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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300102/2/Wei/Bk

Linz, 29.01.1997

VwSen-300102/2/Wei/Bk Linz, am 29. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des H, vom 28. August 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13. August 1996, Zl. Pol 96-412-1996-W, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 3 Abs 1 O.ö. Polizeistrafgesetz - O.ö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 13.

August 1996 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, indem Sie am 26.6.1996 von 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr mit einer Faustfeuerwaffe auf dem Grundstück, Parz. Nr. 450 der KG O, Gemeinde Lochen, Schießübungen durchführten und dabei 70 80 Schuß abgefeuert haben." Dadurch erachtete die Strafbehörde § 3 Abs 1 O.ö. PolStG als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit a) O.ö. PolStG eine Geldstrafe von S 300,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitstrafe von 12 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 30,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 14. August 1996 zugestellt wurde, richtet sich die am 28. August 1996 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung, mit der die Aufhebung und Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Der Gendarmerieposten Palting hat mit Schreiben vom 3.

Mai 1996, Zl. P-247/96, der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, daß der Bw am 26. April 1996 von 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr auf dem Grundstück Parzelle Nr. 450 der KG O, Gemeinde Lochen, mit einer Faustfeuerwaffe Schießübungen durchführte und dadurch verdächtig sei, ungebührlicherweise störenden Lärm erregt zu haben. Die Gendarmerie wurde von Josef S, telefonisch von den Schießübungen verständigt. Der erhebende Gendarmeriebeamte stellte um etwa 16.00 Uhr fest, daß der Bw, der ein gültiges waffenrechtliches Dokument besitzt, 70 bis 80 Schuß vom Kaliber 9 mm im Zeitraum von 14.30 Uhr bis 16.00 Uhr abgefeuert hatte. Die Schießübungen werden in einer aufgelassenen Schottergrube durchgeführt, die vom Anwesen des Anzeigers rund 200 m entfernt liegt und nicht als Sportstätte ausgewiesen ist.

2.2. Im ordentlichen Ermittlungsverfahren führte die belangte Strafbehörde am 13. Juni 1996 eine mündliche Verhandlung mit Lokalaugenschein und Schießprobe in der Schottergrube Maier in Oberweißau zur Feststellung der Lärmbelästigung durch.

Der Bürgermeister der Gemeinde Lochen erklärte anläßlich dieser Verhandlung, daß sich die Gemeinde im Raumordnungsausschuß mit der Frage der Widmung des Grundstückes Nr. 450 der KG O als Sportstätte befaßt, von den Ehegatten S als den betroffenen Anrainern aber eine ablehnende Stellungnahme erhalten hätte. Gegen den Willen dieser Anrainer wolle die Gemeinde diese Widmung aber nicht durchführen.

Ausdrückliche strafbehördliche Feststellungen zum Verhandlungsgegenstand wurden nicht getroffen. Aus den Zeugenvernehmungen gehen allerdings einige wesentliche Gesichtspunkte hervor. So erklärte der Anzeiger Josef S, daß sein Haus 200 m bis 250 m von der aufgelassenen Schottergrube, in der die Schießübungen stattfanden, gelegen ist. Über ausdrückliches Befragen durch den Verhandlungsleiter gab der Zeuge an, daß der Lärm durch das Schießen nach seinem Gefühl "heute" nicht so laut wäre. Er könne aber nicht quantifizieren, um wieviel der Lärm seinerzeit höher war. Die Lärmintensität hänge auch vom Wind ab. Er könne auch nicht sagen, ob die gleiche Munition verwendet werde. Den Schußlärm empfinde er wegen seiner Eigenart als störend. Über Vorhalt, daß in der Umgebung des Wohnhauses landwirtschaftliche Nutzgründe liegen, die mit Lärm verursachenden landwirtschaftlichen Maschinen auch an Samstagen bearbeitet werden, meinte der Zeuge, daß sich dieser Lärm vom Schießlärm wesentlich unterscheide und nicht so einen hohen Störeffekt habe. Der Widerhall vom nahe gelegenen Wald trage auch zur nervlich belastenden Ruhestörung bei. Die Gattin des Zeugen bestätigte dessen Angaben und erklärte, daß die Lautstärke der Schüsse oft erheblich schwanke. Vermutlich spiele dabei auch der Wind eine wesentliche Rolle. Die heutigen Probeschüsse habe sie nicht so unangenehm empfunden wie sonst.

