Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101738/2/Br

Linz, 03.02.1994

VwSen - 101738/2/Br Linz, am 3. Februar 1994 DVR. 0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems, vom 23. Dezember 1993, Zl. VerkR96/5627/1993 zu Recht: I.a) Der Berufung wird in Punkt 3) und 4) F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesen Punkten behoben und das Verfahren eingestellt. b) Im in Punkt 5) wird der Berufung jedoch keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 102 Abs.11 iVm § 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967, BGBl.Nr. 267/1967 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 452/1992 - KFG; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II.a) Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

b) Zu Punkt 5) wird für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 200 S (20% der verhängten Strafe)auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 65 und § 66 VStG. Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber u.a. wegen der Übertretungen nach § 102 Abs.10, § 102 Abs.3 und § 102 Abs. 11 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 3) 300 S, 4) und 5) je 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall von 3) 12 Stunden, 4) und 5) je 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 20. August 1993 um 06.06 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen im Ortsgebiet von Linz in der Leonfeldnerstraße aus Richtung Zwettl kommend bis zum Haus Nr. gelenkt habe, ohne 1) im Besitz einer Lenkerberechtigung der Gruppe B zu sein; 2) habe er den Zulassungsschein nicht mitgeführt bzw. diesen auf Verlangen eines Straßenaufsichtsorganes zur Überprüfung nicht ausgehändigt; 3) ohne ein zur Wundversorgung geeignetes Verbandszeug und eine geeigntete Warneinrichtung mitzuführen, 4) habe er die Handhabung und Wirksamkeit der Betätigungsvorrichtungen dieses Kraftfahrzeuges nicht gekannt und habe er 5) auf Verlangen der Organe der Straßenaufsicht diese Teile, Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände des von ihm gelenkten Kfz nicht zugänglich gemacht. 1.1. Begründend hat die Erstbehörde im wesentlichen ausgeführt, daß sie die Übertretung aufgrund der Wahrnehmung zweier Gendarmeriebeamten als erwiesen halte. Das Verfahren sei ohne der Anhörung des Beschuldigten durchzuführen gewesen, weil dieser dem Ladungsbescheid der Erstbehörde vom 25. Oktober 1993 keine Folge geleistet habe. 2. Dagegen bringt der Berufungswerber rechtzeitig bei der Erstbehörde protokollarisch am 11. Jänner 1994 zu Punkt 3), 4) und 5) die Berufung ein. Er führt inhaltlich hiezu aus, daß er sich in diesen Punkten nicht schuldig fühle. Das Verbandszeug sei im Fahrzeug gewesen. Er habe zwar nicht gewußt wo es gewesen ist, jedoch anläßlich einer früheren Verkehrskontrolle, habe seine Freundin, die Zulassungsbesitzerin dieses Fahrzeuges dieses vorgewiesen. Also müße ein Verbandspackerl im Fahrzeug gewesen sein. Zu 4) sei er mit der Handhabung und Wirksamkeit der Betätigungsvorrichtung des gegenständlichen Fahrzeuges sehr wohl vertraut gewesen. Er habe lediglich nicht gewußt, wie die Motorhaube zu öffnen gewesen wäre. Das müsse er seiner Meinung nach nicht wissen. Zu 5) habe er dem Beamten den Fahrzeugschlüssel übergeben, er habe daher ausreichend die genannten Ausrüstungsgegenstände zugänglich gemacht. Hinsichtlich der verhängten Strafe in diesen Punkten verweise er auf seine tatsächlichen Einkommensverhältnisse.

3. Zumal in den einzelnen, von der Berufung umfaßten Punkten, keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da die Berufung sich lediglich gegen die Strafzumessung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung richtet und eine öffentliche mündliche Verhandlung vom Berufungswerber nicht gesondert beantragt wurde, konnte von der Durchführung einer solchen Abstand genommen werden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Der sich daraus ergebende Sachverhalt bietet eine ausreichende Entscheidungsgrundlage.

5. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber vermochte laut seinem eigenen Berufungsvorbringen das "Verbandszeug" (vermutlich auch die Warneinrichtung) im Fahrzeug nicht zu finden. Mit der Handhabung und Wirksamkeit von Betätigungsvorrichtungen des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges war er insofern nicht vertraut, als er nicht in der Lage gewesen ist die Motorhaube zu öffnen. 6. Rechtlich war zu erwägen:

