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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280802/34/Kl/Pe

Linz, 08.04.2005

 VwSen-280802/34/Kl/Pe Linz, am 8. April 2005

DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn DI Mag. K W, vertreten durch Rechtsanwalt Univ.-Prof. Dr. B, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 15.10.2004, Gz.: 0048850/2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 10.2. und 17.3.2005 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Strafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "§ 10 Einleitungssatz Bauarbeitenkoordinationsgesetz - BauKG".

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Betrag von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 200 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 5, 19, 24 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 15.10.2004, Gz.: 0048850/2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs.1 Z1 iVm § 4 Abs.1 BauKG verhängt, weil er als Bauherr in der Zeit von 1.2.2004 bis 30.4.2004 bei der Vorbereitung des Bauobjektes "Herstellung der Dacharbeiten für eine Dachsanierung" beim Objekt in folgender Verpflichtung nach dem BauKG nicht nachgekommen ist:

Der Bauherr hat dafür zu sorgen, dass die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG bei Entwurf, Ausführungsplanung und Vorbereitung des Bauprojektes berücksichtigt werden, insbesondere die der architektonischen, technischen und organisatorischen Planung, bei der Einteilung der Arbeiten, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden, und bei der Abschätzung der voraussichtlichen Dauer für die Durchführung dieser Arbeiten.

Der Bauherr ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, da er in der Vorbereitungsphase hinsichtlich der Herstellung der Zimmermeisterarbeiten im April 2004 der Firma G & Co GmbH, den Auftrag zur Ausführung der Zimmermeisterarbeiten beim Projekt "Dachsanierung" laut Angebot vom 17.3.2004 erteilt hat und mit der Ausführung der Zimmerarbeiten Anfang Mai 2004 begonnen wurde, ohne dass die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG bei Entwurf, Ausführungsplanung und Vorbereitung des Bauprojektes berücksichtigt wurden. Die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung wurden nicht berücksichtigt, da bei dem der Firma G erteilten Auftrag ein kollektiver Gefahrenschutz, nämlich eine für sämtliche für die Durchführung des Projektes erforderlichen Gewerke (nach der Firma G & Co KG sollten auf der Baustelle auch noch die Spengler- und Dachdeckerarbeiten zur Realisierung des Bauprojektes ausgeführt werden) verwendbare technische Schutzmaßnahmen gegen Absturz vom Dach wie ein Dachfanggerüst nicht vorgesehen war. Die Aufstellung eines Dachfanggerüstes oder die Anbringung eines anderen kollektiven Gefahrenschutzes wurde auch bei keiner anderen Firma in Auftrag gegeben. (Diese Unterlassung führte dazu, dass in der Ausführungsphase des Projektes am 24.5.2004 ein Arbeitnehmer der Zimmermeisterfirma, der auf der Baustelle mit dem teilweisen Abbruch des Daches beschäftigt war, von der Decke zum Dachgeschoss nach außen hin ca. 7 m abstürzte.)

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte allen Verpflichtungen nach dem BauKG nachgekommen sei. An seinem Haus in der waren Dachsanierungsarbeiten erforderlich, nämlich Dachdecker- und Spenglerarbeiten sowie Zimmermannsarbeiten. Er habe einen erfahrenen Architekten, DI E L, mit der Ausschreibung dieser Arbeiten beauftragt und führte der Architekt die Ausschreibung am 25.2.2003 ordnungsgemäß in Übereinstimmung mit den Regelungen des BauKG durch, indem die Ausschreibung für die Dachdecker- und Spenglerarbeiten als anzubietende Nebenleistungen "Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen nach den Unfallverhütungsvorschriften und den behördlichen Bestimmungen" und die Ausschreibung für die Zimmermannsarbeiten als anzubietende Nebenleistungen "alle für die notwendigen Arbeiten erforderlichen Baustelleneinrichtungen" enthalten habe. Aufgrund dieser Ausschreibungen sei die Firma L und S GmbH am 8.3.2004 mit Dachdecker- und Spenglerarbeiten, die Firma G & Co GmbH am 17.3.2004 mit den Zimmermannsarbeiten beauftragt worden. Es war vorgesehen, dass zuerst die Firma G & Co GmbH und dann die Firma L und S GmbH die erforderlichen Arbeiten ausführen sollte. Ein zeitgleiches Arbeiten beider Firmen war nicht geplant. Am 27.4.2004 besprach der Architekt an Ort und Stelle beim Sanierungsobjekt die Durchführung der beauftragten Arbeiten, wobei bei dieser Besprechung der Architekt die beiden Professionisten ausdrücklich auf die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, die Gegenstand der Aufträge waren, hinwies. Beide Professionisten hätten zugesagt, jeder für sich für die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu sorgen. Auch der Beschuldigte habe persönlich an dieser Besprechung teilgenommen. Durch die Beauftragung des Architekten und seine persönliche Teilnahme an der Besprechung am 27.4.2004 habe der Beschuldigte dafür gesorgt, dass die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung berücksichtigt werden. Daneben fungierte auch der Architekt als Planungskoordinator. Es wurde die Einvernahme des Architekten DI E L als Zeugen sowie die Einvernahme des Beschuldigten beantragt, sowie die Einsicht in die vorgelegten Angebote der Professionisten. Es wurden die Angebote für Dachdecker- und Spenglerarbeiten der L und S GmbH jeweils vom 8.3.2004 sowie das Angebot für Zimmermannsarbeiten der G & Co GmbH vom 17.3.2004 angeschlossen.

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.2.2005 und fortgesetzten Verhandlung am 17.3.2005. Zu den Verhandlungen sind der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde und des zuständigen Arbeitsinspektorates Linz geladen worden und haben an den Verhandlungen teilgenommen. Es wurden AI DI A H, J K, Firma G & Co GmbH und Architekt DI E L als Zeugen geladen und einvernommen.

