Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-290106/2/Re/Sta

Linz, 24.03.2004

 

 

 VwSen-290106/2/Re/Sta Linz, am 24. März 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des M S, L, E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10. Juli 2003, ForstR96-7-2003, wegen Übertretung des Forstgesetzes 1975 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 
Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10. Juli 2003 wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 174 Abs.1 lit. a Z2 iVm § 14 Abs.2 Forstgesetz 1975 (iF: ForstG) eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4,5 Stunden verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in der Höhe von 10 % der verhängten Strafen (somit in der Höhe von 5 Euro) verpflichtet.

 

Dem Berufungswerber wurde vorgeworfen, er habe im Oktober 2002 auf dem südöstlichen Teil des Waldgrundstückes Nr. , KG. K, Marktgemeinde R einen Kahlhieb durchgeführt, sodass eine Kahlfläche von insgesamt ca. 4.000 m2 entstanden sei; er habe dabei die Fällung entlang der Eigentumsgrenze zum Grundstück Nr. , KG. K, in einer Entfernung von weniger als 40 m nicht unterlassen, sodass durch den Wegfall des Deckungsschutzes für dieses Grundstück Nr. der dortige Bestand einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt worden sei. Dadurch seien 60 Bäume dieses Grundstückes vom Wind gerissen worden.

 

Dagegen richtet sich die eingebrachte Berufung vom 17. Juli 2003, mit welcher beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Im Einzelnen wurde die Berufung damit begründet, ein Deckungsschutz für einen nachbarlichen Wald käme nur dann zum Tragen, wenn die Windgefährdung offenbar, das heißt, mit großer Wahrscheinlichkeit vorhersehbar sei. Eine Windgefährdung trete üblicherweise nur an östlich vom Kahlschlag liegenden Wäldern auf. Das Nachbargrundstück Nr. liege jedoch nördlich seiner Parzelle Nr. . Eine Windgefährdung für den angrenzenden Bestand sei daher für ihn nicht erkennbar und auch nicht mit großer Wahrscheinlichkeit vorhersehbar gewesen. Zur Untermauerung seiner Erfahrungen lege er gleichzeitig das der Berufung angeschlossene forstliche Gutachten, erstellt am 8. Juli 2003 von Dipl.-Ing. Dr. K F, Bezirksbauernkammer Rohrbach, vor. Weiters beziehe sich der forstliche Deckungsschutz nur auf in Österreich übliche Windstärken. Im November 2002 habe in weiten Teilen Österreichs Sturm mit Orkanstärke gewütet, es seien mehrere Millionen Festmeter Holz geworfen worden. Bei üblichen Windstärken wäre es nicht zu den konkreten Schäden beim Nachbargrundstück gekommen.

 

Im vom Berufungswerber vorgelegten forstlichen Gutachten vom 8. Juli 2003, erstellt von Dipl.-Ing. Dr. K F, Bezirksbauernkammer Rohrbach, Forstberatung, stellt dieser fest, dass der Sturm im November 2002 in weiten Teilen Österreichs mit Orkanstärke wütete, mehrere Millionen Festmeter Holz seien geworfen und auch gebrochen worden. Es seien auch Waldflächen geschädigt worden, in deren Nähe keinerlei Schlägerungen vorgenommen worden seien. Die im gegenständlichen Fall aufgetretenen Bestandsschäden seien nicht vorhersehbar gewesen. Zusammenfassend stellt er fest, dass im konkreten Fall aus forstfachlicher Sicht keinesfalls von einer "offenbaren" Windgefährdung gesprochen werden könne; eine Missachtung des Deckungsschutzes läge demnach nicht vor.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt bereits hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

 

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

 

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

Der Tatvorwurf im angesprochenen Straferkenntnis erweist sich als rechtswidrig wegen Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 44a VStG.

 

Dem Berufungswerber wurde im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, er habe im Oktober 2002 auf dem südöstlichen Teil des Waldgrundstückes Nr. , KG. K, Marktgemeinde R, einen Kahlhieb durchgeführt, sodass eine Kahlfläche von insgesamt ca. 4.000 m2 entstanden ist. Dabei habe er die Fällung entlang der Eigentumsgrenze zum Grundstück Nr. , KG. K, in einer Entfernung von weniger als 40 m nicht unterlassen, sodass durch den Wegfall des Deckungsschutzes für dieses Grundstück Nr. der dortige Bestand einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt worden ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Nach der umfangreichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Vorschrift des § 44a Z1 VStG dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Beschuldigte rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein.

 

Es ist daher zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat sich ausreichend auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften bezieht.

 

In diesem Lichte ist die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tatzeit als (gerade) noch ausreichend konkretisiert anzusehen.

 

In Bezug auf den Tatort ist auf den Widerspruch zwischen dem im Akt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt befindlichen Aktenvermerk vom 14. Mai 2003, Forst10-86-2003, welcher zur Einleitung des gegenständlichen Strafverfahrens führte einerseits und den Verfolgungshandlungen der Bezirkshauptmannschaft Freistadt bis letztlich zum Straferkenntnis andererseits hinzuweisen, wonach im zitierten Aktenvermerk vom 14. Mai 2003 davon die Rede ist, dass an die nördlich angrenzende Parzelle Nr. der KG. K herangeschlägert wurde, in der Strafverfügung und im Straferkenntnis jedoch davon die Rede ist, dass auf dem südöstlichen Teil des Waldgrundstückes Nr. der KG. K ein Kahlhieb durchgeführt wurde. Darüber hinaus ist insbesondere der dem zitierten Aktenvermerk vom 14. Mai 2003 angeschlossenen Skizze eines Kahlschlages zu entnehmen, dass insbesondere der südlichste bzw. der östlichste Teil der Parzelle Nr. der KG. K vom Kahlschlag nicht betroffen war.

 

Schließlich fordert die übertretene Bestimmung des § 14 Abs.2 ForstG, dass jeder Waldeigentümer Fällungen entlang seiner Eigentumsgrenzen in einer Entfernung von weniger als 40 m zu unterlassen hat, wenn durch die Fällung nachbarlicher Wald einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt würde (Deckungsschutz). Dass es sich nun im gegenständlichen Fall beim nördlich angrenzenden Grundstück Nr. der KG. K tatsächlich um Wald im Sinne des Forstgesetzes handelt - der Anspruch auf Deckungsschutz besteht nämlich nach der ausdrücklichen übertretenen Bestimmung nur zugunsten von Wald, nicht jedoch zugunsten von allenfalls sonstig forstlich bestockten Nichtwaldflächen, wie z.B. Flurgehölze unter der in § 1a Abs.1 ForstG genannten Mindestgröße oder Flächen nach § 1a Abs.4 und 5 leg.cit. - wurde dem Berufungswerber im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens nicht vorgeworfen und konnte dies unter Beachtung des § 175 ForstG auch im Berufungsverfahren nicht mehr erfolgen.

 

Schon aus diesen Gründen war im Grunde der zitierten Rechtsgrundlage das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

Der Berufungswerber wird gleichzeitig und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Einstellung nicht wegen Schuldausschließung erfolgte, sondern wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Die belangte Behörde wird abschließend darauf hingewiesen, dass es sich beim gegenständlichen Delikt des § 14 Abs.2 iVm § 174 Abs.1 lit. a Z2 ForstG um ein Erfolgsdelikt handelt, da der Eintritt einer Gefahr Tatbestandsmerkmal ist. Im Gegensatz zu den Begründungsausführungen im behobenen do Straferkenntnis hat die Behörde dem Täter das Verschulden nachzuweisen (VwGH 21.12.1987, 87/10/0118).

 

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung Folge gegeben wird.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Reichenberger
 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum