Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280755/3/Re/Hu

Linz, 27.06.2005

 

 

 VwSen-280755/3/Re/Hu Linz, am 27. Juni 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des M L, verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der M Warenhandels AG, Filiale L, M, vertreten durch Rechtsanwälte KEG K - S - W, W, vom 1. Juli 2004, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 8. April 2004, GZ: 101-6/3-35-330151000, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d des Arbeitsinspektionsgesetzes, BGBl. 27/1993 idgF (ArbIG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z2 und 3, 51e Abs.2 Z1 und 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bekämpften Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 8. April 2004, Gz.: 101-6/3-35-330151000, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit der selben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 94 Stunden verhängt, weil er es als nach § 9 Abs.2 und 4 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher in der Funktion als verantwortlicher Beauftragter (Bestellung vom 17.10.2001) für den räumlichen Zuständigkeitsbereich der Filiale M, L, der M Warenhandels AG zu vertreten hat, dass die M Warenhandels AG im Standort L, M, dem Arbeitsinspektorat nachstehende Unterlagen bis 30. August 2002 nicht übermittelt hat:

  1. Bestätigung über die Eignung der in der Arbeitsstätte eingesetzten Kassenarbeitsstühle
  2. Attest über die Beschaffenheit der Fußböden lt. Punkt 2 des Genehmigungsbescheides des Magistrates Linz (Gz. 501/0011010G) vom 29.5.2001
  3. Ergebnis der Abnahmeprüfung lt. Punkt 3 des Genehmigungsbescheides.

Er habe dadurch eine Übertretung nach §§ 8 Abs.3, 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG begangen und war nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, die Bestrafung wegen der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei vom Arbeitsinspektorat Linz mit Anzeige vom 18. September 2002 beantragt worden. Der Beschuldigte habe sich dahingehend verantwortet, eine Verwaltungsübertretung mangels Verschulden nicht zu verantworten, da er als verantwortlicher Beauftragter nachweislich alle ihm möglichen Bemühungen unternommen habe, damit die Unterlagen dem Arbeitsinspektorat übermittelt würden, was aufgrund seines persönlichen Einsatzes auch geschehen sei. Die Unterlagen seien jedoch erst mit Schreiben vom
17. Dezember 2002, somit nach Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens, vorgelegt worden. Der Beschuldigte sei für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen verantwortlich beauftragt für den Standort L, M, Filiale der M Warenhandels AG, gewesen. Die Unterlagen seien trotz mehrmaliger Aufforderungen des Arbeitsinspektorates nicht eingelangt. Die erste Aufforderung erfolgte bereits am 22. Jänner 2002, zuletzt mit Schreiben vom 24. Juli 2002, womit die Vorlage der Unterlagen bis spätestens 30. August 2002 verlangt worden sei. Obwohl die angewendeten Rechtsbestimmungen keine Frist vorsehen, sei bei einer Nichtvorlage während eines Zeitraumes von mehreren Monaten trotz mehrfacher Aufforderung von einer tatbildlichen Handlung bzw. Unterlassung des Beschuldigten auszugehen. Im Übrigen genüge zur Strafbarkeit im Grunde des § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten und habe der Beschuldigte ein Ungehorsamsdelikt begangen. Den Schuldentlastungsbeweis habe er nicht erbringen können.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat M L, vertreten durch die K - S - W Rechtsanwälte KEG, W, mit Schriftsatz vom 1. Juli 2004, der Behörde elektronisch übermittelt am 2. Juli 2004, somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben, da das mit 8. April 2004 datierte bekämpfte Straferkenntnis erst am 29. Juni 2004 nachweisbar zugestellt wurde.

 

In der Berufung wird das Straferkenntnis im Wesentlichen mit dem Vorbringen bekämpft, es werde bestritten, rechtswidrig und schuldhaft im Sinne der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gehandelt zu haben. Dem Straferkenntnis sei nicht zu entnehmen, in wie weit das Tatbild der gesetzlichen Norm tatsächlich verwirklicht worden sein soll, da aus dem Vorwurf nicht hervorgehe, um welche Unterlagen es sich dabei genau handeln solle, da mit Schreiben der Merkur Warenhandels AG vom 28. August 2002 die erforderlichen Nachweise an die Behörde übermittelt worden seien. Dies sei auch bereits in der Rechtfertigung vom 23. Dezember 2002 ausdrücklich bestritten worden. In der Rechtfertigung seien die Unterlagen bereits vorgelegt worden. Beantragte Beweise seien nicht aufgenommen worden. Der vorgeworfene Sachverhalt sei ausschließlich auf die Wahrnehmung der anzeigenden Behörde gestützt worden. Er habe nachweislich alle ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten ergriffen, damit die Unterlagen dem Arbeitsinspektorat übermittelt würden, was aufgrund seines Einsatzes auch geschehen sei. Es treffe ihn kein Verschulden. Auch zur konkreten Strafe seien unrichtige rechtliche Beurteilungen getroffen worden.

 

Diese Berufung wurde gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde vorgelegt. Zum Berufungsvorbringen wurden von der belangten Behörde keine Äußerungen abgegeben.

 

Im Zuge des § 51e Abs.2 Z1 VStG entfällt die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 36 Euro bis 3.600 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 72 Euro bis 3.600 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in entgegen § 8 Abs.3 Unterlagen, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge nicht übermittelt.

