Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300086/6/Kei/Shn

Linz, 25.09.1997

VwSen-300086/6/Kei/Shn Linz, am 25. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Guschlbauer, dem Beisitzer Dr. Wegschaider und dem Berichter Dr. Keinberger über die nur hinsichtlich der Strafhöhe eingebrachte Berufung der H, gegen den Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Juni 1996, Zl. III/S-16.145/96-2 [Übertretung des § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl.Nr. 152/1945, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 345/1993, iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen (BGBl.Nr. 314/1974 idFd BGBl.Nr. 591/1993)], zu Recht:

I. Der Berufung wird insoferne teilweise Folge gegeben, als die verhängte Freiheitsstrafe auf 4 Tage herabgesetzt wird.

II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde 80 S zu leisten. Für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat hat die Berufungswerberin keine Kosten zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG Entscheidungsgründe:

1. Mit Spruchpunkt 2 des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses wurde über die Berufungswerberin (Bw) ein Primärarrest im Ausmaß von 8 Tagen verhängt, weil sie "am 22.5.1996 von 00.35 Uhr bis 00.55 Uhr in LINZ, P. 3/2. Stock, in der Wohnung d. M durch Ausübung eines GV mit einem Kunden mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht getrieben" habe "und es unterlassen" habe, "sich vor Aufnahme dieser Tätigkeit, sowie in regelmäßigen Abständen von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen, wobei die Gewerbsmäßigkeit insoferne" vorgelegen sei, "als sie sich durch die wiederholte Tatbegehung (zahlreiche Anzeigen und rechtskräftige Bestrafungen wegen einschlägiger Delikte) eine wiederkehrende Einkommensquelle" verschafft habe. Dadurch habe die Bw eine Übertretung des "§ 1 Vdg . d. BMFGuU, BGBG. 314/74" begangen, weshalb sie gemäß "§ 12/2 GeschlechtskrankheitenG" zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses der Bw am 27. Juni 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 4. Juli 1996 mittels Telefax bei der belangten Behörde eingebracht wurde und die fristgerecht erhoben wurde. Die Bw bringt in der Berufung im wesentlichen vor: Sie bittet, daß die Strafhöhe gemildert wird. Sie hätte bei der Bundespolizeidirektion Linz noch einen Strafbetrag von 600.000 S zu zahlen und beinahe 100 Tage Primärarrest zu verbüßen. Sie zahle monatlich 10.000 S zurück und die "Primärstrafe" büße sie an Wochenenden ab, da sie "Tagsüber noch Berufstätig" sei. Wenn es mit dieser Strafhöhe so weitergehe, dann würde sie es nicht mehr schaffen und sie würde ihren Job wieder verlieren. Die Prostitution müsse sie weiterhin ausüben, da sie sonst niemals die monatliche Rate von 10.000 S einhalten könne, da sie ja auch noch andere Zahlungsverpflichtungen habe und auch zum Leben für sich und ihren Sohn etwas brauche. 3. Der O.ö. Verwaltungssenat hatte - weil eine primäre Freiheitsstrafe verhängt wurde - durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG), wobei allerdings, weil nur die Strafhöhe angefochten war, eine mündliche Verhandlung entbehrlich war. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. S-16.145/96-2, Einsicht genommen. 4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz werden Übertretungen der sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund desselben ergehenden Verordnungen und Bescheide, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine strengere Bestrafung stattfindet, als Verwaltungsübertretung von der Bezirksverwaltungsbehörde (in Orten, wo eine staatliche Polizeibehörde besteht, von dieser) mit Geld bis zu 1000 RM (= 1.000 S, laut Umrechnung gemäß § 3 Abs.2 Schillinggesetz, StGBl.Nr. 231/1945) oder mit Arrest bis zu zwei Monaten bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Arrest und Geldstrafe nebeneinander verhängt werden. Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen (BGBl.Nr.314/1974 idFd BGBl.Nr.591/1993), haben sich Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vernehmen, vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

4.2. Da die Berufung nur gegen die Strafe gerichtet ist, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen. Zur Strafbemessung: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der bei der Strafbemessung anzuwendende Strafrahmen des § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz sieht auch eine primäre Freiheitsstrafe vor. Gemäß § 11 VStG darf eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden, wenn dies notwendig ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten. Die primäre Freiheitsstrafe muß also aus spezialpräventiven Gründen erforderlich sein. Dies trifft auf die Bw zu, da sie schon längere Zeit der Prostitution nachgeht, ohne die Vorschriften über die gesundheitliche Überwachung zu beachten. Der O.ö. Verwaltungssenat kann der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie es für notwendig erachtet hat, eine Freiheitsstrafe zu verhängen. Die Verwendung eines Präservativs bei der Durchführung des Geschlechtsverkehrs, das die Bw ihrem Kunden zur Verfügung gestellt hat, wirkt sich unrechts- und schuldmindernd aus (vgl schon VwSen-240185/2/Wei/Bk vom 18. Dezember 1996). Es handelt sich dabei um eine vom BMGU in den Medien empfohlene Vorsichtsmaßnahme, die der Infektion mit dem HIV-Virus mit großer Wahrscheinlichkeit vorbeugt. Das gilt analog auch für die Gefahr der Infektion mit Geschlechtskrankheiten, die durch Verwendung eines Präservativs bei der Vornahme von sexuellen Handlungen mit hoher Wahrscheinlichkeit entscheidend herabgesetzt wird. Die Gefährdung der geschützten öffentlichen Interessen iSd § 19 Abs.1 VStG erscheint daher durch die Mißachtung der amtsärztlichen Untersuchungspflicht unter den gegebenen Umständen als nicht unbedeutend. Die Einhaltung der Überwachungsmaßnahmen nach der Prostitutionsverordnung dient dem berechtigten Anliegen der Volksgesundheit. Die amtsärztliche Untersuchungspflicht darf aber auch nicht auf einen Selbstzweck reduziert und völlig isoliert von der konkreten Gefahrensituation des Einzelfalles und den realistischen Ansteckungsmöglichkeiten gesehen werden.

Den Berufungsausführungen ist zu entnehmen, daß die Beschuldigte über ein in Anbetracht der noch zu leistenden Zahlungen nicht ausreichendes Einkommen verfügt und sie für ein Kind sorgepflichtig ist. Es ist von der Vermögenslosigkeit der Bw auszugehen. Im gegenständlichen Fall werden die Tatsachengeständnisse der Bw als mildernd, hingegen das Vorliegen einer hohen Zahl in Rechtskraft erwachsener noch nicht getilgter einschlägiger Vormerkungen als erschwerend gewertet. Sonstige Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

5. Die Bw hat bei diesem Verfahrensergebnis gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe zu leisten. § 64 Abs.2 bestimmt als Umrechnungsschlüssel für Freiheitsstrafen den Betrag von 200 S pro Tag. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ist demnach von 800 S zu berechnen und beträgt für das Verfahren vor der belangten Behörde 80 S. Gemäß § 65 VStG hat die Bw keinen Beitrag für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat zu leisten. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer

 

 

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