Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280758/2/Ga/Da

Linz, 20.10.2004

 

 

 VwSen-280758/2/Ga/Da Linz, am 20. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn G F, vertreten durch Dr. G und Dr. S, Rechtsanwälte in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 18. August 2004, Ge96-244-2003, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 18. August 2004 wurde der Berufungswerber in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der als Arbeitgeber involvierten "F S Ges.m.b.H." wegen einer am 18. Juli 2003 begangenen, im Schuldspruch näher beschriebenen Übertretung der BauV für schuldig befunden und mit einer Geldstrafe von 300 € kostenpflichtig bestraft.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, Aufhebung und Einstellung begehrende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Der tatseitig und schuldseitig bestreitende Berufungswerber verantwortete sich schon im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde (ua.) mit dem Einwand der Haftungsdelegierung auf einen verantwortlichen Beauftragten. Er habe nämlich schon vor der in Rede stehenden Tatzeit einen verantwortlichen Beauftragten bestellt gehabt und diese Bestellung dem Arbeitsinspektorat "mehrfach bekannt gegeben, unter anderem im Jahr 1995 sowie am 12.7.1996."
Dem hielt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses entgegen, es habe das Arbeitsinspektorat schon in der Anzeige vom 29. Oktober 2003 angeführt, dass zwar ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei, die Bestellung jedoch rechtsunwirksam gewesen sein dürfte. Und weiters: "Sie konnten keinesfalls davon ausgehen, dass die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten rechtswirksam und ordnungsgemäß erfolgte. Diesbezüglich wird auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, Zl.: VwSen-280609/27/Ga/he, vom 27.11.2003, 5. Seite, letzter Satz, verwiesen, in welchem Sie darauf aufmerksam gemacht wurden, dass Herr R schon damals kein mit Außenwirksamkeit bestellt gewesener verantwortlicher Beauftragter iS des § 9 Abs. 2 und 4 VStG war. Daran hat sich nichts geändert, da bis dato keine ordnungsgemäße Bestellung erfolgte." Diese Rechtsauffassung werde auch von der Strafbehörde geteilt, weshalb der nunmehrige Berufungswerber in seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu bestrafen gewesen sei.
 
Diese Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe zum h. Erkenntnis vom 27. November 2003, VwSen-280609/27/Ga/He, ist zwar richtig, jedoch verkürzt. Den entscheidungswesentlichen Aspekt des zit. Erkenntnisses hinsichtlich der Schuld- seite ließ die belangte Behörde unbeachtet. Eine Begründung für diese unvollständige Bezugnahme ist dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen.
 
Der UVS führte in der Rechtsbeurteilung zur Haftungsdelegierung bzw. zur subjektiven Tatseite in jenem, den selben Berufungswerber betreffenden Fall, der dem zit. h. Erkenntnis vom 27. November 2003 zu Grunde lag, aus:
 
"Blieb daher der Berufungswerber aus allen diesen Gründen gemäß § 9 Abs.1 VStG für die, wie dargestellt, erwiesene Übertretung der BauV selbst haftbar, so hatte er, wie nachstehend zu begründen sein wird, wegen der besonderen Umstände in diesem Fall für die objektive Tat persönlich dennoch nicht einzustehen.
 
