Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300030/15/Kei/Shn

Linz, 23.04.1997

VwSen-300030/15/Kei/Shn Linz, am 23. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Guschlbauer, dem Beisitzer Dr. Wegschaider und dem Berichter Dr. Keinberger über die Berufung der Angelika S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 21. Juli 1995, Zl.Pol96-64-1995, wegen einer Übertretung des O.ö. Polizeistrafgesetzes (O.ö. PolStG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 1995 und mündlicher Verkündung der Entscheidung am 14. Dezember 1995 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag als Kosten für das Berufungsverfahren 4.000 S binnen zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e, 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage) verhängt, weil sie "seit Ende 1993 bis zum 20.07.1995 unter der Adresse L, 1 Bitis Gabonica, 2 Naja Naja Kaouthia, 3 Vipera Lebetina Turanica, 2 Dendroaspis Polyilepis P, 2 Dendroaspis Angusticeps, 3 Agkistrodon Acutus, 1 Cerastes Cerastes (plus 3 Jungtiere), 3 Crotalus Basiliscus, 2 Crotalus vegrandis, 1 Vipera russelli, 3 Vipera wagneri, 5 Akistrodon billineatus, 2 Bitis gabonica, 2 Androctonus australis, 2 Agkistrodon contortrix, 2 Vipera ammodytes a., 3 Crotalus atrox, 2 Naja haje arabica, 4 Vipera lebetina turanica ohne Bewilligung der Gemeinde gem. § 6 Oö Polizeistrafgesetz ( PolStG)" halte. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 10 Abs.2 lit.c iVm § 6 O.ö. PolStG begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs.2 lit.c O.ö. PolStG zu bestrafen gewesen sei. 2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung. Die Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor: Sie hätte der Gemeinde Losenstein angezeigt, daß sie im Haus D (dem Haus ihrer Mutter) gefährliche Tiere gehalten habe. Dabei sei ihr vom zuständigen Beamten der Gemeinde mitgeteilt worden, daß sie diesbezüglich um Bewilligung ansuchen müsse. Es sei ihr nicht mitgeteilt worden, daß das damalige Halten von Tieren gesetzwidrig gewesen sei und sie sei nicht aufgefordert worden, die Tiere umgehend zu entfernen. Der Bürgermeister der Gemeinde Losenstein habe mit Bescheid vom 12.12.1994, GZ: Pol 476-94/schü die Bewilligung für das Halten der im Bescheid genannten Tiere im Objekt L nicht erteilt. Gegen diesen Bescheid hätte sie Rechtsmittel ergriffen. Die Bw hätte im Zuge der Aufnahme einer Niederschrift bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 20. Juli 1995 festgehalten, daß sie ihrer Meldepflicht gegenüber der Gemeinde dahingehend nachgekommen sei, daß sie um eine entsprechende Bewilligung angesucht habe. Dabei sei ihr jedoch von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land entgegen den bisherigen Angaben der Gemeinde mitgeteilt worden, daß sie schon damals eine Verwaltungsübertretung begangen hätte, da keine rechtskräftige Bewilligung vorgelegen sei. Sie hätte "daraufhin es in Angriff genommen, die Tiere wegzugeben". Die Bw hätte aufgrund der Äußerungen der Beamten der Gemeinde Losenstein und der in der Anlage beiliegenden Schreiben darauf vertraut, daß sie nicht rechtswidrig gehandelt hätte, zumal sie um eine Bewilligung angesucht hätte. Das Verfahren um die Erteilung der Bewilligung sei noch nicht beendet. Ihr sei von der Gemeinde während des Verfahrens dokumentiert worden, daß vorerst dieses Bewilligungsverfahren abzuwarten sei. Die Bw sei daher einem unverschuldeten Rechtsirrtum unterlegen. Das Straferkenntnis sei daher rechtswidrig. Der Bw erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe als zu hoch bemessen. Gemäß § 19 VStG seien bei der Strafbemessung die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen. Sie beziehe kein Einkommen und lebe von der Unterstützung von Familienmitgliedern.

