Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-290110/2/Re/Sta

Linz, 19.11.2004

 

 

 VwSen-290110/2/Re/Sta Linz, am 19. November 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn J G M, V, vertreten durch Dr. E P, Rechtsanwalt, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5.1.2004, ForstR96-11-2003, wegen Übertretung des § 82 Abs.1 und 2 des Forstgesetzes 1975 idgF (ForstG), zu Recht erkannt:

 

 

  1. Anlässlich der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis vom 5.1.2004, ForstR96-11-2003, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 
Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.2 sowie § 44a Z1 und 2 i.V.m. § 45 Abs.1 Z2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG).
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. :

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5.1.2004, ForstR96-11-2003, wurde über den Berufungswerber wegen der Übertretung des § 174 Abs.1 lit. a Z29 ForstG 1975 iVm § 82 Abs.1 und 2 leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, somit in der Höhe von 150 Euro gemäß § 64 VStG verpflichtet.

Dem Berufungswerber wurde vorgeworfen, er habe im Zeitraum vom 1.11.2002 bis Anfang März 2003 Kahlhiebe auf den Waldgrundstücken

durchgeführt bzw. durchführen lassen, obwohl Großkahlhiebe im Hochwald verboten seien.

 

Dieses Straferkenntnis wurde im Wesentlichen mit dem Hinweis begründet, ihm sei die Durchführung eines Kahlhiebes auf

dem Grundstück 461 KG. F im Ausmaß von 2,9 ha

dem Grundstück 497/4 Tl., KG. F und 672/1 KG. T im Ausmaß von 1,9 ha und

dem Grundstück 464 Tl., KG. F, im Ausmaß von 250 m2 vorgehalten worden.

Bei ihm als Waldbesitzer, welcher eine Holzindustrie führe, müsse Vertrautheit mit den gesetzlichen Bestimmungen des Forstgesetzes vorausgesetzt werden. Er habe sich nicht nur über gesetzliche Bestimmungen sondern auch über die Eigentumsgrenzen großzügig hinweggesetzt. Wer Kahlhiebe entgegen dem Verbot des § 82 Abs.1 durchführe, begehe eine Verwaltungsübertretung, welche mit Geldstrafe bis zu 7.270 Euro zu ahnden sei. Bei der Strafbemessung seien die Bestimmungen des § 19 VStG dem ganzen Umfang nach berücksichtigt worden.

 

Dagegen richtet sich die vom Berufungswerber durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter innerhalb offener Frist mit Schriftsatz vom 19.1.2004, bei der belangten Behörde eingelangt am 20.1.2004 eingebrachte Berufung, in welcher er in erster Linie die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

Im Einzelnen wird die Berufung damit begründet, die Grundstücke 497/4 KG. F und 672/1 KG. T seien tatsächlich nicht Wald, sondern öffentliches Gewässer, nämlich der Almfluss, das Grundstück 464 KG. F sei als Wiese ausgewiesen. Die Grundflächen entsprächen sohin nicht dem § 1 Abs.4 ForstG und wäre ein Feststellungsverfahren nach § 5 leg.cit. unabdingbar gewesen. Darüber hinaus sei das Grundstück 461 KG. F in zwei Teilen geschlägert worden, der erste Teil bereits im Winter 2001/2002, hinsichtlich dieses Teiles sei Verjährung gemäß § 175 ForstG vorgelegen. Weiters sei Eigentümerin der zuletzt genannten Liegenschaft die M & Co. H GmbH, nicht jedoch der Beschuldigte. Die Schlägerung sei von der Firma in Auftrag gegeben worden, Feststellungen über die Verantwortung würden fehlen. Bereits während des Verfahrens habe er darauf hingewiesen, dass vom Bezirksoberförster G in Absprache nach mehreren Besichtigungen die Rodung bewilligt worden sei. Eine derartige Vorgehensweise sei bereits mehrfach praktiziert worden, unsererseits bestand daher kein Anlass, diese Bewilligung weiter zu hinterfragen. Es sei daher eine mündlich erteilte Rodungsbewilligung vorgelegen. Bei den Grundstücken 497/4, 672/1 und 464 werde die Waldeigenschaft im Sinne des Bundesgesetzes bestritten, weiters auch die genannten Maße. Seine Rechtfertigung habe im Straferkenntnis keine Würdigung gefunden. Im Übrigen sei der Strafvorwurf mangelhaft, eine Feststellung über den "Hochwald" mit Ausnahme der Zitierung einer Fläche sei nicht zu erkennen. Auf Einkommen oder Vermögen sei in keiner Weise abgestellt worden.

 

Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt bereits hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, entfiel die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

 

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

 

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

Dem Berufungswerber wurde im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, er habe im Zeitraum vom 1.11.2002 bis Anfang März 2003 Kahlhiebe auf den Waldgrundstücken

 

Gemäß § 82 Abs.1 ForstG sind verboten

  1. Kahlhiebe, die

  1. die Produktionskraft des Waldbodens dauernd vermindern,
  2. den Wasserhaushalt des Waldbodens erheblich oder dauernd beeinträchtigen,
  3. eine stärkere Abschwemmung oder Verwehung von Waldboden herbeiführen oder
  4. die Wirkung von Schutz- oder Bannwäldern gefährden,

  1. Großkahlhiebe im Hochwald.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. liegt ein Großkahlhieb gemäß Abs.1 lit. b vor, wenn die entstehende Kahlfläche

  1. bei einer Breite bis zu 50 m über eine Länge von 600 m hinausgeht,
  2. bei einer Breite über 50 m ein Ausmaß von 2 ha überschreitet.

 

Gemäß § 174 Abs.1 lit. a Z29 ForstG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 7.270 Euro oder mit Arrest bis zu 4 Wochen zu ahnden ist, wer Kahlhiebe entgegen dem Verbot des § 82 Abs.1 durchführt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

In diesem Zusammenhang ist zunächst in Bezug auf die zur Verantwortung gezogene Person des Herrn G M festzustellen, dass diesem mit Erledigung vom 24. Juli 2003 die Tat im Rahmen der Aufforderung zur Rechtfertigung als erste Verfolgungshandlung zur Last gelegt wurde und in der Folge auch das gesamte Strafverfahren durchgeführt wurde, obwohl in der das Verfahren einleitenden Anzeige des Bezirksoberförsters B G vom 7. April 2003 als Tatsache festgestellt wurde, dass die Firma M & Co. im November und Dezember 2002 einen Großkahlhieb mit einer Gesamtfläche von 4,8 ha durchführen habe lassen. Es seien dabei Parzellen des öffentlichen Gutes, einer Drittbesitzerin sowie einer im Eigenbesitz der Firma M & Co liegenden Parzelle betroffen.

 

Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG zweifelsfrei zu klären, unterließ die belangte Behörde, sondern führte das Verwaltungsstrafverfahren gegen den nunmehrigen Berufungswerber durch, ohne auf seine allenfalls unter Berücksichtigung des § 9 VStG vorliegende Verantwortung als nach außen vertretungsbefugtes Organ der M & Co. H GmbH auch nur in irgend einer Weise Bezug zu nehmen.

 

Auch in Bezug auf den Tatort, im gegenständlichen Falle die betroffenen Grundstücke, ergeben sich zunächst Unklarheiten dahingehend, in welchem Ausmaß die jeweils als teilweise betroffenen, mit dem Kurzzeichen "Tl" bezeichneten Parzellen, vom Kahlhieb betroffen sind. Darüber hinaus wurde insbesondere in Bezug auf die Parzelle 672/1 der KG T in der Anzeige des Bezirksoberförsters von einem Teil dieser Fläche gesprochen, in der Aufforderung zur Rechtfertigung wurde dem Berufungswerber in Bezug auf diese Parzelle die gesamte Fläche vorgeworfen. Während in der ergänzenden Befragung des ursprünglich anzeigenden Bezirksoberförsters dieser neuerlich von einem Teil dieser Parzelle Nr. 672/1 der KG. T spricht, wird dem Berufungswerber im Straferkenntnis vom 5.1.2004 neuerlich die gesamte Fläche der Parzelle 672/1 vorgeworfen.

 

In Bezug auf die Tatbestandsmerkmale schließlich ist dem Straferkenntnis nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, ob dem Berufungswerber ein Kahlhieb gemäß § 82 Abs.1 lit. a ForstG oder ein Großkahlhieb im Hochwald gemäß lit. b leg.cit vorgeworfen wird. Beide Ausdrücke werden im Spruch des Straferkenntnisses verwendet, lassen jedoch beide eine Konkretisierung dahingehend vermissen, ob es sich um einen Kahlhieb im Grunde des § 82 Abs.1 lit. a Z1 oder Z2 oder Z3 oder Z4 ForstG handelt bzw. ob ein Großkahlhieb im Grunde des § 82 Abs.2 lit. a oder lit. b leg. cit. vorliegt. Auch die zitierten Gesetzesstellen lassen diesbezüglich keinerlei Konkretisierung erkennen, sind doch die gesamten Absätze 1 und 2 des § 82 im Spruch des Straferkenntnisses zitiert. Auch in der Begründung des Straferkenntnisses werden sowohl die Voraussetzungen des § 82 ForstG für die Definition des Kahlhiebes als auch diejenigen eines Großkahlhiebes zitiert, ohne jedoch auszuführen, warum im gegenständlichen Fall es sich um einen Kahlhieb oder um einen Großkahlhieb im Hochwald handeln soll.

 

Auch der Aktenvermerk vom 12.8.2003, vorgefunden im Verfahrensakt der belangten Behörde (unleserlich unterschrieben), gibt diesbezüglich Rätsel auf, da einerseits im Zusammenhang mit der gegenständlichen Schlägerung von einem Kahlhieb gemäß § 82 lit. a gesprochen wird, andererseits Längenangaben zitiert werden, welche möglicherweise auf einen Großkahlhieb schließen lassen. Ob es sich bei den Schlägerungen letztlich um solche im Hochwald gehandelt hat, blieb im Übrigen ebenfalls fachlich unbeantwortet, obwohl dies im Rahmen des Strafverfahrens vom Bestraften in dessen Rechtfertigung ausdrücklich bestritten wurde.

 

Ein vollständig konkretisierter und richtiger Tatvorwurf wurde somit innerhalb der der Verfolgungsbehörde zur Verfügung stehenden Frist dem Berufungswerber nicht zur Last gelegt, im Übrigen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit desselben auch nicht ausreichend festgestellt. Eine vollständige Spruchkorrektur durch den
Oö. Verwaltungssenat konnte aus den angeführten Gründen nicht mehr vorgenommen werden. Das gegenständliche Straferkenntnis war aus diesem Grunde aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 und 3 VStG einzustellen.

 

 

Zu II.:

Da der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war, entfielen im Grunde des § 66 Abs.1 VStG jegliche Kostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Reichenberger
 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum