Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300075/2/Wei/Bk

Linz, 17.04.1997

VwSen-300075/2/Wei/Bk Linz, am 17. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der I, geb. Kellnerin, S 13, vertreten durch S, S und Kollegen, Anwaltssozietät in L, F, vom 11. Juni 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Mai 1996, Zl. Pol 96-328-1994-Fu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 7 VStG iVm § 2 Abs 3 lit c) O.ö. Polizeistrafgesetz - O.ö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingstellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 23. Mai 1996 hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben in der Zeit zwischen 9.5.1994 ca. 22.20 Uhr und 10.5.1994 ca. 00.35 Uhr als Kellnerin des Gastlokales "Cafe D" in L, D 50, und Lebensgefährtin des Gastwirtes den Prostituierten C und P die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert, indem Sie die Nutzung der Räumlichkeiten dieses Gebäudes durch die beiden Frauen für Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zumindest geduldet haben und für die Benutzung der Separees im 1. Stock Separeemiete kassiert haben, obwohl es gesetzlich verboten ist, in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zu nutzen. Beide Prostituierte haben in dieser Zeit im Gastraum drei männlichen Personen die Durchführung eines GV's angeboten und C hat nach Bezahlung des Entgelts von S 1.000,-- mit I in einem Zimmer im 1. Stock des gegenständlichen Gebäudes die Prostitution ausgeübt, weshalb beide somit der Bestimmung des § 2 Abs 3. lit. c O.ö. Polizeistrafgesetz zuwidergehandelt haben. Für die Nutzung der Separees haben Sie von C die mit dem Lokalbetreiber vereinbarte Miete kassiert." Dadurch erachtete die Strafbehörde den § 7 VStG iVm § 2 Abs 3 lit c O.ö. PolStG in 2 Fällen als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte nach dem Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG je eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 51 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurde ein einheitlicher Betrag von S 2.000,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Handen ihrer Rechtsvertreter am 31. Mai 1996 zugestellt worden ist, richtet sich die am 13. Juni 1996 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom 11. Juni 1996, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Gegen Peter W, den Inhaber des Etablissements Cafe D in L, D, und seine Lebensgefährtin, die Bwin, war zu 21 Ur 300/94 ein gerichtliches Strafverfahren wegen des Verdachts der Förderung fremder Unzucht nach §§ 214, 215 StGB, der Zuhälterei nach § 216 StGB und des Menschenhandels nach dem § 217 StGB anhängig. Im Verwaltungsstrafakt befindet sich eine Ablichtung von Teilen des Gerichtsaktes. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1995 teilte der Untersuchungsrichter des Landesgerichts L der belangten Behörde mit, daß das Verfahren 21 Vr 2093/94, 21 Ur 300/94, am 13. Oktober 1995 gemäß § 90 StPO eingestellt wurde.

Die belangte Strafbehörde ging im wesentlichen davon aus, daß im Gastlokal Cafe D die Prostitution von anwesenden Animierdamen angebahnt und in Separees im ersten Stock des Hauses ausgeübt wird. Die Separeemiete machte nach Angaben des Gastwirts Peter W S 440,-- für eine halbe Stunde oder S 660,-- pro Stunde aus. Für Leistungen der Prostituierten in den Separees hätte er nichts kassiert. Die Bwin gab als Beschuldigte vor dem Untersuchungsrichter vernommen an, daß sie als Kellnerin im Cafe D beschäftigt wäre und die Getränke und die Videomiete, womit die Separees gemeint wären, kassiere. Für Leistungen wie Geschlechtsverkehr kassierten die Mädchen selbst. Die Bwin rechne mit den Mädchen gegen 04.00 Uhr früh nur die Videomiete ab. Die Bwin gab ferner an, die Lebensgefährtin des Peter W zu sein und ihn auch bei der Buchhaltung zu unterstützen. Ansonsten werde das geschäftliche und private Leben getrennt.

