Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280873/25/Kl/Sp

Linz, 16.08.2006

 

 

 

VwSen-280873/25/Kl/Sp Linz, am 16. August 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Arbeitsinspektorates Linz gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 21. Oktober 2005, Ge96-53-2003, wegen Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Frau M L, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17. Mai 2006 und 13. Juni 2006, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Frau M L, hat als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der H-G & L B GmbH, als Arbeitgeberin folgende vom Arbeitsinspektorat Linz festgestellte Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten:

Am 5. November 2003 waren auf der Baustelle in A, die Arbeitnehmer R A und G P der H-G & L B GmbH, bei der Herstellung einer Künette für die Abwasserleitung eines Pools beschäftigt. Die Künette wurde maschinell ausgehoben und die Grubenwände wurden annähernd senkrecht ausgeführt. Beim anstehenden Bodenmaterial handelte es sich um einen steifen oder halbfesten, bindigen Boden.

Die Arbeitnehmer haben die ca. 3 m tiefe Künette ohne vorher durchgeführte Sicherungsmaßnahmen, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können, betreten. Die Wände wurden vorher weder entsprechend abgeböscht noch entsprechend verbaut noch wurden geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung angewandt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 159/2001 iVm §§ 48 Abs.2 und Abs.7 und 161 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 425/2003.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 130 Abs.5 Einleitung ASchG eine Geldstrafe von 2.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, verhängt.

Weiters haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 10 % der verhängten Strafe, das sind 200 Euro, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag beläuft sich somit auf 2.200 Euro."

 

II. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 21. Oktober 2005, Ge96-53-2003, wurde von der Fortführung des über Strafantrag des Arbeitsinspektorates Linz vom 28.11.2003 mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.12.2003, Ge96-53-2003 eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens gegen die handelrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der "H-G & L B GmbH", Frau M L, wegen des Verdachtes der Verwaltungsübertretung nach § 48 Abs.2 und Abs.7 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) iVm § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (AschG) als Arbeitgeberin nicht entsprechend dafür gesorgt zu haben, dass Arbeitnehmer eine 3 m tiefe Künette ohne vorher durchgeführte Sicherungsmaßnahmen betreten haben, gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG abgesehen und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass Normadressat des § 48 Abs.2 und 7 BauV derjenige ist, der die Grabungsarbeiten durchführt. Die Grabungsarbeiten für die Künette führte Herr C P auf eigene Verantwortung aus, da er hier nicht als Subunternehmer der H-G & L B GmbH tätig wurde. Die H-G & L B GmbH hatte die Aufsicht für die Aushubarbeiten zu führen und ging grundsätzlich davon aus, dass am 5.11.2003 keine Arbeiten zur Erstellung der Künette durchgeführt werden, sodass keine Verpflichtung zur Bereitstellung einer Aufsicht für diese Arbeiten bestand. Herr P, der von Herrn P zum Beginn der Grabungsarbeiten für die Künette aufgefordert worden war, hätte mit diesem Wissen, dass er derartige Arbeiten nur unter Aufsicht durchführen darf, nicht mit den Aushubarbeiten beginnen dürfen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung durch das Arbeitsinspektorat Linz eingebracht und die Aufhebung des Bescheides und Entscheidung im Sinn der Anzeige vom 28. November 2003 beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, der als Arbeitgeber den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwider handelt. Da die Arbeitnehmer der H-G & L B GmbH die ungesicherte Künette betraten, ist deren Arbeitgeber Normadressat dieser Bestimmung. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, im Betrieb einschließlich der auswärtigen Arbeitsstellen ein solches Kontroll- und Überwachungssystem aufzubauen und solche zumutbaren Maßnahmen zu treffen, welche die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Stichprobenartige Kontrollen und die Erteilung von Weisungen oder die Ausübung einer "Oberaufsicht" reichen jedenfalls nicht aus, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in allen vorhersehbaren Fällen sicherzustellen. Um von einem wirksamen Kontrollsystem, welches eine Entlastung des Arbeitgebers bewirkt, sprechen zu können, muss dieser glaubhaft machen können, dass er die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so gestaltet und solche disziplinäre Maßnahmen angedroht und durchgeführt hat, dass für die Arbeitnehmer kein Anreiz zur Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gegeben war. Nur wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften durch einen Arbeitnehmer trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden. Derartige Maßnahmen haben die Beschuldigten weder behauptet noch glaubhaft gemacht, sodass keine Maßnahmen nachgewiesen worden sind, die unter den voraussehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erwarten lassen. Eine Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 ArbIG wurde nicht gemeldet, sodass die zur Vertretung nach außen berufenen Organe gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sind.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