Weiters wurde über Antrag des Berufungswerbers der Akt des Bezirksgerichtes Linz, Abteilung 17, zu 17 U 289/04x beigeschafft und in Kopie zum Akt genommen sowie in der mündlichen Verhandlung vom 17.3.2005 verlesen.

4.1. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Gemäß Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 1.6.2004 waren am 24.5.2004 Arbeitnehmer der Firma G & Co GmbH mit dem teilweisen Abbruch des vorhandenen Daches an der Baustelle in, beschäftigt, wobei im Zuge dessen die alten Dachziegel und die Dachlattung händisch abgetragen wurden. Die Dachneigung betrug ca. 40°, die mögliche Absturzhöhe war mit ca. 7 m gegeben. Bei der Durchführung dieser Arbeit kam es am 24.5.2004 um ca. 9.00 Uhr zu einem Arbeitsunfall, da ein Arbeitnehmer der Firma G & Co GmbH von der Decke zum Dachgeschoss nach außen hin ca. 7 m abstürzte. Technische Schutzmaßnahmen wie z.B. ein Dachfanggerüst waren nicht aufgebaut bzw. überhaupt nicht auf der Baustelle vorhanden. Für die Sanierung des Dachgeschosses sollten zumindest zwei verschiedene Firmen mit der Durchführung der Arbeiten betraut werden, wobei die Firma G & Co GmbH die Zimmereiarbeiten übertragen bekommen hatte. Ein kollektiver Gefahrenschutz, nämlich ein für sämtliche Gewerke verwendbares Dachfanggerüst, wie es u.a. in § 7 Z8 ASchG gefordert wird, wurde durch den Bauherrn insbesondere bei der technischen und organisatorischen Planung des Bauprojektes nicht berücksichtigt. Es wurde vom Bauherrn nicht dafür gesorgt, dass die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG berücksichtigt werden. Es wurde kein Projektleiter im Sinn des BauKG bestellt.

Aus den der Berufung angeschlossenen Angeboten über Dachdecker- und Spenglerarbeiten vom 8.3.2004 ist ersichtlich, dass laut allgemeinen Vorbemerkungen, Punkt 2a, als Nebenleistungen in den Einheitspreis einzukalkulieren sind: "Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen nach den Unfallverhütungsvorschriften und den behördlichen Bestimmungen". Im Angebot über Zimmermannsarbeiten der G & Co GmbH vom 17.3.2004 scheint unter den besonderen rechtlichen Bedingungen auf Seite 1 in Punkt 5 auf: "Der Unternehmer erklärt, dass er sich mit den Verhältnissen vertraut gemacht hat (Besichtigung der Baustelle) und ihm alle Leistungen in Art und Umfang klar sind." Punkt 14 der Vorbemerkungen (Seite 4) lautet: "Alle für die notwendigen Arbeiten erforderlichen Baustelleneinrichtungen sind in die Einheitspreise einzukalkulieren. Die Baustelle ist stets sauber aufgeräumt zu halten....".

4.2. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde der in der Anzeige angegebene Sachverhalt vom zeugenschaftlich einvernommenen AI DI A H bestätigt. Dieser führte glaubhaft aus, dass technische Schutzeinrichtungen an der Baustelle nicht angebracht waren und auf der Baustelle nicht vorhanden waren. Zum Zeitpunkt der Unfallserhebung waren zwar die Arbeitnehmer der Firma G & Co GmbH mit Sicherheitsgeschirren ausgerüstet, allerdings ergaben die Erhebungen der Polizeibeamten, dass jedenfalls der verunfallte Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls im Traufenbereich gearbeitet hat und kein Sicherheitsgeschirr getragen hat. Befragungen der weiteren Arbeitnehmer auf der Baustelle haben ergeben, dass zum Unfallszeitpunkt keine Sicherheitsgeschirre verwendet wurden. Technische Schutzmaßnahmen waren nicht vorhanden, also konkret ein Fassadengerüst mit Dachfanggerüst, das zum kollektiven Schutz erforderlich wäre. Auch waren auf der Baustelle Dachschutzblenden nicht vorhanden. Diese sind aber keine Maßnahmen des kollektiven Arbeitnehmerschutzes im Sinn des BauKG. Als Bauleiter wurde ein junger Mitarbeiter der Firma G & Co GmbH, Herr M R, benannt. Bei der Unfallserhebung hat sich der Arbeitsinspektor nach einem Architekten erkundigt, welcher ihm benannt wurde, wobei sich herausstellte, dass eine konkrete Bestellung zum Projektleiter bzw. zum Planungs- oder Baustellenkoordinator nicht vorhanden war. Auch wurde kein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt. Es wurde im Zuge der Unfallserhebung vom Architekten auch die Ausschreibung und in diesem Zug die Errichtung des kollektiven Arbeitnehmersschutzes erfragt, also die Errichtung eines Dachfanggerüstes. Der Zeuge gibt an, dass die übermittelten Unterlagen keine konkreten diesbezüglichen Positionen aufweisen. In der Ausschreibung für Zimmermannsarbeiten ist lediglich der Punkt 14 "Baustelleneinrichtung" gegeben, wobei unter Baustelleneinrichtung der Zeuge konkrete Sicherheitsmaßnahmen nicht versteht. Er stellt dieser Ausschreibung die Ausschreibung für Dachdecker- und Spenglerarbeiten gegenüber, wo ausdrücklich Sicherheitsmaßnahmen gefordert werden.

