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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280832/6/Kl/Rd/Pe

Linz, 12.07.2005

 

 

 VwSen-280832/6/Kl/Rd/Pe Linz, am 12. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufungen des F N, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. L N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29.4.2005, Ge96-14-2005, und gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen wegen Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 15.6.2005, Ge96-14-2005, wegen einer Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung vom 30.6.2005 gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Die Berufungen vom 18.5.2005 und vom 30.6.2005 gegen das Straferkenntnis vom 29.4.2005, Ge96-14-2005, werden als verspätet zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: §§ 66 Abs.4, 71 und 63 Abs.5 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 29.4.2005, Ge96-14-2005, gegen den Bw wegen einer Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung eine Geld- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde durch Übernahme einer Arbeitnehmerin der Rechtsanwaltskanzlei N am 3.5.2005 rechtswirksam zugestellt.

 

Mit Schriftsatz vom 18.5.2005 wurde vom Rechtsvertreter des Bw Berufung gegen das oa Straferkenntnis bei der belangten Behörde eingebracht. Dem Rechtsvertreter des Bw wurde mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 25.5.2005, VwSen-280832/2/Rd/Pe, das Recht auf Parteiengehör gewahrt und darin auf den Umstand der verspäteten Einbringung der Berufung hingewiesen. In der Folge wurde vom Vertreter des Bw bei der belangten Behörde am 13.6.2005 der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht sowie auch die versäumte Handlung - Berufung - nachgeholt.

Begründend wurde hiezu dargelegt, dass offensichtlich von der Sekretärin ein falsches Eingangsdatum vermerkt worden sei. Ein derartiges Missgeschick sei der ansonsten sehr tüchtigen Sekretärin noch nie unterlaufen und sei es bislang überhaupt noch nie zur Versäumung einer Frist gekommen. Es sei daher nur von einem minderen Grad des Versehens auszugehen, der der Genehmigung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegenstehen würde.

 

2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15.6.2005, Ge96-14-2005, wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Folge gegeben.

 

2.1. Gegen diesen Bescheid wurde nunmehr rechtzeitig Berufung erhoben und darin ausgeführt, dass deshalb keine detaillierten Ausführungen im Antrag auf Wiedereinsetzung erfolgt seien, weil es als selbstverständlich vorausgesetzt wurde, dass sich die Sekretärin natürlich weisungswidrig verhalten habe, wenn sie irrtümlich einen Bescheid mit einem auf dem Eingangsstempel falsch eingestellten Datum versehe. Auch werde die Aufsichtspflicht durch den Rechtsvertreter entsprechend wahrgenommen und werden Rechtsmittelfristen von ihm und nicht von der Sekretärin berechnet. Die Frist werde dann von der Sekretärin auf dem Kalender eingetragen. Darüber hinaus werde vom Rechtsvertreter die Frist auch auf einen separaten Kalender eingetragen und werden die Fristen auch regelmäßig gemeinsam mit der Sekretärin durchgesehen. Die Sekretärin habe selbstverständlich die Weisung, die eingelangten Schriftstücke mit dem richtigen Eingangsstempel zu versehen. Die Versäumung der Frist sei deshalb entstanden, da auf dem Eingangsstempel ein falsches Datum eingestellt gewesen sei. Es sei jedoch die Frist, ausgehend vom falschen Eingangsdatum, richtig berechnet und vorgemerkt worden. Eine Kontrolle des Eingangsdatums sei durch den Rechtsvertreter nicht mehr möglich gewesen, weil auf dem in der Kanzlei verbleibenden Briefumschlag das Datum der Übernahme nicht erkennbar sei und der Abschnitt vom Briefträger mitgenommen werde.

Es werde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, im Hinblick auf die Wahrung der Frist zur Einbringung der Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29.4.2005 zu bewilligen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil sich die Berufung gegen die Abweisung der Wiedereinsetzung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet, die Berufung gegen das Straferkenntnis zurückzuweisen war und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine solche nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z4 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG, welcher nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

  1. die Partei glaubhaft macht, das sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
  2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat (§ 71 Abs.2 und 4 AVG).

 

4.2. Wie bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom Rechtsvertreter vorgebracht wurde, hat die Sekretärin - welche im Übrigen sehr zuverlässig sei - den Eingangsstempel mit einem falschen Datum, nämlich anstelle des 3.5. den 4.5., versehen.

 

4.3. Der Rechtsanwalt muss die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt wird. Dies schließt naturgemäß auch das Umstellen des Eingangsstempels durch die damit betraute Sekretärin mit ein. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen ua dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind.

 

Im gegenständlichen Fall kann von keinem minderen Grad des Versehens gesprochen werden, zumal nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei rechtskundigen Personen ein strengerer Sorgfaltsmaßstab gegenüber Rechtsunkundigen bei der Berechnung von Fristen heranzuziehen ist. So hätte dem Rechtsvertreter durch gehörige Aufmerksamkeit und Sorgfalt bei der Vorlage der täglichen Eingangspost und der daran anschließenden Fristberechnung die Unstimmigkeit zwischen dem tatsächlichen Datum und dem Datum des Eingangsstempels zu Bewusstsein kommen müssen.

 

Es kann auch von einem bemerkenswerten Organisationsmangel im Kanzleibetrieb gesprochen werden, zumal dem Rechtsvertreter erst durch das Anschreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 30.5.2005 der Fehler bei der Einstellung des Eingangsstempels am 3.5.2005 durch die Sekretärin zur Kenntnis gelangte. Darüber hinaus erscheint es dem Oö. Verwaltungssenat nicht lebensnah, dass es völlig unbemerkt geblieben sei, dass die Eingangspost mit einem unrichtigen Datum versehen wurde. Spätestens am darauffolgenden Tag bzw bei der dadurch nicht mehr nötigen neuerlichen Umstellung des Eingangsstempels hätte von der Sekretärin der Irrtum bemerkt und dem Rechtsvertreter mitgeteilt werden müssen. Der Rechtsvertreter hätte sich sohin sämtliche am 3.5.2005 eingelangte, jedoch mit 4.5.2005 abgestempelte, Eingangsstücke vorlegen lassen müssen, die Fristen dementsprechend neu zu berechnen und für den korrigierten Eintrag in den Fristenkalender zu sorgen gehabt.

 

Der Rechtsvertreter konnte in seinen Eingaben weder ein ausreichendes Kontrollsystem bzw geeigneten Beweismittel für die ihn treffende Aufsichtspflicht glaubhaft machen bzw vorlegen, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten noch konnte er mangelndes Verschulden seinerseits glaubhaft machen.

 

Es war daher die Berufung gegen die Abweisung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen.

 

4.3. Was die Berufungen vom 18.5.2005 und vom 30.6.2005 gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29.4.2005, Ge96-14-2005, anbelangt, ist Folgendes auszuführen:

 

Das angefochtene Straferkenntnis wurde laut Postrückschein am 3.5.2005 von einer Angestellten der Rechtsanwaltskanzlei Xx übernommen. Damit begann die gemäß § 63 Abs.5 AVG iVm § 24 VStG mit zwei Wochen bemessene Berufungsfrist zu laufen und endete diese sohin am 17.5.2005. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung wurde die Berufung jedoch erst am 18.5.2005 - sohin nach Ablauf der Rechtsmittelfrist - per Telefax eingebracht. Die Ausführungen zur Verspätung gelten naturgemäß auch für die gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag am 30.6.2005 eingebrachte Berufung.

 

Die Berufung war daher als verspätet eingebracht zurückzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt
 
 
Beschlagwortung:
keine Kontrolle, Verschulden des Vertreters

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