Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-290086/2/BI/KM

Linz, 29.01.2001

VwSen-290086/2/BI/KM Linz, am 29. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A F, vom 5. Dezember 2000 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 16. November 2000, ForstR96-7-2000, wegen Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch insofern ergänzt wird, als das Rodungsverbot insofern nicht befolgt wurde, als der Rechtsmittelwerber nicht im Besitz einer gültigen Rodungsbewilligung war.

  1. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von a) und b) jeweils 600 S (entspricht jeweils 43,60 Euro), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1, 16 Abs.2 und 19 VStG, §§ 174 Abs.1 lit.a Z6 iVm 17 Abs.1 ForstG 1975

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

  1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) und 2) je §§ 174 Abs.1 lit.a Z6 iVm 17 Abs.1 ForstG 1975 Geldstrafen von a) und b) je 3.000 S (je 6 Stunden EFS) verhängt, weil er als Waldeigentümer im Zeitraum zwischen 25. April 2000 bis 4. Mai 2000

  1. auf der Waldparzelle , KG S, eine Fläche von ca 1.500 und
  2. auf der Waldparzelle , KG S, eine Fläche von ca 1.575

als Deponiefläche für Tunnelaushubmaterial von der Baustelle der A P verwendet und dadurch das Rodungsverbot des § 17 Abs.1 ForstG 1975 nicht befolgt habe, da die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als solche der Waldkultur verboten sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 600 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, sein Handeln habe letztlich im öffentlichen Interesse gelegen, weil dadurch nicht unerhebliche Aufwendungen für den Autobahnaushub (unnötige Fahrten zu weiter entfernten Deponien), Umweltverschmutzung durch LKW-Abgase und zeitliche Verzögerungen der zügigen Fertigstellung der A vermieden worden seien. Das alles habe nicht in seinem, sondern vor allem im Interesse der Republik gelegen. Er beantrage die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides und vorsorglich den Erlass der Strafe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bezirksförster der Erstinstanz A A am 25. April 2000 zwei bewilligungslose Rodungsflächen im Gebiet der H, nahe des Südportales des Speringtunnels vorgefunden hat, und zwar unmittelbar an der Aufschließungsstraße zur Tunnelbaustelle:

Rodungsfläche 1) auf Waldparzelle , KG S, im Ausmaß von ca 1.500 , angrenzend an die Rodungsfläche der Tunnelbaustelle entlang der Zufahrtsstraße mit etwa 75 m Länge und einer durchschnittlichen Breite von ca 20 m. Auf dem ebenen seichtgründigen Boden befand sich ein Fichten-Buchen-Jungbestand.

Rodungsfläche 2) auf Waldparzelle , KG S, im Ausmaß von ca 1.575 m² (35 x 45 m) etwa 150 m nördlich der Rodungsfläche 1). Auf dem ebenen seichtgründigen Boden befand sich ein fichtendominierter Jungbestand mit einzelnen Laubhölzern.

Beide Rodungsflächen, auf denen Tunnelaushubmaterial gelagert war, wurden fotografiert und die Fotos dem Akt beigelegt.

Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen des Parteiengehörs eingewendet, er habe bereits im Dezember 1999 um Erteilung einer Rodungsbewilligung im Ausmaß von ca 1,4 ha zur Deponierung von Tunnelaushubmaterial angesucht; allerdings habe er das Ansuchen wegen der negativen Beurteilung durch den Sachverständigen DI S zurückgezogen. Dann sei die Fa A, Betreiber der Baustelle, an ihn herangetreten und habe ihn zur Anlegung der beiden Deponieflächen gedrängt. Es habe sich aber um zwei vollkommen unbestockte Flächen mit lediglich hollerbuschähnlichen Stauden gehandelt. Er werde nach Abschluss der Deponierung die Flächen wieder rekultivieren und aufforsten, kenne aber den dringenden Bedarf an Deponieflächen und werde nachträglich um Rodungsbewilligung ansuchen.

