Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280894/14/Kl/Pe

Linz, 11.07.2006

 

 

 

VwSen-280894/14/Kl/Pe Linz, am 11. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing. WT vertreten durch Rechtsanwälte Prof. H&P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.1.2006, Ge96-180-2004-Ew, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14.6.2006 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 240 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.1.2006, Ge96-180-2004-Ew, wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafe von je 600 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm § 48 Abs.2 und 7 BauV verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin T Bau-GmbH mit Sitz in A zu vertreten hat, dass, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz anlässlich einer Besichtigung festestellt wurde, bei der Baustelle des Mutter-Kind-Zentrums in U am 19.11.2004 die straßenseits gelegene ca. 2,5 m tiefe Baugrube zwischen dem Gebäude und der Baugrubenwand für Isolier- und Drainagearbeiten von zwei Arbeitnehmern der o.a. Gesellschaft betreten wurde, ohne dass geeignete Sicherungsmaßnahmen gegen die Gefährdung der Arbeitnehmer durch herabrutschendes oder herabfallendes Material vorhanden waren, wobei der Böschungswinkel ca. 80° bis 90° betrug und kein leichter oder schwerer Fels vorhanden war und auch keine Verbauungsmaßnahmen oder geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung angewendet wurden, obwohl gemäß § 48 Abs.7 BauV Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden dürfen, wenn die Sicherungsmaßnahmen nach § 48 Abs.2 BauV, wonach beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretender Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen (Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend abzböschen, zu verbauen oder geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung anzuwenden) durchzuführen ist, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können, durchgeführt worden sind.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, mit welcher das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wurde, die ersatzlose Aufhebung und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass lediglich dem Organ des Arbeitsinspektorates Linz, nicht jedoch dem vor Ort zuständigen Polier, Glauben geschenkt wurde. Entgegen der Darstellung des Arbeitsinspektorates war die straßenseits gelegene Baugrube durch Pölzungen derart verbaut, dass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können. Es liege ein Böschungswinkel von lediglich 80° vor und sei in der Baugrube zumindest leichter Fels vorhanden. Aus dem Beweisverfahren ergebe sich, dass vor dem 19.11.2004 Sicherungsmaßnahmen vorhanden waren, welche am Mittwoch, 17.11.2004, abends entfernt wurden. Am darauf folgenden Tag wurde in der Baugrube nicht gearbeitet. Die Isolierungsarbeiten seien am 19.11.2004 bereits abgeschlossen gewesen, Spachtel- und Klebearbeiten wurden nicht mehr durchgeführt. Die XBS-Platten werden nicht über die ganze Höhe verlegt und wurde die Wand nur im unteren Bereich verspachtelt. Am 19.11.2004 wurde lediglich eine Noppenmappe angebracht und ein Schlauch verlegt und können diese letzten Handgriffe nicht bei einer bestehenden Pfostenpölzung durchgeführt werden. Anschließend hätte die Baugrube sofort aufgefüllt werden sollen. Eine Pölzung wäre ohnehin hinderlich gewesen und hätten diese Arbeitsschritte nur wenige Minuten in Anspruch genommen. Es sei jedenfalls bindiger Boden sowie leichter Fels in der Baugrubenwand vorhanden gewesen. Es seien daher Sicherungsmaßnahmen vorhanden gewesen und die gegenständliche Baugrube lediglich zum Einlegen einer Noppenmappe und eines Schlauches betreten worden. Es hätte daher die Behörde von einer Bestrafung Abstand nehmen müssen. Hinsichtlich der Strafhöhe wurde vorgebracht, dass die abgebildeten Arbeitnehmer nicht längere Zeit ohne die dafür notwendige Schutzvorrichtung in der Baugrube aufhältig gewesen seien und sei daher das Verschulden des Beschuldigten denkbar gering. Es mag zwar im konkreten Fall kein effizientes Kontrollsystem im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gegeben haben, jedoch sei aus den durchgeführten Kontrollbesuchen des Berufungswerbers und der zeugenschaftlichen Vernehmung des Poliers ein Bemühen zu erkennen, die Arbeitnehmer dazu anzuhalten, die Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. Auch sei als Milderungsgrund zu betrachten, dass der Berufungswerber lediglich unterlassen habe, einen Erfolg abzuwenden, wo das Gesetz bereits die Herbeiführung eines Erfolgs mit Strafe bedroht. Der Eintritt eines Schadens sei kein Tatbestandsmerkmal, jedoch ist auch jener Umstand als Milderungsgrund heranzuziehen. Auch sei der Strafbestimmung nicht zu entnehmen, dass die Strafe je Arbeitnehmer zu verhängen sei. Obwohl auf den Beweisfotos zwei Arbeitnehmer abgebildet seien, habe sich die vorgeworfene Verwaltungsübertretung im räumlichen und zeitlichen Konnex ereignet und sei daher die Bestrafung unangemessen hoch. Unter Bedachtnahme darauf, dass keine einzige einschlägige Vorstrafe aufscheine und an der gegenständlichen Baustelle ein Baukoordinator bestellt gewesen sei, überwiegen die Milderungsgründe jedenfalls die Erschwerungsgründe, sodass die Strafhöhe unter Anwendung von § 20 VStG auf einen Betrag von 145 Euro je Arbeitnehmer herabzusetzen sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.6.2006, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz erschienen sind. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen AI DI AH, Arbeitsinspektorat Linz, und PK, Polier, geladen und einvernommen.