In Wahrung des Parteiengehörs brachte die Beschuldigte in ihrer Stellungnahme vom 25.11.2005 vor, dass am 5.11.2003 in Anwesenheit des Ehegatten der Beschuldigten sowie C P, J K und W T eine Besprechung stattfand, bei welcher der Aushub des geplanten Schwimmbades durch das Fachunternehmen C P besprochen wurde. Das Ausheben des Erdmaterials für das Schwimmbad wäre für den 5.11.2003 und für Freitag, den 7.11.2003, der Aushub einer Kanalkünette von einem bestehenden Sammelschacht zum Schwimmbecken in der Länge von ca. 40 m geplant gewesen. Bei dieser Besprechung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Künette abgeschrägt werden müsse und wurde der selbständige Baggerunternehmer C P auch darauf hingewiesen. Entgegen diesen Besprechungsergebnissen begann P früher mit den Arbeiten, sodass die Beschuldigte keine Möglichkeit hatte, dabei zu sein. Die Beschuldigte verwies ausdrücklich auf den Böschungswinkel von 45 o und wollte auch am vorgesehenen Tag der Künettenerrichtung, den 7.11.2003, das Ausgraben kontrollieren und beaufsichtigen. C P wurde direkt vom Auftraggeber des gegenständlichen Schwimmbadbaues, W T, beauftragt, die Baggerarbeiten für das Schwimmbad durchzuführen. C P trat nicht als Subunternehmer der Beschuldigten auf und hat auch seine Beschränkung auf "Erdbewegungsarbeiten, für die statische Kenntnisse nicht erforderlich sind" verschwiegen. Dieser hätte, da er ohnehin selbst nicht kundig genug war, die diesbezüglichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen, sich selbst um eine fachkundige Anleitung kümmern müssen. Die beiden Arbeitnehmer wurden nachweislich immer wieder in diesen Gefahren unterwiesen und hat die Beschuldigte als Arbeitgeberin die Sicherungspflichten wahrgenommen. Wenn Arbeitnehmer gegen diese Vorschriften verstoßen, so ist ihnen eine Mitschuld am Unfall anzulasten, aber der Verstoß nicht dem Arbeitgeber anzulasten. Es wurde zwar mit den Arbeitern A R und G P besprochen, dass diese am 7.11.2003 dem selbständigen Unternehmer C P beim Verlegen der Rohre in die Künette helfen, dass die Arbeitnehmer zwei Tag vor dem ausgemachten Termin ohne das Wissen der Beschuldigten in die ungesicherte Künette, welche von C P nicht ordnungsgemäß ausgehoben und abgeschrägt wurde, abstiegen, macht die Beschuldigte, die die Gefahrenlage nicht geschaffen hat, nicht zum Normadressaten der Bestimmung des § 48 BauV und sie hat daher auch keine Verwaltungsübertretung begangen. Auch ist das Kontrollsystem der Firma mehr als wirksam und werden die Arbeitnehmer regelmäßig bei Schulungen unterrichtet. Die Arbeitnehmer sind trotz wiederholter Unterweisungen und der ständigen Schulungen ohne das Wissen der Beschuldigten in eine unplanmäßig früher errichtete Künette, die von einem selbständigen Unternehmer, nämlich C P ausgehoben wurde, abgestiegen. Der Beschuldigten als Arbeitgeberin kann dieser Verstoß gegen die Vorschriften in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden. Auch sei die Beschuldigte im Innendienst, wie Buchhaltung etc. tätig und hätte mit dem Außendienst und Kontrollsystem nichts zu tun. Es wurde daher beantragt, der Berufung nicht stattzugeben und den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems zu bestätigen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in den erstbehördlichen Verwaltungsstrafakt und die darin befindlichen Fotos und Kopien des strafgerichtlichen Aktes des Bezirksgerichtes Steyr zu Zl. 5 U 9/04 z, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2006 und fortgesetzt am 13. Juni 2006, zu welchen die Verfahrensparteien geladen wurden. Es hat das berufende Arbeitsinspektorat, die Beschuldigte bzw. sein Rechtsvertreter daran teilgenommen. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektor Ing. K P, G P, C P und J K geladen und einvernommen.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Die Beschuldigte M L ist handelsrechtlicher Geschäftsführerin der H-G & L B GmbH mit Sitz in, welche im Besitz der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Baumeister ist.