Der forsttechnische Amtssachverständige DI S hat zu diesem Rodungsansuchen insofern Stellung genommen, als auch die Erteilung einer befristeten Rodungsbewilligung nicht mit den forstgesetzlichen Bestimmungen in Einklang zu bringen sei. Bereits zum Antrag des Rechtsmittelwerbers vom 30. Dezember 1999 habe er ausgeführt, dass auch landwirtschaftlich genutzte Flächen in kurzer Transportdistanz für die Vornahme der notwendigen Materialdeponierung vorhanden seien und es seien alle anderen Möglichkeiten der Deponierung zuerst auszuschöpfen.

Zum Rodungszweck "Auffüllung einer Mulde" und "Agrarstrukturverbesserung" führt der Sachverständige aus, bei diesen Mulden handle es sich eher um besser wasserversorgte Bereiche, deren Auffüllung nicht in den Begriff "Agrarstrukturverbesserung" hineininterpretierbar sei. Auch die Verkürzung von Transportwegen könne kein öffentliches Interesse an der Erteilung einer Rodungsbewilligung begründen. Es verbleibe daher nur mehr die Auftragung der umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes, nämlich die sorgfältige Entfernung des konsenslos deponierten Materials, Auflockerung der bereits verdichteten Bereiche und Wiederbewaldung.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat Folgendes erwogen:

Gemäß § 174 Abs.1 lit.a Forstgesetz 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs.1 nicht befolgt.

Gemäß § 17 Abs.1 leg.cit. ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Unter "Rodung" ist nicht nur die Beseitigung des Holzwuchses und des Humus, sondern auch die nachfolgende Verwendung dieses Bodens zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur zu verstehen. Darunter fällt zweifellos auch die Verwendung von Waldboden als Deponie für Aushubmaterial aus einer Autobahnbaustelle.

Die Nichtbefolgung des Rodungsverbotes stellt ein Dauerdelikt dar. Die objektive Tatseite besteht demnach im Herbeiführen und im Bestehenlassen der Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur. Der Straftatbestand wird so lange verwirklicht, solange die eigenmächtige Verwendung des Waldbodens andauert (VwGH v 22. Jänner 1985, 84/07/0386), demnach bis zum Ende der unzulässigen Verwendung, der Rechtskraft der Rodungsbewilligung oder bis zur Feststellung der Nichtwaldeigenschaft.

Der Vorwurf der widerrechtlichen Rodung setzt begriffsnotwendig die Waldeigenschaft der betreffenden Fläche während der Rodung voraus (vgl VwGH v 19. März 1990, 89/10/0032, ua).

Laut Grundbuch hat das Grundstück , KG S, eine Fläche von 17.990 , das Grundstück , KG S, eine Fläche von 7.445 . Dass es sich bei beiden genannten Grundstücken um Waldgrundstücke handelt, wurde nicht bestritten und ergibt sich zweifelsfrei aus dem von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt, insbesondere dem Erhebungsbericht vom 4. Mai 2000, den Fotos und dem angeschlossenen Kartenausschnitt, selbst wenn das Grundstück als landwirtschaftlich genutzt im Grundbuch ausgewiesen ist.

Im gegenständlichen Fall hat der Rechtsmittelwerber bereits im Dezember 1999 um Erteilung einer Rodungsbewilligung in größerem Ausmaß zur Deponierung von Aushubmaterial aus der Tunnelbaustelle der P angesucht, dieses Ansuchen aber nach der negativen Stellungnahme des forsttechnischen Amtssachverständigen und der vorauszusehenden Abweisung seines Antrages durch die Behörde von sich aus zurückgezogen.

Am 25. April 2000 wurden die oben beschriebenen ohne jede Bewilligung angelegten Rodungsflächen vom Bezirksförster vorgefunden, wobei dieses Datum ebenso wie das der Mitteilung an die Erstinstanz in den Tatvorwurf aufgenommen wurde.

Im Lichte der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH wäre demnach nicht nur dieser Zeitraum ("25. April bis 4. Mai 2000") als unzulässige Rodung zu qualifizieren, sondern auch das nachträgliche Bestehenlassen bis zur Rechtskraft einer eventuellen Rodungsbewilligung bzw bis zur Befolgung des Abbruchs- und Wiederbewaldungsauftrages. Selbst wenn der Rechtsmittelwerber nachträglich um Rodungsbewilligung angesucht hat, wie in seinen Aussagen am 20. Juni 2000 vor der Erstinstanz angeklungen ist, würde die tatsächliche Erteilung einer solchen nur bedeuten, dass ab deren Rechtskraft mit der Rodung begonnen werden dürfte. Damit kann aber eine bereits bewilligungslos durchgeführte Rodung nicht im nachhinein behördlich genehmigt werden.