Der Bw beantragte, daß die Munition sichergestellt wird. Er brachte vor, daß beim heutigen Probeschießen die gleiche Munition wie sonst, nämlich 9 mm Para oder .45 ACP, verwendet worden wäre. Zum Auffangen des Bleis verwendete man Schußkästen.

2.3. In der schriftlichen Rechtfertigung vom 15. Juli 1996 brachte der Rechtsvertreter des Bw vor, daß anläßlich des Probeschießens beim Lokalaugenschein der Schießlärm zwar akustisch wahrgenommen werden konnte, die Eigenschaft als störend mit Eindeutigkeit nur von den Anzeigern vertreten worden wäre. Diese wären gegen alle konstruktiven Vorschläge des Vereins. Der Sportschützenclub Lochen hätte schon mehrfach versucht, die Ausweisung der Schottergrube als Sportstätte durch die Gemeinde zu erreichen, weil dies dem Verein bauliche Maßnahmen ermöglichte, um das Hinausdringen des Schießlärms aus der Schottergrube zur Gänze hintanzuhalten. Die Gemeinde machte die Widmung aber von der Zustimmung der Nachbarn abhängig, welche nicht erteilt wurde. Die Nachbarn hätten nur zum Ausdruck gebracht dagegen zu sein, ohne ein einziges Argument vortragen zu können.

Daß der Schießlärm nicht störend sei, ergebe sich auch aus der Lärmmessung vom 25. April 1992 der Unterabteilung Lärmund Strahlenschutz des Amtes der o.ö. Landesregierung. Die damaligen Spitzenpegel seien wegen des nahen Böllerschießens bei einer Hochzeitsfeier aufgetreten, was in den Bemerkungen auch angeführt werde. Beim strengen Maßstab der Verwaltungsstrafbehörde wäre fast jede Sportausübung auf Sportplätzen unmöglich. Man denke nur an die Situation auf Fußballplätzen. Der Sportschützenclub Lochen stelle auch keinen unbeträchtlichen Wirtschaftsfaktor für die Gemeinde dar, weil die Durchführung der behördlich bewilligten Wettbewerbe hunderte von Nächtigungen brächte. Mit Stolz blicke man auf die nationale und internationale Erfolgsstatistik, die durch eine Beilage belegt werde.

Mit der strafbehördlichen Meinung, daß die Schießübung eine Verwaltungsübertretung darstellen könnte, hätte der Bw nicht rechnen können, zumal der Verein schon seit Jahren etabliert wäre und den Schießsport ausübte. Der Sportschützenclub hätte wegen der Erteilung von Veranstaltungsbewilligungen schon oft Kontakt mit der belangten Behörde gehabt. Dabei wäre nicht mitgeteilt worden, daß Schießübungen außerhalb der Veranstaltungen strafbar wären. Man hätte sich darauf verlassen dürfen, daß der Schießbetrieb in der Schottergrube, der bereits über ein Jahrzehnt stattgefunden habe, legal sei.

2.4. Die Unterabteilung Lärm- und Strahlenschutz hat anläßlich des "Frühjahrsschießens des Schützenvereins Lochen" beim Wohnhaus S, am 25. April 1992 unangemeldete Lärmmessungen in der Zeit von 09.30 Uhr bis 12.00 Uhr durchgeführt. Nach dem sachverständigen Bericht dieser Unterabteilung vom 22. Mai 1992 an die O.ö.

Umweltanwaltschaft wurden ein mittlerer Grundgeräuschpegel L(A,95 = Basispegel) von 31,5 dB und ein mittlerer Störlärmpegel L (A,eq = energieäquivalenter Dauerschallpegel) von 45,1 dB gemessen. Für die Impulshältigkeit des Lärms wurde ein Zuschlag von 5,0 dB berücksichtigt. Nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 wird die zumutbare Störung mit Grundgeräuschpegel plus 10 dB und bei Schallpegelspitzen mit plus 30 dB bewertet. Der zumutbare energieäquivalente Dauerschallpegel wurde bei diesem Maßstab um rund 8 dB überschritten. Während der Messung lagen der Großteil der Schallpegelspitzen aus Einzelschußereignissen zwischen 52 und 60 dB (impulsbewertet), vereinzelte Schüsse erreichten Werte von 72 bis 74 dB (impulsbewertet). Demnach wurde größtenteils der Grenzwert für Lärmspitzen laut ÖAL-Richtlinie Nr. 3 (31,5 dB plus 30 dB = 61,5 dB) eingehalten. Aus 352 gemessenen Schüssen errechnete sich laut dem oben erwähnten Bericht ein mittleres Einzelschußereignis von 59,4 dB.

