Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300130/8/Weg/Km

Linz, 13.05.1997

VwSen-300130/8/Weg/Km Linz, am 13. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung der E B, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. A Pr und Dr. P L, vom 7. November 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22. Oktober 1996, Pol96-284-1995-W, wegen Übertretung des O.ö. Polizeistrafgesetzes nach der am 12. Mai 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I.  Der Berufung wird hinsichtlich der Erfüllung des Tatbildes im Sinne des § 2 Abs.3 lit.c O.ö. Polizeistrafgesetz keine Folge gegeben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Dem Eventualantrag auf Herabsetzung der Strafe wird Folge gegeben und die Geldstrafe auf 5.000 S reduziert, die Ersatzfreiheitsstrafe vermindert sich auf 30 Stunden.

III. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der ersten Instanz vermindert sich auf 500 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51i, 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs.3 lit.c iVm § 10 Abs.1 lit.b O.ö. Polizeistrafgesetz eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Stunden verhängt, weil diese im Zeitraum vom 27. September 1995 bis 11. Oktober 1995 die im Obergeschoß befindlichen Räume des Hauses E, Gemeinde T, der Prostituierten J B zum Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt hat, obwohl im Erdgeschoß dieses Hauses eine weitere Wohnung vorhanden ist, welche nicht von den Personen bewohnt oder benützt wird, die die Prostitution ausüben. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.500 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn begründet das Straferkenntnis unter Hinweis auf § 2 Abs.3 lit.c O.ö. Polizeistrafgesetz damit, daß sich laut Bericht der Gemeinde T im Gebäude E zwei Wohnungen befänden. Es seien dies eine abgeschlossene Wohnung im Erdgeschoß sowie Räumlichkeiten im Obergeschoß. Außerdem seien im Zeitraum Mitte September bis 11. Oktober 1995 außer ihr (der Berufungswerberin) noch weitere vier Personen in diesem Wohnhaus polizeilich gemeldet gewesen. Hinsichtlich der "Zurverfügungstellung" der Räumlichkeiten schenkte die Erstbehörde der Aussage des Vermieters (Herr B) mehr Glauben als jener der Prostituierten J B. Herr B gab unter Vorlage eines Mietvertrages (in Wirklichkeit Untermietvertrag) zeugenschaftlich zu Protokoll, die im Obergeschoß befindlichen Räumlichkeiten an Frau E B vermietet zu haben. Frau J B gab im erstinstanzlichen Verfahren an, ihr seien die Räumlichkeiten, in welchen sie die Prostitution ausübte, von Herrn B, und zwar aufgrund eines mündlichen Mietvertrages, gegen ein Entgelt von monatlich 3.000 S zur Verfügung gestellt worden. Die Erstbehörde begründet diese Beweisführung mit der Aussage des Herrn B sowie der Tatsache, daß die Berufungswerberin nach Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme keine Stellungnahme mehr abgegeben hat. Zur Strafhöhe wird ausgeführt, daß ein monatliches Einkommen von 15.000 S, kein Vermögen und keine Sorgepflichten anzunehmen waren, was bei einem Strafrahmen von bis zu 200.000 S selbst in Anbetracht der bisherigen Unbescholtenheit gesetzeskonform sei.

