 BauV zu ergänzen ist und bei der Verwaltungsstrafnorm iSd § 44a Z3 VStG die Zitierung der Z1 zu entfallen hat.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich einen Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen, ds 288 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25.5.2004, Ge96-240-2003, wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafen in der Höhe von je 720 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 120 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG iVm § 7 Abs.4 iVm § 30 Abs.1 BauV verhängt, weil er es als das zur Vertretung außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG verantwortlicher Beauftragter für den Bereich Holzbau/Hallenbau der "W S Gesellschaft mbH" mit Sitz in strafrechtlich zu verantworten hat, dass bei einer am 18.9.2003 vom Arbeitsinspektorat Kärnten durchgeführten Kontrolle der Baustelle in, festgestellt wurde, dass die Arbeitnehmer P E und H R, mit dem Errichten des konstruktiven Holzbaus (Satteldach in Nagelbinderausführung) in einer Höhe von ca. 4,5 m beschäftigt waren, ohne mittels Sicherheitsgeschirr gegen Absturz gesichert gewesen zu sein, obwohl, wenn die Anbringung von Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen entfallen kann, da der erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführenden Arbeiten ist, die Arbeitnehmer entsprechend sicher angeseilt sein müssen.

Sofern bei Arbeiten an absturzgefährlichen Stellen durch technische Schutzmaßnahmen ein ausreichender Schutz nicht erreicht wird, sind den Arbeitnehmern Sicherheitsgeschirre oder Sicherheitsgürtel einschließlich der dazugehörigen Ausrüstung, wie Sicherheitsseile (Fangseile), Karabinerhaken, Falldämpfer, Seilkürzer und Höhensicherungsgerät zur Verfügung zu stellen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und die Strafe angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass wie auf jeder Baustelle auch auf der gegenständlichen Baustelle in den Monteurbussen vorschriftsmäßig funktionstüchtige Absturzsicherungen vorhanden waren und die Monteure entsprechend angewiesen waren, diese auch zu verwenden. Die Behörde gehe selbst davon aus, dass Absturzsicherungen und Schutzeinrichtungen gemäß § 7 Abs.4 BauV entfallen können. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 BauV sicher angeseilt sein. Nach § 30 Abs.1 BauV sind dem Arbeitnehmer allerdings Sicherheitsgeschirre und Sicherheitsgürtel nur zur Verfügung zu stellen. Diese haben selbst über die Verwendung der Sicherheitsausrüstungen zu entscheiden.

 

Außer Streit steht der von der Behörde vorgeworfene und zu Grunde gelegte Sachverhalt, allerdings wird schon seit längerer Zeit bei der Firma W S GmbH ein Gefahrenevaluierungssystem bzw. ein effektives Kontrollsystem zur Nachkontrolle der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen aufgebaut. Richtig ist, dass zum Zeitpunkt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung noch kein wirksames System der effektiven Nachkontrolle bestand, der Aufbau aber in vollem Gang war. Der Berufungswerber konnte die Monteure nur anweisen die Schutzvorschriften einzuhalten und die Absturzsicherungen zu verwenden. Eine dauernde und lückenlose Nachkontrolle der Einhaltung ist nicht zumutbar. Eine systematische und regelmäßige Kontrolle der Baustellen durch entsprechende Experten bzw. Sicherheitsfachkräfte müsse genügen. Eine solche Nachkontrolle aufzubauen wurde seitens der Firma W unter maßgeblicher Mitwirkung des Berufungswerbers bereits unmittelbar nach den gegenständlichen Vorfällen in Angriff genommen. Die Beauftragung des ASZ und die vorgelegte Vereinbarung vom 22.10.2003 wurde bei der Bemessung der Strafhöhen und Bewertung der Zukunftsprognosen nicht berücksichtigt. Strafmildernd wurde lediglich die Unbescholtenheit und das Tatgeständnis gewertet. Diese Vereinbarung wurde mit 1.11.2003 wirksam. Dabei wurde das ASZ nicht nur mit der Gefahrenevaluierung betraut, sondern dieses hat auch die Nachkontrolle hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen auf den einzelnen Baustellen übernommen. Auch fanden am 2.4.2004 Schulungen für sämtliche Poliere und Monteure statt und werden die Schulungen laufend fortgesetzt. Allerdings wurden bereits vorher Schulungen im Bauwirtschaftszentrum in Steyregg besucht. Weiters wird auf die Infomappe "W Sicherheitssystem 2001" verwiesen. Es könnte daher mit einer Ermahnung zur Abhaltung der Begehung weiterer strafbarer Handlungen das Auslangen gefunden werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt und es hat dieses Arbeitsinspektorat in seiner Stellungnahme vom 8.7.2004 die Bestätigung der Strafen beantragt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Verwendung von Systemen zum Schutz gegen Absturz bereits eindeutig und unmissverständlich in § 7 Abs.1 letzter Satz BauV geregelt ist. Gemäß § 30 Abs.1 BauV müssen Sicherheitsgeschirre einschließlich der dazugehörigen Ausrüstungen den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden. Im letzten Satz wird geregelt, dass ein Sicherheitsseil nur in Verbindung mit einem Sicherheitsgeschirr verwendet werden darf.

