Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300049/2/Wei/Bk

Linz, 21.10.1996

VwSen-300049/2/Wei/Bk Linz, am 21. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der M, K, vertreten durch die Rechtsanwälte G, vom 12.

Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. Jänner 1996, Zl.

St.-11.882/95-B, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 3 Abs 1 O.ö. Polizeistrafgesetz - O.ö. PolStG (LGBl Nr.

36/1979, zuletzt geändert durch LGBl Nr. 30/1995) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Im Berufungsverfahren hat die Berufungswerberin als weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens S 120,-zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 26.

Jänner 1996 hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 12.9.1995 zw. 22.00 Uhr und 22.30 Uhr in L, A durch Zuschlagen von Türen, Klopfen gegen Wände und Auf- und Ablaufen über Treppen ungebührlicherweise störenden Lärm erregt." Dadurch erachtete die belangte Strafbehörde den § 3 Abs 1 O.ö. PolStG als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte gemäß § 10 Abs 1 lit a) O.ö. PolStG eine Geldstrafe in Höhe von S 600,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 60,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, daß der Bwin zu Handen ihrer Rechtsvertreter am 30. Jänner 1996 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 12. Februar 1996, die am 13. Februar 1996 bei der belangten Strafbehörde einlangte. In der Berufung wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Der Zeuge G zeigte am 12. September 1995 um 22.50 Uhr dem Wachzimmer K der Bundespolizeidirektion L eine ungebührliche störende Lärmerregung durch die Bwin in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 22.30 Uhr an. Die Bwin hätte durch absichtliches Türzuschlagen, Treppenlaufen und Wändeklopfen rücksichtslos solchen Lärm erregt, daß seine Kinder geweckt worden wären. Lärmbeschwerden bestünden bereits längere Zeit und mehrere Aussprachen wären bisher ergebnislos verlaufen. Die Bwin hätte ihre Wohnung verlassen und sich zur Arbeit begeben. Sie hielt sich aber allein in der Wohnung auf und wäre daher für den Lärm verantwortlich gewesen.

Gegen die Strafverfügung vom 26. September 1995 erhob die Bwin Einspruch. Die belangte Behörde vernahm im ordentlichen Ermittlungsverfahren die Wohnungsnachbarn Gottfried G und Sandra B als Zeugen. Da die wegen wiederholter Lärmerregung durch die Bwin geführten Gespräche erfolglos blieben und die Lärmerregung am Tag der Tat besonders arg gewesen wäre, hatte sich der Zeuge G zur Anzeige entschlossen. Der Lärm wäre durch Zuschlagen von Türen, Auf- und Ablaufen über Stufen, Klopfen gegen Wände u.ä. verursacht worden. Die Familie G fühlte sich in ihrer Nachtruhe erheblich beeinträchtigt und konnte nicht schlafen.

Frau B wohnte im Tatzeitpunkt in der Etagenwohnung direkt neben jener der Bwin. Diese Zeugin bestätigte die Angaben des Zeugen G, wonach die Bwin in der Vergangenheit wiederholt störenden Lärm verursachte. Dies wäre durch laute Musik, Zuschlagen von Türen, Auf- und Ablaufen über Treppen erfolgt. Die Hausparteien sowie die Zeugin und ihr Gatte hätten wiederholt mit der Bwin gesprochen, was aber fruchtlos geblieben wäre. Am 12. September 1995 wäre insbesondere in der Zeit von 22.00 Uhr bis 22.30 Uhr starker Lärm durch Zuschlagen von Türen, Klopfen gegen Wände sowie Auf- und Ablaufen über Treppen von der Bwin erregt worden.

Ihre Familie, besonders der 14 Monate alte Sohn, waren in der Nachtruhe stark beeinträchtigt. Ebenso wäre es den anderen Hausparteien ergangen. Da die Bwin in der Zwischenzeit auszog, hätte sich das Lärmproblem mit ihr erledigt.

2.2. In der von ihrem Rechtsfreund eingebrachten Stellungnahme vom 4. Jänner 1996 bezweifelte die Bwin die Erinnerungsfähigkeit der Zeugin B im Hinblick auf die knapp vier Monate nach dem Vorfall abgelegte Zeugenaussage. Auffallend wäre auch die gleichlautende Diktion und Reihenfolge der geschilderten Lärmerregung, was offensichtlich auf eine Absprache zwischen den Zeugen hindeutete. In ihrer Wohnung wäre die Treppe mit Teppichboden belegt, weshalb durch Aufund Ablaufen kein störender Lärm erzeugt werde. Auch die Türen wären zwischen Türblatt und Türstock mit Schaumgummi gedämpft, weshalb kein störender Lärm erregt werden könne.

Sie hätte die Türen auch nicht zugeschlagen und das Klopfen an die Wände entbehrte jeglicher Grundlage.

Zum Beweis für dieses Vorbringen wurde die neuerliche Einvernahme der Zeugin B und die Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Lärmmeßwesen beantragt.

2.3. Die belangte Strafbehörde erließ daraufhin das angefochtene Straferkenntnis und ging von dem unter Punkt 2.1.

geschilderten Sachverhalt aus. Die vernommenen Zeugen hätten einen glaubwürdigen Eindruck gemacht und ihre Aussagen widerspruchsfrei und mit entsprechender Sicherheit vorgetragen. Es läge kein Grund zur Annahme vor, daß die unter Wahrheitspflicht aussagenden Zeugen das Risiko einer strafgerichtlichen Verfolgung eingegangen wären. Der Kritik in der rechtsfreundlichen Stellungnahme vom 4. Jänner 1996 hielt die belangte Strafbehörde entgegen, daß es durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, ein negatives Erlebnis monatelang in guter Erinnerung zu halten. Auch eine Absprache könnte den Zeugen nicht unterstellt werden, wenn diese nach Wahrheitserinnerung und bei konkreter Befragung die Lärmerregung in der Form schilderten, daß Türen zugeschlagen, gegen Wände geklopft und über Stiegen lautstark auf- und abgelaufen worden wäre. Wegen hinreichender Klärung wäre den Anträgen nicht stattzugeben gewesen.

2.4. In der vorliegenden Berufung wird unter Hinweis auf die damalige Maisonette-Wohnung neuerlich betont, daß die Treppe mit Teppichboden ausgestattet gewesen wäre, weshalb kein störender Lärm erregt werde. Die Nichtdurchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Lärmmeßwesen wird als Verfahrensmangel gerügt.

Ebenso die unterlassene neuerliche Einvernahme der Zeugin B.

Der Sachverhalt wäre nicht genügend ermittelt worden. Die zwischen 22.00 Uhr und 22.30 Uhr angegebene Lärmerregung wäre aus nicht nachvollziehbaren Gründen erst um 22.50 Uhr telefonisch angezeigt worden. Bei den Zeugeneinvernahmen wären Reihenfolge und Art der Lärmerregung wortgleich wiedergegeben worden. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, daß diese ohne Absprache möglich ist. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die Strafbehörde die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen können.

2.5. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung abgesehen. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, daß schon aus der Aktenlage der wesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint und daß die erstbehördlichen Sachverhaltsfeststellungen der Berufungsentscheidung bedenkenlos zugrundegelegt werden können. Die von der Bwin beantragten Beweise waren mangels Relevanz nicht aufzunehmen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die in der Berufung relevierten Verfahrensmängel liegen bei vernünftiger Betrachtung nicht vor. Auch wenn die Treppe in der damaligen Maisonette-Wohnung der Bwin mit Teppich belegt war, schließt dies noch lange nicht die Möglichkeit einer nachhaltigen und unangebrachten Lärmerregung durch häufiges Auf- und Ablaufen aus, weil ein Teppich die Schallübertragung nur mildern aber nicht verhindern kann.

Das ganz allgemein gehaltene Vorbringen der Bwin bildet mangels Aussagekraft weder Anlaß für eine Beweisaufnahme noch Anlaß für Zweifel an der Richtigkeit der übereinstimmenden Darstellung der einvernommenen Zeugen, die als Wohnungsnachbarn über ihre unmittelbaren Wahrnehmungen berichteten. Vielmehr ist darin lediglich eine pauschale und unbeachtliche Schutzbehauptung zu sehen.

Ebensowenig war eine neuerliche Einvernahme der Zeugin B erforderlich, weil keine substanziellen Anhaltspunkte für die von der Bwin unterstellte Absprache der Zeugen erkennbar sind. Hatten die Zeugen als betroffene Wohnungsnachbarn schon vor ihrer Einvernahme über das Lärmereignis, das ihnen in besonders negativer Erinnerung war, gesprochen, schadete das ihrer Glaubwürdigkeit keinesfalls. Ein solches Gespräch über gemeinsame negative Wahrnehmungen wäre ganz normal und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten. Auch wenn sich damit eine gewisse Übereinstimmung in der Beschreibung des wahrgenommenen Lärms erklären läßt, bedeutet dies keinesfalls, daß diese übereinstimmenden Angaben unrichtig sind. Weiters pflichtet der erkennende Verwaltungssenat der belangten Behörde bei, daß Zeugen ein negatives Erlebnis zumindest monatelang in guter Erinnerung haben können.

Deshalb verwundert es nicht, daß auch gewisse Einzelheiten von den Zeugen noch genau angegeben werden konnten.

Daß die Anzeige erst um 22.50 Uhr, also 20 Minuten nach Ende der Lärmerregung, erfolgte, tut der Glaubwürdigkeit des Zeugen G keinen Abbruch. Dies bedeutet nur, daß dieser Zeuge nicht sofort entschlossen war, die Polizei einzuschalten. Er hatte ja früher schon versucht, durch bloße Aussprachen mit der Bwin deren Rücksichtnahme zu erreichen. Wenn er sich erst nach einiger Zeit der Überlegung zur Anzeige entschließen konnte, so spricht das nur für ihn und seine Glaubwürdigkeit. Daraus kann geschlossen werden, daß er keinesfalls leichtfertig oder voreilig, sondern wohlüberlegt im Hinblick auf die vergangenen schlechten Erfahrungen mit der Bwin und die fruchtlosen Aussprachen die Anzeige erstattete.

Aus den dargelegten Gründen kann der erkennende Verwaltungssenat die geäußerten Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Aussagen der einvernommenen Zeugen nicht teilen. Vielmehr ist mit der belangten Strafbehörde davon auszugehen, daß das rücksichtslos lärmende Verhalten der Bwin im Tatzeitraum erwiesen werden konnte. Von einem nicht ausreichend erhobenen Sachverhalt kann keine Rede sein.

4.2. Gemäß § 3 Abs 1 O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach § 10 Abs 1 lit a) O.ö. PolStG mit Geldstrafe bis S 5.000,-- zu bestrafen ist, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

Unter störendem Lärm sind alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche zu verstehen (vgl § 3 Abs 2 O.ö. PolStG).

Nach § 3 Abs 3 leg.cit. ist störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß und jene Rücksichtnahme vermissen läßt, die die Umwelt verlangen kann.

Das festgestellte rücksichtslose Verhalten der Bwin am 12.

September 1995 zwischen 22.00 Uhr und 22.30 Uhr erfüllte die Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs 1 O.ö. PolStG nach Maßgabe der Legaldefinitionen der Absätze 2 und 3 des § 3 O.ö.

PolStG. Es bedarf diesbezüglich keiner weiteren Erörterungen.

4.3. Bei der Strafbemessung berücksichtigte die belangte Behörde weder mildernde noch erschwerende Umstände. Unbescholtenheit war im Hinblick auf eine vorgemerkte Übertretung des § 24 Abs 1 lit a) StVO nicht anzunehmen. Der Strafbemessung legte die belangte Behörde Vermögenslosigkeit und ein monatliches Nettoeinkommen von S 8.000,-- zugrunde und wies darauf hin, daß keine Angaben zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen gemacht wurden. Dies gilt ebenso für das Berufungsverfahren.

Der erkennende Verwaltungssenat hat keine Bedenken gegen die Strafbemessung der belangten Behörde. Die eher geringe Geldstrafe in Höhe von S 600,-- bewegt sich noch im unteren Bereich des Strafrahmens bis S 5.000,--. Sie läßt sich im Hinblick auf die nicht besonders günstigen Vermögensverhältnisse erklären. Die im Verhältnis dazu etwas höhere Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, die gemäß § 16 Abs 2 Satz 1 VStG innerhalb von 2 Wochen zu bemessen war, erscheint schuldangemessen und gut vertretbar, weil es insofern auf die Einkommensverhältnisse nicht ankommt. Es war daher auch der Strafausspruch zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis hat die Bwin im Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 120,--, zu bezahlen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum