Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300002/20/Kei/Bk

Linz, 24.04.1996

VwSen-300002/20/Kei/Bk Linz, am 24. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer (Vorsitz: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Keinberger, Beisitzer: Dr. Wegschaider) über die Berufung der Gabriele S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 25. Jänner 1995, Zl.

Pol96-82-1994, wegen einer Übertretung des O.ö.

Polizeistrafgesetzes (O.ö. PolStG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 1995, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 240 Stunden) verhängt, weil sie "es als Pächterin des Hauses M, unterlassen" habe, "die auf alle Fälle mit 21.3.1994 aufgenommene Prostitution in diesem Haus mindestens zwei Monate vor Aufnahme dieser Tätigkeit der Gemeinde anzuzeigen". Dadurch habe sie eine Übertretung des § 2 Abs.1 iVm § 2 Abs.3 lit.d O.ö. Polizeistrafgesetz 1979 begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs.1 lit.b "leg.cit." zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 26. Jänner 1995 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 30. Jänner 1995 der Post zur Beförderung übergeben und fristgerecht erhoben wurde.

Die Berufungswerberin bringt in der Berufung vor:

"Wie schon bekanntgegeben, habe ich die Räumlichkeiten ausdrücklich für private Partys (kein Gewerbe, bzw.

Prostitution) vermietet.

Da ich den jeweiligen Mietern die Nützung für gewerbliche Zwecke (wie Prostitution) untersagt habe, kann ich unmöglich 2 Monate vorher die Prostitution bei der Gemeinde anzeigen.

Und meines Wissens ist die Vermietung nicht strafbar".

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2. Februar 1995, Zl.Pol 96-82-1994, Einsicht genommen und am 14. Dezember 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt. In dieser wurden Valentina B (vormals M), Gottlieb M sowie zwei männliche Personen, die Prostituierte aufgesucht haben, einvernommen.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

In der Zeit vom 21. März 1994 bis Ende Mai 1994 wurde im Haus Marktplatz Nr. 153, die Prostitution (d.i. nach der Legaldefinition des § 2 Abs.1 O.ö. PolStG die Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken) ausgeübt. Im Keller des Hauses haben sich Separees befunden. Im ersten Stock des Hauses hat in der o.a. Zeit Gottlieb M gewohnt. Dieser hat auch in dem im Haus Marktplatz Nr.153, betriebenen Lokal gearbeitet.

Dies geht auf eine Bekanntschaft zwischen M und dem Gatten der Berufungswerberin zurück. Gottlieb M hat im oa Lokal Reinigungstätigkeiten verrichtet und er hat auch Getränke bestellt und gekauft. Das Geld hiefür hat er vom Gatten der Berufungswerberin erhalten. Der Gatte der Berufungswerberin hat auch regelmäßig das Geld aus Einnahmen vom Betrieb des Lokales - es wurde auch ein Eintritt verlangt, Getränke wurden verkauft und Striptease-Vorführungen fanden statt abgeholt. Der Gatte der Berufungswerberin war - im Unterschied zur Berufungswerberin, die nur manchmal bzw selten im Lokal anwesend gewesen ist - häufig im Lokal anwesend.

Ab Ende Mai 1994 wurden die Räumlichkeiten im Haus Marktplatz Nr. 153, von Valentina B (vormals M) übernommen (Untermiete). Eine Aufnahme der oben angeführten Prostitution wurde nicht mindestens zwei Monate vorher bzw überhaupt nicht der Gemeinde angezeigt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 2 Abs.1 O.ö. PolStG hat, wer beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, dies, soweit es nicht nach Abs.3 lit.c verboten ist, der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen. Die Gemeinde hat die Verwendung zu diesem Zweck innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen der Anzeige mit Bescheid zu untersagen, wenn auf Grund der örtlichen oder sachlichen Verhältnisse zu befürchten ist, daß dadurch die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden.

Gemäß § 2 Abs.3 O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer (lit.d) die Anzeige gemäß Abs.1 nicht erstattet.

Gemäß § 10 Abs.1 O.ö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß (u.a.) § 2 Abs.3 von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, bei Übertretungen nach (lit.b) § 2 Abs.3 mit Geldstrafe bis 200.000 S im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen auf Grund der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat erfolgten Aussagen der einvernommenen Personen (siehe den Punkt 3). Die Tatsache, daß eine Prostitution ausgeübt wurde, ergibt sich aus den eindeutigen und glaubhaften Aussagen von zwei Personen, die Prostituierte aufgesucht haben.

Nach den dem O.ö. Verwaltungssenat vorliegenden Ermittlungsergebnissen ist nicht mit einem für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Ausmaß an Sicherheit erwiesen, daß der Berufungswerberin die ihr vorgeworfene Übertretung zuzurechnen ist.

Es ist in diesem Zusammenhang insbesondere zu berücksichtigen, daß eine Mehrzahl von Personen involviert gewesen ist (die Berufungswerberin hat in der Niederschrift vom 19. August 1994 vorgebracht, daß sie "das Lokal mit 2 Personen gemeinsam gemietet" hätte) und die Tatsache, daß die Berufungswerberin - im Unterschied zu ihrem Gatten, der offensichtlich das Sagen hatte - nicht in die tatsächliche Geschäftsabwicklung eingriff und auch nur selten im Lokal anwesend gewesen ist.

Insgesamt war aus den angeführten Gründen der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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