 

Weil der maßgebliche Sachverhalt geklärt ist, vom Berufungswerber im gesamten Verfahren als richtig bestätigt wurde und nicht bestritten wurde und in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und die Höhe der Strafe angefochten wird, und von keiner Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt wurde, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG entfallen.

 

Es wird daher der von der belangten Behörde dargelegte und der Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt auch der nunmehrigen Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 159/2001, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 leg.cit gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

 

Gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV liegt Absturzgefahr vor an sonstigen Arbeitsstätten, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

 

Gemäß § 7 Abs.4 BauV kann die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfallen, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit ist. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 sicher angeseilt sein.

 

Gemäß § 30 Abs.1 BauV sind, sofern bei Arbeiten an absturzgefährlichen Stellen durch technische Schutzmaßnahmen ein ausreichender Schutz nicht erreicht wird, den Arbeitnehmern Sicherheitsgeschirre oder Sicherheitsgürtel einschließlich der dazugehörigen Ausrüstungen, wie Sicherheitsseile (Fangseile), Karabinerhaken, Falldämpfer, Seilkürzer und Höhensicherungsgeräte, zur Verfügung zu stellen. Sicherheitsseile dürfen nur in Verbindung mit Sicherheitsgeschirren oder -gürteln verwendet werden.

§ 22 Abs.1 BauV bestimmt, dass, wenn der Schutz der Arbeitnehmer während der Arbeit nicht durch entsprechende technische oder organisatorische Maßnahmen, Methoden oder Verfahren erreicht wird, persönliche Schutzausrüstungen kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen. Die zweckentsprechende Verwendung der Schutzausrüstung ist zu überwachen.

 

4.2. Wie unbestritten feststeht, wurden zwei namentlich genannte Arbeitnehmer am 18.9.2003 bei der näher bezeichneten Baustelle in der Höhe von ca. 4,5 m mit dem Errichten des konstruktiven Holzbaus beschäftigt, ohne mittels Sicherheitsgeschirr gegen Absturz gesichert gewesen zu sein.

 

Mit diesem Sachverhalt wurde der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt. Die belangte Behörde ist bei der rechtlichen Beurteilung richtig davon ausgegangen, dass gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV eine Absturzgefahr vorliegt, die durch Absturzsicherungen zu sichern wäre, wobei aber diese wegen des hiefür erforderlichen Aufwandes entfallen können. In diesem Fall müssen die Arbeitnehmer sicher angeseilt sein, dh sie haben Sicherheitsgeschirre oder Sicherheitsgürtel einschließlich der Sicherheitsseile, Karabinerhaken usw. zu verwenden.

 

Eine entsprechende Verwendung wurde nicht durchgeführt und ist auch vom Berufungswerber nicht bestritten. Es wurde daher den Bestimmungen der BauV nicht entsprochen und daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung begangen.

 

Wenn hingegen der Berufungswerber anführt, dass gemäß § 30 Abs.1 BauV die Sicherheitsgeschirre und Sicherheitsgürtel vom Arbeitgeber lediglich "zur Verfügung zu stellen" sind, er für die Verwendung allerdings nicht zur Verantwortung gezogen werden kann und die Verwendung in alleiniger Disposition der Arbeitnehmer stehe, so ist dem Berufungswerber § 22 Abs.1 letzter Satz BauV entgegenzuhalten, wonach hinsichtlich der persönlichen Schutzausrüstung geregelt ist, dass die zweckentsprechende Verwendung der Schutzausrüstung zu überwachen ist. Diese Überwachungspflicht trifft daher den Arbeitgeber. Genau dieser Pflicht ist er aber im gegenständlichen Fall nicht nachgekommen. Mangels der Überwachung und Kontrolle durch den Berufungswerber wurden daher auch im gegenständlichen Fall die persönlichen Schutzausrüstungen nicht verwendet.

 

4.3. In subjektiver Hinsicht beruft sich der Berufungswerber auf die Tatsache, dass er bestrebt war, ein Gefahrenevaluierungssystem und effektives Kontrollsystem zur Nachkontrolle der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen aufzubauen und dieses System auch tatsächlich mit einer Vereinbarung mit dem ASZ vom 22.10.2003 errichtet wurde.

 

Diesen Ausführungen ist allerdings entgegenzuhalten, dass der Tatzeitpunkt am 18.9.2003 war, also vor Inkrafttreten der vom Berufungswerber zitierten Vereinbarung. Es gibt daher der Berufungswerber in seiner Berufung selbst zu, dass zum Tatzeitpunkt ein wirksames System und eine effektive Nachkontrolle noch nicht bestanden hat (vgl. Seite 3 letzter Absatz der Berufung). Gerade darin ist aber ein Verschulden des Berufungswerbers zu erblicken, nämlich eine Sorgfaltsverletzung und daher Fahrlässigkeit des Berufungswerbers.

 

Weiters ist den Ausführungen des Berufungswerbers auch entgegenzuhalten, dass die genannte Vereinbarung gerade nicht die an den einzelnen Baustellen wahrzunehmende Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen beinhaltet, sondern dies vom Unternehmen selbst beigestellt wird.

 

Darüber hinaus führt der Berufungswerber an, dass sämtliche Polier und Monteure über die Sicherheitsbestimmungen unterrichtet und belehrt sind, dies schon seit einigen Jahren durch Kurse im Bauwirtschaftszentrum in Steyregg, nunmehr aber auch durch das ASZ. Diesen Ausführungen ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach Anweisungen und Belehrungen allein nicht ausreichen, um sich als Arbeitgeber hinsichtlich seiner Überwachungspflichten zu entlasten. Vielmehr hat der Arbeitgeber auch die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu kontrollieren bzw. für ein ausreichendes lückenloses Kontrollnetz zu sorgen. Ein solches Kontrollnetz für den Tatzeitpunkt 18.9.2003 konnte der Berufungswerber nicht darlegen und geltend machen. Dass zu einem später Zeitpunkt ein solches vorliegt, ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens, insbesondere kann es nicht ein Verschulden zum gegenständlichen Tatzeitpunkt aufheben oder mildern.

 

Es hat daher der Berufungswerber auch schuldhaft gehandelt. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung (je Arbeitnehmer) stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, welches schon bei Fahrlässigkeit schuldhaft begangen wird, wobei Fahrlässigkeit iSd zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern kein Entlastungsnachweis erbracht wird. ISd Bestimmungen des ASchG sowie der ständigen Judikatur des VwGH hat nämlich der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Wenn auch der VwGH in ständiger Rechtsprechung darlegt, dass nicht übersehen werden darf, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt und es ihm vielmehr zugebilligt werden muss, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken, so ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Beschuldigten nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragen Person Vorsorge getroffen worden ist. Nach der Judikatur des VwGH reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Insbesondere legt der Berufungswerber nicht dar, welche Maßnahmen er getroffen hätte, die mit gutem Grund die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Arbeitnehmer gewährleisten. Darüber hinaus macht er keine Kontrolle und kein Kontrollsystem zum Tatzeitpunkt geltend. Allein das zur Verfügung stellen bzw. die Erteilung von Anordnungen und Weisungen reichen aber nicht für eine Entlastung aus. Vielmehr hat der Berufungswerber als Arbeitgeber nach der ständigen Judikatur des VwGH die Einhaltung der von ihm erteilten Weisungen zu kontrollieren bzw. kontrollieren zu lassen und ein entsprechendes Kontrollnetz aufzubauen und nachzuweisen.

 

4.4. Wenn aber der Berufungswerber geltend macht, dass nicht zwei Delikte begangen wurden, sondern wegen des Tatzusammenhanges von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist, so wird ihm die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegengehalten, insbesondere das Erkenntnis vom 26.7.2002, 2002/02/0037. Nach der ständigen Rechtsprechung liegen mehrere Straftaten dann vor, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten. Demgemäß ist insbesondere bei namentlicher Nennung der beschäftigten Arbeitnehmer von mehreren Verwaltungsübertretungen auszugehen und sind daher iSd in § 22 VStG normierten Kumulationsgebotes auch mehrere Strafen zu verhängen. Dies musste entsprechend im Schuldspruch wie auch im Strafausspruch berücksichtigt werden, sodass im gegenständlichen Fall von zwei Verwaltungsübertretungen und zwei Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen auszugehen ist.

 

4.5. Der Berufungswerber ist verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG und als solcher zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung gezogen. Es kann daher der vorausgestellte Ausdruck im Spruch des Straferkenntnisses entfallen, zumal eine Verantwortung gemäß § 9 Abs.1 VStG von der Behörde nicht beabsichtigt ist und nicht im Akt belegt ist.

 

4.6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Zur Strafbemessung verweist die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses zu Recht auf den Schutzzweck der Norm. Als mildernd berücksichtigt sie, dass keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen gegen den Berufungswerber aufscheinen; Straferschwerungsgründe hat sie nicht zu Grunde gelegt. Mangels konkreter Angaben über die persönlichen Verhältnisse geht sie von eher ungünstigen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers aus.

 

Diesen Umständen hat der Berufungswerber in der Berufung kein anderes und neues Vorbringen entgegengesetzt. Es kann daher der Strafbemessung durch die belangte Behörde nicht entgegengetreten werden. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art.130 Abs.3 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Es konnte daher eine Ermessensüberschreitung durch die belangte Behörde nicht festgestellt werden.

 

Da gerade die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel haben, sind entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

 

Weil Gegenteiliges aus dem Akt nicht ersichtlich ist, war von der Unbescholtenheit des Berufungswerbers auszugehen und dies gemäß § 19 Abs.2 VStG als mildernd zu berücksichtigen. Das keine einschlägigen Vorstrafen vorliegen, ist hingegen kein Milderungsgrund, sondern es liegt dann vielmehr der Erschwerungsgrund der einschlägigen rechtskräftigen Vorstrafen nicht vor. Weitere Milderungsgründe wurden von der Behörde nicht angenommen, brachte auch der Berufungswerber nicht vor und kamen auch im Berufungsverfahren nicht hervor. Dass hingegen - wie der Berufungswerber ausführt - nach dem Tatzeitpunkt den gesetzlichen Verpflichtungen eines Arbeitgebers nach den einschlägigen Bestimmungen nachgekommen wurde und ein entsprechendes Kontrollnetz ausgebaut wurde, ist kein Milderungsgrund, sondern nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Pflicht des Arbeitgebers, die vom Gesetzgeber vorausgesetzt wird. Dies war daher nicht als mildernd zu berücksichtigen.

 

Da die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Höchstrahmens gelegen ist, lediglich 10 % dieses Höchstrahmens ausmacht und daher nicht als überhöht anzusehen ist, war die verhängte Geldstrafe pro Delikt samt der vorgesehenen Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

Hingegen konnte ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe nicht festgestellt werden, insbesondere weil nur ein Milderungsgrund, nämlich die Unbescholtenheit zu Grunde zu legen war. Es war daher von der außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG nicht Gebrauch zu machen.

 

Wenn sich der Berufungswerber schließlich auf § 21 VStG beruft, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen. Insbesondere ist ein geringfügiges Verschulden nicht anzunehmen, weil das Tatverhalten des Berufungswerbers nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels einer der kumulativ erforderlichen Voraussetzungen war daher von der Verhängung einer Geldstrafe nicht abzusehen. Es war daher auch keine Ermahnung auszusprechen.

 

Es waren sohin die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen zu bestätigen.

 

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafen, ds insgesamt 288 Euro, gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:
Kontrollsystem, Verschulden, Strafbemessung

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