Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300156/34/Kei/Shn

Linz, 13.08.1998

VwSen-300156/34/Kei/Shn Linz, am 13. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer (Vorsitz: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Keinberger, Beisitzer: Dr. Wegschaider) über die Berufung des Josef W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 13. Mai 1997, Zl. Pol96-65-1996/KG/CW, wegen einer Übertretung des O.ö. Polizeistrafgesetzes (O.ö. PolStG), zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z1 und 3 und § 51 Abs.1 VStG. II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 76 Stunden) verhängt, weil er "am 27.07.1996 um 23.10 Uhr als Pächter der 'O-Bar' in, die Räumlichkeiten des Lokales trotz Verbotes (Verordnung des Magistrates Linz vom 18.10.1996) zur Nutzung zum Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Frau Ursula K zur Verfügung gestellt" habe. Der Bw habe dadurch eine Übertretung des § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG begangen, weshalb er "gemäß § 10 Abs.1 lit.b" (gemeint wohl "§ 10 Abs.1 lit.b O.ö. PolStG") zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Bw am 21. Mai 1997 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 4. Juni 1997 der Post zur Beförderung übergeben wurde und somit fristgerecht erhoben wurde. Der Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor: Er fechte das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte aus folgenden Gründen an: Der gegenständliche Vorfall sei bereits Grundlage des gerichtlichen Verfahrens 4 St 10005/96 X der Staatsanwaltschaft Linz gewesen, welches eingestellt worden sei, weil der Staatsanwalt keine genügenden Gründe gefunden hätte, eine Strafverfolgung zu verlangen. Der Bw bestreitet, davon Kenntnis gehabt zu haben, daß in seinem Lokal am 27. Juli 1996 von einer bei ihm beschäftigten Animierdame, nämlich Frau Ursula K, die Prostitution ausgeübt worden wäre. Er sei zu keinem Zeitpunkt im Separee anwesend gewesen, sodaß er keinerlei Kenntnis davon gehabt hätte, daß Frau Ursula K angeblich sich der Prostitution hingegeben hätte. Seine im Lokal beschäftigten Damen wären der strengen Anweisung unterstanden, sich jeglicher Prostitution zu enthalten. Der Betrieb eines Amüsierlokales bringe es aber mit sich, daß es Gästen anheim gestellt sei, im Separee alkoholische Getränke (Sekt etc) zu konsumieren. Wie aus dem Parallelverfahren gegen Frau Ursula K, St 33.764/96-2, der Bundespolizeidirektion Linz ersichtlich sei, habe diese keineswegs zugegeben, sich der Prostitution hingegeben zu haben, allerdings habe sie eingestanden, die Prostitution angebahnt, ohne diese tatsächlich durchgeführt zu haben. Es wurde beantragt, daß nach Beischaffung der angeführten Behördenprotokolle das Verwaltungsstrafverfahren, Pol96-65-1996/KG/CW, welches gegen den Bw eingeleitet wurde, eingestellt wird. 3. Der Oö. Verwaltungssenat hatte - weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshaupt-mannschaft Perg vom 16. Juni 1997, Zl. Pol96-65-1996, und in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. März 1998, Zl. S-33.764/96 2, Einsicht genommen. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte in Entsprechung der Bestimmung des § 51e Abs.1 VStG von Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. § 2 Abs.1 und 2 O.ö. PolStG lauten: (1) Wer beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, hat dies, soweit es nicht nach Abs.3 lit.c verboten ist, der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen. Die Gemeinde hat die Verwendung zu diesem Zweck innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen der Anzeige mit Bescheid zu untersagen, wenn auf Grund der örtlichen oder sachlichen Verhältnisse zu befürchten ist, daß dadurch die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden. (2) Die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution ist in der Nähe von Kirchen, Friedhöfen, Krankenanstalten, Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendspielplätzen, Jugendheimen und dergleichen verboten. Überdies kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit 1. die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt wird oder 2. das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder eine solche Störung zu erwarten ist oder 3. sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes, verletzt werden oder eine solche Verletzung zu erwarten ist. § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG lautet: Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer einer Untersagung gemäß Abs.1 oder 2 sowie einem Verbot gemäß Abs.2 zuwiderhandelt. § 7 VStG lautet: Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist. 4.2. Der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten, als erwiesen angenommenen Tat ist zu entnehmen, daß der Bw als Pächter der "O-Bar" Räumlichkeiten dieses Lokales trotz des durch Verordnung des Magistrates Linz ausgesprochenen Verbotes "zur Nutzung zum Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Frau Ursula K" zur Verfügung gestellt habe. Hiezu ist rechtlich zu bedenken, daß es sich im gegenständlichen Fall nicht um ein auf Grund einer Anzeige über das beabsichtigte Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten zur Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Untersagung der Gemeinde entstandenes Verbot (§ 2 Abs.1 O.ö. PolStG), welches beim "Zurverfügungstellen" in unmittelbarer Täterschaft begangen wird, sondern um ein auf Verordnung der Gemeinde (§ 2 Abs.2, 2. Satz leg.cit.) fußendes Verbot der Nutzung handelt. Da Abs.1 die Nutzung und das Zurverfügungstellen gesondert benennt, kann, da dem Gesetzgeber eine bedeutungslose Unterscheidung nicht unterlegt werden darf, der Begriff "nutzen" wohl nur in der direkten Ausübung der Prostitution erblickt werden. Das Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten entgegen einem gem. § 2 Abs.2 O.ö. PolStG verordnetes Prostitutionsrecht kann daher allenfalls als vorsätzliche Beihilfe strafbar sein. Es ergibt sich somit aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG - eine Übertretung dieser Bestimmung wurde dem Bw vorgeworfen -, daß der Bw im gegenständlichen Zusammenhang nicht als unmittelbarer Täter in Betracht kommt (arg. "... wer ... einem Verbot gemäß Abs.2 zuwiderhandelt."). Diese im Hinblick auf die Bestimmung des § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG vorgenommene Beurteilung kommt auch in der Judikatur des Oö. Verwaltungssenates zum Ausdruck (siehe die Erkenntnisse des Oö. Verwaltungssenates, Zlen. VwSen-300050/30/Kei/Shn und VwSen-300051/27/Kei/Shn vom 20. Mai 1997, VwSen-300107/10/WEG/Ri vom 10. November 1997 und VwSen-230167/4/Schi/Shn vom 19. Mai 1993).