Zusammenfassend stellt der Bericht fest, daß Schießveranstaltungen aus lärmschutztechnischer Sicht für den betroffenen Anrainer mit Belästigungen verbunden sind.

Für einen weiteren Betrieb des Schießplatzes sollte unbedingt auf geeignete Lärmschutzmaßnahmen an den einzelnen Schießständen (bspw. Abschirmungen, Wälle, Kabinen etc.) geachtet werden. Eine schwer kontrollierbare zeitliche Begrenzung der Schießzeiten wäre nicht zufriedenstellend.

Die technischen Möglichkeiten einer ausreichenden Sanierung der Schießstände sollten von einem sachverständigen Projektanten geprüft und geplant werden.

2.5. Mit Straferkenntnis vom 13. August 1996 hat die belangte Strafbehörde den Bw der ungebührlicherweise störenden Lärmerregung schuldig erkannt und eine Geldstrafe von S 300,-- verhängt. Da Schußdetonationen wesentlich unangenehmer empfunden werden, könnte schon bei geringerem Ausmaß der Lautstärke von störendem Lärm gesprochen werden.

Der Bundesgesetzgeber habe für den Betrieb von Schießstätten keine gesetzlichen Bestimmungen normiert. Das Waffengesetz regle den Besitz von Schußwaffen, nicht aber den Betrieb von Schießstätten. Eine Veranstaltungsbewilligung entfalte Rechtswirkungen nur für die jeweils bewilligte Veranstaltung. Das O.ö. Polizeistrafgesetz finde mangels spezieller bundesgesetzlicher Regelungen Anwendung. Zur Vereins- und Versammlungsfreiheit meinte die belangte Behörde, daß der Schießsport nicht generell untersagt werde, sondern dort ausgeübt werden könne, wo Nachbarn nicht unzumutbar gestört werden. Am Tatort sei dies nicht der Fall gewesen. Zum Verschulden verwies die belangte Strafbehörde auf die Lärmmessungen im Jahr 1992, die bereits wegen Beschwerden der Anrainer S durchgeführt worden wären. Um die Belästigungen abzustellen, hätten lärmdämmende Maßnahmen ergriffen werden müssen. Konnten diese aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht getroffen werden, hätte man vom Schießen in der Grube Abstand nehmen müssen.

2.6. Die Berufung bringt vor, daß der Schützenverein Lochen bereits am 30. Juni und 1. Juli 1984 das Eröffnungsschießen in der gegenständlichen Schottergrube unter dem Ehrenschutz des damaligen Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn und des Bürgermeisters der Gemeinde Lochen abgehalten hatte. Seit dieser Zeit hätte der Verein mehr als S 1,000.000,-- in die Schießstätte investiert. Auch die Staatsmeisterschaft am 28.

und 29. Juni 1986 wäre unter dem Ehrenschutz der genannten Personen gestanden. Die Bewerbe wären zur vollsten Zufriedenheit aller Teilnehmer und Gäste durchgeführt worden, wobei die Sicherheit voll gewährleistet gewesen wäre. Die Schießbewerbe wären stets unter Einhaltung sämtlicher Sicherheitsvorkehrungen nach internationalem Standard durchgeführt worden. Zu sicherheitstechnischen Beanstandungen wäre es niemals gekommen. Man hätte auch den Konsens mit der belangten Behörde gesucht und um Veranstaltungsbewilligung angesucht. Die Berufung verweist auf die mehr als zehnjährige Geschichte des Schützenvereines in der Schottergrube und auf die erzielten Erfolge, wobei eine Erfolgsstatistik der Jahre 1994 und 1995 beigelegt wird.

Die gegenständliche kurzfristige Schießübung wäre nicht geeignet gewesen, ungebührlicherweise störenden Lärm zu erregen. Es handelte sich um ein Einzelereignis am Tag, durch das niemand in seiner Nachtruhe hätte gestört werden können. Außerdem läge auch kein Verschulden vor. Die mehr als zehnjährige Vereinsgeschichte hätte nicht einmal ansatzweise den Eindruck erwecken können, mit der Schießübung etwas Verbotenes zu tun. Gesetzeslage und Nachbarschaftssituation hätten sich in dieser Zeit nicht verändert.

