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VwSen-280854/13/Kl/Pe

Linz, 03.11.2005

 

 

 

VwSen-280854/13/Kl/Pe Linz, am 3. November 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der Frau M R, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25.7.2005, Ge96-35-2005, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21.9.2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 1.000 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage herabgesetzt wird.

 

II. Der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro; zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25.7.2005, Ge96-35-2005, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 85 Abs.1 erster Satz Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil sie es in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin der E-M GmbH mit dem Sitz in, die das Gewerbe: "Überlassung von Arbeitskräften" im Standort besitzt, zu verantworten hat, dass am 21.4.2005 auf der Baustelle: Neubau Lagerhalle, mehrere Arbeitnehmer mit Montagearbeiten für die Herstellung einer Stahlhalle beschäftigt waren, wobei während der Ausführung von Montagearbeiten die Tragfähigkeit und Standsicherheit der jeweiligen Achsenelemente des Bauwerks, bestehend aus je zwei Stahlstützen und einem Stahldachbinder, während der einzelnen Montagezustände in keiner Weise gewährleistet war. Obwohl je Stütze vier Schrauben für die Befestigung der Bodenplatte am Betonfundament vorgesehen waren, wurden die Stützen nur mit je zwei Schauben befestigt; außerdem wurde das aufgestellte Achselement an der bereits stehenden Hallenkonstruktion im Firstbereich nur mittels eines 60-er Metallwinkels, der mit je einer Schraubzwinge am Obergerüst des Binders befestigt war, provisorisch gesichert.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass die Berufungswerberin zum gegenständlichen Zeitpunkt zwar handelsrechtliche Geschäftsführerin der E-M GmbH war, als Geschäftsleiter und für die Baustelle verantwortlich jedoch Herr G R, der vormalige Geschäftsführer, fungierte. Dieser habe die Verwaltungsübertretung zu verantworten. Er habe durch vielfältige Erfahrungen mit Bauarbeiten wie auf der gegenständlichen Baustelle, Kenntnisse erworben und war im selben Bereich tätig, sodass der Berufungswerberin keine mangelnde Kontrolle vorgeworfen werden kann. Sie habe sich durchaus berechtigt auf G R verlassen können. Weiters wurde die Höhe der verhängten Strafe angefochten und vorgebracht, dass die Milderungs- die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Die Berufungswerberin habe bislang einen ordentlichen Lebenswandel geführt und keine einschlägige Verwaltungsstrafvormerkung gegen sich vorliegen. Sie habe alles getan, um die Sicherheit auf der Baustelle zu gewährleisten, indem sie G R als Verantwortlichen eingesetzt habe. Auch sei das niedrige Einkommen der Berufungswerberin nicht berücksichtigt worden, nämlich lediglich 632,25 Euro an Unterhalt monatlich von G R, wobei auch diese Zahlungen aufgrund der finanziellen Probleme des Schuldners, Konkurseröffnung, nur unregelmäßig erfolgen. Weiters ist die Berufungswerberin sorgepflichtig für zwei Kinder, wobei auch die Unterhaltszahlungen für die Kinder nur unregelmäßig erfolgen. Auch sei mit Beschluss des LG Wels vom 25.7.2005 bereits festgestellt, dass die Berufungswerberin nicht einmal über ausreichend Vermögen verfügt, aus dem ein Kostenvorschuss in Höhe von 4.000 Euro hereingebracht werden könne.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die Anzeige und die beigeschlossenen Fotos.

 

4.1. Ein Auszug aus dem Gewerberegister belegt, dass die Euro-Montagen GmbH mit 28.2.2003 über eine Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe "Überlassung von Arbeitskräften" verfügt. G R ist mit 23.3.2004 als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt.

 

Aus dem Firmenbuchauszug ist ersichtlich, dass die E-M GmbH mit Sitz in für den Geschäftszweig Arbeitskräfteüberlassung und Handelsgewerbe eingetragen ist und als handelsrechtliche Geschäftsführerin seit 1.4.2005 die Berufungswerberin eingetragen ist. Seitens der Berufungswerberin wurde auch außer Streit gestellt, dass sie zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin der E-M GmbH ist.