Auf der Baustelle in A, der Firma W T war die H-G & L B GmbH mit der Ausführung eines Swimmingpools mit Zu- und Abflussrohren beauftragt. Mit den Grabungsarbeiten wurde das Baggerunternehmen C P vom Bauherrn direkt beauftragt.

Die Baustelle lief schon etwa ein Jahr, weil mehrere Bauarbeiten durchzuführen waren, zB ein Hausbau, ein Hallenbau und im Anschluss der Auftrag zur Errichtung eines Schwimmbades. Beginn der Baustelle war im März 2003. Im November 2003 waren auch im Wohngebäude noch kleinere Verputzarbeiten nach den Installationsarbeiten durchzuführen und es sollte im November 2003 das Schwimmbad errichtet werden. Das Baggerungsunternehmen C P hat auch andere Kanalarbeiten auf dem Grundstück durchgeführt, nämlich konkret den Hauskanal gebaggert, allerdings nur in 80 cm Tiefe.

Am Dienstag, 4.11.2003, fand eine Baubesprechung in Anwesenheit des Ehegatten der Beschuldigten, des Baggerunternehmers C P, des Bauleiters J K und des Bauherrn W T statt, und wurden bei dieser Besprechung die Arbeiten für die Errichtung des Schwimmbeckens besprochen, nämlich konkret der Beginn am Mittwoch, 5.11.2003, die Ausbaggerung für das Schwimmbecken und in weiterer Folge am Freitag die Ausbaggerung der Abwasserleitung vom Becken bis zum bestehenden Sammelschacht für eine Länge von ca. 50 m und zwar mit absteigendem Gefälle von etwa 1,5 m bis ca. 3 m. Die Aushubarbeiten sollten von C P durchgeführt werden, die Arbeitnehmer der H-G & L B GmbH sollten die Ausbaggerungen beaufsichtigen und Vermessungen sowie in der Folge die Rohrverlegungsarbeiten durchführen und den Anschluss an den Sammelschacht ausführen. Herr C P wurde um ein Kanalverbaugerät befragt und hat ein solches verneint, allerdings darauf hingewiesen, dass er dieses nicht benötige, weil für den Aushub bzw. die Abböschung ohnehin genug Platz sei. Er wurde auch vom Ehegatten der Beschuldigten auf eine ausreichende Böschung hingewiesen und diese mit den Händen in Form eines V gezeigt. Ein konkreter Böschungswinkel wurde vom Ehegatten der Beschuldigten nicht genannt und auch nicht angeordnet.