Der Zeuge E, und die Zeugen RI W und RI P gaben an, daß das gegenständliche Gastlokal allgemein zugänglich war. Der Zeuge I identifizierte anläßlich der Polizeikontrolle gegen 00.45 Uhr in Gegenwart von RI P die Animierdame C als jene Prostituierte, mit der er für S 1.000,-- einen entgeltlichen Geschlechtsverkehr zwischen 22.15 Uhr und 23.00 Uhr in einem Separee im 1. Stock durchgeführt hatte. In der Nacht vom 9.

auf den 10. Mai 1994 waren die Animierdamen C und N als Prostituierte tätig und boten mindestens drei weiteren Gästen die Ausübung eines Geschlechtsverkehrs gegen Entgelt im Separee an. Hinsichtlich weiterer Details wird auf die Tatsachenfeststellungen der belangten Strafbehörde verwiesen.

2.2. Aus den aktenkundigen kriminalpolizeilichen Niederschriften vom 9. und 10. Mai 1994 mit einer nicht individualisierten Vertrauensperson und den Zeugen T und I und den polizeilichen Anzeigen vom 10. und 28. Mai 1994 geht jedenfalls hervor, daß es sich beim gegenständlichen Etablissement nach den bekannten Begleitumständen um ein "PUFF" handelte, in dem leicht bekleidete Animierdamen der Prostitution nachgehen, indem sie interessierten Kunden alsbald ihre Liebesdienste anbieten und in zur Verfügung stehenden Separees auch tatsächlich ausüben. Die Öffnungszeiten beginnen offenbar relativ spät gegen 21.00 oder 22.00 Uhr (vgl dazu die Anzeigen der BPD Linz). Der Zeuge RI P (Niederschrift der BPD Linz vom 31.1.1995) hatte den Eindruck, daß das Lokal der Anbahnung der Prostitution diente. An zum Cafe D gehörigen Räumlichkeiten nannte er Gastzimmer, Aufenthaltsraum und einige Zimmer mit Betten im ersten Stock. Die an Liebesdiensten interessierten Gäste mußten vom Gastraum im Keller, wo die Prostitution angebahnt werde, über den Stiegenaufgang in die Separees im ersten Stock gehen, was dem Gastwirt Peter W nicht unbemerkt bleiben könnte. Der Zeuge BI B machte analoge Angaben (vgl Niederschrift der BPD vom 25.1.1995). Im Keller befände sich die Bar mit Sitzgelegenheiten und die Toilettanlagen. Im 1.

Stock wären die Separees. Der Beschuldigte (gemeint Peter W) müßte einfach wissen, daß im ersten Stock die Prostitution ausgeübt wird. Zu welchem Zweck sollten die Gäste sonst in den ersten Stock gehen ?, fragte dieser Zeuge.

Welche Räumlichkeiten im Parterre waren, wurde von den Zeugen nicht ausdrücklich angeführt. Es dürfte sich aber nach den aktenkundigen Umständen um die Privaträume oder auch Büroräume des Gastwirts Peter W handeln. Daß sich im Haus D in L noch andere Aufenthaltsräume oder Wohnungen Dritter befanden, ist nicht aktenkundig. Nach dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 9. Jänner 1995 über eine Auskunft des Baurechtsamtes des Magistrats von Linz handelt es sich um ein bloß einstöckiges Haus mit Keller, wobei sich im Erdgeschoß und im 1. Stock nach den Bauplänen jeweils 3 Wohnungen befinden.

2.3. In der Berufung wird der strafbehördliche Vorwurf bekämpft, die Bwin hätte den Prostituierten die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert und zumindest geduldet, daß die Prostitution angebahnt und ausgeübt werde. Die Bwin hätte nur als Kellnerin Getränke und Videomiete kassiert, welche Tätigkeit nicht verwaltungsrechtlich strafbar wäre. Es sei auch nicht verboten, die Lebensgefährtin eines Gastwirts zu sein und diesen bei der Buchhaltung zu unterstützen, selbst wenn in diesem Lokal unter Umständen die Prostitution ausgeübt wurde.

Die Bwin hätte allfällige Verwaltungsübertretungen der C und N weder vorsätzlich veranlaßt noch erleichtert. Das Kassieren von Getränken und Videomieten impliziere keineswegs die Förderung oder Erleichterung der Prostitution. Ein reiner Wissenstatbestand ohne Ausführungshandlungen sei nicht strafbar. Die strafbehördliche Unterstellung, die Bwin hätte den tatsächlichen Status einer Geschäftsführerin gehabt, sei völlig verfehlt. Dies wäre nie der Fall gewesen. Die Bwin hätte keinerlei überwachende oder beratende Funktion gehabt und daher auch keine verwaltungsstrafrechtlich relevante Handlung im Sinne des § 7 VStG begangen. In eventu wird ausgeführt, daß nur eine einheitliche Tat vorliegen könnte.

