Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280816/2/Ga/Da

Linz, 20.04.2005

 

 

 VwSen-280816/2/Ga/Da Linz, am 20. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn Ing. A K, vertreten durch Dr. B, Dr. Z Rechtsanwälte GmbH in L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. Februar 2005, Ge96-134-2003-Hw, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben. Das Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 8. Februar 2005 wurde der Berufungswerber einer Übertretung des § 130 Abs.1 Z16 iVm § 35 Abs.1 Z5 ASchG für schuldig befunden und über ihn eine Geldstrafe von 2.000 Euro kostenpflichtig verhängt. Als erwiesen wurde ihm vorgeworfen (§ 44a Z1 VStG): "Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gem. § 9 Abs.1 VStG der P GmbH, persönlich haftende Gesellschafterin der Arbeitgeberin P GmbH & Co KG mit Sitz in H, Geschäftsanschrift H, L, in der Arbeitsstätte in H, L, folgende Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes zu vertreten: Die Werkzeugmaschine FIDIA DIGIT 218, in der Halle Werkzeugbau-Instandhaltung wurde durch den Arbeitnehmer S R, geb. , am 22.8.2003 benutzt, obwohl der Verriegelungsschalter der Schutztür zum Bearbeitungsraum funktionsunfähig war. Dies stellt eine Übertretung des § 35 Abs.1 Ziffer 5 AschG dar, wonach Arbeitsmittel nicht benützt werden dürfen, wenn die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind."
 
Den Schuldspruch in sachverhaltsmäßiger Hinsicht begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es beruhe der im Spruch festgestellte Sachverhalt auf einer Unfallerhebung durch das AI und die demgemäß erstattete Anzeige, wonach die Werkzeugmaschine am Vorfallstag in der Halle Werkzeugbau-Instandhaltung durch den namentlich genannten Arbeitnehmer benutzt worden sei, obwohl der Verriegelungsschalter der Schutztür zum Bearbeitungsraum funktionsunfähig gewesen sei und auf Grund der funktionsuntüchtigen Türverriegelung der Arbeitnehmer durch einen weggeschleuderten Metallring im Brustbereich schwer verletzt worden sei. Dieser Sachverhalt sei vom Beschuldigten in Frage gestellt und dabei behauptet worden, dass der Einschalter zur Zutrittstüre sehr wohl funktionsfähig gewesen und dies durch die Wartungsprotokolle belegt worden sei.
Damit sei es dem Beschuldigten jedoch nicht gelungen, eine glaubhafte andere Darstellung der Sachumstände vorzubringen, sodass die belangte Behörde von der Richtigkeit des im Spruch festgestellten Sachverhaltes auszugehen und die objektive Tatseite als erwiesen anzunehmen gehabt hätte. Subjektiv tatseitig sei Fahrlässigkeit vorgelegen.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, Aufhebung und Einstellung beantragende Berufung hat der UVS nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit bekämpfend, wendet der Berufungswerber ua ein, es habe das Straferkenntnis offen gelassen, welche ihm obgelegene Verpflichtung verletzt worden sei. Das Arbeitsinspektorat hingegen habe in seiner Stellungnahme vom 23. Februar 2004 ausgeführt, er habe als Arbeitgeber nicht dafür gesorgt, dass die Fräsmaschinen während der gesamten Dauer der Benutzung durch entsprechende Wartung in einem Zustand gehalten werden, der den für sie geltenden Vorschriften entspreche. In dieser Stellungnahme sei das Arbeitsinspektorat auch von anderen, für den zugrundeliegenden Vorfall maßgebenden Rechtsvorschriften ausgegangen. Demgegenüber habe die belangte Behörde ihm die Verletzung des § 35 Abs.1 Z5 ASchG zur Last gelegt, welche Bestimmung er jedoch nicht verletzt habe. Diese Vorschrift ziele darauf ab, Arbeitgeber anzuhalten, Arbeitsmittel, etwa Maschinen, in einem ordnungsgemäßen und funktionsfähigen Zustand zu halten. Genau dieser Vorschrift sei er nachgekommen, was er durch die vorgelegten Wartungsprotokolle nachgewiesen habe.
 
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 4. November 2003 (AzR) wurde der Berufungswerber aufgefordert, sich hinsichtlich des folgenden Sachverhalts zu rechtfertigen: "Die Werkzeugmaschine FIDIA DIGIT 218, in der Halle Werkzeugbau-Instandhaltung wurde durch den Arbeitnehmer S R, geb. , am 22.8.2003 benutzt, obwohl der Verriegelungsschalter der Schutztür zum Bearbeitungsraum funktionsunfähig war."
Hiefür sei der Berufungswerber in seiner Eigenschaft als organschaftlicher Vertreter der als Arbeitgeberin involvierten Gesellschaft verantwortlich; Tatort sei der Sitz dieser Gesellschaft in H mit bestimmter Geschäftsanschrift. Dies stelle eine Übertretung des § 35 Abs.1 Z5 ASchG dar, wonach Arbeitsmittel nicht benützt werden dürfen, wenn die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind. Demgemäß habe der Berufungswerber die Vorschrift des § 130 Abs.1 Z16 iVm § 35 Abs.1 Z5 ASchG verletzt.
 