6.1. Gemäß § 102 Abs.3 KFG muß der Lenker die Handhabung und Wirksamkeit der Betätigungsvorrichtungen des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges kennen. Ist er mit ihrer Handhabung und Wirksamkeit noch nicht vertraut, so darf er das Fahrzeug nur mit besonderer Vorsicht lenken. Er muß die Lenkvorrichtung während des Fahrens mit mindestens einer Hand festhalten und muß beim Lenken Auflagen, unter denen ihm die Lenkerberechtigung erteilt wurde, erfüllen. Er hat sich im Verkehr der Eigenart des Kraftfahrzeuges entsprechend zu verhalten. Diese Bestimmung stellt dem Gesetzeswortlaut nach offenbar auf das Vertrautsein mit der unmittelbar für das Lenken eines Kfz in Zusammenhang stehenden Betätigungsvorrichtungen ab. Dieser Gesetzesbestimmung ist daher nicht so extensiv auszulegen, daß darunter auch noch die Fähigkeit zum Íffnen der Motorhaube mitumfaßt wäre. Dem "aktuellen Sinn" dieser Norm kann dies nicht entnommen werden (Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, Seite 96). Hätte nämlich der Gesetzgeber die in dieser Bestimmung genannten Betätigungsvorrichtungen, über die mit dem Lenken unmittelbar verbundenen, hinausgehend geregelt wissen wollen, hätte er dies wohl ausdrücklich zum Ausdruck gebracht. Letztlich ist dieser Tatunwert auch durch die Bestimmung des § 102 Abs.11 KFG abgedeckt. Nach § 102 Abs.11 KFG 1967 hat der Lenker auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen, sofern dies zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderlich ist, die Teile, Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände des von ihm gelenkten Fahrzeuges und des mit diesem gezogenen Anhängers auf dem einfachsten Weg und ohne diese oder dritte Personen zu gefährden, zugänglich zu machen, insoweit ihm dies ohne Verwendung von Werkzeugen und ohne besondere Fertigkeiten und Kenntnisse möglich und zumutbar ist. In diesem Punkt irrt jedoch der Berufungswerber, wenn er meint, er würde mit der Übergabe des Fahrzeugschlüssels an das kontrollierende Organ der Straßenaufsicht, dieser Pflicht genüge tun. Dieser Ansicht steht der Gesetzeswortlaut entgegen, indem eben davon die Rede ist, daß es den Organen zugänglich zu machen ist. Dieser Wortlaut läßt nur unschwer den Schluß auf ein "aktives Tätigwerden" des Fahrzeuglenkers zu.

6.1.2. Zumal dem Berufungswerber schon in Punkt 5) des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfen wurde, daß er auf Verlangen der Organe der Straßenaufsicht Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände des von ihm gelenkten Fahrzeuges nicht vorgewiesen habe, so tritt dieser Vorwurf mit jenen des Punktes 3) insofern in Widerspruch, als lediglich nur etwas Vorhandenes vorgewiesen werden könnte. Der Aktenlage kann aber nicht entnommen werden, daß kein zur Wundversorgung geeeignetes Verbandszeug und keine geeignete Warneinrichtung mitgeführt worden wäre. Zutreffend hat die Erstbehörde jedoch im Punkt 2) des Straferkenntnisses den Vorwurf hinsichtlich des Zulassungsscheines, diesen "nicht mitgeführt bzw. auf Verlangen nicht vorgewiesen zu haben, differenziert. Unbestritten ist aber, daß die genannten Gegenstände auf Verlangen der Straßenaufsichtsorgane nicht vorgewiesen wurden; es kann daher auch der Vorwurf nach § 102 Abs. 10 KFG, er habe kein Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerÚstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, sowie eine geeignete Warneinrichtung nicht mitgeführt, nicht aufrechterhalten werden. Im Punkt 3) und 4) war der Berufung daher Folge zu geben.

7. Für die Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG generell Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist bei der Strafzumessung die aus der Aktenlage anzunehmende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen. Erschwerend war kein Umstand. Obwohl die Erstbehörde in ihrer Begründung diesbezüglich keine Erwägungen getätigt hat, kann dem im Punkt 5) verhängten Strafsatz objektiv nicht entgegengetreten werden. Diese Unterlassung des Berufungswerbers und seine diesbezüglich zum Ausdruck gebrachte Einstellung und subjektiven Ansichten bringen eine damals vorherrschende Nachläßigkeit gegenüber den kraftfahrrechtlichen Vorschriften zum Ausdruck. So bedürfte es keiner gesonderten Erwähnung, daß die Nichtauffindung derartiger Ausrüstungsgegenstände für andere Verkehrsteilnehmer schwerwiegende Folgen haben könnte. Der faktischen Verweigerung einer Fahrzeugkontrolle gegenüber Organen der Straßenaufsicht läßt ferner auf mangelnde Verbundenheit mit Werten, welche von jedem Verkehrsteilnehmer zu erwarten sind, schließen. Es trifft dies inbesondere auf die subjektive Tatseite zu. Bei den bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmen ist der Strafsatz von 1.000 S, selbst bei bloß durchschnittlichen Einkommensverhältnissen - der Berufungswerber machte trotz Aufforderung keine Angaben zu diesen - nicht überhöht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat: Dr. B l e i e r

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