Die Bw beantragt die Beischaffung des Aktes Pol 476-1995/schü der Gemeinde Losenstein, sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, in deren Zuge sie als Beschuldigte sowie ein informierter Vertreter der Gemeinde Losenstein einzuvernehmen seien, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine empfindliche Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

3. Da im angefochtenen Bescheid eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der O.ö. Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am 14. Dezember 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt. Folgender Sachverhalt wurde der Entscheidung zugrunde gelegt: In der Zeit von Ende des Jahres 1993 bis 21. Juli 1995 wurden durch die Bw in L, folgende Tiere gehalten: 1 Bitis Gabonica, 2 Naja Naja Kaouthia, 3 Vipera Lebetina Turanica, 2 Dendroaspis Polyilepis P, 2 Dendroaspis Angusticeps, 3 Agkistrodon Acutus, 1 Cerastes Cerastes (plus 3 Jungtiere), 3 Crotalus Basiliscus, 2 Crotalus vegrandis, 1 Vipera russelli, 3 Vipera wagneri, 5 Akistrodon billineatus, 2 Bitis gabonica, 2 Androctonus australis, 2 Agkistrodon contortrix, 2 Vipera ammodytes a., 3 Crotalus atrox, 2 Naja haje arabica, 4 Vipera lebetina turanica. Die Haltung der Tiere war äußerst mangelhaft. Durch diese Tatsache und wegen einer unsachgemäßen den Vorschlägen eines Fachmannes nicht entsprechenden Haltung durch die Bw ist ein erhebliches Gefahrenpotential vorgelegen. Der Bw wurde ein mit 3. Juni 1994 datiertes Schreiben - ein Befund und ein Gutachten des Amtstierarztes Dr. Eduard F - übermittelt. Im erwähnten Gutachten wurde ua festgestellt, daß "die Haltung von gefährlichen Tieren im Sinne des § 6 Pol.StG in der derzeitigen Form nicht genehmigungsfähig ist" und daß "Problembereiche vor allem in der nicht ausreichend gesicherten Verwahrung der Tiere, aber auch hinsichtlich der Erfüllung der artgerechten Bedürfnisse der Tiere und der Einhaltung der Bestimmungen des Artenschutzabkommens bestehen".

Mit Schreiben des Gemeindeamtes Losenstein vom 21. Oktober 1994, Zl.Pol-476-94/schü, wurde der Bw mitgeteilt, daß der zuständige tierärztliche Amtssachverständige Dr. D von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land in seinem Schreiben vom 20. Oktober 1994 mitgeteilt hätte, daß dem vorliegenden schlüssigen Gutachten des Amtstierarztes des Magistrates Steyr, Herrn Dr. Eduard F, vom 3.6.1994 nichts mehr hinzuzufügen ist und es vollinhaltlich aufrecht zu halten ist. Demnach war die Haltung der in der vorgelegten Bestandsliste enthaltenen Tiere (Schlangen, Skorpione), in der vorgefundenen Form nicht genehmigungsfähig. Dieses Gutachten wurde der Bw mit Schreiben vom 22.8.1994 in Kopie zur Kenntnis gebracht. Mit Bescheid des Gemeindeamtes Losenstein vom 12. Dezember 1994, Zl. Pol-476-94/schü, wurde "Frau Angelika S, die Bewilligung für das Halten gefährlicher Tiere laut der vorgelegten Bestandsliste im Objekt 'Dirnstraße Nr.17' nicht erteilt und das Ansuchen abgewiesen". Mit Schreiben vom 2. Jänner 1995 hat die Bw gegen diesen Bescheid Berufung erhoben. Mit Bescheid des Gemeindeamtes Losenstein vom 3. Juli 1995, Zl. Pol-476-1995/schü, wurde "die eingebrachte Berufung vom 2.1.1995 abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters vom 12.12.1994, Pol-476-94/schü, vollinhaltlich bestätigt und somit die Bewilligung für das Halten gefährlicher Tiere im Objekt '4460 Losenstein, Dirnstraße 17' nicht erteilt". Mit Schreiben vom 14. Juli 1995 hat die Bw gegen diesen Bescheid eine Vorstellung erhoben. (Dieser Vorstellung wurde mit Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 27. November 1995, Zl. Pol-10.082/1-1995 Dri/Ho, keine Folge gegeben.) Eine Bewilligung der Gemeinde Losenstein (§ 6 O.ö. PolStG) im Hinblick auf den gegenständlichen Tatzeitraum ist nicht vorgelegen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 6 Abs.1 O.ö. PolStG ist das Halten von gefährlichen Tieren nur auf Grund einer Bewilligung der Gemeinde zulässig. Wer ein gefährliches Tier ohne Bewilligung der Gemeinde hält, begeht eine Verwaltungsübertretung. Gemäß § 6 Abs.2 O.ö. PolStG sind als gefährliche Tiere solche Tiere anzusehen, von denen nach den Erkenntnissen der Tierkunde auf Grund ihrer wesensmäßig typischen Verhaltensweise angenommen werden kann, daß sie die Sicherheit von Menschen gefährden, wenn sie in unsachgemäßer Verwahrung gehalten werden. Die Landesregierung kann durch Verordnung bestimmte Tierarten, -gattungen oder -familien bezeichnen, die nach diesen Bestimmungen als typisch gefährlich anzusehen sind.

