Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 11.11.1996

VwSen-300115/2/Kei/Shn VwSen-300119/2/Kei/Shn VwSen-300120/2/Kei/Shn VwSen-300121/2/Kei/Shn VwSen-300122/2/Kei/Shn VwSen-300123/2/Kei/Shn VwSen-300124/2/Kei/Shn VwSen-300125/2/Kei/Shn Linz, am 11. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufungen des Horst W, gegen die Straferkenntnisse des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Zl.101-6/4-570003806 vom 16. September 1996, Zl.101-6/4-570003761 vom 17. September 1996, Zl.101-6/4-570002754 vom 9. September 1996, Zl.101-6/4-570002038 vom 11. September 1996, Zl.101-6/4-570002039 vom 10. September 1996, Zl.1016/4-570004280 vom 18. September 1996, Zl.101-6/4-330032626 vom 12. September 1996 und Zl.101-6/4-570003807 vom 13. September 1996, zu Recht:

I: Den Berufungen wird insoferne Folge gegeben, als die angefochtenen Straferkenntnisse aufgehoben werden. Die Anträge auf Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren werden abgewiesen.

II: Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Art.6 Abs.1 MRK iVm § 51e Abs.1 VStG; §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit den in der Präambel angeführten Straferkenntnissen wurden über den Berufungswerber (Bw) jeweils Strafen verhängt, weil er zu konkret angeführten Zeiten in Linz, im Lokal "K" als Unternehmer nicht durch geeignete Maßnahmen dafür gesorgt habe, daß konkret angeführte Personen die Bestimmungen des O.ö. Jugendschutzgesetzes beachtet hätten, indem sich diese Personen im Lokal aufgehalten hätten.

Dadurch habe der Bw jeweils eine Übertretung des § 16 Abs.2 O.ö. Jugendschutzgesetz begangen, weshalb er jeweils zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen diese Straferkenntnisse richten sich die jeweils fristgerecht erhobenen Berufungen.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in die gegenständlichen Verwaltungsakte des Magistrates Linz Einsicht genommen.

Bereits aufgrund dieser Akteneinsicht hat sich ergeben, daß gemäß § 51e Abs.1 VStG der jeweils "angefochtene Bescheid aufzuheben ist" (weshalb auch von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Im Zuge der zu dürftig durchgeführten Ermittlungsverfahren erfolgte weder eine Einvernahme von im gegenständlichen Lokal beschäftigten Personen (eine solche wurde durch den Bw beantragt) noch eine Einvernahme bzw Befragung von in den Verwaltungsakten namentlich angeführten Besuchern des Lokales. Um eine Beurteilung der subjektiven Tatseite im Hinblick auf die dem Bw vorgeworfenen Übertretungen vornehmen zu können, hätten Ermittlungen wie die oben beispielsweise Angeführten (gegebenenfalls auch ein Ortsaugenschein) vorgenommen werden müssen.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß es ihm schon von Verfassungs wegen verwehrt ist, die Rolle des unparteiischen Richters zu verlassen und stattdessen (auch) in die Position des Anklägers zu schlüpfen. Denn Art. 6 Abs.1 MRK garantiert bei strafrechtlichen Anklagen ein "faires Verfahren", das den Anklageprozeß (vgl. Art. 90 Abs.2 B-VG) und damit eine strikte Trennung der richterlichen von der anklagenden Funktion voraussetzt. Diese Rechtsansicht des O.ö.

Verwaltungssenates ist so zu verstehen, daß das Beweisverfahren nicht erst im Berufungsverfahren begonnen werden kann. Denn ein vom unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 51g Abs.1 VStG durchgeführtes Beweisverfahren kann von vornherein nur ergänzender bzw. korrigierender Art sein.

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG in diesem Lichte verfassungskonform interpretiert kann daher nur bedeuten, daß der unabhängige Verwaltungssenat in Fällen, wo einerseits das erstbehördliche Ermittlungsverfahren mit gravierenden Mängeln behaftet war, andererseits aber berechtigte Anhaltspunkte für die Täterschaft des Beschuldigten bestehen, zwar nicht zu einer Zurückverweisung des Verfahrens gemäß § 66 Abs.2 AVG (die eine Fortführungspflicht für die Erstbehörde begründet), wohl aber zu einer Aufhebung des Bescheides (die für die Erstbehörde lediglich eine Fortführungsmöglichkeit bedeutet und wofür im übrigen auch schon die Textierung des § 51e Abs.1 VStG zu sprechen scheint) berechtigt ist ohne daß damit gleichzeitig auch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verbunden wird.

Dadurch ergibt sich auch kein Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die - wie etwa im Erkenntnis vom 4. September 1992, 92/18/0353, deutlich wird - ja davon auszugehen scheint, daß mit der Aufhebung eines Straferkenntnisses lediglich dann zugleich auch die Einstellung des Strafverfahrens untrennbar verbunden ist, wenn sich im Spruch des Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenates hinsichtlich der Frage der Verfahrenseinstellung keine gesonderte Aussage findet, während demgegenüber - abgesehen von der expliziten Aufnahme des Ausschlusses der Verfahrenseinstellung in den Spruch des Berufungsbescheides - eben durchaus Fallkonstellationen denkbar sind (und wozu infolge der gebotenen verfassungskonformen Interpretation auch die verfahrensgegenständlichen zählen), in denen die Aufhebung des Straferkenntnisses durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht auch zugleich die notwendige Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge hat (vgl. z.B. VwGH vom 8. Oktober 1992, 92/18/0391, 0392).

Aus den angeführten Gründen war den Berufungen insoweit stattzugeben, als die angefochtenen Straferkenntnisse aufzuheben waren. Die Anträge auf Einstellung der Strafverfahren waren abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Bw gemäß § 65 iVm § 66 Abs.1 VStG weder Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren vor der belangten Behörde noch war ihm ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö.

Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Dr. Keinberger

 

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