 

4.2. Weiters wurde vom Oö. Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 21.9.2005 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Es wurden die Beschuldigte und ihr Rechtsvertreter sowie die belangte Behörde und das zuständige Arbeitsinspektorat geladen und haben an der Verhandlung teilgenommen. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen AI DI A H sowie Herr G R geladen und einvernommen.

 

Im Grunde der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist erwiesen, dass am 21.4.2005 auf der näher bezeichneten Baustelle Arbeitnehmer der E-M GmbH mit Montagearbeiten für die Herstellung einer Stahlhalle beschäftigt waren, wobei während der Ausführung von Montagearbeiten die Tragfähigkeit und Standsicherheit der jeweiligen Achsenelemente des Bauwerks, bestehend aus je zwei Stahlstützen und einem Stahldachbinder, während der einzelnen Montagezustände in keiner Weise gewährleistet war. Die Stahlkonstruktion wurde aus vorgefertigten Teilen zusammengesetzt und so bewerkstelligt, dass jeweils Stützen aufgestellt wurden und auf diese dann die vorgefertigten zusammengesetzten Dachteile aufgesetzt und angeschraubt wurden. Dies wirkte als Einheit pro Achse. Dabei wurden die Trägerstützen jeweils nur mit zwei Schrauben verschraubt anstelle der vorgesehenen vier Schrauben. Auch die Dachteile wurden nur provisorisch durch eine Schraubzwinge, die an einem Winkel befestigt war, verbunden. Ein Achsenelement hatte ca. 5 t Gewicht. Durch die nur lose Befestigung durch eine Schraubzwinge wirken ganz andere Kräfte auf die Achsenkonstruktion als bei einer ordnungsgemäßen Befestigung. Eine ordnungsgemäße Befestigung wäre z.B. durch Ketten oder durch einen Kran oder durch spannende Seile. Diese Maßnahmen wären leicht technisch durchführbar gewesen. Auch waren für diese Montagetätigkeit keine Montageanweisungen an der Baustelle vorhanden, wie diese Konstruktion aufzubauen war. Sicherungsmöglichkeiten sollten aus der Montageanweisung hervorgehen, nämlich eine schriftliche Anweisung, die eine Aufbauanleitung Schritt für Schritt bietet. Für eine im Stahlbau fachkundige Person müsste die Gefahr erkennbar sein und dürfte eine solche Person überhaupt keine Schraubzwinge verwenden. Auf der Baustelle war kein ordnungsgemäßes Material vorhanden, das eine fachkundige Befestigung ermöglicht hätte.

 

Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten wurde dem Arbeitsinspektorat Linz nicht mitgeteilt. Als Verantwortlicher auf der Baustelle wurde Herr A als Vorarbeiter benannt. Ein Bau- oder Projektleiter war zum Unfallgeschehen nicht anwesend. Im Zuge der Unfallerhebungen durch die Polizei wurde ermittelt, dass der Auftrag von der Firma S S GmbH in durchgeführt wurde, von dieser kam auch das Material. Lediglich die Montagearbeiten wurden von der E-M GmbH tatsächlich ausgeführt, sodass auch von der S GmbH keine Arbeitnehmer auf der Baustelle anwesend waren.

Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der glaubwürdigen Aussage des AI DI H.

 

Die Befragung des Zeugen G R hat ergeben, dass er bis zum April 2005 handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer der E-M GmbH war. Er hat daher auch den Vertrag mit der Firma S GmbH noch unterfertigt. Die Montagearbeiten sollten als Subauftrag der Firma S GmbH durchgeführt werden. Geräte und Material wurden von der Firma S GmbH beigestellt, ausgenommen das Handwerkszeug und die Schweißgeräte. Für die Baustelle verantwortlich war der Obermonteur M A, welcher schon viele Baustellen für die E-M GmbH betreut hat. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung bekam er nicht von der E-M GmbH. Sicherungsmaßnahmen und eine Anweisung über Sicherheit bekam er von der Firma S GmbH. Der vorhandene Kran war von der Firma S GmbH beigestellt und auch ein erforderlicher zweiter Kran müsste von der Firma S GmbH beigestellt werden. Ansonsten erklärte sich der Zeuge für die Baustelle verantwortlich, nämlich dass er die Baustelle vom Büro aus betreute und gelegentlich auch die Baustelle besuchte. Zu den Sicherungsmaßnahmen gab er an, dass üblicherweise für solch große Konstruktionen ein zweiter Kran verwendet wird oder anstelle des Kranes eine zweite Hebebühne. Eine Befestigung mit Schraubzwingen ist nicht ordnungsgemäß und nicht richtig. Er habe Herrn A keine entsprechenden Anweisungen gegeben, weil dieser schon viele Baustellen für die Firma gemacht hat und es immer richtig gemacht hat. Er sollte die Gefahren bei den vorgesehenen Arbeiten erkennen. Insbesondere deshalb, weil er schon viele Baustellen betreut hat und zwar auch für die Firma S GmbH. Zum Tatzeitpunkt war der Zeuge gewerberechtlicher Geschäftsführer, seine Ex-Gattin war handelsrechtliche Geschäftsführerin. Es gab zwar keine schriftliche Abmachung, wohl aber eine mündliche Vereinbarung, dass sich der Zeuge um alles kümmern werde. Damit ist gemeint auch die Abwicklung der Baustelle. Seitens des Zeugen wird auch bestätigt, dass mit 1.4.2005 eine Generalvollmacht zu Gunsten Herrn R R unterfertigt wurde, dass dieser die gesamte Firma leitet. Es war daher seit 1.4.2005 de facto Herr R der Geschäftsführer. Es wurde der Berufungswerberin auch gesagt, dass Herr R sich um alle Belange zu kümmern hat. Dieser teilte dies auch allen Monteuren mit. Mit Anfang Mai hat der Zeuge seine Kündigung von Herrn R bekommen. Praktisch hat er schon vor dieser Zeit nichts mehr in der Firma machen dürfen, lediglich die Personalüberlassung hat er durchgeführt. Die Berufungswerberin hat sich niemals um die Baustelle gekümmert und hat nicht einmal gewusst, dass es diese Baustelle gab.

Eine schriftliche Montageanweisung gab es nicht, es gab aber Pläne.

 

Diese Aussagen klangen sehr glaubwürdig und machte der Zeuge auch einen glaubwürdigen Eindruck.

 

Schließlich wurde von der Berufungswerberin in der mündlichen Verhandlung eine Ablichtung einer Generalvollmacht vom 1.4.2005 zu Gunsten R R als Generalbevollmächtigen der E-M GmbH vorgelegt, womit dieser mit sämtlichen geschäftlichen Agenden der E-M GmbH betraut wurde.

 

Weiters wurde vorgebracht, dass die Berufungswerberin über keinerlei Einkommen verfügte, sorgepflichtig für zwei Kinder ist, Unterhaltsforderungen gegen ihren Ex-Gatten uneinbringlich sind, da dieser seit einem Jahr in Privatkonkurs ist und über kein eigenes Einkommen und Vermögen verfügt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 85 Abs.1 BauV muss bei der Ausführung von Montagearbeiten die Tragfähigkeit und die Standsicherheit des Bauwerkes während der einzelnen Montagezustände gewährleistet sein. Wenn bei der Montage besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind oder für die Montage die Kenntnis besonderer sicherheitstechnischer Angaben erforderlich ist, sind von einer fachkundigen Person schriftliche Montageanweisungen und Zeichnungen zu erstellen. Dabei sind die für die Durchführung der Montagearbeiten erforderlichen Standplätze, die Absturzsicherungen, die Schutzeinrichtungen und die Befestigungseinrichtungen für die persönliche Schutzausrüstung (Sicherheitsgeschirr) festzulegen.

 

5.2. Aufgrund der im Akt befindlichen Fotos sowie des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere der Aussage des Arbeitsinspektors, steht als erwiesen fest, dass an der näher angeführten Baustelle am 21.4.2005 mehrere Arbeitnehmer mit Montagearbeiten für die Herstellung einer Stahlhalle beschäftigt waren und die Tragfähigkeit und Sicherheit der Achsenelemente des Bauwerkes während der einzelnen Montagezustände nicht gewährleistet war, zumal die Stützen nur mit zwei Schrauben befestigt wurden und das aufgestellte Achsenelement im Firstbereich nur mittels eines Metallwinkels, der mit einer Schraubzwinge am Obergerüst des Binders befestigt war, gesichert war. Es war der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei nachgewiesen und erfüllt.

 

Auch kamen keine Zweifel auf und war auch die Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen nicht erforderlich, zumal einerseits der einvernommene Arbeitsinspektor als sachverständiger Zeuge gilt und zum anderen auch die Mängel durch den einvernommenen Zeugen G R bestätigt wurden. Ob die konkrete Verwaltungsübertretung kausal für den Arbeitsunfall war, war im gegenständlichen Verfahren nicht relevant. Eine Sachverständigengutachten war nicht einzuholen.

Die weiters beantragte Zeugeneinvernahme war für das gegenständliche Strafverfahren nicht relevant, sodass sie unterbleiben konnte. Auf die Ausführungen zum Verschulden - besonders die fehlende Kontrolle der Berufungswerberin - wird hingewiesen.

 

Wenn hingegen die Berufungswerberin ihre verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung bestreitet, so ist ihr entgegen zu halten, dass nach § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich für eine GmbH der handelsrechtliche Geschäftsführer ist, also das nach außen vertretungsbefugte Organ. Ein verantwortlicher Beauftragter wurde nicht bestellt und dem Arbeitsinspektorat gemäß § 23 ArbIG nicht namhaft gemacht. Es ist also von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der Berufungswerberin auszugehen. Entgegen den Ausführungen der Berufungswerberin kann mit Ausnahme der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung durch Rechtsgeschäft, wie z.B. den vorgelegten Generalvollmachtvertrag vom 1.4.2005, nicht abgeändert werden. Dieser Vertrag enthebt die Berufungswerberin anderer ihr geschäftlich zukommender Verantwortlichkeiten, jedoch nicht der gesetzlich festgelegten strafrechtlichen Verantwortung. Auch der Einwand, dass sich ihr Ex-Gatte um alles kümmern werde, ändert nichts an der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung der Berufungswerberin. Weiters ist entgegen den Äußerungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen der Arbeitgeber bzw. gemäß § 9 Abs.1 VStG das verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ. Nicht hingegen verantwortlich ist der gewerberechtliche Geschäftsführer, welcher lediglich für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zuständig ist (§ 370 GewO).

 

Es ist daher die objektive Tatbestandsmäßigkeit gegeben.

 

5.3. Auch in subjektiver Hinsicht hat die Berufungswerberin die Tat zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern von der Berufungswerberin kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist die Berufungswerberin nicht ausreichend nachgekommen. Es muss zwar im heutigen Wirtschaftsleben einem Unternehmer zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177). Der dem Beschuldigten nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Auch in seinem Erkenntnis vom 26.7.2002, Zl. 2002/02/0037-6, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Kontrollsystem ausgeführt, dass es - wie der Verwaltungsgerichtshof in ähnlichen Fällen ausgeführt hat - erforderlich gewesen wäre, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in das Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auch der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Insbesondere entspricht es auch der ständigen Rechtsprechung, dass die bloße Erteilung von Weisungen keine ausreichende Kontrolle im beschriebenen Sinne darstellt. Auch genügt nach der Judikatur der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben und stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem.