Gemäß § 6 Abs.3 O.ö. PolStG ist um die Bewilligung gemäß Abs.1 bei der Gemeinde anzusuchen. Dem Antrag sind geeignete Unterlagen beizufügen, aus denen ersichtlich ist, in welcher Weise die Verwahrung erfolgen soll. Gemäß § 6 Abs.4 O.ö. PolStG hat die Gemeinde die Bewilligung gemäß Abs.1 zu erteilen, wenn keine Gefährdung des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit von Menschen, keine Belästigung von Menschen und keine Gefährdung des Eigentums dritter Personen zu besorgen ist sowie eine sachgemäße Verwahrung unter Berücksichtigung des Tierschutzes gewährleistet ist. Zur Gewährleistung dieser Interessen kann die Bewilligung befristet sowie unter Bedingungen oder Auflagen erteilt werden. Die Bewilligung ist zu widerrufen, wenn auch nur eine der Voraussetzungen für ihre Erteilung weggefallen ist. Gemäß § 10 Abs.2 O.ö. PolStG sind Verstöße gegen die auf Grund des § 4 erlassenen Verordnungen und Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 5 und 6 von der Bezirkshauptmannschaft, in den Städten mit eigenem Statut vom Bürgermeister, bei Übertretungen nach (ua) lit.c § 6 mit Geldstrafe bis 50.000 S zu bestrafen.

4.2. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt ist auf Grund der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat getätigten Aussagen der in dieser Verhandlung einvernommenen Personen zweifelsfrei erwiesen. Das Vorliegen dieses Sachverhaltes wurde durch die Bw nicht bestritten. Sie hat in dieser Verhandlung wörtlich ausgeführt: "Der objektive Sachverhalt des Haltens von gefährlichen Tieren wird nicht bestritten." Bei den in Punkt 3 angeführten Tieren handelte es sich um "gefährliche Tiere" iSd § 6 Abs.2 O.ö. PolStG. Diese Qualifizierung ergibt sich insbesondere auch aus den Aussagen der beiden Personen Dr. Eduard F und Dr. Hans S. Der objektive Tatbestand der der Bw durch die belangte Behörde vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht. Die Bw hat in der Verhandlung zugestanden, daß ihr bewußt war, daß sie eine Bewilligung für das Halten der gefährlichen Tiere benötigt, dann aber in sich widersprüchlich dargetan, daß sie nicht gedacht hätte, daß die Bewilligung vor der Haltung der Tiere hätte bereits vorliegen müssen. Durch den O.ö. Verwaltungssenat wird - auch vor dem Hintergrund der wiedergegebenen und sich einander widersprechenden Aussagen der Bw - davon ausgegangen, daß ihr bewußt war, daß sie für das Halten der Tiere eine Bewilligung benötigt hat und durch das Halten der Tiere ohne Bewilligung der Gemeinde trotz mehrmaligen Belehrungen die Gemeinde vor Tatsachen stellen wollte. Das Verschulden der Bw wird als Vorsatz qualifiziert.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw wurde von folgenden Grundlagen ausgegangen: die Bw ist arbeitslos, sie bezieht kein Arbeitslosengeld und sie hat kein Vermögen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung wird wegen des hohen Gefährdungspotentials als sehr bedeutend gewichtet. Auch die lange Dauer und die Zahl der konsenslos gehaltenen gefährlichen Tiere schlug daher zu Buche. Mildernd wird die Unbescholtenheit der Bw gewertet. Dieser Milderungsgrund wurde durch die belangte Behörde nicht berücksichtigt. Die Strafe konnte wegen dieser Tatsache aber nicht herabgesetzt werden, weil durch den O.ö. Verwaltungssenat das Ausmaß des Verschuldens der Bw bedeutend schwerer gewichtet wird als dies durch die belangte Behörde erfolgt ist. Auch die Aspekte der General- und der Spezialprävention waren zu berücksichtigen. Die Unverhältnismäßigkeit zwischen der verhängten Geldstrafe und der angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe ist begründet in den ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Bw. Durch das Ausmaß der angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe wird der wahre sehr gewichtige Unrechtsgehalt der Tat - der Hauptstrafzumessungsgrund - abgedeckt. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch hinsichtlich der Strafe abzuweisen.

5. Da in jeder Entscheidung des O.ö. Verwaltungssenates, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, das sind 4.000 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. Guschlbauer

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