Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280830/9/Wim/Pe

Linz, 09.09.2005

 

 

 

VwSen-280830/9/Wim/Pe Linz, am 9. September 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn J S, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20.4.2005, Zl. 0007307/2004, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 9, 24, 45 Abs.1 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Einleitung zitierten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von gesamt 1.275 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt 982 Stunden, verhängt, weil er es als Mitglied des Vorstandes der Brau U Ö A und somit als nach § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, dass mehrere Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes durch verschiedene Arbeitnehmer in der Arbeitsstätte B U Ö A, G, T, festgestellt worden seien. Bei den Übertretungen handelt es sich um Verstöße gegen die höchstzulässige Tages- und Wochenarbeitszeit.

 

 

2. Vom Berufungswerber wurde dagegen fristgerecht Berufung erhoben und u.a. vorgebracht, dass die B U Ö A Gesamtrechtsnachfolgerin der S A sei und es noch aus dieser Zeit eine Bestellung des Herrn Ing. M J zum verantwortlichen Beauftragten für den Bereich Schankservice, in dem die Arbeitszeitübertretungen festgestellt wurden, gebe.

 

Dazu wurde im Verfahren die Abschrift einer schriftlichen Vereinbarung über die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG, datiert vom 31.3.1993 bei der Unterschrift der S A und datiert mit 2.4.1993 bei der Unterschrift von Herrn Ing. M J vorgelegt.

 

 

3. In dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat ergänzten Ermittlungsverfahren wurde durch das Arbeitsinspektorat G vom zuständigen Arbeitsinspektor dazu telefonisch mitgeteilt, dass diese Vereinbarung beim Arbeitsinspektorat nicht aufzufinden sei. Es würden jedoch in etwa aus dieser Zeit von Seiten der damaligen S A mehrere derartige Bestellungen für andere Betriebsbereiche vorliegen, die aufgrund einer ähnlich lautenden Mustervereinbarung geschaffen worden seien.

 

Vom Berufungswerber wurden daraufhin im anschließenden Parteiengehör einerseits Unterlagen vorgelegt, die belegen, dass die S A wie auch in der Folge dann die Ö B A im Jahre 1997 ihren Geschäftsbereich Bierproduktion und Getränkevertrieb unter Anwendung des Spaltungsgesetzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die B U Ö A übertragen hat und auch sämtliche in diesem Geschäftszweck tätigen Mitarbeiter, darunter natürlich Herr Ing. J vom Nachfolgeunternehmen übernommen worden seien.

Herr Ing. J sei ehemals Mitarbeiter der S A gewesen und sei nach wie vor Dienstnehmer des nunmehrigen Unternehmens und als solcher durchgehend seit seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten im Jahre 1993 beschäftigt.

 

Der Umstand, dass beim Arbeitsinspektorat G die Vereinbarung über die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten nicht aufliegen soll, sei für den Berufungswerber nicht nachvollziehbar. Die Vereinbarung sei vom Vorgängerunternehmen rechtswirksam getroffen worden und habe den Zweck gehabt, die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit den jeweiligen Fachbereichen hin zuzuordnen und wäre ohne Vorlage beim Arbeitsinspektorat für Übertretungen nach den maßgeblichen arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen wirkungslos. Um dem Zweck ihrer Erstellung gerecht zu werden, sei die Urkunde folglichst sicher beim Arbeitsinspektorat vorgelegt worden.

 

Es sei wahrscheinlich so gewesen, dass die Vorlage beim Arbeitsinspektorat erfolgt sei, die vorgelegte Urkunde in späterer Folge aber, aus welchem Grund auch immer, untergegangen sei. Diese These werde auch dadurch unterstützt, dass Anzeigen diverser Verantwortlicher der S A, die alle nach ein und derselben Mustervorlage erstellt worden seien, beim Arbeitsinspektorat aufliegen. Warum die spezielle Anzeige betreffend Herrn Ing. J trotzdem nicht aufliege, konnte trotz Rücksprache mit dem ehemaligen Personalreferenten und intensiver Suche im Archiv der B U A nicht eruiert werden.

 

 

4. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde diese Äußerung dem Arbeitsinspektorat G mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme übersendet. Von dort ist bis zum Entscheidungszeitpunkt keine Stellungnahme eingelangt.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das gesamte Unternehmen oder nur für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung obliegt.

 

Gemäß § 9 Abs.6 VStG bleiben die zur Vertretung nach außen berufenen Personen trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

 

Gemäß § 23 Abs.1 ArbIG 1993 wird die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z 1 u. 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet oder er diese nicht begangen hat, oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

5.2. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist es durchaus nachvollziehbar und glaubwürdig, dass die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG und auch die Anzeige und Vorlage an das Arbeitsinspektorat gemäß § 23 ArbIG durch die damalige S A ordnungsgemäß erfolgt ist.

Dafür sprechen das Aufliegen von mehreren in der gleichen Zeit erfolgten praktisch identischen Bestellungen für andere Unternehmensbereiche, die auf der Basis der gleichen Mustervorlage erstellt worden sind.

Überdies war der 1.4.1993 der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993, in dem diese Möglichkeit bzw. Vorgehensweise erstmals vorgesehen wurde. Es erscheint daher durchaus plausibel, dass ein Unternehmen wie die damalige S A mit eigener Rechtsabteilung und entsprechendem Verwaltungsapparat, diese Bestellung nicht nur zivilrechtlich ordnungsgemäß abgeschlossen, sondern auch verwaltungsrechtlich ordnungsgemäß vorgelegt hat.

Aufgrund des inzwischen doch erheblichen Zeitablaufes von mehr als 12 Jahren und den Veränderungen im Unternehmen durch Übernahme, Verschmelzungen und dgl. erscheint es auch durchaus plausibel, dass diese Bestellung vom Arbeitsinspektorat G nicht aufgefunden werden kann.

 

Da somit nicht mehr mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit angenommen werden kann, dass die angelasteten Verwaltungsübertretungen wirklich dem Berufungswerber zugerechnet werden können, war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Ein Anhaltspunkt für ein vorsätzliches Nichtverhindern der Tat iSd. § 9 Abs. 6 VStG durch den Beschuldigten ist aus dem gesamten Verfahrensakt nicht ersichtlich.

 

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Wimmer

 

 

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