J K ist langjährig bei der H-G & L B GmbH beschäftigt und als Baupolier eingesetzt. Er war zu Beginn der Baustelle als Bauleiter eingesetzt, dann an der Baustelle nicht mehr anwesend und wurde für die Schwimmbaderrichtung wieder als Bauleiter eingesetzt. Ihm unmittelbar untergeordnet ist Herr A, Maurer, der als unmittelbarer Ansprechpartner auf der Baustelle genannt wird, welcher aber in der Woche des Unfalles nicht auf der Baustelle anwesend war, sodass unmittelbarer Ansprechpartner der Baupolier J K war. Diesem untergeordnet war der Maurer G P und der Hilfsarbeiter R A, wobei der Hilfsarbeiter seine Arbeiten von G P zugewiesen bekam. Aufgrund der Baubesprechung am 4.11.2003 bekam G P vom Baupolier K den Auftrag, den Aushub zu beaufsichtigen und Herrn P Anweisungen zu geben. Es sollte die Höhe des Aushubes vermessen, aber auch alles andere überwacht werden, auch die Vermessung und die Situierung des Schwimmbeckens. Es sollte mit dem Aushub des Schwimmbeckens begonnen werden. Der Baupolier und Bauleiter hielt seine Anwesenheit am Mittwoch und Donnerstag nicht für erforderlich. Über gleichzeitig durchzuführende Arbeiten im Haus wusste er nicht bescheid und hat er nicht angeordnet. Er war in der Woche des Unfalles nicht mehr auf der Baustelle. Eine Anordnung, wie die Künette auszusehen hat, wurde Herrn P nicht gegeben. Auch wurde keine Anordnung getroffen, die Künette nicht zu betreten. Auch wurde nicht angeordnet die Künette zu betreten. Anordnungen für eine Böschung oder Pölzung bzw. eine diesbezügliche Unterweisung an Herrn P wurde durch den Baupolier nie durchgeführt. Herrn P wurden die Arbeiten angeschafft und war er daher für die Arbeiten und die Baustelle verantwortlich. Dass C P die Baggerungen selbständig durchführt und direkt vom Bauherrn beauftragt wurde, wurde nicht ausdrücklich besprochen. Es gab auch keine Anweisung, vor Beginn des Künettenaushubes den Baupolier zur verständigen.

Am 5.11.2003 wurde zunächst mit dem Schwimmbecken begonnen und wurden Vermessungen durch P durchgeführt. Er und sein Hilfsarbeiter waren gleichzeitig auch im Haus mit geringfügigen Arbeiten beschäftigt. Da die Arbeiten beim Schwimmbecken nicht fortgesetzt werden konnten, beschlossen C P und P, dass mit dem Aushub der Künette begonnen wird, und zwar beginnend vom Sammelschacht, also der tiefsten Stelle. Dabei hat P immer wieder die Laservermessung vorgenommen. Weil das Gerät ausgefallen ist, musste er eine neu Batterie besorgen und verließ die Baustelle. Der Baggerunternehmer P stellte in der Folge den Bagger ab und ging auf einen Kaffee. Daraufhin bestieg der Hilfsarbeiter A die Künette um Material auszuräumen. Der hinzukommende Maurer P wollte diesem helfen und stieg ebenfalls in die Künette.

Die im Bereich des Sammelschachtes bereits ausgehobene Künette war auf einer Seite fast senkrecht, nämlich zwischen 80 und 90 o, auf der anderen Seite etwas mehr abgeschrägt. Der Boden war bis zu einer Tiefe von 150 bis 160 cm mittelfest, anschließend fest, d.h. es erschien Konglomerat. Eine Abböschung, Verbauung oder Bodenverfestigung gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. In der Folge stürzte die Künette ein und wurde der Hilfsarbeiter tödlich verletzt. Der weitere Arbeitnehmer P konnte geborgen werden.