Der Rechtsmittelwerber hat als Zweck der Rodung die Vermeidung erheblicher Aufwendungen für den Autobahnbau, Vermeidung von Umweltverschmutzung durch kürzere LKW-Fahrten und Vermeidung zeitlicher Verzögerungen im öffentlichen Interesse angeführt und damit eine Interessensabwägung durchgeführt, die bei Prüfung vor Erteilung einer Rodungsbewilligung von der Behörde anzustellen und gegen das öffentliche Interesse an der Walderhaltung abzuwägen sind. Tatsache ist aber, dass die vom Rechtsmittelwerber angestellten Überlegungen nicht die konsenslose, vorgreifende und eigenmächtige Durchführung von Rodungen auf zwei Waldgrundstücken in beträchtlichem Ausmaß zu rechtfertigen vermögen. Abgesehen davon hat sich der forsttechnische Amtssachverständige nicht grundsätzlich den genannten Abwägungen verschlossen, sondern im Wesentlichen die Auswahl der Grundstücke für die Rodung durch den Rechtsmittelwerber kritisiert.

Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass, da das ForstG 1975 in Ansehung der unbefugten Rodung über das Verschulden nichts anderes bestimmt, im Sinne des § 5 Abs.1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt (VwGH v 19. Oktober 1987, 87/10/0063).

Im gegenständlichen Fall konnte der Rechtsmittelwerber bereits auf Grund des von ihm kurz vorher eingebrachten Antrages auf Rodungsbewilligung für den genannten Rodungszweck und deren negativen Stellungnahme durch den forsttechnischen Amtssachverständigen sicher sein, dass auch in den genannten Fällen keine Rodungsbewilligung für den gleichen Rodungszweck erteilt werden würde. Sein eigenmächtiges Handeln war im Hinblick auf sein Wissen über die Erforderlichkeit einer Rodungsbewilligung demnach nicht mehr als fahrlässig, sondern bereits als vorsätzlich anzusehen.

Auf dieser Grundlage war für den unabhängigen Verwaltungssenat zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Rechtsmittelwerber den ihm in beiden Fällen zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Spruchergänzung ist zu sagen, dass dem Rechtsmittelwerber im Rahmen der Begründung des innerhalb der Jahresfrist des § 175 ForstG 1975 ergangenen Straferkenntnisses das Fehlen einer gültigen Rodungsbewilligung vorgehalten wurde, sodass er bei Erhebung der Berufung in der Lage war, sich zu allen ihm zur Last gelegten Tatbestandsmerkmalen zu äußern und zu verantworten. Diesbezüglich ist daher keine Verjährung eingetreten, sodass die Spruchergänzung gemäß § 44a Z1 VStG zu Recht erfolgte.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Strafrahmen des § 174 Abs.1 lit.a ForstG 1975 bis zu 100.000 S Geldstrafe bzw bis zu vier Wochen Freiheitsstrafe reicht.

Gemäß § 16 Abs.2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe ... nicht übersteigen.

Aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht hervor, dass die Erstinstanz bei der Strafbemessung die gravierende Verletzung des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung angesehen hat, wobei das "vollkommen bewusste" und vorsätzliche Vorgehen des Rechtsmittelwerbers als erschwerend, seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd gewertet wurde. Weiters wurde die von ihm selbst angegebene Pension von 10.000 S, das Fehlen von Sorgepflichten und das Hälfteeigentum an einer Liegenschaft berücksichtigt.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist kein Anhaltspunkt dafür zu finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die festgesetzten Strafen liegen in beiden Fällen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur Unterlassung solcher eigenmächtiger Rodungen anhalten. Es steht ihm frei, bei der Erstinstanz um Bezahlung der Geldstrafen in Raten anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Rodungsantrag abgewiesenà neuerliche bewilligungspflichtige Rodung verspätet à Bestätigung.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum