Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-290124/12/Ste/Da

Linz, 21.12.2004

 

 VwSen-290124/12/Ste/Da Linz, am 21. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der M W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Freistadt vom 22. Oktober 2004, Zl. ForstR96-12-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Forstgesetz 1975 - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verfahren wird eingestellt.
  2. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 24, 45 Abs. 1 Z. 1 und § 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Freistadt vom 22. Oktober 2004, Zl. ForstR96-12-2004, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) eine Geldstrafe in Höhe von 21 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Stunden) verhängt, weil sie am 29. August 2004, ca. 17.00 Uhr, die für das allgemeine Befahren erkennbar gesperrte Froststraße auf dem Grundstück Nr. 1284/1, KG Harrachstal, Gemeinde Weitersfelden, mit einem Fahrrad befahren habe, ohne gemäß § 33 Abs. 3 Forstgesetz 1975 die Zustimmung jener Person einzuholen, der die Erhaltung der Forststraße obliegt. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 33 Abs. 3 iVm. § 174 Abs. 3 lit. b Z. 1 Forstgesetz 1975 begangen, weshalb sie nach § 174 Abs. 3 letzter Satz Z. 2 Forstgesetz 1975 zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatsache des verbotenen Befahrens der Forststraße auf Grund der Anzeige eines beeideten Forstschutzorgans der C-K Forstgut R GmbH & Co KEG als erwiesen anzunehmen sei. Den verschiedenen Vorbringen der Bwin im bis dahin abgeführten Verwaltungsstrafverfahren, wonach der Zeuge in erster Linie mit einem Mann eine verbale Auseinandersetzung hatte, und ihre Täterschaft daher nicht bewiesen werden kann, verwarf die Behörde erster Instanz mit dem Hinweis, dass sie keine Zweifel hätte, dass die nunmehrige Bwin Teilnehmerin der Fahrradgruppe gewesen wäre. Darüber hinaus setzte sich die Behörde erster Instanz in der Begründung im Detail mit den von der Bwin im Rahmen des dortigen Vorverfahrens aufgeworfenen Tatsachen und Rechtsfragen auseinander.

Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehalts der Tat, des Verschuldens und der geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Nettoeinkommen: 1.000 Euro; kein relevantes Vermögen; Sorgepflichten: keine; die Bwin hatte dazu trotz Aufforderung keine Stellungnahme abgegeben) war für die Behörde erster Instanz die verhängte Strafe in der Höhe von 21 Euro angemessen, auch um die Bwin in Hinkunft von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Die bisherige Unbescholtenheit der Bwin wurde dabei als strafmildernd gewertet.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 27. Oktober 2004 zugestellt wurde, richtet sich die am 9. November 2004 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin werden Verfahrensmängel sowie Irrtum der Behörde geltend gemacht. Insbesondere wird der Schluss der Behörde erster Instanz von der Eigenschaft der Bwin als Zulassungsbesitzerin ihres Personenkraftwagens auf die Täterschaft in Zweifel gezogen.

Abschließend wird die Einstellung des Verfahrens beantragt.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.1. Über Auftrag des Unabhängigen Verwaltungssenats hat der Bezirkshauptmann des Bezirks Freistadt die Bwin gemäß § 103 Abs. 2 des Kraftfahrgesetzes zur Mitteilung darüber aufgefordert, wer zum Tatzeitpunkt ihr Kraftfahrzeug abgestellt hatte.

Dieser Aufforderung kam die Bwin mit Schreiben vom 23. November 2004 (das abschriftlich an den Unabhängigen Verwaltungssenat gerichtet wurde) nach. Inhaltlich teilt sie darin mit, dass sie nicht wisse, wer ihr Fahrzeug am 29. August 2004 gegen 17.00 Uhr in der Nähe des Stadlerhauses abgestellt haben könnte, da ihr dieser Ort unbekannt sei.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde zu Zl. ForstR96-12-2004. Am 20. Dezember 2004 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

2.3. Aus dem vorliegenden Akt sowie aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung geht folgender Sachverhalt hervor:

Am 29. August 2004 wurde von V H, der seit 10. März 1966 beeidetes Forstschutzorgan für den Dienstbereich der Domäne Rosenhof (Dienstabzeichen 402 031) ist, im Bereich der sog. Baresch-Wiesen auf einem Rückeweg im Wald eine Gruppe von Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern angetroffen.

Einige Zeit nach dieser Begegnung überholte das Forstschutzorgan mit seinem Kraftfahrzeug diese Personen auf dem Weg Richtung Stadlerhaus. Wiederum einige Zeit später sah das Forstschutzorgan Personen in einem Kraftfahrzeug (mit aufmontierten Fahrrädern) mit dem polizeilichen Kennzeichen FR- im Bereich des Stadlerhauses wegfahren. Auf Grund der Gesamtsituation ging das Forstschutzorgan davon aus, dass es sich jeweils um die selben Personen (Fahrradgruppe) handelte.

Vom Standort des Fahrzeuges südlich des Stadlerhauses führt direkt nach Norden (westlich des Stadlerhauses) eine Forststraße weg, die mit einer Tafel gemäß Abbildung 4 der Anlage zur forstlichen Kennzeichnungsverordnung gekennzeichnet ist (Allgemeines Fahrverbot mit dem Schriftzug "Forststraße" auf der Tafel); ein Zusatzschild verbietet Radfahren und Reiten. Vom Fahrzeugstandort in nord-östlicher Richtung (östlich des Stadlerhauses) führt ein weiterer Weg, der nicht durch eine solche Tafel gekennzeichnet ist, sondern lediglich mit einem Holzschranken behelfsmäßig abgesperrt ist.