3. Die rechtsfreundlich vertretene Berufungswerberin bringt in ihrer rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß vor, sie habe der Prostituierten J B keine Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution überlassen. Diese Überlastung sei vielmehr durch Herrn B erfolgt. Es sei im übrigen im gegenständlichen Gebäude nicht mehr als eine Wohnung vorhanden. Die Erstbehörde hätte hinsichtlich der Objektbeschaffenheit keine ausreichenden Erhebungen getätigt, die eine objektive Zuordnung von Räumlichkeiten zulassen würde. Die Meldung mehrerer Personen in einem Objekt ließen keinen Schluß auf Wohnungen im Sinne der zugehörigen Bestimmung des O.ö. Polizeistrafgesetzes zu. Im erstinstanzlichen Akt seien keine Objektunterlagen vorhanden und handle es sich um ein Einzelobjekt ohne mehrere Wohnungen. Die objektive Tatbestandserfüllung sei sohin nicht gegeben. Bei der rechtlichen Beurteilung hätte die Erstinstanz festzustellen gehabt, daß Josefine Baumgartner in Eigenverantwortung und ohne "Zurverfügungstellung" von Räumlichkeiten zur Prostitutionsanbahnung und Prostitutionsausübung im Objekt E, gewohnt habe. Zur verhängten Geldstrafe wird noch ausgeführt, daß diese auch für den Fall der Begehung einer strafbaren Handlung weit überhöht sei. E B verfüge als Hausfrau lediglich über einen ihr zurechenbaren Betrag von ca. 8.000 S monatlich und besitze kein Vermögen. Sie sei für ein minderjähriges Kind sorgepflichtig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch zeugenschaftliche Befragung des Gr.Insp. S sowie durch Verlesung der zeugenschaftlichen Aussage des J B vom 9. September 1996 und des Wohnungsuntermietvertrages, abgeschlossen zwischen E B und J B, welcher auch dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern vorgelegt wurde, anläßlich der am 12. Mai 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Demnach steht fest, daß im gegenständlichen Gebäude (E) im Untergeschoß eine Wohnung etabliert ist und im Obergeschoß mehrere Räume (Bar, Küche und mehrere Zimmer) vorhanden sind. Im Obergeschoß wurde die Prostitution ausgeübt. Im Untergeschoß wohnte laut Aussage des Zeugen Gr.Insp. S wahrscheinlich Frau B M, die Gattin des den Untermietvertrag mit der Beschuldigten abgeschlossenen J B. Das Anwesen E besteht allerdings aus insgesamt zwei Gebäuden, wobei in jenem Gebäude, in welchem keine Prostitution ausgeübt wurde, auch Wohnräumlichkeiten vorhanden sind. In jenem Teilgebäude, in welchem die Prostitution ausgeübt wurde, befindet sich jedenfalls mehr als eine Wohnung, wobei die im Erdgeschoß befindlichen Räumlichkeiten jedenfalls nicht oder nicht ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt werden, die die Prostitution ausüben.

Aufgrund des zur Verlesung gebrachten Untermietvertrages bzw. der Zeugenaussage des J B vom 9. September 1996 steht fest, daß die im ersten Stock befindlichen Räumlichkeiten des in Rede stehenden Hauses ausschließlich an die Beschuldigte untervermietet wurden. Es konnte folglich eine "Zurverfügungstellung" dieser Räumlichkeiten oder Teile davon an J B nur seitens der Beschuldigten erfolgen. Ob nun J B - die von der Erstbehörde zeugenschaftlich befragt angegeben hat - an Herrn J B 3.000 S Miete entrichtet zu haben, ist - wenn dieser Aussage überhaupt ein Wahrheitsgehalt zukommt - im Hinblick auf die Zeugenaussage des J B und im Hinblick auf den Untermietvertrag als ein zusätzliches Entgelt im Innenverhältnis zu werten, was das Bestandsverhältnis zwischen der Beschuldigten und J B nicht berührt. Daraus folgt, daß lediglich die Beschuldigte berechtigt war, Teile der Räumlichkeiten im ersten Stock des Hauses E, an J B zur Verfügung zu stellen. Der Zeuge Gr.Insp. S, der die Situation aus regelmäßigen Kontrollen (im Durchschnitt einmal pro Monat) - auch der Gesundheitszeugnisse - sehr gut kannte, brachte leidenschaftslos, aber nicht nur deshalb äußerst glaubwürdig vor, daß sich die fast immer angetroffene Beschuldigte als Geschäftsführerin des Bordells ausgab und sich dementsprechend gerierte, was auf die Dispositionsgewalt über die Räumlichkeiten und die anwesenden Prostituierten einen zwingenden Schluß zuläßt.

Bezogen auf den gesetzlichen Tatbestand des § 2 Abs.3 lit.c O.ö. Polizeistrafgesetz trat allerdings sowohl aus der Aktenlage als auch aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zutage, daß die im Erdgeschoß des Gebäudes, in welchem die Prostitution ausgeübt wurde, befindliche Wohnung - wenn überhaupt - von M B bewohnt wurde. M B aber ist selbst Miteigentümerin dieses Objektes und lag es auch in ihrer Disposition, die Prostitution im Obergeschoß dieses Hauses hintanzuhalten. Nachdem sie die Prostitution im Obergeschoß nicht verhindert hat und offensichtlich auch nicht verhindern wollte, hat sie sich durch den Prostitutionsbetrieb offensichtlich auch nicht gestört gefühlt. Der Schutzzweck des § 2 lit.c O.ö. Polizeistrafgesetz ist aber - wie den erläuternden Bemerkungen zu entnehmen ist - in erster Linie darin gelegen, daß in einem Gebäude mit mehr als einer Wohnung (ein solches liegt vor) nicht andere Bewohner in ihrem Sittlichkeitsempfinden gestört werden. So gesehen liegt bereits ein Grenzfall zum normierten Schutzinteresse vor. Dessen ungeachtet ist aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Fiktion ein Gebäude vorliegend, in welchem sich mehr als eine Wohnung befindet (nämlich die Wohnung im Erdgeschoß und die ebenfalls als Wohnung zu qualifizierenden Räumlichkeiten im ersten Stock), wobei die im Erdgeschoß befindliche Wohnung jedenfalls nicht ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt wird, die die Prostitution ausüben. Somit ist im Hinblick auf den normierten Tatbestand im § 2 Abs.3 lit.c O.ö. Polizeistrafgesetz die Tatbildmäßigkeit gegeben.

Der Rechtsfreund der Berufungswerberin bringt - wie schon in der Berufung ausgeführt - bei der mündlichen Verhandlung noch vor, daß das Einkommen der Beschuldigten monatlich 8.000 S beträgt, diese sorgepflichtig für ein minderjähriges Kind und vermögenslos ist.

Die Berufungswerberin ist außerdem verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs.3 lit.c O.ö. Polizeistrafgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 10 Abs.1 lit.b mit Geldstrafe bis 200.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung .... Teile einer Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten ... für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellt. Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt und angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt werden, die die Prostitution ausüben.

Nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens - siehe oben - handelt es sich beim Gebäude E bzw. bei jenem Gebäude, in welchem die Prostitution ausgeübt wurde, um ein solches mit mehr als einer Wohnung. In diesem Gebäude (und zwar in den Räumlichkeiten des ersten Stockes) wird - wie auch J B zeugenschaftlich befragt ausführte und wie im übrigen unbestritten ist - die Prostitution ausgeübt. Diese Räumlichkeiten hat die Beschuldigte im Wege eines Untermietvertrages angemietet und davon einen Teil der Prostituierten J B zum Zwecke der Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt. Der Ausschlußgrund, daß eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegt, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt oder angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt wird, die die Prostitution ausüben, liegt nicht vor, weil unstrittig die im Erdgeschoß befindliche Wohnung für diesen Zweck (nämlich die Prostitution) nicht bewohnt oder benützt wurde. Sohin steht fest, daß die Beschuldigte dem § 2 Abs.3 lit.c O.ö. Polizeistrafgesetz zuwidergehandelt hat und dieses Zuwiderhandeln im Sinne des § 10 Abs.1 lit.b leg.cit. mit einer Geldstrafe bis zu 200.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen ist.

Die Tatbildmäßigkeit ist sowohl objektiv als auch - in Ermangelung von Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründen - subjektiv gegeben.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Geldstrafe war einerseits deswegen zu reduzieren, weil die von der Berufungswerberin vorgebrachten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von den seitens der Erstbehörde geschätzten abweichen, sondern auch, weil die Verletzung des Schutzzweckes der Norm und somit das Ausmaß der mit der Verwaltungsübertretung verbundenen Gefährdung der zu schützenden Interessen äußerst geringfügig ist. Auf das gegenständliche Objekt Ehersdorf 4 bezogen ist auch eine spezialpräventive Maßnahme nicht mehr nötig, weil das gegenständliche Objekt seit nunmehr einem Jahr nicht mehr für Zwecke der Prostitution in Verwendung steht.

Aus den genannten Gründen war die Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) spruchgemäß zu reduzieren.

6. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge der §§ 64 und 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer

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