Vom Arbeitsinspektorat Linz wurden Fotos vorgelegt.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass bereits bei einer Kontrolle am 18.11.2004 durch das Arbeitsinspektorat Linz an der gegenständlichen Baustelle sich zwischen dem Gebäude und der Baugrubenwand straßenseits eine ca. 2,5 m tiefe Baugrube befand, die für Isolier- und Drainagearbeiten betreten werden musste, wobei der Böschungswinkel ca. 80° bis 90° betrug und kein leichter oder schwerer Fels vorhanden war. Es handelte sich um lehmigen Boden, allenfalls Flins und Sand, und in keiner Weise um Fels. Es waren keine Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. So waren keine entsprechende Böschung, Verbauung oder ein geeignetes Verfahren zur Bodenverfestigung durchgeführt. In der Baugrube war kein Pölzungsmaterial vorhanden und auch auf der Baustelle war ein solches nicht ersichtlich. Am 18.11.2004 wurde nicht gearbeitet. Die Isolierarbeiten waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

 

Bei der Kontrolle am 19.11.2004 waren in der gegenständlichen Baugrube ebenfalls keine Sicherungsmaßnahmen vorhanden und es waren zwei Arbeitnehmer in der Baugrube beschäftigt. Nach den Isolierarbeiten sollten Drainagearbeiten durch Verlegung eines Schlauches sowie das Anbringen einer Noppenmatte durchgeführt werden. Auch wurde am 19.11.2004 ein Flies verlegt. Die Baugrube erstreckte sich über die gesamte Hauslänge parallel zur Straße.

 