Im übrigen wird die Strafhöhe bekämpft.

2.4. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung der vorliegenden Berufungsschrift festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint und in erster Linie Rechtsfragen zu beurteilen sind.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 10 Abs 1 lit b) O.ö.

PolStG mit Geldstrafe bis S 200.000,-- und im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, eine Wohnung, Teile einer Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten oder wer einen Wohnwagen oder andere Bauten auf Rädern oder Wasserfahrzeuge und dgl. für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet.

Wie aus den Materialien hervorgeht (vgl näher AB Blg 318/1979 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. LT, 21. GP, Seite 2, Punkt B II zu § 2), wollte der oberösterreichische Landesgesetzgeber kein allgemeines Verbot der Prostitution regeln. Vielmehr sollte diese Tätigkeit nur ausnahmsweise unter bestimmten Verhältnissen einem strafbewehrten Verbot unterworfen sein. Die unter diesem Gesichtspunkt offenkundig zu weit geratene Tatbestandsumschreibung im ersten Satz des § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG wird vom Landesgesetzgeber im zweiten Satz des § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG korrigiert, indem er einschränkend klarstellt, daß keine Verwaltungsübertretung vorliegt, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt oder angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt werden, die die Prostitution ausüben. Darin ist auch eine authentische Interpretationsrichtlinie zu sehen. Nach dem Zweck der gegenständlichen Regelung, soll die Prostitution in Gebäuden verboten sein, wenn ein nicht der Prostitution zugehöriger Personenkreis durch ihre Ausübung betroffen und belästigt wäre. Somit kommt es für den Straftatbestand der verbotenen Prostitution in bestimmten Gebäuden etc. entscheidend auf die tatsächlichen Benutzungsverhältnisse vor Ort im Tatzeitpunkt an (vgl bereits das h. Erk. VwSen-230396 vom 23.1.1996).

Im gegebenen Fall wurde zum Tatzeitpunkt ein wenn auch einschlägiges, aber doch allgemein zugängliches Gastgewerbe im Objekt D in L ausgeübt. Der Gastwirt Peter W hat die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Cafe seit 3. Juni 1994 ruhend gemeldet (vgl Aktenvermerk der belangten Behörde vom 9.1.1995). Abgesehen davon, daß dies ohnehin erst nach dem Tatzeitpunkt war, käme es gemessen am Schutzzweck des § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG auf diese Formalität gar nicht an. Entscheidend erscheint vielmehr die Frage, ob tatsächlich ein allgemein zugänglicher Gastbetrieb ausgeübt wird oder nicht. Nach den Aussagen der vernommenen Zeugen konnte demnach jedermann ohne Einschränkungen das Lokal betreten. Im Hinblick auf diese Situation kann nicht davon gesprochen werden, daß das Gebäude, obwohl sich darin keine weiteren Wohnungen oder Aufenthaltsräume prostitutionsfremder Personen befanden, ausschließlich von Prostituierten und ihren Freiern oder dem Gastwirt selbst benutzt wurde. Es konnten, zumindest abstrakt betrachtet, auch nicht an der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution interessierte Personen das Lokal aufsuchen und sich durch das Prostitutionsmilieu belästigt fühlen.

4.2. Die Verwaltungsübertretung des § 2 Abs 3 lit c) O.ö.

PolStG enthält also kein generelles Verbot der Prostitution.

Vielmehr ist die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nur unter bestimmten Verhältnissen und eine Beteiligung daran auch nur hinsichtlich bestimmter Personen verboten.

Beispielsweise soll der an der Prostitution notwendig beteiligte Freier nach dem Gesetzeszweck offenbar nicht strafbar sein. Als Täter des Sonderdelikts gemäß § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG kommt vielmehr nur in Betracht, wer die vom Gesetz geforderten Tätermerkmale in seiner Person erfüllt. Danach ist zunächst strafbar, wer Räumlichkeiten in bestimmten Gebäuden für Zwecke der (eigenhändigen) Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt, womit etwa die nutzungsberechtigte, aber auch die eigenmächtig nutzende Prostituierte gemeint ist. Darüber hinaus wird die Förderung der verbotenen Prostitution dann mit Strafe bedroht, wenn der beitragende Täter als Nutzungsberechtigter (zBsp.:

Mieter, Hauseigentümer, Wohnungseigentünmer) einer Prostituierten, Räumlichkeiten für einschlägige Zwecke zur Verfügung stellt oder wenn er als sonst Verfügungsberechtigter (zBsp.: Geschäftsführender Gesellschafter einer OHG oder KG, GmbH-Geschäftsführer) die Verwendung von Räumlichkeiten für Prostitutionszwecke gestattet oder (zumindest) duldet.

Täter des § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG können demnach neben der nutzenden Prostituierten, der zur Verfügung stellende Nutzungsberechtigte oder der die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Prostituierte gestattende oder duldende Verfügungsberechtigte sein. Trotz der etwas unübersichtlichen Fassung des Gesetzes ist zu erkennen, daß abgesehen von der nutzenden Prostituierten - für den erweiterten Täterkreis nach der zitierten Bestimmung das geforderte Tätermerkmal in der Nutzungs- oder Verfügungsberechtigung über Räumlichkeiten in bestimmten Gebäuden besteht. Dies erscheint auch kriminalpolitisch sinnvoll, weil der Nutzungs- oder Verfügungsberechtigte derjenige ist, der über die Verwendung von Räumlichkeiten zu entscheiden und dafür die Verantwortung zu tragen hat.

Daneben hat der Landesgesetzgeber in der Tatvariante des duldenden Verfügungsberechtigten auch die Begehung durch Unterlassen für strafbar erklärt, weil im Dulden auch ein Zulassen im Sinne eines Untätigbleibens des Verfügungsberechtigten trotz Kenntnis eines Mißstandes zu sehen ist. Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung wäre die Begehung durch Unterlassung nicht strafbar. Eine analoge Anwendung des § 2 StGB scheidet im Hinblick auf die darin gelegene Erweiterung des Straftatbestandes aus (vgl etwa VwGH 4.8.1992, 89/10/0122).

4.3. Die Regelung des beteiligten Täterkreises durch die Bestimmung des § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG über die Prostituierte hinaus hat nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates vor allem den Sinn einer lex specialis zur Beteiligungsregelung des § 7 VStG, die daneben keinen eigenen Anwendungsbereich mehr haben kann, soweit eine Prostituierte ein Nutzungsrecht zur Anbahnung oder Ausübung der Prostitution von einem anderen ableitet. Wäre § 7 VStG dennoch uneingeschränkt anwendbar, hätten die strafrechtlichen Differenzierungen des Landesgesetzgebers betreffend den Umfang des neben der nutzenden Prostituierten noch strafbaren Täterkreises keine eigenständige Bedeutung und müßten als überflüssig angesehen werden, weil nur etwas geregelt worden wäre, was grundsätzlich schon nach der allgemeinen Beteiligungsregelung des § 7 VStG strafbar wäre.

Das dort vorausgesetzte Vorsatzerfordernis ist kein Gegenargument, zumal auch die Tatvarianten des § 2 Abs 3 lit c) O.ö.PolStG nach richtiger Ansicht nur vorsätzlich begangen werden können. In allen Fällen verlangt das Gesetz nämlich ausdrücklich eine Tatbegehung "für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution". Diese Zweckbindung ist nur bei einem Wissen und Wollen des jeweiligen Täters denkbar. Dazu kommt noch ein finaler, den Vorsatz implizierender Charakter der gesetzlich umschriebenen Verhaltensweisen (als Nutzungs- oder Verfügungsberechtigter "zur Verfügung stellen", "gestatten" oder "dulden"). Auf diese Weise kann man sich in sozialer Hinsicht nur verhalten, wenn man ein die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution betreffendes Wissen hat und entsprechend zweckorientiert handelt.