Der Arbeitnehmer G P war gelernter Maurer und vorwiegend für Hochbauarbeiten auf Baustellen des Unternehmens eingesetzt. Gelegentlich wurden Hausanschlüsse, wie Kanalanschlüsse, durchgeführt, allerdings in weit geringerer Tiefe und nur bis 10 m Länge. Konkrete Anweisungen und Unterweisungen hinsichtlich Arbeitnehmerschutz bzw. Künettenabsicherung für die Baustelle wurde den Arbeitnehmern nicht gegeben. Es erfolgte eine allgemeine Unterweisung der Firma H-G & L B GmbH am 17. Oktober 2003, bei der alle Mitarbeiter zugezogen wurden, ua auch die Arbeitnehmer A und P. Dies wurde auch mit Unterschrift auf einer Liste bestätigt. Das Buch über "Sicherheit am Bau", herausgegeben von der Wirtschaftskammer gemeinsam mit der AUVA, bekommt jeder Vorarbeiter und jeder Polier ausgehändigt. Darin befindet sich das Kapitel Bauausführung und Arbeitsverfahren "d, Abschnitt 5.1., Gräben und Künetten". Ausführungen über Böschungswinkel aufgrund der konkreten Bodenverhältnisse weist dieses nicht auf. Die allgemeine Unterweisung am 17.10.2003 erfolgte durch die externe Sicherheitsfachkraft. Die Unterweisung erfolgt jährlich im Unternehmen. Für die Baustelle und die Arbeitnehmersicherheit ist verantwortlich der Baustellenleiter, also der Baupolier K, dieser ist Aufsichtsperson. Bei wichtigen Arbeiten ist dieser an der Baustelle anwesend, ansonsten teilt er die Arbeiten Herrn P zu und gibt dieser Anweisungen und ist für die Arbeitssicherheit verantwortlich. Außer bei der Baustellenbesprechung am 4.11.2003 war in dieser Woche der Baupolier auf der Baustelle nicht anwesend. Er sollte aufgrund dieser Baustellenbesprechung am Freitag, 7.11.2003 für den Künettenaushub zur Baustelle kommen und diese beaufsichtigen.

J K wurde konkret für die Schwimmbaderrichtung wieder als Bauleiter eingesetzt. Er ist gelernter Maurer, langjährig im Unternehmen tätig und besuchte keine Polierschule. Er hat sich als Polier hinaufgearbeitet und wird im Unternehmen als solcher eingesetzt. Seit 5 Jahren ist er auch Sicherheitsvertrauensperson in der Firma. Er ist für Vermessungstätigkeiten, die Organisation und auch die Baustellenbetreuung zuständig. Er macht überwiegend Hochbauarbeiten, nur geringfügig Tiefbauarbeiten, wie zB Hauskanalanschlüsse. Er ist unterwiesen hinsichtlich Pölzung, Absicherungen, elektrische Installation und sonstige Gefahrenabsicherung. Die Unterweisungen gegenüber den an der Baustelle arbeitenden Arbeitnehmern sollen durch den Polier bzw. Bauleiter vorgenommen werden. Die Arbeiten an sich und die Arbeitseinteilung wird bei der Baustellenbesprechung vor Ort besprochen, die konkrete Ausführung führt der jeweilige Baustellenleiter bzw. Polier durch. Gelegentlich gibt es Rücksprachen hinsichtlich Nachbarabstände, Bewährungen uä. Ansonsten ist der Polier selbständig an der Baustelle tätig. In der Regel werden zwischen Bauherrn und Polier die Telefonnummern ausgetauscht und ist der Polier, Herr K, unmittelbarer Ansprechpartner. Nur bei auftretenden Problemen wird der Ehegatte der Beschuldigten involviert. Der Ehegatte der Beschuldigten ist in erster Linie für die Aquisition und das Kaufmännische im Unternehmen verantwortlich und führt einleitende Gespräche auf der Baustelle durch. Die konkrete Abwicklung macht der jeweilige Baustellenleiter. Der Ehegatte der Beschuldigten schaut nur gelegentlich bei den Baustellen vorbei, meist 1 Mal in der Woche. Bei der Baustelle T schaute er gelegentlich vorbei, war aber nicht regelmäßig bei den wöchentlichen Baubesprechungen dabei. Nur bei Problemen und größeren Abwicklungen wird er den Besprechungen beigezogen.

Das Unternehmen hat zwei handelsrechtliche Geschäftsführer, die Beschuldigte und ihren Ehegatten J L, wobei eine interne Aufgabenaufteilung vorliegt. Die Beschuldigte ist für Innenaufgaben wie Buchhaltung und Büroarbeiten zuständig, ihr Ehegatte für die Baustellen und das Personal.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie auch auf die Angaben der Beschuldigten.