2.7. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht strittig erscheint. Die tatsächlichen Feststellungen aus der Aktenlage konnten ergänzt um das glaubhafte und unwidersprochen gebliebene Berufungsvorbringen ohne Bedenken der Berufungsentscheidung zugrundegelegt werden. Einen weiteren Lokalaugenschein - die belangte Strafbehörde hatte bereits eine Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt hält der erkennende Verwaltungssenat entgegen der Berufung für nicht notwendig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 3 Abs 1 O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 10 Abs 1 lit a) O.ö.

PolStG mit Geldstrafe bis zu S 5.000,-- zu bestrafen, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

Unter "störendem Lärm" sind gemäß § 3 Abs 2 O.ö. PolStG alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretende Geräusche zu verstehen. Nach § 3 Abs 3 O.ö. PolStG ist der Lärm dann als "ungebührlicherweise erregt" anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß und jene Rücksichtnahme vermissen läßt, die die Umwelt verlangen kann.

Ob der Lärm als "störend" und überdies, "ungebührlicherweise erregt" anzusehen ist, hängt vom Empfinden eines mit der Sachlage vertrauten objektiven Beobachters ab. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Lärm störend, wenn Art und Intensität geeignet sind, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören. Dabei kommt es lediglich darauf an, ob der Lärm nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet ist, von unbeteiligten Personen als störend empfunden zu werden (vgl VwSlg 13801 A/1993 unter Hinweis auf Vorjudikatur). Auch für die Frage der Ungebührlichkeit gilt dieser objektive Maßstab. Die Frage, ob ein Lärm als "störend" und "ungebührlicherweise erregt" zu qualifizieren ist, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei ist auch der tatsächliche Umstand der Ortsüblichkeit zu berücksichtigen (vgl etwa VwSen-230392 ua vom 3.05.1995; VwSen-230390 vom 28.12.1995).

4.2. Im gegebenen Fall kommt nach der Aktenlage ein nicht unbeträchtlicher ortsüblicher Störlärmpegel durch Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen bei Nutzung der Gründe in der Umgebung der Schottergrube und des Wohnhauses des Anzeigers in Betracht (vgl Niederschrift vom 13.06.1996, Seite 3).

Auch anläßlich der Lärmmessungen der Unterabteilung Lärmund Strahlenschutz vom 25. April 1992 wurden neben einem hochzeitsfestlichen Böllerschießen auch ortsübliche ländliche Geräusche von den umliegenden Bauernhöfen und teilweise entfernter Verkehrs- und Fluglärm registriert. Es handelt sich demnach nicht um eine Gegend, die als von erheblichen Lärmereignissen unbelastet angesehen werden kann. Der in 200 m bis 250 m Entfernung von der Schießstätte wohnende Anzeiger räumte dies zwar ein, verwies aber auf die besondere Lästigkeit des Schießlärms durch sein unregelmäßiges Auftreten und den Widerhall von einem nahe gelegenen Wald. Am Tag des strafbehördlichen Lokalaugenscheines empfand er den Lärm vom Probeschießen nicht so laut wie sonst, konnte dies aber nicht näher quantifizieren. Die Lärmintensität hänge auch von der Windrichtung und der verwendeten Munition ab, bezüglich der der Anzeiger aber keine Unterschiede behaupten konnte.

Die unangemeldeten Lärmmessungen anläßlich des im Vergleich zum gegenständlichen Vorfall wesentlich intensiveren Frühjahrsschießens 1992 ergaben aus 352 gemessenen Schüssen ein mittleres Einzelschußereignis von lediglich 59,4 dB, wobei wegen Impulshältigkeit ein Zuschlag von 5 dB berücksichtigt wurde. Die Eigenart des Schießlärms wurde somit bereits einkalkuliert. Der sich nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 ergebende Grenzwert für Lärmspitzen wurde damit dennoch nicht überschritten. Der energieäquivalente Dauerschallpegel L (A,eq) bzw der mittlere Störlärmpegel wurde um 8 dB überschritten, weshalb der Bericht vom 22. Mai 1992 seinerzeit aus lärmschutztechnischer Sicht eine Belästigung der Anrainer durch Schießveranstaltungen bejahte und geeignete Lärmschutzmaßnahmen (wie Abschirmungen, Wälle, Kabinen) an den einzelnen Schießständen für erforderlich erachtete.

4.3. Aus diesem Befund ist abzuleiten, daß die durch die untersuchte Schießveranstaltung verursachte Lärmintensität in ihrer Gesamtheit als störend empfunden werden konnte und daher objektiv als Belästigung des Anrainers anzusehen war.