Das Arbeitsinspektorat Linz wies weiters während der mündlichen Verhandlung auf § 7 ASchG hin, der dem kollektiven Arbeitnehmerschutz gegenüber dem individuellen Arbeitnehmerschutz den Vorrang gibt, was bedeutet, dass eine kollektive Schutzmaßnahme ausgeschrieben werden müsste, die für sämtliche Arbeitnehmer bzw. beauftragte Arbeitgeber in Anspruch genommen werden kann. Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen, weil in den Ausschreibungsunterlagen der jeweiligen Professionisten, also Dachdecker-, Spengler- und Zimmermannsarbeiten, jeweils Schutzmaßnahmen ausgeschrieben sind, und dies darauf hindeutet, dass individuell jeder Arbeitgeber dafür zu sorgen und die Maßnahmen auszupreisen hat. Sinn und Zweck des BauKG ist die Gewährleistung eines kollektiven Arbeitnehmerschutzes und nicht die individuelle Verantwortlichkeit der Firmen.

Der einvernommene Zeuge J K führte aus, bei der Firma G & Co GmbH für die Kalkulation der Zimmermannsarbeiten zuständig zu sein und auch für das konkrete Bauprojekt das Angebot erstellt zu haben. Er wer konkret mit der Erstellung des Angebotes betraut und noch bei der Baubesprechung am 27.4.2004 mit Architekt L anwesend. Weiters führte er noch eine Besprechung eine Woche vor den tatsächlichen Arbeiten mit dem Bauleiter der Firma G & Co GmbH, Herrn M R, durch. Letztere Besprechung mit dem Bauleiter fand deshalb statt, weil Sicherheitsvorkehrungen im Gespräch mit dem Architekten noch nicht enthalten waren. Es wurde da die Baustelle besichtigt und darauf aufmerksam gemacht, dass alle Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten sind. Welche konkreten Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind, weiß selbstverständlich der Bauleiter, und bestimmt der Bauleiter auch dann welche Schutzeinrichtungen konkret auf die Baustelle kommen. Vor der Baustellenbesprechung am 27.4.2004 war der Zeuge nicht auf der Baustelle, also auch nicht vor der Angebotslegung. Der Zeuge bestätigte, dass das Angebot vom 17.3.2004 stammt, mit den Zimmermannsarbeiten begonnen werden sollte nach den Maifeiertagen, glaublich am 24.5.2004. Zum Punkt 14 "Baustelleneinrichtung" des Angebotes führte der Zeuge aus, dass für Schutzeinrichtungen keine eigene Position im Angebotsschreiben aufscheint, sondern dass der Preis anteilsmäßig in die einzelnen Positionen einbezogen wurde. Konkret bei dieser Baustelle wurde die Dachschutzblende und das Anseilen der Arbeitnehmer einkalkuliert. Nach seinen Ausführungen müssen die Schutzmaßnahmen im Preis enthalten sein, wobei es keinen Unterschied im Preis mache, ob ein Dachfanggerüst, Gerüst, Dachschutzblenden oder Anseilen vorgesehen wird. Der Zeuge war das erste Mal auf der Baustelle beim Baustellengespräch am 27.4.2004, wobei über Sicherheitsvorkehrungen in diesem Gespräch nicht gesprochen wurde. Auch verneinte der Zeuge ausdrücklich, dass es ein konkretes Verlangen des Architekten oder des Bauherrn für die Montage eines Dachfanggerüstes für die Baustelle gegeben habe.

Diese Aussagen erscheinen glaubwürdig und widerspruchsfrei und können der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Diese Aussagen können durch das vom Beschuldigten in der Verhandlung am 17.3.2005 vorgelegte Schreiben vom 16.3.2005 nicht entkräftet werden, in welchem Herr K seine Zeugenaussage relativierte, "dass ich mich an nichts konkretes erinnern kann, also auch nicht daran, ob bei diesem Gespräch über Sicherheitseinrichtungen gesprochen wurde oder nicht". Dies ist im Hinblick auf die Gesamtaussage des Zeugen insofern unglaubwürdig und nicht zugrunde zu legen, als in der ursprünglichen vor dem Oö. Verwaltungssenat gemachten Aussage die Besprechung mit dem Bauleiter eine Woche vor Arbeitsbeginn damit begründet wurde, weil anlässlich der Baustellenbesprechung am 27.4.2004 über Sicherheitsvorkehrungen nicht gesprochen wurde. Auch gab der Zeuge über ausdrückliches Befragen an, dass weder vom Architekten noch vom Bauherrn ein Dachfanggerüst verlangt wurde. Diese weiteren Aussagen wurden vom Zeugen auch später nicht mehr in Zweifel gestellt.