Die Behauptungen, dass eine konkrete Anweisung an den Arbeitnehmer P ergangen ist, den Kanalaushub erst am Freitag zu beginnen, konnten durch das durchgeführte Beweisverfahren nicht erwiesen werden. Wurde auch in der Baustellenbesprechung vom Schwimmbadaushub am 5.11. und dem Künettenaushub am 7.11. gesprochen, so wurde weder durch die Aussage des Baustellenleiters noch durch die Aussage des verunfallten Arbeitnehmers P bestätigt, dass es eine konkrete Anweisung an P gab, den Künettenaushub erst am Freitag, 7.11.2003, zu beginnen. Auch geht aus der Aussage des Bauleiters nicht klar hervor, dass er für die Baustelle am 7.11.2003 für den Künettenaushub bereits bei der Baustellenbesprechung eingeteilt war. Aber selbst unter Annahme dieser Behauptung geht jedenfalls aus sämtlichen Aussagen hervor, dass der Baupolier am Unfallstag, 5.11.2003, auf der Baustelle nicht anwesend war. Auch geht klar und eindeutig hervor, dass eine ausdrückliche Anweisung, ihn zu verständigen, nicht vorhanden war. Schließlich hat das Beweisverfahren nicht nachweisen können, dass der Baupolier ständig Bauleiter dieser Baustelle war, sondern ergibt sich aus seiner Aussage zweifelsfrei, dass er erst konkret wieder für die Errichtung des Schwimmbades als Bauleiter eingesetzt war. Auch die vorgelegten Stundennachweise für den Bauleiter können dies nicht widerlegen, sondern führte der Bauleiter glaubwürdig dazu aus, dass er jeweils nur über Auftrag spezielle kurzfristige Arbeiten, wie Vermessungen bei der Halle oder Transportarbeiten vorgenommen hat, hingegen nicht ständig auf der Baustelle war und auch für die Baustelle nicht verantwortlich war. Diesbezüglich ist auch erklärlich, dass er über weitere Arbeiten der beiden verunfallten Arbeitnehmer im Haus nicht bescheid wusste.

 

4.3. Die weitere beantrage Einvernahme des Zeugen R S über die allgemeine Unterweisung am 17.10.2003 war nicht erforderlich, da diese als erwiesen zugrunde gelegt wurde. Die Zeugen P und P wurden ausführlich bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17.5.2006 einvernommen und nahm die Beschuldigte und ihr Rechtsvertreter auch daran teil. Eine weitere Ladung und Einvernahme war daher nicht mehr erforderlich.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragenen Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Aufgrund der Mitteilung des Arbeitsinspektorates Linz ist ein verantwortlicher Beauftragter nicht bestellt und sind daher für die H-G & L B GmbH die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trifft nach § 9 VStG jeden der zur Vertretung nach außen Berufenen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit (VwGH vom 14.12.1994, 94/03/0138). Eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung ist irrelevant (VwGH vom 5.9.1997, 97/02/0235, vom 14.9.2001, 2000/02/0181, vom 5.9.2002, 98/02/0220).

Es ist daher die Beschuldigte verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

5.2. Gemäß § 48 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl. Nr. 340/1984 idF BGBl. II Nr. 425/2003, ist beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretender Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzuführen, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können.

  1. Die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzuböschen,

  2. die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 51 und 52 zu verbauen oder

  3. es sind geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (§ 53) anzuwenden.

Gemäß § 48 Abs.7 BauV dürfen Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden, wenn die Sicherungsmaßnahmen nach Abs.2 durchgeführt worden sind.

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - AschG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 159/2001, gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 AschG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Aufgrund des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes wurde zum näher bezeichneten Zeitpunkt auf der näher bezeichneten Baustelle eine Künette von ca. 3 m Tiefe, welche weder abgeböscht, noch verbaut war noch eine Bodenverfestigung aufwies, von zwei Arbeitnehmern der H-G & L B GmbH betreten. Die Arbeitnehmer der H-G & L B GmbH, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Beschuldigte ist, waren mit Arbeiten auf der gegenständlichen Baustelle beauftragt. Konkret sollten die Aushubarbeiten beaufsichtigt, Vermessungsarbeiten durchgeführt und die Abflussrohre verlegt werden. Es ist daher erwiesen, dass die Arbeitnehmer mit Arbeiten bei der Künette - wenn auch nicht direkt mit dem Aushub selbst - beauftragt waren. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

Die Beschuldigte hat aber die Tat auch subjektiv zu verantworten und war jedenfalls fahrlässige Tatbegehung vorhanden.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsübertretung über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern von der Beschuldigten kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen zur "Glaubhaftmachung" nicht.

Das Vorbringen der Beschuldigten sowie das durchgeführte Beweisverfahren haben eine solche Entlastung der Beschuldigten nicht erbracht. Insbesondere kam sowohl aus den Ausführungen der Beschuldigten als auch aus den aufgenommenen Beweisen hervor, dass zum Tatzeitpunkt die beiden Arbeitnehmer selbständig auf der Baustelle tätig waren, der ihnen vorgesetzte Bauleiter bzw. Polier an der Baustelle nicht anwesend war und weder eine Kontrolle der Baustelle durch den Polier noch durch die Beschuldigte an diesem Tage stattfand. Auch wurde weder hinsichtlich des Aushubes des Schwimmbeckens noch hinsichtlich des Ableitungskanals eine Unterweisung der Arbeitnehmer hinsichtlich Sicherheitsbestimmungen vorgenommen und wurden Sicherheitsmaßnahmen nicht getroffen. Es hat daher die Beschuldigte die ihr obliegende Sorgfaltspflicht verletzt.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist die Beschuldigte nicht ausreichend nachgekommen. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der der Beschuldigten nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die sie betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus (vgl. VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der vom verunfallten Arbeitnehmer erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. "Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmervorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem, Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war."

 

Im Sinn dieser Judiatur reicht es daher nicht aus, dass die Beschuldigte geltend macht, dass - bloß allgemein gehaltene - Mitarbeiter-Unterweisungen durchgeführt worden sind, konkret aber für die Baustelle keine Unterweisung stattgefunden hat.

Es reicht auch nicht aus, dass die Beschuldigte einen Baupolier als Baustellenleiter eingesetzt hat. Vielmehr hätte es auch eines weiteren Nachweises bedurft, wie die Beschuldigte Kontrollen durchführt, wie oft sie diese Kontrollen durchführt und welche konkreten Maßnahmen sie getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten zu können. Insbesondere fehlt ein Vorbringen, dass die Beschuldigte selbst den Bauleiter kontrolliert hat und hat das Beweisverfahren gezeigt, dass am konkreten Tattag der Baupolier an der Baustelle gar nicht anwesend war sondern die Arbeitnehmer selbständig tätig waren und daher die Gefahr eines Einsturzes nicht erkannten und daher auch nicht auf entsprechende Sicherheitsvorkehrungen achteten. Das Beweisverfahren hat auch gezeigt, dass für den Fall der Abwesenheit des Baupoliers die Arbeitnehmer völlig selbständig sind und auch der Baupolier völlig selbständig an der Baustelle arbeitet. Jeweilige Kontrollen wurden nicht vorgebracht und kamen im Beweisverfahren nicht hervor. Aufgrund dieser mangelnden Beaufsichtigung und Kontrolle konnte es daher auch geschehen, dass Arbeitnehmer eigenmächtig handeln. Unter Hinweis auf die vorzitierte Judikatur soll aber genau für diesen Fall das Kontrollnetz greifen, sodass Arbeitnehmer gehindert sind aus eigenem Antrieb eigenmächtige Handlungen zu setzen und gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften zu verstoßen. Es ist daher das Vorbringen der Beschuldigten dahingehend, dass er keine Vorsorgemaßnahmen getroffen werden konnten, weil für den Tattag Künettenarbeiten nicht vorgesehen waren, nicht zielführend, da genau das Kontrollsystem dazu da ist, dass der Arbeitgeber für die jeweilige Situation entsprechende Maßnahmen treffen kann. Mangels eines solchen Kontrollsystems war daher die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht gewährleistet. Auch wurden sonst keine Maßnahmen getroffen, die sicherstellen, dass die Arbeitnehmer entsprechend den Anweisungen arbeiten und Arbeitnehmerschutzbestimmungen einhalten. Es war daher ein lückenloses Kontrollnetz nicht vorhanden. Anweisungen allein sind aber nach der VwGH Judikatur nicht ausreichend, sondern ist auch deren Einhaltung sicherzustellen und zu kontrollieren. Darüber hinaus ist aber ausdrücklich festzuhalten, dass es konkrete Anweisungen hinsichtlich konkreter Schutzbestimmungen für die gegenständliche Baustelle ohnehin nicht gab. Es hat daher die Beschuldigte ein lückenloses Kontrollnetz nicht nachgewiesen.