Eine besonders lästige Lärmimmission kann nach den damals erhobenen Daten aber nicht verifiziert werden. Für die gegenständlich angezeigten 70 bis 80 Schuß mit einer Faustfeuerwaffe, Kal. 9 mm, anläßlich vereinzelter Schießübungen am 26. April 1996 im Zeitraum von 14.30 Uhr bis 16.00 Uhr (vgl Anzeige des Gendarmeriepostens Palting) bedeutet der oben genannte Befund, daß die dadurch verursachte Lärmimmission höchstwahrscheinlich wesentlich geringer gewesen sein muß. Freilich mag es insofern auch auf Umstände wie die verwendete Munition, die Windrichtung oder die Luftfeuchtigkeit ankommen. Solche möglicherweise lärmimmissionserhöhende Umstände können in einem Strafverfahren aber nicht ohne gesicherte Beweise zu Lasten des Täters angenommen werden. Vielmehr hat hier der Grundsatz "in dubio pro reo" zu gelten. Hinsichtlich der Munition erschiene es im Hinblick auf das bloß sportliche Scheibenschießen nicht sinnvoll, eine Munition mit besonderer Ladung (Durchschlagskraft) zu verwenden. Ein ohnehin nicht behaupteter - überdurchschnittlicher Detonationslärm auf Grund der verwendeten Munition war daher sehr unwahrscheinlich. Der erkennende Verwaltungssenat hält auch mit Rücksicht auf den strafbehördlich durchgeführten Lokalaugenschein, bei dem der Probeschießlärm offenbar als gar nicht so störend empfunden wurde, die Beweisfrage der störenden Lärmimmission für offen und geht daher im Zweifel zugunsten des Beschuldigten davon aus, daß schon die störende Intensität des Schießlärms nicht erwiesen werden kann.

4.4. Selbst wenn man aber mit der belangten Strafbehörde eine relevante Störung des Anrainers durch das inkriminierte Verhalten annehmen wollte, bliebe immer noch die Frage der Ungebührlichkeit dieser störenden Lärmimmission zu klären.

Darauf ist die belangte Behörde nicht näher eingegangen. In diesem Zusammenhang wäre nach dem glaubhaften Vorbringen des Bw zu berücksichtigen, daß der erfolgreiche Sportschützenverein SSC-Lochen bereits seit 1984 besteht und in der aufgelassenen Schottergrube regelmäßig Schießübungen und Schießveranstaltungen durchgeführt hat. Nachbarschaft und örtliche Verhältnisse hatten sich in dieser Zeit nicht geändert. Dennoch erfolgte nach Darstellung der belangten Strafbehörde im angefochtenen Straferkenntnis erst nach nahezu 8 Jahren Schießsportausübung im Jahre 1992 eine Lärmmessung wegen einer Beschwerde der damaligen und heutigen Anrainer. Bereits 1992 war im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse davon auszugehen, daß die Schießübungen und Schießveranstaltungen des SSC-Lochen eine örtsübliche Lärmbelästigung geworden sind. Diverse Veranstaltungen waren nicht nur veranstaltungsbehördlich genehmigt, sondern fanden auch unter dem Ehrenschutz von Bezirkshauptmann und Bürgermeister statt. Bereits unter diesen Umständen erscheint die Ungebührlichkeit der angelasteten Lärmimmission äußerst fraglich. Schließlich ist erwiesen, daß mit Zustimmung der Anrainer eine unverzügliche Widmung der Schottergrube als Sportstätte möglich und in weiterer Folge bauliche Lärmschutzmaßnahmen, die der Verein längst hätte errichten wollen, bewilligungsfähig wären, die zumindest eine Verbesserung der Immissionssituation erwarten ließen. Derart sinnvolle Maßnahmen scheiterten bisher hauptsächlich aufgrund der uneinsichtigen und starren Haltung der Anrainer, die offensichtlich kompromißlos beabsichtigen, die weitere Ausübung des Schießsportes in der aufgelassenen Schottergrube durch den SSC-Lochen zu verhindern. Angesichts dieser Umstände kann unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabes nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates eine ungebührliche Lärmerregung mangels ausreichender Schalldämmungsmaßnahmen nicht angenommen werden. Die pauschale Ansicht der belangten Behörde, wonach vom Schießen unter diesen Umständen Abstand zu nehmen wäre, trifft nicht zu. Die fehlende Widmung zur Sportstätte im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Lochen kann sich unter den gegebenen Umständen nicht zum Nachteil des Schützenvereines bzw seiner Mitglieder auswirken.

5. Bei diesem Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels ausreichender Beweise und mangels eines tatbestandlichen Verhaltens einzustellen. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

 

 

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