Der als Zeuge einvernommene Architekt DI E L gab an, dass er den Beschuldigten beim Hauskauf und bei den Sanierungsarbeiten "beraten" habe. Einen konkreten Auftrag gab es nicht. Die Ausschreibung für die Dachdecker- und Spenglerarbeiten habe er nach Absprache mit dem Beschuldigten durchgeführt, die Ausschreibung für die Zimmermannsarbeiten ohne Auftrag des Beschuldigten. Er gab weiters an, dass er nur dann zur Baustelle kam, wenn er vom Beschuldigten gerufen wurde. Dies ist so zu verstehen, dass alles, was der Beschuldigte selber machen konnte, von ihm selbst durchgeführt wurde. So wurde der Architekt einmal zur Baustelle gerufen, nämlich beim Baustellengespräch am 27.4.2004 mit der Firma G & Co GmbH und der Firma L und S GmbH. Weiters führte der Zeuge aus, dass es lediglich eine mündliche Absprache gab. Eine schriftliche Vereinbarung oder einen Vertrag gab es nicht. Auch ist im Zeitpunkt April und Mai 2004 das Wort "Baustellenkoordination" nicht gefallen. Er habe aber die Planungskoordination, die für die Ausschreibung erforderlich war, durchgeführt. Weiters führte der Zeuge aus, dass nach Übersendung der Ausschreibungsunterlagen telefonischer Kontakt mit der Firma G & Co GmbH bestand und auch über Sicherheitsmaßnahmen und über alle Positionen gesprochen wurde. Über ein Gerüst als Sicherheitsmaßnahme wurde mit Herrn K nicht gesprochen, sondern es wurde gesprochen, dass Dachschutzblenden und Sicherheitsgurte für die Abbrucharbeiten zu verwenden sind. Der Auftrag wurde durch Übersendung des Werkvertrages am 3.5.2004 an die Firma G & Co GmbH vergeben und sind darin als Auftraggeber die Ehegatten W genannt. Mit dem Bauherrn wurde über die Erfordernisse des BauKG nicht gesprochen, "weil es zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig war". Der Zeuge wies darauf hin, dass er ausdrücklich darauf geachtet habe, dass die Firmen hintereinander arbeiten, also dass die Firma G & Co GmbH ihre Arbeiten beenden sollte und dann erst die Dachdecker- und Spenglerarbeiten durchgeführt werden sollten. Es wurde beim Baustellengespräch daher über den Baustellenbeginn gesprochen, weil ja die Maifeiertage waren und daher eine Woche gewählt wurde, wo kein Feiertag ist, also konkret am 24.5.2004. Es wurde auch über Sicherheitsmaßnahmen mit beiden Firmen gesprochen, nämlich dass Dachschutzblenden und Seile verwendet werden bei den Dachabbrucharbeiten. Vom Bauherrn wurde angesprochen, ob ein Gerüst erforderlich ist, und wurde dies von beiden Firmen und vom Zeugen verworfen, da dies eine Kostenfrage ist und die Baustelle auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten berechnet werden muss.

Auch diese Aussagen sind der Entscheidung zugrunde zu legen.

Schließlich wurde auch der Beschuldigte einvernommen und gibt er bei der Einvernahme an, dass er Architekt L mit der Ausschreibung und Abwicklung beauftragt habe und dieser Auftrag telefonisch erfolgte. Eine schriftliche Vereinbarung gibt es nicht. Er sollte die Ausschreibungen durchführen und dem besten Angebot den Zuschlag erteilen. Ein bestimmter Kostenrahmen wurde nicht vereinbart. Mit dem Architekten wurde stundenweise abgerechnet. Eine Vereinbarung über Sicherheitsvorkehrungen und die Kosten mit dem Architekten gibt es nicht. Auch eine Vereinbarung zwischen dem Beschuldigten und den Professionisten in diese Richtung gibt es nicht, vielmehr ist der Beschuldigte davon ausgegangen, dass der Architekt alles ordnungsgemäß erledigen werde. Auf die Existenz des BauKG wurde er nicht hingewiesen. Es gibt daher auch keine ausdrückliche Beauftragung eines Projektleiters, Planungs- oder Baustellenkoordinators. Bei der Baustellenbesprechung am 27.4.2004, wurden die Firmen koordiniert und technische Belange besprochen, wie auch Sicherheitsvorkehrungen. Dies haben die Firmen untereinander besprochen.

Weiters wurde anlässlich der mündlichen Verhandlung am 17.3.2005 vom Beschuldigten ein Protokoll, datiert vom 16.3.2005, der L und S GmbH vorgelegt, wonach im Gespräch vom 27.4.2004 neben technischen Details auch Fragen der Sicherheitseinrichtungen besprochen wurden und vereinbart wurde, dass die Firmen jeweils selbst für die erforderlichen Sicherheitseinrichtungen zu sorgen haben. Ein gemeinsames Standgerüst wurde von den Firmen als nicht notwendig erachtet, weil jede Firma für sich eigene Sicherheitsvorkehrungen (Sicherheitsgeschirre, Dachschutzblenden) vorzusehen und diese auch als ausreichend erachtet hatte.

4.3. Im beigeschafften Akt des Bezirksgerichtes Linz zu 17 U 289/04x gegen den Beschuldigten M R wegen § 88 Abs.1 und Abs.4 erster Fall StGB liegen Einvernahmen der Arbeitnehmer W G, E S, M S (Verunfallter) und M R vor, in welchen einhellig zum Unfallszeitpunkt 24.5.2004 ausgeführt wurde, dass alte Dachziegel und Dachlatten vom Dachstuhl entfernt und hinuntergeworfen wurden und die Arbeitnehmer nicht gesichert waren. Es waren noch keine Schutzgitter montiert, da noch Teile vom Dachstuhl entfernt werden mussten. Auch war keine Sicherung mittels Gurt oder Seil vorhanden. Es wurde vom Bauleiter R auch eingeräumt, dass es richtig ist, das ein außenliegendes Fassadengerüst angebracht hätte werden können, jedoch wäre bei Baustellenbeginn ein Fanggerüst aus technischer Sicht - Dachvorsprung etc. - nicht möglich gewesen. Nach seiner Ansicht hat der Verunfallte von der Decke aus Tätigkeiten vorgenommen und war daher ein Angurten nicht notwendig.