 

Im Sinne dieser Judikatur fehlt aber im gegenständlichen Vorbringen der Berufungswerberin jegliche Darstellung eines Kontrollsystems. Vielmehr hat die öffentliche mündliche Verhandlung erwiesen, dass die Berufungswerberin von der Baustelle und der Tätigkeit der Arbeitnehmer gar keine Kenntnis hatte und auch nicht Maßnahmen und Vorsorgen getroffen hat, dass die Arbeitnehmer die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften einhalten. Wie die Judikatur eindeutig lautet, genügt aber die Übertragung der Verantwortung an eine andere Person ohne diese zu kontrollieren nicht den Anforderungen für ein ausreichendes Kontrollnetz. Es ist daher das Vorbringen, dass ihr Ex-Gatte für die Baustelle zuständig sei sowie auch das Vorbringen, dass mit 1.4.2005 eine Generalvollmacht erteilt wurde, nicht geeignet, die Berufungswerberin zu entlasten. Abgesehen davon, dass die Generalvollmacht - wie schon oben ausgeführt - einen Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht bewirken kann, kann diese die Berufungswerberin auch nicht entlasten, sondern hätte sie vielmehr nach der obzitierten Judikatur die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die betraute Person überprüfen müssen. Dass derartige Kontrollen stattfinden oder andere Maßnahmen durch die Berufungswerberin getroffen wurden, die die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften garantieren, wurde nicht einmal behauptet und diesbezüglich auch nicht unter Beweis gestellt.

 

Es war daher auch vom Verschulden der Berufungswerberin auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde ist von geschätzten persönlichen Verhältnissen ausgegangen, nämlich einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen. Erschwerende und mildernde Umstände hat sie nicht berücksichtigt. Zum Unrechtsgehalt der Tat hat sie darauf Bedacht genommen, dass bei der Montage grobe sicherheitstechnische Mängel vorgefunden wurden, welche zu einem schweren Arbeitsunfall geführt haben.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Berufungswerberin glaubwürdig dargelegt, dass sie über kein eigenes Einkommen verfügt und auch ihr Ex-Gatte wegen Konkurseröffnung seinen Unterhaltspflichten sowohl ihr gegenüber als auch bezüglich der beiden Kinder nur unregelmäßig nachkommt. Die Berufungswerberin ist sorgepflichtig für zwei Kinder. Auch besitzt sie sonst kein Vermögen. Auch besitzt sie laut Gerichtsbeschluss nicht die erforderliche Deckungssumme für ein Konkursverfahren.

 

Im Grunde dieser persönlichen Umstände musste die verhängte Geldstrafe herabgesetzt werden. Sie wird der Einkommenssituation und den Sorgepflichten der Berufungswerberin angepasst. Im Übrigen ist sie aber erforderlich, um die Berufungswerberin von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und ist auch im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen erforderlich. Es war im Sinne des Unrechtsgehaltes der Tat, insbesondere des Schutzzweckes der Norm und der eingetretenen nachteiligen Folgen durch einen schweren Arbeitsunfall eine höhere Strafe als die gesetzlich festgelegte Mindeststrafe zu verhängen. Darüber hinaus scheinen zwar bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck keine Vorstrafen auf, wohl aber eine Vorstrafenvormerkung bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach. Die Berufungswerberin ist daher nicht unbescholten. Auch liegen sonst keine Milderungsgründe vor. Insbesondere ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Nichtvorliegen eines Einkommens und Vermögens kein Milderungsgrund. Auch sonst treten keine Milderungsgründe hervor. Es war daher kein Überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe festzustellen. Erschwerungsgründe lagen aber nicht vor. Es war daher von § 20 VStG nicht Gebrauch zu machen. Auch der § 21 VStG war nicht anzuwenden, weil das Verschulden der Berufungswerberin nicht geringfügig ist. Insbesondere kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geringfügiges Verschulden dann nicht angenommen werden, wenn zur Einhaltung der die Berufungswerberin treffenden Verpflichtungen ein wirksames Kontrollsystem nicht eingerichtet wurde (VwGH vom 30.4.2003, 2001/03/0214).

Entsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

 

Die Berufungswerberin wird aber hingewiesen, dass sie die Erbringung der Geldstrafe in Teilzahlungen bei der Behörde erster Instanz beantragen kann.

 

6. Weil die Geldstrafe herabgesetzt wurde, war auch der Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz gemäß § 64 VStG entsprechend anzupassen. Da die Berufung zumindest teilweise Erfolg hatte, war zum Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag gemäß § 65 VStG nicht vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem, persönliche Verhältnisse

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