Mit diesem Einwand, er habe aus gerechtfertigten Gründen darauf vertrauen können, dass die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten in diesem Fall wirksam vorgenommen und auch ordnungsgemäß mitgeteilt worden war, hat der Berufungswerber Zweifel an dem ihm nach § 5 Abs.1 VStG zum Vorwurf gemachten Sorgfaltsmangel geweckt.
Obgleich freilich dem AI zuzustimmen ist, dass die Regelung des § 23 Abs.1 ArbIG ihm formal nur die Entgegennahme von Mitteilungen über Bestellungen von verantwortlichen Beauftragten, nicht jedoch die Bestätigung oder gar eine Prüfung der Wirksamkeit solcher Bestellungen auferlegt (letztere obliegt der Strafbehörde im Rahmen eines konkreten Strafverfahrens), hätte dennoch - jedenfalls schon auf Grund des Zusammentreffens besonderer Lebenssachverhalte und unabhängig von einer allfälligen Weisung des Zentral-Arbeitsinspektorates - das AI sich veranlasst sehen müssen, die Arbeitgeber-Gesellschaft zu einer Klarstellung aufzufordern bzw. auf die Bedenklichkeit der mitgeteilten Bestellung aufmerksam zu machen (in diesem Sinn vgl. VwGH 26.3.1998, 98/11/0332). Dass die entsprechende Rückmeldung - unter Umständen wie hier - sogar geboten war, lässt sich nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates problemlos auf die im § 3 Abs.2 ArbIG niedergelegte, auch Arbeitgeber einbeziehende, allgemeine Beratungspflicht der Organe der Arbeitsinspektion stützen. Hingegen könnte der vom Berufungswerber ins Treffen geführte § 13a AVG ("Rechtsbelehrung") hier nicht beansprucht werden, weil es nicht um eine Verfahrenshandlung des AI als eine ein konkretes Verfahren bereits führende Behörde geht. Ähnliches gilt für den gleichfalls genannten § 13 AVG: Zwar handelt es sich bei der Mitteilung gemäß § 23 Abs.1 ArbIG immerhin um ein 'Anbringen' iS des § 13 AVG, dennoch könnte vorliegend das (dem Berufungswerber offensichtlich ins Auge stechende) Angebot des § 13 Abs.3 AVG nicht genützt werden, weil das AI über die Mitteilung keine Erledigung herbei zu führen hat und daher weder eine 'Zurückweisung' noch ein diesem Akt vergleichbarer Verfahrensschritt für das AI denkbar ist.
Was nun die Auslösung der Beratungspflicht im Berufungsfall anbelangt, so darf aus dem Blickwinkel der schuldseitigen Zurechnung hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Arbeitgeber-Gesellschaft den Mitteilungsschriftsatz zweimal unter ausdrücklicher Berufung auf § 23 Abs.1 ArbIG an das AI gerichtet hatte und dabei, objektiv besehen, unmissverständlich ihre Überzeugung von der einwandfreien Erfüllung der ihr aufgetragenen Mitteilungspflicht hinsichtlich eines Bestellungsvorganges zum Ausdruck gebracht hatte.
Das AI hätte nicht nur aufzugreifen gehabt, dass ein Zustimmungsnachweis den beiden Mitteilungen nicht angeschlossen gewesen ist, auch in der inhaltlichen Aussage waren die Mitteilungen schon augenfällig fragwürdig. So nennen beide Schriftsätze als Mitteilungsgrund zwar den § 23 Abs.1 ArbIG, dennoch aber wurde keine Bestellung zum 'verantwortlichen Beauftragten' iS des § 9 Abs.2 und 4 VStG mitgeteilt, sondern lediglich, dass "Herr R W als Beauftragter für alle Belange des Arbeitnehmerschutzes seit Mai 1988 zuständig" sei. Auch hat es nach Ausweis des vorgelegten Aktes bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt (bezogen auf den vom AI angezeigten Vorfall) keine solchen Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber gegeben, aus denen dann die Zweifelhaftigkeit der vermeintlichen Bestellung des W R zum verantwortlichen Beauftragten hätte (rechtzeitig für eine Gegensteuerung) deutlich werden müssen.
 
Unterblieb aber unter den besonderen Umständen dieses Falles selbst nach der zweiten Mitteilung (12. Juli 1996) seitens des AI eine Beratung/Anleitung der Gesellschaft zwecks Klarstellung, so war an den Berufungswerber aus allen diesen Gründen in gewogener Betrachtung nicht (mehr) der Vorwurf zu richten, er habe für die ordnungsgemäße Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht die ihm abzuverlangende und zumutbare Sorgfalt aufgewendet, durfte er doch in dieser besonderen Konstellation darauf vertrauen, die Bestellung und somit die Haftungsdelegierung wirksam vorgenommen zu haben.
Als Ergebnis war festzustellen, dass - ausgehend von den an der Fahrlässigkeitsschuld des Berufungswerbers glaubhaft gemachten Zweifeln - der daher konträr zum Vermutungsprinzip des § 5 Abs.1 VStG zu erbringende Nachweis der Schuld des Täters nicht gelungen ist."
 
Auch im Berufungsfall ist für die Beurteilung der Schuldseite auf die Tatzeit des Schuldspruchs abzustellen. Das ist vorliegend der 18. Juli 2003. Für diesen Zeitpunkt war, was die Vorgänge hinsichtlich der Haftungsdelegierung und ihrer Mitteilung an das AI anbelangt, der selbe Sachverhalt wie im vorzitierten h. Erkenntnis als maßgebend festzustellen. Dem Berufungswerber kann daher weder die (unstrittig erst am 1. Dezember 2003 erfolgte) Zustellung des h. Erkenntnisses VwSen-280609/27/Ga/He noch die an die involvierte Gesellschaft abschriftlich übermittelte Anzeige des AI vom 29. Oktober 2003 (die erstmalig auf eine mögliche Unwirksamkeit der eingewendeten Bestellung des verantwortlichen Beauftragten hingewiesen hatte) entgegengehalten werden.
 
Diesen maßgebenden Sachverhalt im Berufungsfall rechtlich anders zu beurteilen, sieht sich der UVS nicht veranlasst. Auch vorliegend ist der umständehalber konträr zum Vermutungsprinzip des § 5 Abs.1 VStG zu erbringen gewesene Nachweis der Schuld des Täters nicht gelungen.
 
Somit war, ohne Durchführung der vom Berufungswerber beantragten Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG) und ohne dass noch die Prüfung der objektiven Tatbestandsmäßigkeit vorzunehmen war, wie im Spruch zu entscheiden.
Dieses Verfahrensergebnis entlastet den Berufungswerber auch von der Kostenpflicht.
 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 
 
 

 

Mag. Gallnbrunner

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