Im Protokoll zur Hauptverhandlung am 11.8.2004 führte der Sachverständige DI H aus, dass bei Dacharbeiten mit mehr als 3 m Absturzgefahr besteht und daher ein Fassadengerüst, bei dem die letzten Etagen als Dachfanggerüst ausgerichtet sind, nötig gewesen wäre. Dazu führte der Bauleiter an: "Ein derartiges Gerüst gab es aus Kostengründen nicht. Außerdem war es vom Bauherrn Dr. K nicht ausgeschrieben. .... Die üblichen Fanggerüste waren vorgesehen, konnten aber aus technischen Gründen erst später gebaut werden. Gurte sind meiner Ansicht nach genug Sicherheit für solche Arbeiten." Der Verunfallte gab weiters an: "Über Sicherheitsvorkehrungen wurde mit mir nie gesprochen. Ob Gurte vorhanden waren, weiß ich nicht. Auch der Polier sagte nichts von Gurten."

Weiters wurde vom Bezirksgericht Linz ein Sachverständigengutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für technischen Unfallschutz DI H L vom 20.11.2004 eingeholt. Dieser führte unter Punkt 3.3 seines Gutachtens aus, dass ein Fanggerüst oder ein als Fanggerüst ausgebildetes Fassadengerüst ohne technische Probleme errichtet hätte werden können. Da die Errichtung eines Gerüstes weniger als einen halben Tag in Anspruch genommen hätte, kann dies bei mehrtätigen Dacharbeiten keinesfalls als unverhältnismäßig großer Aufwand gegenüber den durchzuführenden Arbeiten angesehen werden. Die Verwendung der Sicherheitsgeschirre insbesondere für den Verunfallten bei seiner unfallsgegenständlichen Tätigkeit am Dachgeschossboden ist daher - egal ob die unfallsgegenständlichen Arbeiten als Dacharbeiten oder als Bauarbeiten von einer Geschossdecke aus bewertet werden - obsolet. Als sicherheitstechnische "Notlösung", die einen Absturz bei Arbeiten vom Dachgeschossboden verhindern hätte können, wäre noch eher die Anbringung von Wehren an den Sparren vor der Absturzkante (wenn auch nicht gesetzeskonform aber kostengünstig) geeignet gewesen. Es wird daher in der Zusammenfassung ausgeführt, dass dem Bauleiter als fachkundiger Person in der 3/4-Stunde die er in der Früh auf der gegenständlichen Baustelle war - aber auch anderen Baustellenverantwortlichen - aufgefallen und bewusst geworden sein muss, dass bei der Umsetzung des Arbeitsauftrages, dh beim eigentlichen Abtragen der alten Dachhaut zwar wie in vielen Fällen branchenüblich (kosten- und zeitsparend, aber mit erhöhtem Risiko) nicht aber gesetzeskonform, da nämlich ungesichert, gearbeitet wurde. "Trotz der gerade im Bezug auf Absturzsicherungen vorhandenen umfangreichen verbindlichen Vorschriften und empfohlenen Richtlinien und Regeln der Technik, werden diese im beruflichen Alltag kaum eingehalten. Dies weil sie den ‚vor Ort' tätigen Arbeitspartien kaum genauer bekannt sind, weil sie über die richtige sichere Arbeitsweise wenig unterwiesen sind und immer schon ‚so', nämlich ohne Absturzsicherungen gearbeitet wurde oder es einfach die Arbeit verteuert und man gegenüber anderen Mitbewerbern bei den Ausschreibungen nicht wettbewerbsfähig wäre. Von Seiten der Firmenleitung bzw. des Bauleiters R wurde die erforderliche persönliche Schutzausrüstung in ausreichender Anzahl und rechtzeitig auf die Baustelle geliefert. Man war sich vermutlich nicht bewusst, dass dies nicht ausreicht bzw. überhaupt für die gegenständlichen Arbeiten die falsche Sicherheitsmaßnahme darstellte, insbesondere wenn nicht einmal z.B. durch Kontrollen sichergestellt wird, dass diese persönliche Schutzausrüstung auch wirklich getragen wird. Die Verwendung der persönlichen Absturzsicherungen (Sicherheitsgeschirr) wird auch kaum durchgesetzt, weil das Tragen eines Sicherheitsgeschirres zweifellos hinderlich ist und den Tätigkeitsbereich einschränkt bzw. dadurch die Arbeiten verlängert. Das ist auch der Grund warum den technischen Absturzsicherungen nicht nur im Gesetz - sondern auch in der Praxis - unbedingt der Vorzug zu geben ist. Dadurch werden nämlich zugleich sämtliche im Gefahrenbereich tätigen Arbeiter geschützt und nicht jeder einzelne extra für sich durch die persönliche Schutzausrüstung. Unter Einbeziehung der Risikokosten ist daher auch wirtschaftlich gesehen die persönliche Schutzausrüstung die teurere für die Firma und die Volkswirtschaft."

In der neuerlichen Hauptverhandlung vom 21.2.2005 vor dem Bezirksgericht Linz wurde der Beschluss auf Vertagung der Hauptverhandlung zur Durchführung der Diversion in Form eines Bußgeldes verkündet.

Das gerichtliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und entspricht im Wesentlichen auch den Ausführungen des Arbeitsinspektorates Linz. Es kann daher auch der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Zu der vom Beschuldigten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme vom 15.3.2005 des bautechnischen Büros F P, welches hinsichtlich der erforderlichen Schutzeinrichtungen auf die BauV verweist und Auffangnetze oder Dachschutzblenden anführt und ein Aufstandsgerüst nur bei mehreren gleichzeitig beschäftigten Firmen im gleichen Arbeitsbereich als erforderlich erachtet, weshalb mangels einer Beschäftigung einer weiteren Firma am Objekt die Notwendigkeit eines Aufstandsgerüstes entfällt, wird das vorgenannte Gutachten entgegengehalten. Insbesondere wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen hingewiesen, denen dieses Gutachten klar widerspricht. Im Grunde der gesetzlichen Regelungen kann daher dieser Stellungnahme nicht gefolgt werden.