Der Polier PK hat mit zwei weiteren Arbeitnehmern auf der Baustelle gearbeitet. Der Polier ist auf der Baustelle selbständig. Baubesprechungen finden in der Regel am Beginn der Woche, am Montag, statt, bei der zumeist der Berufungswerber anwesend ist. Der Techniker bestimmt, wie die Pölzung auszusehen hat. Die Aufbringung und Entfernung der Pölzung bestimmt der Polier. Nach der Baubesprechung war ein Techniker oder der Berufungswerber nicht mehr auf der Baustelle. Eine Unterweisung oder Schulung über Abböschungen oder Pölzungen hat es in der letzten Zeit (in den letzten Jahren) nicht gegeben. Der Polier hat sich selbständig um die Absicherungen zu kümmern und weiß aus Berufserfahrung welche Maßnahmen durchzuführen sind. Der Polier ist vor Ort für die Baustelle verantwortlich und wird gelegentlich durch den Techniker oder durch den Chef kontrolliert und werden dabei Arbeitsschritte durchbesprochen bzw. sind beanstandete Mängel zu ändern. Nach der Baubesprechung bis zur Beanstandung hat es keine Kontrolle durch den Berufungswerber gegeben. Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Arbeitnehmerschutzmaßnahmen wurden nicht angedroht und gibt es nicht. Für das Aufbringen der Noppenmatte und das Verlegen des Drainageschlauches benötigen zwei Arbeitnehmer ca. eine halbe Stunde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Fotos und der Aussage der beiden einvernommenen Zeugen. Beim Arbeitsinspektor handelt es sich um einen sachverständigen Zeugen und wurde der Sachverhalt glaubwürdig dargelegt. Es können daher die Angaben zur Baustelle und Baugrube als erwiesen angesehen werden. Weiters wurden vom Arbeitsinspektorat Fotos angefertigt, die den Sachverhalt bekräftigen. Weiters wird dieser Sachverhalt auch vom einvernommenen Polier - dieser wurde bereits in erster Instanz einvernommen und widersprach sich auch bei der nunmehrigen Einvernahme nicht - bestätigt, dass jedenfalls am 19.11.2004 eine Pölzung nicht vorhanden war. Wenngleich er auch ausführt, dass in der Woche der Kontrolle zunächst eine Pölzung vorhanden war, so gibt er selbst an, dass diese nicht den Vorschriften entspreche, weil die Pfosten zu weit auseinander waren. Dass eine Pölzung grundsätzlich vorhanden war, muss aber für das gegenständliche Strafverfahren nicht nachgewiesen werden. Es steht jedenfalls fest, dass zwei Arbeitnehmer zum Tatzeitpunkt die Baugrube betreten haben und keine Sicherungsmaßnahmen zum Tatzeitpunkt durchgeführt waren. Im Übrigen decken sich die Aussagen des Poliers mit den Aussagen des Berufungswerbers, insbesondere was die Organisation und Kontrollen der Baustelle anbelangt. Danach ist erwiesen, dass für die konkrete Baustelle keine speziellen Anweisungen getroffen wurden und die Poliere an der Baustelle relativ selbständig tätig sind. Die Materialien werden vom Polier in der Firma angefordert. Außerhalb der Baustellenbesprechungen gibt der Berufungswerber selbst nur unregelmäßige stichprobenartige Kontrollen an.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 48 Abs.7 BauV dürfen Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden, wenn die Sicherungsmaßnahmen nach Abs.2 durchgeführt sind.

 

Gemäß § 48 Abs.2 BauV ist beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretenden Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzuführen, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können:

  1. die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzuböschen,
  2. die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend §§ 51 und 52 zu verbauen oder
  3. es sind geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (§ 53) anzuwenden.

 

Gemäß § 50 Abs.1 Z1 bis 4 BauV darf der Böschungswinkel im Regelfall bei nicht bindigen oder weichen bindigen Böden, wie Mutterböden, Sande oder Kiese, höchstens 45°, bei steifen oder halbfesten bindigen Böden, wie Lehm, Mergel, fester Ton, höchstens 60°, bei leichtem Fels höchstens 80°, bei schwerem Fels höchstens 90° betragen.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes wurde der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt, indem zwei Arbeitnehmer ohne die erforderlichen Schutzmaßnahmen die Baugrube betreten haben. Aufgrund der festgestellten Bodenbeschaffenheit von bindigem bis steifem oder halbfesten bindigem Boden war ein Böschungswinkel von 80° bis 90° nicht entsprechend. Leichter oder schwerer Fels war nicht gegeben.

 

Dass vor dem Tatzeitpunkt allenfalls eine Pölzung, also eine Verbauung vorhanden gewesen sei, rechtfertigt nicht das Vorgehen zum Tatzeitpunkt, weil ein Betreten nur nach durchgeführten Sicherungsmaßnahmen zulässig ist. Es ist aber auch jedenfalls erwiesen, dass noch Arbeiten in der Baugrube durchzuführen waren und es nicht um ein reines Verfüllen der Baugrube ging. Darüber hinaus wird aber auch beim Verfüllen der Baugrube auf die Bestimmung des § 52 Abs.1 BauV hingewiesen, wonach der Verbau auch beim Rückbau nur um höchstens 50 cm zurückbleiben darf.

 

Wenn aber der Berufungswerber die unrechtmäßige Annahme von zwei Delikten trotz eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges bemängelt, so ist ihm die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 26.7.2002, 2002/02/0037) entgegenzuhalten, wonach mehrere Straftaten anzunehmen sind, wenn sich der rechtswidrige Angriff gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richtet. Wenn trotz der namentlichen Nennung der beschäftigten Arbeitnehmer lediglich eine Verwaltungsübertretung angenommen wird, so wird dadurch gegen das in § 22 VStG normierte Kumulationsgebot verstoßen.

 

5.2. Der Berufungswerber hat die Tat auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsübertretung über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Entgegen den Ausführungen in der Berufung stellt die gegenständliche Verwaltungsübertretung kein Erfolgsdelikt sondern ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus (vgl. VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der vom verunfallten Arbeitnehmer erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. "Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmervorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem, Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war."

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht es daher nicht aus, dass der Berufungswerber eine Baustellenbesprechung jeweils am Anfang der Woche einwendet, dann aber sich nicht um die Baustelle kümmert, sondern der Polier selbständig tätig ist, die Pölzungen in der Firma anfordert und auch deren Entfernung wieder veranlasst. Auch wird keine lückenlose Kontrolle des Poliers geltend gemacht. Auch wurden allfällige Schulungsmaßnahmen durch die Aussage des Poliers widerlegt, zumal dieser angibt, Kenntnisse nur aus seiner beruflichen Erfahrung zu haben, an Schulungen könne er sich nicht erinnern. Es ist daher kein ausreichendes Kontrollnetz vorgebracht und nachgewiesen und sind insbesondere keine Maßnahmen erwiesen, die mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Arbeitnehmerschutzvorschriften auch eingehalten werden. Insbesondere wurden keine Maßnahmen gesetzt oder angedroht, die die Arbeitnehmer dazu anhalten können, dass die Schutzeinrichtungen auch tatsächlich durchgeführt und verwendet werden.

 

Auch das Argument, dass nur kurzzeitige Arbeiten durchgeführt werden mussten, hat keinen Einfluss auf das Verschulden des Berufungswerbers. Es müssen nämlich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.7.2004, 2004/02/0199) Schutzvorkehrungen während der gesamten Arbeitszeit angebracht sein. So hat dieser ausgesprochen, dass, werden dergestalt Übertretungen etwa aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf genommen, das behauptete Kontrollsystem gar nicht greifen kann, weshalb das Vorbringen ungeeignet ist, mangelndes Verschulden darzutun. Es ist daher dem Berufungswerber ein Entlastungsnachweis nicht gelungen, weshalb zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen war.

 

In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis des Berufungswerbers, dass ein Baustellenkoordinator bestellt sei, nicht entlastend, zumal für diesen Fall auch eine entsprechende Kontrolle durch den Berufungswerber hätte stattfinden müssen. Kontrollen des Berufungswerbers gegenüber dem Baustellenkoordinator wurden aber nicht vorgebracht.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde ist von vier Verwaltungsvorstrafen ausgegangen, weshalb von Unbescholtenheit als Milderungsgrund nicht auszugehen ist. Dass die Vorstrafen nicht einschlägig sind, stellt nur keinen Erschwerungsgrund dar, kann aber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mildernd gewertet werden. Auch lagen sonst keine strafmildernden Umstände vor. Die vom Berufungswerber vorgebrachten Gründe stellen keine Milderungsgründe dar. Insbesondere wurde bereits ausgeführt, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung kein Erfolgsdelikt, sondern vielmehr ein Ungehorsamsdelikt darstellt. Ein Erfolg ist für die Tatbestandsmäßigkeit nicht erforderlich. Dass kein Erfolg eintritt, ist kein Milderungsgrund. Jedenfalls aber hat die belangte Behörde zu Recht als straferschwerend die hohe Gefährdung von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Tiefe der Baugrube gewertet. Es ist daher der Unrechtsgehalt der Tat in erheblichem Maße erfüllt. Weiters wurden von der belangten Behörde bereits die persönlichen Verhältnisse, nämlich ein Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten berücksichtigt. Der Berufungswerber hat auch im Zuge des Berufungsverfahrens keine weiteren Umstände für eine Strafmilderung geltend gemacht. Es konnten daher die verhängten Geldstrafen, die im untersten Bereich des gesetzlich geregelten Höchstrahmens gelegen sind, bestätigt werden. Die festgesetzten Geldstrafen, welche je Verwaltungsübertretung festzusetzen waren, waren daher tat- und schuldangemessen.

 

Aufgrund dieser Erwägungen war auch nicht von einem Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen, sodass § 20 VStG nicht zur Anwendung gelangte. Auch blieb das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück, sodass von keinem geringfügigen Verschulden im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auszugehen war. Mangels des Vorliegens schon einer der kumulativ erforderlichen Voraussetzungen war daher von der Verhängung einer Geldstrafe nicht abzusehen und daher § 21 VStG nicht anzuwenden.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 240 Euro, festzusetzen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem, kurzzeitige Arbeiten

 

 

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