Aber auch das Vorbringen, dass eine Sicherheitsfachkraft bestellt wurde und diese allgemeine Unterweisungen durchführt, kann die Beschuldigte nicht entlasten. Die Sicherheitsfachkraft führt nach dem ASchG Begehungen und Evaluierungen durch. Eine ständige Kontrolle der Arbeitnehmer auf den Baustellen wird durch die Sicherheitsfachkraft nicht durchgeführt.

Es ist daher der Beschuldigten der Entlastungsnachweis nicht gelungen und war daher vom Verschulden der Beschuldigten auszugehen. Schließlich ist auch der unter Hinweis auf die interne Ressortaufteilung erforderliche Nachweis der eigenen Kontrolle, dass entsprechende Maßnahmen getroffen wurden, nicht gelungen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist.

Die belangte Behörde hat Verwaltungsvormerkungen nicht bekannt gegeben, sodass von Unbescholtenheit der Beschuldigten auszugehen ist. Anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. Dezember 2003 wurde hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse eine Schätzung vorgenommen und diese mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten vorgehalten. Diesen Schätzungen wurde im Verfahren erster Instanz nichts entgegen gehalten und kam auch im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Änderung hervor. Diese konnten daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Im Rahmen der objektiven Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 VStG war insbesondere auf den Unrechtsgehalt der Tat Bedacht zu nehmen. Durch die Tatbegehung wurden die mit den gegenständlichen Verwaltungsvorschriften geschützten Interessen, nämlich Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer erheblich verletzt, also der Schutzzweck der Norm erheblich verletzt. Auch hatte die Tatbegehung nachteilige Folgen, nämlich den Tod und eine schwere Verletzung des weiteren Arbeitnehmers. Dies war beim Unrechtsgehalt entsprechend zu würdigen. Auch ist der Beschuldigten anzulasten, dass die Arbeitnehmer zum Tatzeitpunkt völlig auf sich gestellt auf der Baustelle tätig waren und keine Aufsicht auf der Baustelle vorhanden war. Dies war im Rahmen des Verschuldens zu werten. Besondere Erschwerungsgründe kamen nicht hervor. Da die festgesetzte Geldstrafe im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt und nicht einmal ein Drittel des gesetzlichen Strafrahmens ausmacht, ist sie angesichts der schweren Folgen der Tat tat- und schuldangemessen und im Hinblick auf die zugrunde gelegten persönlichen Verhältnisse auch angepasst und nicht überhöht. Die Strafe ist auch erforderlich, um die Beschuldigte, die weiterhin ein Bauunternehmen führt, von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

Gemäß § 16 VStG war auch eine der Geldstrafe angemessene Ersatzfreiheitsstrafe unter Berücksichtigung der angeführten Gründe festzusetzen.

 

Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 21 VStG liegen nicht vor, da nachteilige Folgen eingetreten sind und im Übrigen auch kein geringfügiges Verschulden vorliegt. Auch war kein Überwiegen der Milderungsgründe festzustellen, sodass § 20 VStG nicht zur Anwendung kam.

 

6. Im Grunde des § 64 VStG war ein Kostenbeitrag von 10 % der verhängten Geldstrafe aufzuerlegen. Weil nicht der Beschuldigte Berufung erhob, war gemäß §§ 64 und 65 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren des Oö. Verwaltungssenates nicht festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Künette, Sicherungsmaßnahmen, Verantwortlichkeit, Kontrollsystem

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 30.10.2006, Zl.: 2006/02/0248, 0249-3

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