Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101703/17/Br

Linz, 14.04.1994

VwSen - 101703/17/Br Linz, am 14. April 1994 DVR. 0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Weiß sowie durch die Beisitzerin Dr. Klempt und den Berichter Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. St.-7.059/93-In, vom 3. Dezember 1993, nach der am 14. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern F o l g e gegeben als die Geldstrafe auf 12.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Tage ermäßigt wird; im übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt. Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm §24, §51 Abs.1, §51e Abs.1 u. §51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigen sich demzufolge auf 1.200 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 und§65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. St.-7.059/93-In, vom 3. Dezember 1993, wegen der Übertretungen nach §5 Abs.1 iVm §99 Abs.1 lit.a StVO 1960 und §102 Abs.5 lit.a KFG eine Geldstrafe von 1) 14.000 S und im Nichteinbringungsfall vierzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe und 2) eine Geldstrafe von 200 S und im Nichteinbringungsfall sechs Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 20 Mai 1993 um 23.58 Uhr in Linz, Im Haidgattern nächst dem Haus Nr. den Pkw mit dem Kennzeichen 1) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und 2) ohne den Führerschein mitzuführen gelenkt habe. Neben den gesetzlichen Verfahrenskosten gemäߧ64 Abs.1 VStG wurden als Kosten für die klinische Untersuchung dem Berufungswerber gemäߧ5 Abs.9 StVO 1960 1.860 S auferlegt.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Verwaltungsübertretungen einerseits durch die dienstliche Wahrnehmung zweier Sicherheitswachebeamter und zu Punkt 1) durch das Ergebnis der klinischen Untersuchung des Polizeiamtsarztes erwiesen seien. Die Erstbehörde vermochte den Aussetzungsanträgen des Berufungswerbers aufgrund des von ihr angenommenen Beweisergebnisses und der sich daraus ergebenden Entscheidungsreife keine Folge geben. Bei der Strafzumessung hat die Erstbehörde eine zu Punkt 1) bestehende einschlägige Vormerkung als straferschwerend, als mildernd bei der Strafzumessung hat die Erstbehörde die zum Entscheidungszeitpunkt ungünstige finanzielle Situation des Berufungswerbers gewertet.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber zur Sache im wesentlichen aus, daß das Gutachten des medizinischen Sachverständigen durch den Befund des Augenfacharztes Dr. S widerlegt sei. Es begründe auch ein Nystagmus von zwölf Sekunden keine Fahruntüchtigkeit. Es liege auch Verfolgungsverjährung vor, zumal gemäߧ5 Abs.1 StVO 1960 nicht rechtzeitig eine Verfolgungshandlung gesetzt worden sei. Schließlich sei nicht über seine(n) Ablehnungsanträge (Ablehnungsantrag) der Amtsärzte (des Amtsarztes) <der Berufungswerber nimmt auf ein zweites, ebenfalls von ihm angefochtenes Verfahren bezug> abgesprochen worden. Die behauptete alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit sei durch nichts erwiesen und sei mangels erfolgter Beeidigung des praktischen Arztes Dr. P dessen Befund ungesetzlich und unbeachtlich.

Der Berufungswerber stellt die Anträge auf Verfahrenseinstellung und Beistellung eines Verfahrenshilfeverteidigers. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Dr. P als Zeugen, die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten und das im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung von der medizinischen Amtssachverständigen Dr. S erstattete Gutachten. Im Verfahren 101701 vorgelegt und in das Beweisverfahren einbezogen wurden auch die Befunde des prakt. Arztes Dr. A und des Augenfacharztes Dr. S, sowie ein Gutachten von Dr. W im Führerscheinentzugsverfahren der BPD Linz betreffend den Berufungswerber zu III-Fe 647193, vom 6. Juli 1993. 4. Zumal eine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 7. Kammer zu erkennen. Da mit der Berufung sowohl die Tat- als auch die Schuldfrage angefochten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG). Über seinen Antrag wurde dem Berufungswerber im Rahmen der Verfahrenshilfe ein Rechtsvertreter beigegeben.