Der Bereich der B-Wiesen (also auch der Ort der [ersten] Begegnung des Forstschutzorgans mit einer Fahrradgruppe) ist jedenfalls über die beiden genannten Wegvarianten erreichbar, also auch ohne dass Personen zwingend an einer Tafel gemäß Abbildung 4 der Anlage zur forstlichen Kennzeichnungsverordnung vorbeikommen.

Der Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt und insbesondere auch aus der Zeugenaussage bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. Nr. 83/2004, darf jede Person, unbeschadet der Abs. 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. Gemäß Abs. 3 ist eine über Abs. 1 hinausgehende Benützung, wie ua. das Befahren, nur mit Zustimmung des Waldeigentümers, hinsichtlich der Forststraßen mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt zulässig.

 

Eine Person, die unbefugt im Wald ua. eine für das allgemeine Befahren erkennbar gesperrte Forststraße befährt, begeht nach § 174 Abs. 3 lit. b Z. 1 des Forstgesetzes 1975 eine Verwaltungsübertretung und ist nach Abs. 3 letzter Satz Z. 2 mit einer Geldstrafe bis zu 730 Euro oder mit Arrest bis zu einer Woche zu bestrafen.

 

Das Benutzen einer Forststraße mit einem Fahrrad ist zweifellos als Befahren einzustufen (vgl. VwGH vom 22. März 1993, 92/10/0132, mit weiteren Nachweisen).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Regelung allerdings erkannt, dass die Erkennbarkeit einer Sperre im Sinne dieser Gesetzesbestimmung (nur) bei Verwendung einer - im § 1 Abs. 9 der forstlichen Kennzeichnungsverordnung umschriebenen - Tafel, die die Unzulässigkeit des Befahrens einer Forststraße kennzeichnen soll, gegeben ist (vgl. VwGH vom 18. Juni 1990, 89/10/0221). Es zeigt sich somit, dass der Tatbestand "erkennbar gesperrt" eine entscheidende Grundvoraussetzung für die Strafbarkeit nach § 174 Abs. 3 lit. b Z. 1 Forstgesetz ist.

 

3.2. Im vorliegenden Fall steht zweifelsfrei fest, dass der Bereich (der Forst- oder Rückeweg im Bereich B-Wiesen), in dem vom Zeugen Fahrradfahrer angetroffen wurden, von dem Bereich, in dem das Kraftfahrzeug der Bwin abgestellt war, mit Fahrrädern erreichbar ist, ohne dass dabei eine Tafel im Sinn der forstlichen Kennzeichnungsverordnung, mit der die Unzulässigkeit des Befahrens der Forststraße zu kennzeichnen wäre. Eine entsprechende Tafel findet sich nämlich nur beim Weg, der westlich des Stadlerhauses in Nord-Süd-Richtung führt. Der Weg, der östlich des Stadlerhauses in nord-östliche Richtung verläuft, ist lediglich mit einem behelfsmäßigen (Holz-)Schranken abgesperrt.

 

Angesichts der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt dies allerdings nicht, um eine "erkennbare" Sperre im Sinne des § 174 Abs. 3 lit. b Z. 1 Forstgesetz zu begründen. Es zeigt sich somit, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Bwin eine Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs. 3 lit. b Z. 1 Forstgesetz 1975 zu verantworten hat.

 

Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund dieser Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einstellen.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat verkennt dabei nicht, dass die exakte und den Anforderungen des Gesetzes (in der Interpretation des Verwaltungsgerichtshofs) genügende Kennzeichnung von Forststraßen in der Praxis gerade auch bei größeren Waldgebieten schwierig sein kann. Andererseits stünden unter Umständen wohl in Fällen, wie dem vorliegenden, in dem schon die Qualifikation des Weges als Forststraße zweifelhaft ist, möglicherweise also ganz allgemein Wald ohne Zustimmung des Waldeigentümers benützt wurde, andere Verwaltungsstraftatbestände im Forstgesetz 1975 zur Verfügung. Wenn die Behörde jedoch nach § 174 Abs. 3 lit. b Z. 1 des Forstgesetzes 1975 verfolgt und straft, muss sie die oben genannten Tatbestandselemente zweifellos nachweisen können.

 

3.4. Aus verfahrensökonomischen Gründen sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat noch zu dem Hinweis veranlasst, dass das Straferkenntnis der belangten Behörde wohl auch deswegen aufzuheben gewesen wäre, weil letztlich nicht mit der notwendigen Sicherheit angenommen werden kann, dass die nunmehrige Bwin Mitglied jener Fahrradgruppe gewesen ist, die das Forstschutzorgan im Bereich der B-Wiesen betreten hat. Zwar besteht kein Grund, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln, doch hat dieser weder bei der ersten Begegnung mit der Bwin gesprochen oder sie identifizieren können (wobei dies auch vom Fahrradhelm erschwert wurde), noch diese (oder auch sonst eine bestimmte Person) bei der zweiten "Begegnung" konkret gesehen, sondern nur von den Umständen (Kraftfahrzeug mit Fahrradträger und Fahrräder) auf die Personen geschlossen. Wenn das Forstschutzorgan in der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Schwierigkeit der Identitätsfeststellung gerade auch bei Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern beklagt, so ist es auf § 112 des Forstgesetzes 1975 zu verweisen, wo für Forstschutzorgane ua. ein Recht auf Feststellung der "Nämlichkeit" sowie selbst ein Recht auf Festnahme verankert ist.

4. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

 
 

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