Nach dazu geführtem Ermittlungsverfahren erlies die belangte Behörde das vorliegend angefochtene Straferkenntnis, das hinsichtlich der Tatumschreibung mit der zit. AzR ident ist, als verletzte Rechtsvorschriften die schon in der AzR genannten Bestimmungen des ASchG anführt und über den Berufungswerber gemäß § 130 Abs.1 Einleitung ASchG eine Geldstrafe von 2000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
 
Die im Berufungsfall maßgeblichen Gesetzesstellen des ASchG lauten:
"§ 130.(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7 260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14 530 Euro zu bestrafen ist, begeht, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen ...
16. die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.
 
§ 35.(1) Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass bei der Benutzung von Arbeitsmitteln folgende Grundsätze eingehalten werden: ...
5. Arbeitsmittel dürfen nicht benutzt werden, wenn Beschädigungen festzustellen sind, die die Sicherheit beeinträchtigen können, oder die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind."
 
Die Materialien (RV 1590 BlgNR XVIII. GP; RV 802 BlgNR XXI. GP) zu der als verletzt vorgeworfenen Vorschrift des § 35 ASchG sind unergiebig.
 
Als wesentliche Tatbestandsmerkmale einer Übertretung des § 130 Abs.1 Z16 iVm § 35 Abs.1 Z5 ASchG sind nach Auffassung des UVS anzusprechen:
Jedenfalls die Verletzung konkreter Pflichten des Arbeitgebers, die diesem hinsichtlich (ua) der Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer auferlegt sind.
 
Solche Pflichten regelt § 35 Abs.1 ASchG. Die dort dem Arbeitgeber auferlegte Verpflichtung besteht im Gebot, entsprechende (betriebsorganisatorische) Vorkehrungen zu treffen, um dadurch sicher zu stellen, dass seine Arbeitnehmer gemäß dem an sie gerichteten Verbot iSd Z5 leg.cit. Arbeitsmittel (ua) dann nicht benutzen, wenn Schutz- und Sicherheitseinrichtungen des jeweiligen Arbeitsmittels funktionsunfähig sind.
 
Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung des UVS die mit Strafsanktion bedrohte Verletzung einer Verpflichtung des Arbeitgebers der tatseitigen Sachverhaltsebene, nicht der Schuldseite, zuzuordnen und erschöpft sich somit nicht im schlichten Faktum einer verbotswidrigen Benutzung des Arbeitsmittels/der Maschine durch Arbeitnehmer, sondern besteht im vorgängigen Unterlassen konkreter, auf die Beachtung des Benützungsverbotes gerichteter, in seiner Leitungsgewalt gelegener Vorkehrungen oder in der Anordnung untauglicher solcher Vorkehrungen. Darauf hätte ein die Erfüllung des Straftatbestandes des § 130 Abs.1 Z16 iVm § 35 Abs.1 Z5 ASchG anlastender Vorwurf gerichtet sein müssen. Dabei wäre - orientiert am strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG - anzugeben gewesen, in welchen konkreten Umständen (Anordnungen oder Unterlassungen) das eigentliche Verhaltensdefizit des Arbeitgebers (nämlich: nicht gesorgt zu haben) bestanden habe.
 
Dergleichen lasteten im Berufungsfall weder die AzR vom 4. November 2003 noch der Schuldspruch des Straferkenntnisses an. Der einzige tatseitige Sachverhalt beschreibt allein das verbotswidrige Verhalten des namentlich genannten Arbeitnehmers und scheint insoweit eher dem Straftatbestand des § 130 Abs.4 Z2 ASchG angenähert. Die im letzten Satz der Anlastung bzw. des Schuldspruchs enthaltene Wiedergabe des abstrakten Gesetzestextes zu § 35 Abs.1 Z5 ASchG vermag den konkret sachverhaltsbezogenen Vorwurf des dem Arbeitgeber zurechenbaren Fehlverhaltens nicht zu ersetzen, zumal es sich bei dem abstrakt wiedergegebenen Gesetzestext nicht eigentlich um den an den Arbeitgeber gerichteten abstrakten Verhaltensbefehl handelt.
 
Wurde aber im Berufungsfall objektiv-tatseitig nicht vorgeworfen, dass und wodurch der Berufungswerber als Arbeitgeber gegen die ihm auferlegte Verpflichtung konkret zuwider gehandelt hat, so blieb der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses in einem solchen Maße unbestimmt, dass - im Hinblick auf die bereits eingetretene Sachbindung des Tribunals - wie im Spruch zu verfügen war.
Dieses Verfahrensergebnis entlastet den Berufungswerber auch aus der Kostenpflicht.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

Mag. Gallnbrunner

Beachte: 

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 27.01.2006, Zl.: 2005/02/0158-6

 
 

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