Hinsichtlich des Punktes 2) des angefochtenen Straferkenntnisses hat der Berufungswerber, bevor hiezu durch das zuständige Einzelmitglied die Berufungsverhandlung eröffnet wurde, die Berufung zurückgezogen. 5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5.1. Der Berufungswerber hat am 20. Mai 1993 um 23.58 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in Linz, Im Haidgattern nächst dem Hause Nr. gelenkt. Bei einer routinemäßig erfolgten Anhaltung waren beim Berufungswerber deutliche Alkoholisierungssymptome in Form von geröteten Augenbindehäuten, deutlichem Geruch von Alkohol aus dem Mund, veränderteer Sprache bzw. Ausdrucksweise und unsicherem Stand erkennbar. Die Amtshandlung hatte einerseits eine Identitätsfeststellung, andererseits auch die mehrfache Aufforderungen zur Durchführung einer Atemluftuntersuchung und eine Belehrung darüber, daß ein Wahlrecht zwischen dieser und einer amtsärztlichen Untersuchung nicht bestehe, zum Inhalt. Erst im Zuge der angekündigten Beendigung der Amtshandlung hat der Berufungswerber auf seine Asthmaerkrankung hingewiesen. Nach Rücksprache mit dem Journaldienst versehenden Behördenvertreter ist er sodann der von ihm begehrten klinischen Untersuchung durch den Polizeiamtsarzt Dr. P zugeführt worden.

Der Polizeiamtsarzt Dr. P hat am 21. Mai 1993 um 01.20 Uhr beim Berufungswerber u.a. einen schwankenden Gang, einen Geruch der Atemluft nach Alkohol, gerötete Augenbindehäute, eine träge Pupillenreaktion und als klinische Beurteilung eine merkbare Alkoholbeeinträchtigung festgestellt. Diese gutachterliche Schlußfolgerung wurde insbesondere auf den festgestellten "grobschlägigen Nystagmus" von 12 Sekunden in Verbindung mit der als unsicher diagnostizierten Rombergprobe, einer trägen Pupillenreaktion und unsicherer Finger - Fingerprobe, gestützt. Ein klinisches Asthma bronchiale hat bei dieser Untersuchung nicht vorgelegen.

Der Berufungswerber ist arbeitslos. Er bezieht ein tägliches Arbeitslosengeld in Höhe von 341 S und ist für ein zwölfjähriges Kind sorgepflichtig. Seine monatlichen Alimentationsverpflichtungen belaufen sich auf 2.000 S. Ferner besteht eine Kreditverbindlichkeit in Höhe von 41.000 S, welche in Raten von monatlich 1.000 S abgezahlt wird. 5.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich vor allem auf die im Rahmen des Beweisverfahrens getätigte Aussage des Polizeiamtsarztes Dr. P und die im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung von der medizinischen Amtssachverständigen ergänzend abgegebenen gutachterlichen Ausführungen. Aus diesen Ausführungen war zweifelsfrei die zum Vorfallszeitpunkt vorgelegene alkoholbedingte Fahrunfähigkeit ableitbar. Der Polizeiamtsarzt vermochte überzeugend darzulegen, daß er beim Berufungswerber eine ausführliche zu diesem Ergebnis führende klinische Untersuchung vorgenommen hat. Auch die Angaben der Meldungsleger waren im Hinblick auf die im Zuge der Anhaltung wahrgenommenen Alkoholisierungssymptome überzeugend. Wenn dagegen der Berufungswerber eine Alkoholisierung bestreitet, so steht dem jedenfalls seine eigene - abschließende - Angabe im Wachzimmer gegenüber dem Meldungsleger R entgegen, wonach er in der Zeit von 22.30 bis 23.30 Uhr des 20. Mai 1993, ca. 3/8 Wein oder mehr getrunken habe. Auch im Zuge der Anhaltung gab er bereits einen Alkoholkonsum in Form von "zwei Halbe Bier und vielleicht ein oder zwei Fläschchen Roßbacher" an. Alleine schon dieses zugegebene Trinkverhalten läßt einerseits glaubhaft auf das Vorliegen von Alkoholisierungssymptomen und andererseits auf eine daraus resultierende, die Fahruntauglichkeit ergebende Alkoholbeeinträchtigung schließen. Aus diesem Grunde mußte der Bestreitung der Richtigkeit des klinischen Untersuchungsergebnisses der Charakter einer Schutzbehauptung zuerkannt werden.

Die Angaben des Berufungswerbers zu seinen persönlichen Verhältnissen waren glaubhaft.

6. Eine Verwaltungsübertretung im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung begeht, wer ein Fahrzeug lenkt und sich dabei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 Promille oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Obwohl eine Vorführung des Berufungswerbers zur klinischen Untersuchung nicht erfolgt war, sondern diese auf ausdrückliches Verlangen des Berufungswerber durchgeführt wurde, ist dem Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel folgend, das Ergebnis der klinischen Untersuchung der Entscheidung zugrundezulegen gewesen (VwGH 11.6.1951, Slg. 2142A). Grundsätzlich ist einem Amtsarzt aufgrund seiner wissenschaftlichen Studien und vor allem seiner Berufserfahrung die nötige Sachkenntnis zuzutrauen, daß er aufgrund von Symptomen und der Interpretation der Ergebnisse des von ihm aufgenommenen Befundes zu beurteilen vermag, ob der Untersuchte sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet und ob er infolge Alkoholbeeinträchtigung fahruntüchtig ist.

Auf eigene Trinkangaben, die im Widerspruch zum Ergebnis der klinischen Untersuchung stehen, muß nicht Bedacht genommen werden. Eine träge Pupillenreaktion bildet zB ein eindeutiges Alkoholisierungsmerkmal, das in der Regel erst bei mindestens 1 Promille Blutalkoholgehalt gegeben ist (VwGH 22.3.1991, 87/18/0145 = ZfVB 1992/3/1060).

6.1. Zum Einwand der eingetretenen Verfolgungsverjährung ist auszuführen, daß der von der Bundespolizeidirektion Linz mit 20. August 1993 datierte Ladungsbescheid, welcher dem Berufungswerber am 24. August 1993 zugestellt worden ist, eine dem§44a VStG entsprechende (sämtliche Tatbestandselemente umfassende) Tatanlastung zum Inhalt hatte. Hiedurch wurde eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung gesetzt (§ 31 Abs.1 u.§32 Abs.2 VStG).

6.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß §19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §32 bis §35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Wenn die Erstbehörde eine Geldstrafe verhängt hat, welche ohnedies noch im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens (8.000 S bis 50.000 S) liegt, so wäre ihr unter der Annahme von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen und bei Vorliegen einer zutreffend als erschwerend zu wertenden Vormerkung, nicht entgegenzutreten gewesen. Auch das abermalige Straffälligwerden, das in kurzem Zeitabstand nach einer zum Zeitpunkt dieser Tat rechtskräftigen und einschlägigen Vormerkung erfolgte, hätte das von der Erstbehörde festgelegte Strafausmaß jedenfalls gerechtfertigt. Nach§33 Z2 StGB ist es ein Straferschwerungsgrund, wenn der Täter schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist. Im Hinblick darauf, daß zum Zeitpunkt der Begehung der in diesem Berufungsfall zur Last gelegten Tat die Bestrafung wegen einer gleichartigen Verwaltungsübertretung bereits in Rechtskraft erwachsen war, konnte vom Vorliegen des Erschwerungsgrundes des§33 Z2 StGB ausgegangen werden. Da jedoch die von der Erstbehörde - aus der ihr vorliegenden Aktenlage wohl durchaus zu Recht - angenommenen Einkommens- u. wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers nicht zutreffend waren sondern tatsächlich doch beträchtlich unter dem Durchschnitt lagen, war die Strafe zu reduzieren. Zur Frage der Schuld war zumindest vom fahrlässigen Nichtwissen des Grades der Alkoholisierung, welcher objektiv die Fahrtauglichkeit ausgeschlossen hatte, auszugehen. Die verhängte Geldstrafe war insbesondere aus spezialpräventiven Gesichtspunkten erforderlich.

Der Berufungswerber wird an dieser Stelle auf die Möglichkeit eines Ansuchens um Strafaufschub und Ratenzahlung, welches bei der Erstbehörde einzubringen ist, hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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