 

Gemäß § 8 Abs.3 leg.cit. haben Arbeitgeber/innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs.1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln. Für die Ablichtung und Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

Diesem Erfordernis entspricht der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses sowie die getroffenen Verfolgungshandlungen nicht. In diesem Zusammenhang ist unter Bezugnahme auf die übertretene Norm des § 8 Abs.3 ArbIG, wonach dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs.1 der Bestimmung genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge zu übermitteln sind, zunächst - zum Teil auch unter Bezugnahme auf das Berufungsvorbringen - festzustellen, dass dem Straferkenntnis nicht mit der für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe nach der zitierten Gesetzesbestimmung erforderlichen Eindeutigkeit und Zweifelsfreiheit zu entnehmen ist, welche konkreten Unterlagen zu übermitteln sind. So wird in Punkt 1. eine Bestätigung über die Eignung der in der Arbeitsstätte eingesetzten Kassenarbeitsstühle gefordert, enthält jedoch keinerlei Konkretisierung dahingehend, wonach sich die Eignung dieser Kassenarbeitsstühle zu richten habe. Diese Konkretisierung müsste z.B. auf ein bestimmtes Regelwerk wie z.B. Ö-Norm oder auf eine bestimmte bescheidmäßige Vorschreibung unter Anführung von Bescheid, Spruch oder Auflagendaten erfolgen. Auch das unter Punkt 3. geforderte Ergebnis der Abnahmeprüfung entspricht nicht diesem Konkretisierungsgebot.

 

In Bezug auf die vorgeworfene Tatzeit ist darüber hinaus festzustellen, dass laut der dem Verfahren zugrunde liegenden Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 18. September 2002 bestimmte Unterlagen nicht bis spätestens 30. August 2002 übermittelt worden seien. In der Anzeige wurde gemäß § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG beantragt, gegen den nunmehrigen Berufungswerber ein Strafverfahren einzuleiten und diesen wegen Übertretung des § 8 Abs.3 ArbIG zu bestrafen, da die geforderten Unterlagen auch bis zum 18. September 2002 nicht übermittelt wurden. Im Straferkenntnis wird dem Berufungswerber jedoch als zur vertretende Tathandlung lediglich vorgeworfen, dem Arbeitsinspektorat bezeichnete Unterlagen bis 30.8.2002 nicht übermittelt zu haben. Mit diesem Tatvorwurf ist aber die belangte Behörde nicht im Recht. Wurde nämlich die Übermittlung der Aufzeichnungen bis zum 30. August 2002 gefordert, so ist das Nichtvorliegen bis zu diesem Zeitpunkt strafrechtlich nicht von Relevanz. Vielmehr beginnt das vom Arbeitsinspektorat angezeigte strafbare Verhalten erst mit Ablauf des 30. August 2002, also am 31. August 2002, wobei das strafbare Verhalten bis zur Erfüllung des Auftrages andauert. Für diesen - strafrechtlich relevanten - Tatzeitraum jedoch ist gegen den Berufungswerber kein konkretisierter Tatvorwurf und keine entsprechende Verfolgungshandlung ergangen.

 

Schließlich ist noch unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 Abs.3 ArbIG darauf zu verweisen, dass durch die Verwendung des Begriffes "übermitteln" in § 8 Abs.3 und in § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG klargestellt wird, dass ähnlich wie in den Fällen einer Auskunftspflicht nach § 103 Abs.2 KFG 1967 Erfüllungsort dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Ort ist, an dem die geschuldete Leistung zu erbringen ist, somit der Sitz der die Übermittlung dieser Unterlagen, Ablichtungen etc. verlangenden Behörde, der auch der Tatort bezüglich der Unterlassung der Übermittlung dieser Unterlagen etc. ist (VwGH vom 23.11.2001, 99/02/0369). Tatort der verfahrensgegenständlichen strafbaren Handlung ist daher in diesem Verfahren weder der Standort der M Filiale in L, M, noch der Sitz der M Warenhandels Aktiengesellschaft in W. N, S, sondern der Standort des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk in 4021 Linz, Pillweinstraße 23. Dieser Standort wurde jedoch dem Berufungswerber im Straferkenntnis nicht in der erforderlichen Eindeutigkeit zur Last gelegt. Dies ist insbesondere auch aus dem Grund von Bedeutung, als der Berufungswerber angibt, die Unterlagen an eine Linzer Adresse, nämlich die des Magistrates der Stadt Linz, übermittelt zu haben, offensichtlich versehentlich jedoch nicht an die Linzer Adresse des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk. Tatsächlich wird über telefonische Anfrage beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bauamt, von der zuständigen Sachbearbeiterin bestätigt, dass das Schreiben der M Warenhandels AG vom 28. August 2002 tatsächlich beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz eingelangt ist und zwar am 2. September 2002 samt den darin angeführten Beilagen. Von der M Warenhandels AG wurden daher innerhalb offener Frist geforderte Unterlagen abgesandt, allerdings versehentlich nicht an die Adresse des Arbeitsinspektorates Linz (9. Aufsichtsbezirk) sondern an die Gewerbebehörde, per Adresse Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Hauptstraße 1-5. Mit Schreiben des Magistrates vom 3.9.2002 ist der Akt in der Folge dem Arbeitsinspektorat zur Auflagenkontrolle übermittelt worden!

 

 

Aus all diesen Gründen war somit das bekämpfte Straferkenntnis zu beheben, da die Richtigstellung sämtlicher oben dargelegter Rechtswidrigkeiten bzw. Unklarheiten des Spruches des bekämpften Straferkenntnisses samt der hiezu erforderlichen Ergänzungen von der Berufungsbehörde aufgrund der dargelegten Ausführungen und unter Beachtung des § 31 VStG nicht mehr durchgeführt werden kann. Gleichzeitig war die Einstellung des Verfahrens zu verfügen, weil somit Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

 

Zu II.

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

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