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 BauKG, BGBl. I Nr. 37/1999 idF BGBl. I Nr. 159/2001, soll dieses Bundesgesetz Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen durch die Koordinierung bei der Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten gewährleisten. Es gilt daher für alle Baustellen, auf denen Arbeitnehmer beschäftigt werden, und unbeschadet der im Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (ASchG) geregelten Verpflichtungen der Arbeitgeber, für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu sorgen (Abs.2 und 5 leg.cit).

Gemäß § 4 Abs.1 BauKG hat der Bauherr - das ist gemäß § 2 Abs.1 leg. cit eine natürliche oder juristische Person, in deren Auftrag ein Bauwerk ausgeführt wird - dafür zu sorgen, dass die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG bei Entwurf, Ausführungsplanung und Vorbereitung des Bauprojektes berücksichtigt werden, insbesondere bei der architektonischen, technischen und organisatorischen Planung, bei der Einteilung der Arbeiten, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden, und bei der Abschätzung der voraussichtlichen Dauer für die Durchführung dieser Arbeiten.

Gemäß § 7 ASchG haben Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitsstätten, Arbeitsplätze, ... folgende allgemeine Grundsätze der Gefahrenverhütung umzusetzen:

  1. Vermeidung von Risken;

6. Ausschaltung oder Verringerung von Gefahrenmomenten;

8. Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellem Gefahrenschutz.

Gemäß § 10 Z1 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Bauherr die Verpflichtungen nach § 4 Abs.1 dieses Bundesgesetzes verletzt.

5.2. Zur Verantwortlichkeit des Beschuldigten:

Der Beschuldigte ist Bauherr im Sinn des § 2 Abs.1 BauKG und als solcher gemäß § 4 Abs.1 BauKG für die Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Gefahrensverhütung gemäß § 7 ASchG bei Entwurf, Ausführungsplanung und Vorbereitung des Bauprojektes verantwortlich.

Aus dem durchgeführten Beweisverfahren ist ersichtlich, dass der Beschuldigte einen Projektleiter im Sinn des § 2 Abs.2 BauKG nicht bestellt hat. Dies ist einwandfrei aus der Aussage des Zeugen Architekt DI L ersichtlich, wonach der Beschuldigte grundsätzlich auf der Baustelle alles selber besorgt was er selber kann und nur im Einzelfall den Architekten heranzieht. Es wurde daher auch kein Auftrag für die Planung oder Ausführung mit dem Architekten vereinbart. Vielmehr war der Architekt überwiegend beratend tätig. Jedenfalls kam es zu keiner Vereinbarung dahingehend, dass dem Architekten mit dessen Zustimmung Pflichten eines Bauherrn übertragen wurden. Es ist daher nicht vom Übergang einer Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 Abs.1 BauKG auszugehen.

Aus dem Verhandlungsergebnis ist auch erwiesen, dass im vorgeworfenen Tatzeitraum von 1.2.2004 bis 30.4.2004 ein Auftrag noch nicht ergangen ist, zumal die an erster Stelle durchzuführenden Zimmereiarbeiten mit 3.5.2004 vergeben wurden. Der vorgeworfene Tatzeitraum stellt daher eine Vorbereitungsphase vom Beginn der Planungsarbeiten bis zur Auftragsvergabe im Sinn des § 2 Abs.4 BauKG dar.

Gemäß § 3 Abs.1 BauKG hat der Bauherr, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden, einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase zu bestellen, wobei die Bestellung des Planungskoordinators zu Beginn der Planungsarbeiten, schriftlich und mit nachweislicher Zustimmung des Bestellen zu erfolgen hat (§ 3 Abs.4 und 6 BauKG).

Da aber eine schriftliche Vereinbarung mit dem Architekten erwiesenermaßen nicht erfolgt ist und im Übrigen auch eine konkludente oder mündliche Bestellung nicht zu Beginn der Planungsarbeiten erfolgt ist, war von einer im Sinn des BauKG erfolgten Bestellung eines Planungskoordinators nicht auszugehen.

Es ist daher der Beschuldigte als Bauherr verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

5.3. Gemäß § 4 Abs.1 BauKG hat der Beschuldigte bei Entwurf, Ausführungsplanung und Vorbereitung des Bauprojektes die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung zu berücksichtigen bzw. für die Berücksichtigung Sorge zu tragen.

Bei den allgemeinen Grundsätzen der Gefahrenverhütung führt § 7 ASchG in Z8 insbesondere auch den Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellem Gefahrenschutz an. Dies bedeutet, dass bei Sicherheits- und Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer Maßnahmen des kollektiven Gefahrenschutzes der Vorzug zu geben ist, wobei insbesondere gemäß § 4 Abs.1 BauKG der Bauherr in der Planungs- und Vorbereitungsphase dafür zu sorgen hat, dass z.B. der kollektive Gefahrenschutz berücksichtigt wird. Dieser Pflicht ist der Beschuldigte im konkreten Fall nicht nachgekommen. Weil er sich nämlich bei der Planungs- und Vorbereitungsphase (bis zur Auftragsvergabe am 3.5.2004) nicht eines Projektleiters und Planungskoordinators bedient hat, wäre es an ihm gelegen gewesen, sich hinsichtlich der maßgeblichen Vorschriften zu erkundigen und für die Einhaltung und Umsetzung der maßgeblichen Vorschriften Sorge zu tragen. Dies unbeschadet der Verpflichtungen der Arbeitgeber, für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu sorgen (§ 1 Abs.5 BauKG).

Im konkreten Fall hätte daher der Beschuldigte Sorge tragen müssen, dass Maßnahmen des kollektiven Gefahrenschutzes bei Entwurf, Ausführungsplanung und Vorbereitung des Bauprojektes berücksichtigt werden, insbesondere bei der Planung und bei der Einteilung der Arbeiten. Dieser Sorgfaltspflicht hätte er z.B. durch eine konkrete Ausschreibung nachkommen können, nämlich indem konkret Maßnahmen des kollektiven Gefahrenschutzes in der Ausschreibung der jeweiligen Professionisten vorgesehen werden oder aber der Bauherr lässt gesondert von den dann zu beauftragenden Professionisten Maßnahmen des kollektiven Gefahrenschutzes (durch einen anderen Professionisten) durchführen. Jedenfalls wäre es aber erforderlich gewesen, konkrete Gefahrenschutzmaßnahmen vorzusehen. Dass aber konkrete technische Schutzmaßnahmen des kollektiven Gefahrenschutzes in der Ausschreibung angeführt sind, wird weder behauptet noch ist dies aus den Ausschreibungen ersichtlich, da diese nur allgemeine Verweise auf die Sicherheitsbestimmungen bzw. Baustelleneinrichtung als Ganzes enthalten. Jedenfalls aber erscheint aus den einzelnen Ausschreibungen als erwiesen, dass jeder Professionist den Arbeitnehmerschutz gesondert konkret für seine Arbeitnehmer wahrzunehmen hat, nicht aber einen Arbeitnehmerschutz für alle in Betracht kommenden Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer. Dies kommt im Übrigen auch aus den Aussagen der beauftragten Professionisten und letztlich auch des Beschuldigten hervor, nach denen jeder für sich die für ihn notwendige Schutzausrüstung bestimmt.

Es ist daher für die Verpflichtung des Bauherrn gemäß § 4 Abs.1 BauKG irrrelevant, wenn der Beschuldigte auf eine Baustellenbesprechung vom 27.4.2004 verweist, in welcher er das Aufstellen eines Gerüstes vorgeschlagen haben soll und die Firmen einhellig abgelehnt haben sollen, zumal es nach der Verpflichtung des § 4 Abs.1 BauKG nicht auf das "Gutdünken" der einzelnen Arbeitgeber (Professionisten) ankommt, sondern auf die Pflicht des Bauherrn und seine Anordnungen, und zwar am Beginn der Planung und Vorbereitung. Wenngleich vom Oö. Verwaltungssenat nicht übersehen wird, dass auch die einzelnen Arbeitgeber für den Arbeitnehmerschutz ihrer Arbeitnehmer verantwortlich sind, und dass für den Fall, dass auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber beschäftigt sind, die Arbeitgeber durch Koordination der Arbeiten für die Sicherheit der Arbeitnehmer auf der Baustelle zu sorgen haben (§ 8 ASchG), so enthebt diese Verpflichtung der Arbeitgeber den Bauherrn nicht von seiner Verpflichtung nach § 4 Abs.1 BauKG. Dass aber eine konkrete Anordnung durch den Beschuldigten an die einzelnen Professionisten oder an den Architekten ergangen ist, eine Maßnahme des kollektiven Gefahrenschutzes, also konkret ein Dachfanggerüst, aufzustellen, wird weder vom Beschuldigten noch von den Professionisten behauptet, sondern im Gegenteil z.B. von der Firma G & Co GmbH ausdrücklich in Abrede gestellt. Auch der Bauleiter führt in seiner gerichtlichen Einvernahme ausdrücklich an, dass ein Gerüst aus Kostengründen gar nicht vorgesehen war und auch nicht in der Ausschreibung enthalten war. Den gesamten Aussagen ist sogar zu entnehmen, dass die Notwendigkeit eines Gerüstes (zumindest latent) bewusst war, aber aus Kostengründen davon Abstand genommen wurde.

Der Oö. Verwaltungssenat übersieht auch nicht, dass ein Durchschnittsbürger als Bauherr nicht mit dem erforderlichen Sachverstand und den Kenntnissen ausgestattet ist, um diesen Anforderungen nachzukommen. Diesem Umstand hat das BauKG auch dadurch Rechnung getragen, als die Möglichkeit der Bestellung eines Projektleiters eröffnet wird und im Übrigen für den Fall der Beschäftigung mehrerer Arbeitgeber auf einer Baustelle - gleichgültig ob gleichzeitig oder hintereinander - sogar zwingend die Bestellung eines Planungskoordinators und Baustellenkoordinators vorsieht.

Zu der Frage der Notwendigkeit eines kollektiven Gefahrenschutzes wird aber insbesondere auf die Aussagen des Arbeitsinspektorates als sachverständiges Organ sowie aber insbesondere auch auf das im gerichtlichen Verfahren erstattete Gutachten des Sachverständigen für technischen Unfallschutz hingewiesen. Daraus ist klar und eindeutig ersichtlich, dass eine persönliche Schutzausrüstung keinesfalls ausreichend gewesen wäre. Im Übrigen wurde eine persönliche Schutzausrüstung ebenfalls nicht verwendet. Hinsichtlich des durchgeführten Beweisverfahrens wird aber noch angemerkt, dass sowohl von den Professionisten als auch vom Architekten bei den Maßnahmen des Gefahrenschutzes nicht klar zwischen Dachschutzblenden und Dachfanggerüsten unterschieden wird, sondern irrtümlicherweise zwar Fanggerüste oder Fanggitter bezeichnet werden, aber tatsächlich immer Dachschutzblenden gemeint waren. Dachschutzblenden aber stellen keinen kollektiven Gefahrenschutz dar, weil sie dort und für konkrete Arbeitnehmer montiert werden, wo gerade gearbeitet wird, nicht hingegen trifft dies zu bei Dachfanggerüsten bzw. Fassadengerüsten mit einem Dachfanggerüst als letzte Etage. Dieses wird für das gesamte Objekt und die gesamte Bauzeit aufgestellt und montiert und ist für sämtliche Arbeitnehmer aller Professionisten verwendbar.