Im Hinblick auf eine Übertretung der Bestimmung des § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG ist im gegenständlichen Zusammenhang unmittelbarer Täter Frau Ursula K gewesen. Eine Bestrafung dieser "Dame" erfolgte mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. November 1996, Zl. St.33.764/96-2 (in Rechtskraft erwachsen am 21. November 1996). Eine Bestrafung des Bw wäre im gegenständlichen Zusammenhang allenfalls wegen Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung (§ 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG iVm § 7 VStG) in Betracht gekommen. Diesbezüglich war aber das im folgenden Angeführte zu beachten: Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Ausdruck gebracht: "Ein wegen Beihilfe gemäß § 7 VStG verurteilendes Straferkenntnis hat in seinem § 44a lit.a (jetzt: Z1, Anmerkung) VStG betreffenden Spruchteil sowohl jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten des Beschuldigten darzustellen, durch das der Tatbestand der Beihilfe hiezu verwirklicht wird; dazu gehört der konkrete Tatvorwurf, der die Annahme rechtfertigt, der Beschuldigte habe die Tat vorsätzlich begangen" (zitiert aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, Linde Verlag, S 799). Der VwGH hat weiters zum Ausdruck gebracht: "Bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z1 VStG) im Spruch des Straferkenntnisses muß zum Ausdruck kommen, daß der Angestiftete oder derjenige, zu dessen Tat Beihilfe geleistet wurde, die strafbare Handlung begangen hat, und weiters, daß sich die 'Anstiftung' oder 'Beihilfe' in der im § 7 VStG verlangten Schuldform des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezog" (Hauer/Leukauf, S 798). Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist - diese beträgt im gegenständlichen Zusammenhang gemäß § 31 Abs.2 VStG 6 Monate - wurde dem Bw das Tatbestandselement des Vorsatzes nicht vorgeworfen. Eine diesbezügliche Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses durch den Oö. Verwaltungssenat ist wegen abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist nicht möglich.

Auch wird festgehalten, daß dem Bw innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist das richtige Datum der Verordnung und somit die richtige Verordnung, durch die ein Prostitutionsverbot verfügt wurde, nicht vorgeworfen wurde. Das Datum der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Verordnung liegt nach der dem Bw vorgeworfenen Tatzeit. Eine diesbezügliche Spruchberichtigung konnte durch den Oö. Verwaltungssenat - trotz der Tatsache, daß das in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses, welches nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist erlassen wurde, angeführte Datum der Verordnung richtig ist - wegen abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgenommen werden. Insgesamt war aus den angeführten Gründen der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Guschlbauer

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