Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-720096/6/Gf/Mu/Ga

Linz, 26.07.2006

VwSen-720096/6/Gf/Mu/Ga Linz, am 26. Juli 2006

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des J P P, W G, W, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 6. Dezember 2005, Zl. IV-1020293/FP/05, wegen der Erlassung eines auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit fünf Jahren festgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein polnischer Staatsangehöriger, wurde mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 27. September 2005, Zl. 71 Hv 58/05 a, wegen des Verbrechens des Raubes (§ 142 Abs. 1 StGB) und der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel (§ 241e Abs. 1 StGB), der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) und der versuchten Nötigung (§ 105 Abs. 1 i.V.m. § 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon zehn Monate unbedingt, verurteilt.

Er wurde für schuldig erkannt, im Zeitraum zwischen dem 9. September 2003 und dem 4. Dezember 2004 zwei Personen am Körper verletzt bzw. mit einer Verletzung am Körper bedroht, die Bankomatkarte einer fremden Person an sich genommen und eine Brieftasche mit Gewalt an sich genommen zu haben.

1.2. Daher wurde in der Folge mit Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 6. Dezember 2005, Zl. IV-1020293/FP/05, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass eine gerichtliche Verurteilung im Inland vorliege. Zudem sei er mangels eines gültigen Aufenthaltstitels und entsprechenden Vermögens offenkundig nicht dazu in der Lage, seinen Lebensunterhalt aus eigenem zu bestreiten.

Auf Grund der hohen Sozialschädlichkeit seines kriminellen Verhaltens könne dem gegenüber dem − zudem unbewiesenen − Umstand, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine gemeinsame dreijährige Tochter habe und auch seine Eltern und sein Bruder in Wien lebe, nur geringes Gewicht beigemessen werden, sodass sich insgesamt jedenfalls eine negative Zukunftsprognose ergebe.

1.3. Gegen diesen ihm am 6. Dezember 2005 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 14. Dezember 2005 − und damit rechtzeitig − zur Post gegebene Berufung.

Darin sowie in einer ergänzenden Stellungnahme vom 24. Juli 2006 bringt er vor, dass er zur Unterhaltsleistung für seine Tochter verpflichtet sei und sowohl seine Lebensgefährtin als auch seine Eltern − bei denen er während seines Aufenthalts in Österreich stets gewohnt habe− und sein Bruder in Wien leben und hier einen Gastwirtschaftsbetrieb führen. Letzterem beabsichtige er, als persönlich haftender Gesellschafter beizutreten. Damit wäre er sowohl kranken- als auch sozialversichert und könne er auch die für seinen Lebensunterhalt erforderlichen finanziellen Mittel selbst erbringen. Außerdem sei er wegen guter Führung vorzeitig aus der Strafhaft entlassen worden, sodass von ihm keine aktuelle Gefahr ausgehe. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass seiner Tochter und seiner Lebensgefährtin die für den Fall der Vollstreckbarkeit des Aufenthaltsverbotes erforderlichen Besuchsreisen nach Polen nicht zugemutet werden könnten.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der BPD Wels zu Zl. IV-1020293/FP/05 und der Sicherheitsdirektion Oberösterreich zu Zl. 337/05; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 60 Abs. 1 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Als bestimmte Tatsache in diesem Sinne gilt nach § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG u.a., wenn der Fremde von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist.

Ein Aufenthaltsverbot kann im Fall des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG unbefristet, sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden (§ 63 Abs. 1 FPG).

Nach § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei dieses persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

3.2.1. Im gegenständlichen Fall liegt − auch vom Beschwerdeführer unbestritten − eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und damit eine bestimmte Tatsache iSd § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG vor (s.o., 1.1.), die die Fremdenpolizeibehörde nach § 63 Abs. 1 FPG grundsätzlich dazu ermächtigte, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zu verhängen.