Zu den konkreten Schutzmaßnahmen für die durchzuführenden Zimmerei-, Spengler- und Dachdeckerarbeiten ist aber auf die BauV hinzuweisen, wonach schon gemäß § 7 BauV bei Absturzgefahr - eine solche liegt gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV bereits bei einer Absturzhöhe von mehr als 2,00 m vor - Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen anzubringen sind, wobei Absturzsicherungen gemäß § 8 Abs.1 Z2 BauV Umwehrungen (Geländer) sind (auf das diesbezügliche Gutachten des Gerichtssachverständigen wird hingewiesen). Abgrenzungen nach § 9 BauV kommen nicht in Betracht, weil eine Dachneigung über 20° vorliegt. Es sind daher gemäß § 10 Abs.1 BauV als Schutzeinrichtungen bei Dächern Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden (§ 88) vorzusehen. Es ist daher eindeutig ersichtlich, dass Sicherheitsgurte bzw. Sicherheitsseile keinesfalls einen ausreichenden Arbeitnehmerschutz darstellen. Das Beweisergebnis hat aber gezeigt, dass nur Dachschutzblenden vorgesehen waren. Dies aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt und nicht von Anbeginn der Baustellenarbeiten. Allerdings ist - wie schon oben ausgeführt - der Verwendung von Dachschutzblenden entgegenzuhalten, dass diese keinen kollektiven Gefahrenschutz darstellen. Sowohl das gerichtliche Sachverständigengutachten als auch die Aussagen im strafgerichtlichen Verfahren geben aber übereinstimmend an, dass ein Gerüst hätte leicht aufgestellt werden können und auch keinen übermäßigen unwirtschaftlichen Aufwand im Hinblick auf die durchzuführenden Arbeiten dargestellt hätte. Entgegen dem Berufungsvorbringen ist aber der kollektive Gefahrenschutz unabhängig von der Zahl der Arbeitgeber erforderlich.

Es ist daher der Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

5.4. Der Berufungswerber hat die Tat auch subjektiv zu verantworten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiters anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt zu den Ungehorsamsdelikten und war Fahrlässigkeit ohne weiteres zu vermuten. Ein Entlastungsnachweis ist hingegen dem Berufungswerber nicht gelungen. Insbesondere ist sein Vorbringen, dass er zwei Professionisten beauftragt habe und sich eines Architekten bedient habe, nicht geeignet sein Versschulden auszuschließen. Es wird zwar konzediert, dass bei Bedienung eines Architekten dieser den Bauherrn über seine Pflichten aufzuklären hätte, allerdings enthebt dies den Beschuldigten nicht von dem in der Literatur und Judikatur anerkannten Grundsatz, dass jeder Staatsbürger die kundgemachten gesetzlichen Vorschriften kennt. Jedenfalls hat er sich aber Kenntnis zu verschaffen, und zwar bei der dafür zuständigen Behörde. Dass aber der Beschuldigte Erkundigungen eingeholt hätte und die zuständige Behörde konsultiert hätte, wird selbst vom Beschuldigten nicht behauptet. Vielmehr gab er in der mündlichen Verhandlung selbst zu, dass er erst anlässlich der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens über das BauKG und die darin statuierten Verpflichtungen des Bauherrn Kenntnis erlangte. Diese Ausführungen gelten auch für die vom Beschuldigten relevierte Bestimmung des § 5 Abs.2 VStG. Unkenntnis der Verwaltungsvorschriften entschuldigt nämlich nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Es wurde aber bereits ausgeführt, dass die Unkenntnis nicht unverschuldet war, sondern dem Beschuldigten zugemutet werden kann, dass er bei Inangriffnahme eines solchen Bauprojektes entweder grundsätzlich einen Projektleiter damit beauftragt oder aber sich selbst Kenntnis von den maßgeblichen Rechtsvorschriften verschafft, um selbständig tätig werden zu können. Es war daher die Voraussetzung für einen Entschuldigungsgrund nicht gegeben.

Es liegt daher auch Verschulden des Beschuldigten vor.

5.5. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Strafbemessung eine Ermessensentscheidung ist. Es konnte nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hat. So hat sie als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet und keinen Straferschwerungsgrund zugrunde gelegt. Sie hat auf die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten, nach eigener Schätzung, Bedacht genommen. Diesen Umständen wurde auch in der Berufung nichts entgegengesetzt. Auch kamen sonst keine Milderungsgründe hervor und wurden auch nicht vom Beschuldigten vorgebracht. Im Übrigen war aber darauf hinzuweisen, dass schon im Sinn des § 19 Abs.1 VStG auf den Unrechtsgehalt der Tat besonders Bedacht zu nehmen ist und in diesem Rahmen auch besonders zu berücksichtigen war, dass es durch die Verwaltungsübertretung zu erheblichen nachteiligen Folgen gekommen ist, zumal es zu einem Arbeitsunfall mit schwerer Körperverletzung gekommen ist. Die verhängte Geldstrafe beträgt auch knapp 1/7 des vorgesehen Höchstrahmens und ist daher in Anbetracht des Unrechtsgehaltes der Tat und der übrigen Strafbemessungsgründe nicht als überhöht zu werten. Sie ist weiters geeignet, den Beschuldigten vor einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Es war daher auch die verhängte Strafe zu bestätigen.

Die Strafnorm musste im Sinn der zitierten Gesetzesstelle berichtigt werden.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

technischer Schutz, kollektiver Gefahrenschutz, Verantwortlichkeit

Beachte:

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

VfGH vom 29.09.2006, Zl.: B 556/05-9

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