Nur der Fall, daß eine Prostituierte Räumlichkeiten in Gebäuden iSd § 2 Abs 3 lit c) O.ö.PolStG eigenmächtig, dh ohne abgeleitete Nutzungsbefugnis, für Zwecke der Prostitution nutzt und dabei von jemandem unterstützt oder angestiftet wird, ist nicht von der besonderen Regelung des beteiligten Täterkreises im § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG erfaßt. Insofern bleibt es daher bei der Strafbarkeit nach der allgemeinen Beteiligungsregelung des § 7 VStG.

4.4. Die belangte Behörde hat die dargestellte Rechtslage nicht richtig erfaßt. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde die Bwin in ihrer Funktion als Kellnerin wegen vorsätzlicher Beihilfe nach § 7 VStG für verantwortlich gehalten, weil sie die Anbahnung und Ausübung der Prostitution geduldet und die Separeemiete kassierte hatte. Obwohl dieser Sachverhalt nach der Aktenlage in tatsächlicher Hinsicht zutrifft und selbst in der Berufung der "Wissenstatbestand" nicht bestritten wurde, folgt daraus nicht die rechtliche Einordnung durch die Strafbehörde. Wie bereits oben näher ausgeführt wurde, darf nämlich der § 7 VStG sinnvollerweise nicht neben der spezielleren Beteiligungsregelung des § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG angewendet werden, weil diese sonst überflüssig wäre und die mit dieser Sonderregelung verbundene, wesentlich engere kriminalpolitische Zielsetzung des Landesgesetzgebers ins Leere ginge. Im übrigen wäre der im Wege des § 7 VStG erzielbare Strafbarkeitsumfang derart weitreichend, daß auch die verfassungsrechtliche Zulässigkeit zumindest vor dem Hintergrund des Art 8 EMRK und des gleichheitsrechtlichen Sachlichkeitsgebots bezweifelt werden müßte. Deshalb erscheint der strafbehördlich gewählte Lösungsansatz über die strafbarkeitsausdehnende Bestimmung des § 7 VStG jedenfalls verfehlt.

Nach richtiger Ansicht hätte die Bwin als Verfügungsberechtigte fungieren müssen, um wegen des angelasteten Verhaltens gemäß § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG strafbar zu sein. Dies kann aber nach der Aktenlage gerade nicht angenommen werden. Die belangte Behörde hat in der Begründung ihres Straferkenntnisses (vgl Seite 7) tendenziell in diese Richtung argumentiert, indem sie auf die "Stellung als Lebensgefährtin des Lokalbetreibers" abstellte und offenbar allein daraus schloß, daß die Bwin mehr Kompetenzen gehabt hätte, als dies sonst bei einer Kellnerin üblich wäre. Zur Erläuterung dieses Standpunkts wird angeführt, daß die Bwin bei Abwesenheit des Gastwirts den Geschäftsbetrieb überwacht und mit den Prostituierten um ca 04.00 Uhr die Separeemiete abgerechnet hätte.

Der erkennende Verwaltungssenat kann die Ansicht der belangten Behörde, die sich auf dem Niveau einer Vermutung zu Lasten der beschuldigten Bwin bewegt, nicht teilen. Der Bwin durfte ohne konkretes Beweisergebnis auch dann nicht, wenn dies wegen ihrer Lebensgemeinschaft mit dem Gastwirt naheliegend erscheinen könnte, eine einflußreiche Position als Geschäftsführerin unterstellt werden. Außerdem kann beim gegebenen Sachverhalt kaum ein vernünftiger Zweifel bestehen, daß die unternehmerische Entscheidung über die Art der Ausübung des Gastgewerbes im L Objekt D ausschließlich beim Gewerbeinhaber Peter W lag, der seine Verfügungs- und Gestaltungsbefugnis auch nicht delegiert hatte. Nur auf diesen Gesichtspunkt kommt es aber nach § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG an. Die Abrechnung der Separeemiete und die allfällige Überwachung des Geschäftsbetriebs bei vorübergehender Abwesenheit des Gastwirts sind keine entscheidenden Kriterien. Diese nur untergeordneten Aufgaben können einer Kellnerin auch sonst zukommen. Sie machen noch keine Verfügungsberechtigung im Sinne des Gesetzes aus.

5. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer strafbaren Handlung der Bwin nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Auf andere Argumente in der Berufung war nicht mehr einzugehen.

Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

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