Angesichts dieses gravierenden Fehlverhaltens bedeutet ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet daher eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität berührt. Zudem ist der seit dem Ende des Fehlverhaltens im Jahr 2004 verstrichene Zeitraum jedenfalls zu kurz, um die vom Rechtsmittelwerber ausgehende Gefahr der Begehung weiterer, insbesondere gleichartiger Delikte bereits als weggefallen oder entscheidend gemindert ansehen zu können.

In diesem Zusammenhang ist weiters darauf hinzuweisen, dass über den Rechtsmittelwerber bereits mit Bescheid des Polizeipräsidenten von Wien vom 29. Juli 1997, Zl. IV-847468-FrB/97, ein rechtskräftiges, auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, er diesem zuwider am 7. September 1999 neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist und in der Folge in Schubhaft genommen und abgeschoben wurde.

Außerdem wurden über ihn mit Bescheiden der BPD Wien vom 4. Februar 2004, vom 16. Juli 2004 und vom 13. Jänner 2005 mehrere Geldstrafen wegen Übertretungen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften (darunter zwei Mal wegen § 5 Abs. 1 StVO) verhängt, er wegen des Besitzes von Suchtmitteln am 10. September 2003, am 28. Juni 2004, am 8. September 2004 und am 30. Dezember 2004 angezeigt und über ihn mit Bescheid der BPD Wien vom 30. Jänner 2004 ein Waffenverbot verhängt, sodass nahezu die gesamte Dauer seines Aufenthaltes in Österreich seit April 2003 von deliktischem Verhalten und Haft geprägt ist.

3.2.2. Zugunsten des Beschwerdeführers ist jedoch zunächst zu berücksichtigen, dass er sich zumindest nach seiner neuerlichen Abschiebung im Jahr 1999 an das frühere fünfjährige Aufenthaltsverbot aus dem Jahr 1997 gehalten hat und er erst im April 2003 wieder nach Österreich eingereist ist. Weiters wurde er wegen guter Führung vorzeitig aus der Strafhaft entlassen und ist in der Folge im Dezember 2005 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist.

Schließlich leben seine minderjährige Tochter, seine Lebensgefährtin (eine Österreichische Staatsbürgerin), sein Bruder, seine Eltern und sein Stiefvater (ein österreichischer Staatsbürger) in Wien und sind hier sowohl beruflich und sozial integriert, wenngleich unter dem Aspekt des Art. 8 Abs. 2 MRK der bloße Umstand, dass der Rechtsmittelwerber für die Dauer des Aufenthaltsverbotes seine Familie in Österreich nicht kontaktieren kann, das durch sein gesamtes deliktisches Fehlverhalten gravierend beeinträchtigte Allgemeininteresse nicht zu überwiegen vermag (vgl. zB jüngst VwGH v. 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0092). Weshalb seiner Tochter und seiner Lebensgefährtin umgekehrt Besuchsreisen nach Polen nicht zumutbar sein sollen, wurde von ihm nicht näher dargetan und ist auch kein objektiver Grund hiefür ersichtlich.

3.3. All dies berücksichtigend findet es der Oö. Verwaltungssenat daher als den Umständen des vorliegenden Falles − unter besonderer Beachtung des Faktums, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Unionsbürger handelt und das Aufenthaltsverbot faktisch nicht nur für Österreich, sondern für den gesamten Schengen-Raum gilt − angemessen, die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes mit fünf Jahren herabzusetzen.

Davon abgesehen bleibt es dem Rechtsmittelwerber zudem unbenommen, nach § 65 Abs. 1 FPG jederzeit einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu stellen, wenn (er der Meinung ist, dass) die Gründe, die zu dessen Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

3.4. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung gegen den angefochtenen Bescheid konnte die belangte Behörde im Hinblick auf die obigen Ausführungen unter 3.2.1. im Zeitpunkt der Bescheiderlassung offenkundig zutreffend davon ausgehen, dass auf Grund des nahezu durchgängig deliktischen Verhaltens des Beschwerdeführers vor dessen Haft Gefahr in Verzug iSd § 64 Abs. 2 AVG vorlag.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum